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Archiv "Polens Ärzte: Europäisch orientiert" (15.02.2002)

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K

urz vor Weihnachten hat der Polni- sche Ärztetag den 44-jährigen War- schauer Allgemeinarzt Dr. Kon- stanty Radziwill zum neuen Präsidenten der nationalen Ärzte- und Zahnärzte- kammer und des Obersten Ärztlichen Rates gewählt. Radziwill tritt sein Amt in einer für die polnischen Ärzte äußerst schwierigen Zeit an: Die Gesundheits- reform ist auf halbem Wege zwischen einem staatlichen Gesundheitswesen und einem Sozialversicherungssystem stecken geblieben. Das Geld ist noto- risch knapp, und vor allem die Ärzte werden (auch im innerpolnischen Ver- gleich) extrem schlecht bezahlt. Auf ver- schiedenen Stellen zu arbeiten, um meh- rere Gehälter oder höhere Honorare zu erzielen, ist für polnische Ärzte nicht un- gewöhnlich. Da die Gesetzliche Kran- kenversicherung nicht richtig funktio- niert, können die niedergelassenen Ärz- te von den Zahlungen der Kasse nicht le- ben. Wer als Patient vernünftig versorgt

werden will, ist häufig darauf angewie- sen, Leistungen aus eigener Tasche zu zahlen. Streiks von Ärzten kamen in den vergangenen Jahren immer wieder vor.

Da die Ärztekammer in Polen auch für die wirtschaftliche Situation der Ärzte zuständig ist, ist die Erwartungshaltung an deren Leistungen entsprechend hoch.

Dabei erscheint die Lage relativ hoff- nungslos: Aus ideologischen Gründen wurde bei der Reform des Gesundheits- wesens dem Einkaufsmonopol der Krankenkasse kein klares Vertragsman- dat der Ärztekammer gegenüberge- stellt. David gegen Goliath – ein Lehr- stück für alle, die meinen, man könne durch die Abschaffung des Verhand- lungsmandats der Ärzteschaft das Ge- sundheitswesen verbessern.

Dass Radziwill gerade die Verbesse- rung der materiellen Situation der Ärzte ganz oben auf seine

Agenda gestellt hat, ist daher nicht erstaunlich. Er sel- ber hätte vermut- lich lieber ethische Themen dort gese-

hen. Aber wer heute als Arzt in Polen sein Geld verdienen muss, wird sich nicht zuletzt um das eigene Überleben kümmern müssen. In dieser Situation ist die Frage eines Verhandlungsmandats für die Ärzteschaft entscheidend für die Verbesserung der Situation der Ärzte.

Zugleich dürfte dies die härteste Nuss sein, die die ärztlichen Vertreter zu knacken haben. Seit im vergangenen

Sommer die konservative Regierung durch eine postkommunistische ersetzt wurde, sind wieder diejenigen am Ru- der, denen offenbar immer noch ein staatliches Gesundheitswesen vor- schwebt. Der derzeitigen Regierung dürfte Radziwill kritisch gegenüberste- hen. Was Opposition bedeutet, lernte er in der Illegalität des Ausnahmezustands Anfang der 80er-Jahre, als er die Unab- hängige Studentenunion führte. Einige der Politiker, die ihn damals am liebsten ins Gefängnis gesteckt hätten, könnten ihm demnächst auf Regierungsseite wieder begegnen.

Die Regierung ihrerseits steht unter Handlungsdruck. Zwar hat Polen in den letzten Jahren wirtschaftlich aufgeholt, doch die Regierung kann sich auf dem Weg in die Europäische Union keine un- geordneten Verhältnisse leisten. Auch für das Gesundheitswesen wird sie eine ausreichende Stabilität benötigen, aber kaum erreichen, solange die polnischen Ärzte mit Gehältern abgespeist werden, mit denen sie nicht einmal die Mietko- sten einer kleinen Wohnung abdecken können. Noch schwieriger als die berufs- tätigen Ärzte haben es die alten Ärztin- nen und Ärzte, die trotz lebenslanger Arbeit nicht auf eine gerechte Rente hoffen dürfen. Der Aufbau von Versor- gungswerken ist daher ein weiteres The- ma, dessen sich Radziwill annehmen will. Noch vor Weihnachten ist es auf die Themenliste der polnisch-deutschen Zu- sammenarbeit gerückt.

Auf dieser Liste dürften sich auch an- dere Punkte, wie die ärztliche Weiter- und Fortbildung, wiederfinden. Bereits unter ihrem bisherigen Präsidenten, Dr.

Krzystof Madei, war die polnische Ärzte- kammer von Plänen für eine Rezertifizie- rung der Fachärzte abgerückt und hatte sich für ein freiwilli- ges Fortbildungsdiplom entschieden – ungefähr zeitgleich mit der Entwicklung in Deutschland.

Seit vier Jahren kümmert sich Radzi- will um die internationalen Beziehungen der polnischen Ärztekammer. Er gilt als ausgesprochen europaorientiert und hat sich in den letzten Jahren in den interna- tionalen Gremien als starker, hartnäcki- ger, aber keineswegs unbeweglicher Ver- T H E M E N D E R Z E I T

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A412 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 7½½½½15. Februar 2002

Polens Ärzte

Europäisch orientiert

Will sich für eine bessere Vergütung der Ärzte einsetzen: Dr. Konstanty Radziwill

Der neue Ärztekammerpräsident, Dr. Konstanty Radziwill, tritt sein Amt in schwierigen Zeiten an. Die Gesundheitsreform

stagniert, die Honorar- situation der Ärzte ist desolat.

Foto: Otmar Kloiber

Zwischen den deutschen und polnischen Ärztekammern gibt

es bereits eine ausgesprochen

konstruktive Zusammenarbeit.

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treter polnischer Interessen profiliert.

Freilich geht ihm einiges nicht schnell genug: Im ständigen Ausschuss der Eu- ropäischen Ärzte (CPME) sind bisher nur die nationalen Ärzteverbände der Mitgliedsländer der EU und des eu- ropäischen Wirtschaftsraums (das heißt, neben den EU-Staaten auch Norwegen, Island und Liechtenstein) Vollmitglie- der. Radziwill will jedoch die EU-Erwei- terung nicht vom Tribünenplatz aus erle- ben. Er strebt möglichst bald eine Voll- mitgliedschaft der polnischen Ärzte- kammer im CPME an. Dabei kann er darauf verweisen, dass sein Land (wie auch etliche andere Beitrittskandidaten) die EU-Regelungen anerkennt und da- nach handelt. Das war Mitte der 90er- Jahre auch der Grund, Norwegen, Schweden, Finnland, Island, Österreich und Liechtenstein die Möglichkeit der Vollmitgliedschaft in der europäischen Ärztevertretung einzuräumen, noch be- vor Österreich, Finnland und Schweden sich der EU anschlossen.

Zwischen den deutschen und polni- schen Ärztekammern gibt es bereits ei- ne ausgesprochen konstruktive Zusam- menarbeit. Auch Radziwills Vorgänger in der internationalen Arbeit haben ge- rade mit Deutschland einen intensiven und freundschaftlichen Kontakt ge- pflegt. Aber nicht nur auf nationaler Ebene, auch zwischen den regionalen polnischen Kammern und deutschen Landesärztekammern gibt es einen re- gen Austausch. Mit Konstanty Radzi- will, der nun das Gewicht des Präsiden- tenamts der nationalen Ärztekammer mit sich bringt, wird die Zusammenar- beit zwischen den Ärztekammern Polens und Deutschlands sicherlich noch einmal deutlich intensiver. Mittel- europa wächst zusammen – die Ärzte sind mit dabei.

Dr. med. Otmar Kloiber Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Straße 1 50931 Köln

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 7½½½½15. Februar 2002 AA413

Kompetenznetze in der Medizin

Eine Standortbestimmung

Neue Infrastrukturen, basierend auf Kooperation und Vernetzung, sollen die Forschung effizienter machen.

Ulrich R. Fölsch

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, Wolfgang H. Oertel

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, Carsten Rausch

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, Martin C. Hirsch

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, Tim M. Jaeger

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David gegen Goliath – ein Lehr- stück für alle, die meinen, man könne durch die Abschaffung des

Verhandlungsmandats der Ärzteschaft das Gesundheits-

wesen verbessern. V

erglichen mit strengen Hierarchien, zeichnen sich netzwerkartige Or- ganisationsstrukturen durch eine erhöhte Flexibilität und Anpassungs- fähigkeit aus. Jeder Teilnehmer ent- spricht einem Knotenpunkt, das heißt, er ist in das Gesamtkonzept integriert, ohne sein individuelles Profil zu verlie- ren. Einzelne Knotenpunkte können wegfallen, andere hinzukommen – das Netzwerk formiert sich entsprechend neu. 1997 wurden vom Bundesministeri- um für Bildung und Forschung (BMBF) die ersten Kompetenznetze in der Medi- zin ausgeschrieben. Von ursprünglich 160 Vorschlägen werden seit 1999 in der ersten Förderperiode zehn Netze unter- stützt. 2001 wurden drei weitere Netze in die Förderung aufgenommen; Konzepte für Kompetenznetze im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegen zur Begutachtung vor. Weitere Kompe- tenznetze für Demenzen, Infektionsfor-

schung und seltene Erkrankungen star- ten in Kürze oder sind geplant. Das BMBF stellt rund 200 Millionen Afür diese Fördermaßnahme bereit.

Mit der Etablierung neuer For- schungsinfrastrukturen sollen Forscher und andere Beteiligte im Gesundheits- wesen lernen, effizienzsteigernde Hand- lungsabläufe durch die Partnerschaft in einem Verbund oder Netz zu entwickeln.

Ziele der Kompetenznetze

In den Kompetenznetzen der Medizin sollen das Wissen und die Erfahrung je- ner Gruppierungen gebündelt werden, die sich auf verschiedenen Ebenen mit einem speziellen Krankheitsbild be- schäftigen. Dies können führende For- schungseinrichtungen und Kliniken, nie- dergelassene Ärzte, aber auch Patienten- organisationen, Kostenträger oder die Industrie sein. Das Zusammenführen dieses Expertenwissens mit dem Ziel, Ergebnisse aus der Forschung schneller in die Versorgung einfließen zu lassen, ist die vorrangige Aufgabe von Kompe-

1Sprecher der Kompetenznetze, I. Medizinische Klinik, Christian-Albrechts-Universität, Kiel, 2Stellvertretender Sprecher der Kompetenznetze, Klinik für Neurologie, Phi- lipps-Universität, Marburg, 3interActive Systems, Berlin

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tenznetzen. Innerhalb der Netze werden sowohl ein horizontales Forschungsnetz als auch ein vertikales Forschungs- und Versorgungsnetz aufgebaut. Im horizon- talen Netz wird die Kooperationsstruk- tur unter den Wissenschaftlern verbes- sert und durch den Zusammenschluss der führenden Wissenschaftler eine Re- dundanz in der Forschung vermieden.

Im vertikalen Netz findet der Austausch zwischen Versorgern, Patienten und Wissenschaftlern statt. Durch die Ver- netzung führender Versorger und For- scher werden Kompetenzen konzen- triert und addiert.

Wissensmanagement

Das in und von Kompetenznetzen gene- rierte Wissen soll schnell und verlässlich allen Beteiligten im Gesundheitswesen zugänglich gemacht werden. Patienten und Ärzte greifen somit auf dieselben aktuellen und fundierten Informationen zu, die für die jeweiligen Interessen spe- ziell aufbereitet werden. Die Forderung nach relevanten und gesicherten Infor- mationsquellen für Arzt und Patient wurde bereits wiederholt vorgebracht (1). Damit der Informationsfluss nicht nur in vertikaler Richtung erfolgt, kann für Patienten und Patientenorganisatio- nen auf den Websites der Netze zusätz- lich ein Forum für den Informationsaus- tausch angeboten werden. Die im nie- dergelassenen Bereich tätigen Ärzte können von den standardisiert durch das Kompetenznetz angebotenen Fortbil- dungsmaßnahmen profitieren. Ihre Inte- gration in die Wissenschaft trägt zu einer Steigerung des Wissensstandes bei. Dies und die Darstellung aktueller Diagnose- und Therapieleitlinien durch das Netz führen zu einer kompetenteren Betreu- ung durch niedergelassene Ärzte und er- möglichen damit vermehrt eine ambu- lante Behandlung der Patienten.

Die derzeitigen Kompetenznetze sind unterschiedlich organisiert. Das reicht von der Einrichtung zentraler Servicelei- stungen wie Materialbanken (Blut-, Ge- webeproben et cetera) bis zu einem komplett elektronisch vernetzten For- schungsverbund mit zentraler Daten- bank, automatisiertem Kommunikati- onsfluss und im Kompetenznetz online geführten klinischen Studien. Die Orga-

nisationsform muss für jedes Netz indivi- duell gefunden werden. Es scheinen al- lerdings bestimmte Strukturen hilfreich zu sein: Ein übergeordnetes Organ, zum Beispiel eine Mitgliederversammlung, in der alle Teilnehmer am Netzwerk ver- sammelt sind, bestimmt in demokrati- scher Form die Entwicklung des Kom- petenznetzes. Diese Versammlung trifft sich ein- bis zweimal jährlich und fun- giert als „Legislative“. Exekutive Aufga- ben sollten – im Sinne und Auftrag der Mitgliederversammlung – in der Hand kleinerer und damit flexiblerer Gremien liegen, zum Beispiel bei einem Netz- werksekretariat oder einem Team aus Arzt, Biometriker und IT-Fachmann.

Damit arbeiten Vertreter der für ein Kompetenznetz zentralen Fachrichtun- gen Medizin, Biometrie und Informati- onstechnologie zusammen. Kurze Wege erhalten hier die Flexibilität. Ein Netz- werksekretariat kann als Kontaktstelle für die Anfragen der Patienten und nie- dergelassenen Ärzte ebenso wie der teil- nehmenden Zentren dienen.

Qualitätssicherung in der Medizin wird zunehmend nicht nur von den Ko- stenträgern gefordert. Hierzu gehört un- ter anderem die gleichwertige und gleichartige Erfassung von Patientenda- ten. Diese erfordert in den meisten Fäl- len neben dem Stammdatensatz (Name, Adresse, Geburtsdatum) die aus daten- schutzrechtlichen Gründen getrennte Erfassung von krankheitsbezogenen Daten. Die Teilnehmer einigen sich in- nerhalb des Kompetenznetzes auf einen für alle akzeptablen und relevanten Da- tensatz auf der Basis international aner- kannter Diagnostik-Skalen.

Patientendatenbank

Von Anfang an müssen für ein Kompe- tenznetz klare Zielvorgaben definiert werden. Neben dem Generieren und Sammeln von Wissen und dessen Ver- breitung und Nutzung muss es ein vor- rangiges Ziel sein, eine zukunftsfähige und über die Förderperiode hinausge- hende Forschungsinfrastruktur zu schaf- fen. Ein möglicher Weg dorthin kann darin bestehen, schon in der Entwick- lungsphase die spätere Durchführung von klinischen Studien zu planen. Als in- novatives und wirkungsvolles Werkzeug

hat sich die Etablierung einer zentralen Patientendatenbank erwiesen. In diese können die Patientendaten bundes-, möglichst aber europa- und weltweit über das Internet in die Datenbank des Kompetenznetzes eingegeben werden, wie es zum Beispiel im Kompetenznetz Parkinson bereits verwirklicht ist. Hier- bei müssen nicht nur die Erkenntnisse zur Datensicherheit, sondern auch die Datenschutzrichtlinien beachtet werden (2). Deshalb ist eine enge Zusammenar- beit mit dem Arbeitskreis Wissenschaft der Datenschutzbeauftragten der Län- der erforderlich, dessen Vorgaben zum Beispiel im Kompetenznetz Parkinson bereits umgesetzt sind. Die Daten wer- den nach Datenschutzbestimmungen pseudonymisiert (faktische Anonymi- sierung § 3 Abs. 7 BDSG) und gespei- chert.

Durch Pass- und Kennwortschutz sind die Patientendaten nur dem Einge- benden zugänglich. Somit ist auch dem Schutz der persönlichen Leistung des Forschers Rechnung getragen. Eine zen- trale Datenbank bedeutet nicht, dass die Teilnehmer ihre Datenhoheit oder ihr individuelles Forschungsprofil verlieren.

Gerade in diesem Konzept muss der Persönlichkeitsschutz des Patienten ge- wahrt werden. Auf diese Weise bleiben die Datenhoheit und das individuelle Forschungsprofil des Eingebenden ge- wahrt. Erst mit dessen Einwilligung und auf Beschluss des Vorstandes und der Mitgliederversammlung können pseudo- nymisierte Datensätze für Studien frei- gegeben werden. Hier bietet das zentra- le Datenbankmodell Vorteile, unter an- derem die rasche Einigung auf relevante Daten und internationale Skalen, die standardisierte Qualitätssicherung, die Rekrutierung einer homogenen Stich- probe von Patienten in einem über- schaubaren Zeitraum an verschiedenen Zentren und den einfachen Export von Daten in etablierte Statistikprogramme, wie zum Beispiel SPSS oder SAS.

Die Durchführung von klinischen Studien ist nicht nur für die Forschungs- gruppierungen innerhalb des Kompe- tenznetzes relevant. Die publizierten Er- gebnisse sind neben behandelnden Ärz- ten und Patienten auch Krankenkassen und der pharmazeutischen Industrie zu- gänglich. Ein Instrument, das die Studi- enkultur und vor allem -qualität in T H E M E N D E R Z E I T

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A414 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 7½½½½15. Februar 2002

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Deutschland verbessern soll, sind die 13 Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS), die das BMBF in diesem Zusammenhang fördert. Zu ihren Auf- gaben gehören das Monitoring und die biometrische Aufsicht über klinische Studien, unter anderem in Kooperation mit den Kompetenznetzen.

Vernetzung von Kompetenznetzen

Ein Netzwerk gewinnt seine Effizienz aus dem Zusammenspiel der Beteilig- ten. Wesentlich effizienter wird ein Netzwerk, wenn es mit weiteren Netz- werken verknüpft wird. Dafür müssen die Datenschutzrichtlinien zu- nächst deutschland-, dann euro- pa- und schließlich weltweit ko- ordiniert werden. Für die Ver- wendung internationaler Daten- sicherheitsstandards muss man sich zusätzlich auf ein zunächst national, dann international gül- tiges Datenformat einigen. Diese Intentionen werden unterstützt durch die Telematikplattform für medizinische Forschungsnetze (TMF) unter Beteiligung des Fraunhofer-Instituts für Soft- ware und Systementwicklung, an dem 23 Forschungsverbünde be- teiligt sind. In der TMF werden ausführliche Vorgaben und Kon- zepte erarbeitet, auf die jedes neu beginnende Kompetenznetz zurückgreifen sollte.

Mittelfristig kann sich durch die Kompetenznetze in Deutsch- land die Ausrichtung der medizi- nischen Forschung verändern. Die Krankenkassen fordern vermehrt Qualitätssicherung in der Medizin. Die Übertragung der Erfahrungen aus den Kompetenznetzen in die Versorgungs- forschung ist ein weiterer wichtiger Aspekt: Hier könnten die Hausärzte verstärkt eingebunden werden. Sie könnten zum Beispiel im Rahmen von klinischen Studien oder Anwendungs- beobachtungen dem Netz zugeschaltet werden und über die Internet-basierte Eingabe ihre multimorbiden Patienten einbringen, die nicht den oftmals vorse- lektierten Studienpatienten der großen Zentren entsprechen. In Großbritanni-

en ist es bereits üblich, die Kostenträger in die Finanzierung der Versorgungs- forschung einzubinden.

Unkoordinierte Grundlagenforschung in verschiedenen Labors wird nicht wei- ter unabgestimmt unterstützt werden, Patienten werden die Medizin auf der Suche nach aktuellen und evidenten Diagnose- und Therapieleitlinien her- ausfordern.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat diese Entwicklungen erkannt und den Aufbau einer Infra- struktur frühzeitig gefördert. Diese wird nicht nur im Bereich der Forschung durch BMBF und Deutsche Forschungs- gemeinschaft (DFG) gestützt, eine stär- kere Vernetzung der Arbeitsstruktur

wird auch in der Versorgung gefordert, zum Beispiel durch das Aktionsforum Telematik im Gesundheitswesen (3).

Die Entwicklungen in Technik, For- schung und Krankenversorgung lassen zunehmend nationale Grenzen hinter sich. Für eine verstärkte kooperative Ar- beit im Gesundheitswesen sind wesentli- che Strukturen geschaffen worden: Da- zu zählen die Kompetenznetze, die Er- richtung von Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS) sowie die För- derung der Telematikplattform für me- dizinische Forschungsnetze (TMF). Die Initiativen des Bundesministeriums für Gesundheit, zum Beispiel ein qualitäts-

gerichtetes, dezentral organisiertes Ge- sundheitsinformationssystem (AFGIS, Aktionsforum Gesundheitsinformati- onssysteme) einzurichten, sind hierbei ergänzend. Mit den Transregio-Sonder- forschungsbereichen verfolgt die DFG ebenfalls Ansätze zur Vernetzung der Medizin.

Diese Bemühungen finden bereits Anklang und Nachahmung in Europa.

Mit dem Konzept „Europäischer For- schungsraum“ wird die EU durch eine einheitliche Strategie wirtschaftlich und technologisch gestärkt. Schon jetzt wer- den vereinzelt Kompetenznetze europa- weit gefördert. Im 6. Forschungs-Rah- menprogramm (2002 bis 2006) plant die Europäische Kommission, einen Groß- teil der Fördersumme für die

„Networks of Excellence“ auszu- geben, in die Erfahrungen aus den deutschen Kompetenznetzen ein- fließen können. International ist die Initiative CDISC (Clinical Da- ta Interchange Standards Consor- tium) bestrebt, medizinische Da- tenformate für die elektronische Bearbeitung zu standardisieren.

Letztlich ist es der Patient, der am meisten von Kompetenznetzen profitiert – durch die von allen Be- teiligten eingebrachte Erfahrung und Motivation, durch Patienten- foren, durch den Schutz vor frag- würdigen Angeboten im Internet und die bessere Behandlung durch gut ausgebildete und opti- mal informierte Ärzte im ambu- lanten und stationären Bereich.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 413–415 [Heft 7]

Literatur

1. Adelhard K: Qualitätssicherung medizinischer Infor- mationsangebote im Internet. Dt Arztebl 2000; 97:

A 2428–2431 [Heft 43].

2. Pommerening K: Medizinische Netzwerke; Sicherheit – eine dauerhafte Aufgabe. Dt Arztebl 2001; 98:

A 2085–2087 [Heft 33].

3. Krüger-Brand HE: Harte Arbeit am Konsens. Dt Arzte- bl 2000; 97: A 2921–2922 [Heft 51–52].

4. Zylka-Menhorn V: Kompetenznetzwerke: Eine Struk- tur gewinnt allmählich Inhalte. Dt Arztebl 2002; 99:

A 24–25 [Heft 1–2].

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Tim M. Jaeger

interActive Systems, Gesellschaft für interaktive Medien mbH Dieffenbachstraße 33 c, 10967 Berlin

E-Mail: tim.jaeger@brainmedia.de T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 7½½½½15. Februar 2002 AA415

www.dlr.de/PT/GF/Kompetenznetzetreffen – Informationen zum Symposium aller Kompetenznetze am 14./15. 12. 01 in Darmstadt http://europa.eu.int/comm/research/nfp/pdf/networks.pdf Forschungsförderung von Networks of Excellence im sechsten Rah- menprogramm der Europäischen Union

www.networks-of-excellence.com– Informationen über Kompe- tenznetzwerke, deren Erstellung und Förderungsmöglichkeiten www.dlr.de/PT/Gesundheitsforschung/gf_home.htm – Aus- schreibungen für Kompetenznetze

www.bmbf.de/index_foerde01.htm – Bundesministerium für Bildung und Forschung

www.cdisc.org– internationale Bestrebungen zur Vereinheitli- chung medizinischer Datenformate

www.german-health-research-net.de– Telematikplattform für medizinische Forschungsnetze

www.kompetenznetze-medizin.de– Informationen über bisher bestehende Kompetenznetze

www.brainmedia.de/security– Sicherheitskonzepte und Lösun- gen unter anderem für Kompetenznetze

www.brain-net.net– Netz zur Verwaltung von Gewebeproben in der Forschung

www.secuTrial.com– System zur Durchführung internetbasierter klinischer Studien

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Referenzen

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