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M E D I Z I N
(56) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 7, 19. Februar 1999 Jahre zu spät, um die Prävalenz der
Chlamydieninfektion signifikant zu senken und damit auch die Spätfol- gen, da das Durchschnittsalter der Schwangeren in Deutschland über 25 Jahren liegt. Außerdem sind die für das Screening allein zuverlässigen DNA-Amplifikationstests hierfür bis heute nicht zugelassen. Eine Kosten- Nutzen-Analyse des Chlamydien- Screenings mit Genamplifikations- tests im Vergleich zu anderen Verfah- ren wurde mittels einer Evaluation durchgeführt, und die damit verbun- denen direkten Kosten und Nutzen wurden berechnet. Dabei wurde von den für die Bundesrepublik Deutsch- land geltenden Daten und gesund- heitspolitischen Rahmenbedingun- gen ausgegangen.
Mit Hilfe eines Entscheidungs- baumes, der eine schematische Übersicht über die möglichen Ver- läufe einer Chlamydia-trachomatis- Infektion gibt, können die Wahr- scheinlichkeiten des Übergangs von einem Stadium der Infektion zum nächsten, das Auftreten von Folge- erkrankungen und Komplikationen wie auch die möglichen Diagnostik- und Therapieformen dargestellt werden. Infektionen und ihre Kom- plikationen werden mit einem be- stimmten Kostenaufwand behandelt, und aus der Anzahl aller Komplika- tionen und den jeweiligen Therapie- kosten ergeben sich die Gesamtbela- stungen der Chlamydia-trachomatis- Infektion in einer Population für die Kostenträger. Die Wahrscheinlich- keiten beruhen auf publizierten Stu- dien und Expertenschätzungen.
In einem Rechenmodell kann die Ausbreitung der Chlamydia-tra- chomatis-Infektion bei definierten Bevölkerungsgruppen bei Einsatz verschiedener Diagnostikmethoden simuliert werden, wobei bestimmte Annahmen über Sexualverhalten (zum Beispiel die Häufigkeit des Partnerwechsels), Epidemiologie (zum Beispiel das Vorhandensein von Hoch- und Niedrigrisikogrup- pen) und über die Biologie der Krankheit (zum Beispiel die Wahr- scheinlichkeit, durch einen infizier- ten Sexualpartner infiziert zu wer- den) getroffen wurden.
Die Kosten-Nutzen-Analyse er- brachte folgendes Ergebnis:
FÜR SIE REFERIERT
« Ein Screening schwangerer Frauen mit der bislang verwendeten Diagnostik führt nicht zu einer deut- lichen Reduktion der Chlamydienin- zidenz.
¬Die Nutzung von Genamplifi- kationsverfahren hingegen führt ne- ben den positiven medizinischen Auswirkungen auch zu erheblichen Kosteneinsparungen. Es würden et- wa 696 200 Folgeerkrankungen ver- hindert und über einen Zeitraum von fünf Jahren 383 Millionen DM eingespart werden, ohne die indirek- ten Kosten (zum Beispiel durch Ar- beitsausfall).
Bei einer umfassenden Scree- ning-Strategie, die auch Frauen mit erhöhtem Risiko aus der Altersgrup- pe zwischen 16 und 30 Jahren und deren Partner erfaßt, kann durchaus mit der Status-quo-Diagnostik die Prävalenz signifikant gesenkt wer- den.
® Bei Verwendung hochsensi- bler Genamplifikations-Verfahren
hingegen hat auch eine begrenzte Reihenuntersuchung (während der Schwangerschaft) deutliche Auswir- kungen auf das Auftreten von Chlamydien. Um die Prävalenz von Chlamydien weiter zu reduzieren, müssen Screening-Strategien mittels Genamplifikations-Verfahren alle 16 bis 30 Jahre alten Frauen auch die Partner der infizierten Frauen mit einbeziehen. Dieses Einbeziehen sollte wenigstens 50 Prozent der Partner erfassen. Über einen Zeit- raum von fünf Jahren könnte eine Senkung der Prävalenz unter ein Prozent sowie eine Kostenein- sparung von 537 Millionen DM er-
reicht werden. pet
Petersen E, Obermann K, Schulenburg J Graf von der: Gesundheitsvorsorge durch Chlamydienscreening. Geburtsh u Frauenheilk 1998; 58: 408–414.
Prof. Dr. med. E Petersen, Sektion Infektiologie in der Gynäkologie und Frauenheilkunde, Universitätsfrauen- klinik, Hugstetterstraße 55, 79106 Frei- burg.
Eine prospektive kontrollierte Interventionsstudie aus Australien und Neuseeland untersuchte den Ef- fekt einer medikamentösen Chole- sterin-Synthese-Hemmung mit Pra- vasin bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) unabhängig vom Serum-Cholesterin. Die Studie wurde 1989 initiiert, und die Patien- ten wurden im Durchschnitt 6,1 Jah- re lang beobachtet.
Bei 9 014 Patienten mit Myo- kardinfarkt oder instabiler Angina pectoris wurde neben der üblichen Medikation bei koronarer Herzer- krankung und cholesterinarmer Diät täglich 40 mg Pravastatin oder Plaze- bo verabreicht. Zu Therapiebeginn wiesen die Patienten Serum-Chole- sterinspiegel von 155 bis 271 mg/dl auf.
In der Plazebogruppe war in der sechsjährigen Nachbeobachtungs- phase eine KHK-Mortalität von 8,3 Prozent zu verzeichnen, in der Inter- ventionsgruppe betrug diese 6,4 Pro- zent (relative Risikoreduktion 24 Pro- zent). Bezogen auf die Myokard-
infarktrate ergab sich sogar eine Ri- sikoreduktion von 29 Prozent, beim Schlaganfall von 19 Prozent und bei der Notwendigkeit einer Bypass- Chirurgie von 20 Prozent. Diese Effek- te waren unabhängig vom Ausgangs- wert des Cholesterins zu beobachten.
Nach Ansicht der Autoren läßt sich in der Sekundärprophylaxe bei Patienten mit koronarer Herzer- krankung durch Pravastatin eindeu- tig eine Senkung der KHK-Morta- lität, der Gesamtmortalität sowie der KHK-Morbidität nachweisen. Der Einsatz dieser Substanz erscheint so- mit unabhängig vom Serum-Chole- sterin bei dieser Patientengruppe ge-
rechtfertigt. acc
Long-Term Intervention with Pravasta- tin in Ischaemic Disease (LIPID) Study Group: Prevention of cardiovascular events and death with Pravastatin in pati- ents with coronary heart disease and a broad range of initial cholesterol levels.
N Engl J Med 1998; 339: 1349–1357.
National Health and Medical Research Council Clinical Trials Centre, Mallett St. Campus, University of Sydney, NSW 2006, Australien.