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Archiv "Nachtgedanken bei Tag" (07.06.1996)

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Academic year: 2022

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ie Gesundheitsaufklärung liegt im Interesse und in der Eigenverantwortung aller Bürger. Aufgrund der aktuel- len Diskussion um die Qualitätssiche- rung muß es für uns Ärzte daher ein Anliegen sein, dem Patienten und Bürger die notwendigen Informa- tionsquellen in einer gut verständli- chen Sprache zur Verfügung zu stel- len. Dabei sind sowohl Qualität als auch die attraktive Gestaltung der In- halte besonders wichtig.

Informationen auf Fingerdruck

Unser Anliegen war es zu unter- suchen, wie moderne Computersyste- me für die Gesundheitsaufklärung einsetzbar sind.

In Zusammen- arbeit mit dem Gesundheitsamt der Stadt Leipzig, dem Deutschen Hygienemuseum in Dresden und Partnern aus der Industrie haben wir dafür eine computergestütz- te Informations- säule mit multi- medial gestaltete- tem Informati- onsangebot (Tex- te, Grafiken,

hochauflösende Videos, Animatio- nen) entwickelt.

Begonnen haben wir mit dem gesundheitspolitisch bedeutsamen Thema des Jodmangels. Das System informiert anhand zahlreicher foto- realistischer Bilder über die Entste- hung des Jodmangels und den Zu- sammenhang von Ernährung und

Schilddrüsenerkrankungen. Zu- gleich werden Informationen zu dia- gnostischen und therapeutischen Verfahren sowie zu neuesten Ent- wicklungs- und Forschungstrends auf diesem Gebiet vermittelt. Den Ab- schluß bildet ein Quiz zum Thema.

Nach erfolgreicher Beantwortung al- ler Fragen kann sich der Benutzer ei- ne kostenlose Eintrittskarte für das Deutsche Hygienemuseum aus- drucken.

Mit dem Finger können auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm (Touchscreen) die verschiedenen Themen ausgewählt werden (siehe Abbildung 1). Besonderes Augen- merk lag auf einer ansprechenden grafischen Gestaltung der medizini- schen Inhalte. Eine kurze Zusam- menfassung des Themas und eine Li-

ste mit nützlichen Adressen und An- sprechpartnern können durch den Benutzer ausgedruckt werden.

Hohe Resonanz auf das Pilotprojekt

Für erste praktische Untersu- chungen wurden Infosäulen in Warte- bereichen des Universitätsklinikums, im Neuen Rathaus der Stadt Leipzig und im Hygienemuseum in Dresden aufgestellt. Überraschend war die ho- he Resonanz, die das System in wei- ten Kreisen der Öffentlichkeit wie auch bei den Medien hervorrief. Mo- natlich waren dann etwa 1 000 Benut- zungen durch die Leipziger Bevölke- rung zu registrieren.

Die Infosäule wurde ebenfalls im Rahmen der Aktionstage der Deut- schen Herzwoche im November 1995 eingesetzt und ihre Nutzung von Dok- toranden der Medizin evaluiert. Pro Aktionstag gab es mehr als 100 Benut- zungen und ebenso viele Befragungen.

Von besonderem Interesse war die Frage, wie die medizinischen Inhalte didaktisch gestaltet werden müssen, um ein hohes Interesse bei unter- schiedlichen Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Dabei stellten wir deutliche Unterschiede im Nutzungsverhalten in Abhängigkeit vom Alter, von der so- zialen Situation, dem Bildungsstand und medizinischen Vorwissen fest.

Der Einsatz und die epidemiolo- gische Bewertung erfolgt nun ge- A-1514

P O L I T I K AKTUELL

(22) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 23, 7. Juni 1996

Pilotversuch in Sachsen

Gesundheitsaufklärung mit multimedialen

Computersystemen

Die Erziehung zu einer gesunden Lebensweise, das „Vorbeugen statt Heilen“, stellt eine Her- ausforderung an das öffentliche Gesundheitswesen dar, der sich insbesondere die Ärzte in zu- nehmendem Maße stellen müssen. Neue Medien eröffnen hierbei neue technische und didak- tische Möglichkeiten. In einem Pilotversuch in Sachsen wurde eine computergestützte Informa- tionssäule entwickelt und deren Resonanz in der Öffentlichkeit untersucht. Initiator des Projek- tes war die Medizinische Klinik der Universität Leipzig, das Thema lautete Jodmangel.

Stefan R. Bornstein Thomas U. Baehring Werner A. Scherbaum

Abbildung 1: Auswahlmenü zum Thema Jodmangel an der Infosäule des MEDIROBO

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P O L I T I K AKTUELL

(24) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 23, 7. Juni 1996 meinsam mit dem

Forschungsver- bund Public Health Sachsen, speziell mit dem Deutschen Hy- gienemuseum in Dresden. Die ge- wonnenen Daten liefern gesund- heitspolitisch re- levante Informa- tionen, um com- putergestützte Informationssy- steme verstärkt in den Prozeß der Gesundheitsauf-

klärung und -erziehung zu integrie- ren.

Europäische Partner Die weitere Ausgestaltung des Projektes an der Universität Leipzig erfolgt auch im Rahmen des Europa- projektes EURO HEALTH. Ge- meinsam mit unseren Partnern in England, Irland, Spanien und Däne- mark werden nun Technik, Didaktik und Inhalte für Gesundheitsinforma- tionsangebote am PC europaweit eta- bliert.

Nach den im Rahmen unseres Pi- lotprojektes gewonnenen Erfahrun-

gen sollten bei zukünftigen Aktivitä- ten folgende Punkte berücksichtigt werden:

¿ Die Gesundheitsaufklärung zu den großen Themen sollte von kompetenten Vertretern der Ärzte- schaft erstellt werden.

À Gesundheitsthemen werden in Verbindung mit moderner Informati- onstechnologie von den Medien gern aufgegriffen und weiter verbreitet.

Á Auch große Teile der älteren Generation interessieren sich für das Informationssystem, Berührungsäng- ste werden schnell überwunden.

 Die Gestaltung der Inhalte sollte mit regionalem Schwerpunkt erfolgen, damit sich die Menschen

durch die Inhalte konkret angespro- chen fühlen.

à Die Benutzung dieser interak- tiven Gesundheitsaufklärung könnte mit einem Bonussystem der gesetzli- chen Krankenkassen verbunden wer- den.

Wir müssen unsere europaweiten Anstrengungen auf dem Gebiet der Gesundheitsaufklärung verstärken, damit durch einen Technologie- und Wissenstransfer der europaweit mo- bile Bürger unterstützt wird. Die Aus- wertung der Nutzungsdaten eröffnet neue Perspektiven für eine diesbezüg- liche epidemiologische Forschung in Europa.

Als weitere Möglichkeiten, Ge- sundheitsaufklärung mit Hilfe der neuen Medien zu leisten, bieten sich die CD-ROM, die verschiedenen On- line-Dienste und vor allem das welt- umspannende Internet (Abbildung 2) an. Der Abruf aktueller Informatio- nen kann dabei jederzeit vom heimi- schen PC aus erfolgen. Die Beratung ist anonym, die Informationen sind weltweit verfügbar.

Anschrift für die Verfasser:

Privatdozent

Dr. med. Stefan R. Bornstein Universität Leipzig

Medizinische Klinik und Poliklinik III Philipp-Rosenthal-Straße 27

04103 Leipzig Abbildung 2: Die Titelseite des Informationsangebots zu Gesundheitsaufklärung

der Universität Leipzig im Internet

Der im Mai 1995 gegründete Ver- ein Trier – Gesunde Stadt e.V. ist seit Oktober Mitglied des von der Weltge- sundheitsorganisation (WHO) ins Le- ben gerufenen „Gesunde Städte“- Netzwerkes. Diesem weltweiten Pro- jekt gehören in Deutschland mittler- weile 38 Städte und Kreise an, inter- national sind es über 1 000. Auf seiner ersten Gesundheitsförderungskonfe- renz stellte der Verein die geplante Neuorientierung in der kommunalen Gesundheitspolitik vor.

„Gesunde Städte entwickeln Or- ganisationsstrukturen, die auf kom- munaler Ebene eine Zusammenarbeit von Behörden, Organisationen, Ver- bänden und Institutionen ermögli- chen“, erklärte Günter Conrad, der einst das WHO-Netzwerk koordinier- te und in Trier seine bisherigen Erfah- rungen schilderte. Dieses „multisek- torale Handeln“ sei ein Grundprinzip des 1986 initiierten Projektes. Es ba- siere auf den Grundsätzen des WHO- Programms „Gesundheit für alle“ und

der Ottawa-Charta zur Gesundheits- förderung.

Gemeinsames Ziel sei es, gesun- de Lebens-, Arbeits- und Umweltbe- dingungen zu schaffen. Conrad hob hervor, daß dabei nicht einzelne Ge- sundheitsrisiken im Mittelpunkt stün- den, wie Rauchen, Ernährung oder Übergewicht.

Lebensbereich Stadt Vielmehr würden Projekte, die sich an den kommunalen Problemen orientieren, für bestimmte Lebensbe- reiche, wie Schulen, Betriebe oder Krankenhäuser, konzipiert. „Wichtig ist es, mit den Verantwortlichen dieser Institutionen eine Lobby aufzubauen, über die entsprechende Ressourcen herangeschafft werden können.“ !

„Gesunde Städte“-Netzwerk der WHO

Trier auf dem Weg

zur gesunden Stadt

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In Trier diskutierten die Teilneh- mer der Konferenz über die ersten Schwerpunkte „Gesundheitsförde- rung und -risiken von Kindern und Jugendlichen“, „Selbsthilfe als Ele- ment der Gesundheitsförderung“,

„Gesundheitszustand in der Region Trier“ und „Haus der Gesundheit“.

Diese Themen sollen Arbeitsgruppen zukünftig in Projekte umsetzen. An drei Gymnasien der Stadt hat der Ver- ein derzeit schon eine Initiative zur Raucherprävention gestartet.

Das „Haus der Gesundheit“ soll als Koordinierungs- und Informati- onsstelle eingerichtet werden. Zentral gelegen und für die Bürger ohne

„Schwellenangst“ zu erreichen, soll es zu einem integralen Bestandteil des öffentlichen gesundheitspolitischen

Handelns werden, berichtete Dr. Ha- rald Michels, Leiter des Gesundheits- amtes Trier, über die Pläne des Ver- eins. Ein ganzheitliches Verständnis der Gesundheit im Sinne eines sozia- len, seelischen und körperlichen Wohlbefindens müsse in alle Bereiche der Politik eingeführt werden.

Mischfinanzierung geplant

Ungewiß ist für die Trierer ge- genwärtig noch, wie die geplanten Aktionen finanziert werden sollen.

Der Vorsitzende des Vereins und Prä- sident der Bezirksärztekammer Trier, Dr. med. Edgar Piedmont, stellt sich eine Mischfinanzierung vor, die aus

kommunalen Mitteln und Landesmit- teln sowie Zuschüssen von regionalen Wirtschaftsunternehmen und Kran- kenkassen gewährleistet werden soll.

Zur Zeit sei die Stadt Trier einziger Geldgeber. Darüber hinaus hätten sich mehrere Krankenkassen bereit erklärt, den Verein je Mitglied und Jahr mit einem Betrag von 10 Pfennig zu unterstützen.

Die Erfahrungen aus Trier könn- ten bei der landesweiten Einrichtung von regionalen Gesundheitskonfe- renzen, die auch in der neuen Koaliti- onsvereinbarung festgeschrieben sei, von großem Nutzen sein, begrüßte der Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Klaus Jensen, das „Gesunde Städte“-

Projekt. SG

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P O L I T I K AKTUELL/KOMMENTAR

(26) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 23, 7. Juni 1996

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as marxistische Theorem, daß die Quantität, wenn sie ein großes Ausmaß erreicht hat, in eine andere Qualität um- schlägt, wird allzuoft verifiziert. In der Regel ist die neue Qualität keine bes- sere.

Die enorme Arbeitslosigkeit, die zunehmende Umweltbelastung, die sich ausbreitende Intoleranz, das Schüren von Neidgefühlen haben eine Dimension erreicht, in der kaum einer dem anderen mehr zuhört; vielmehr fällt fast bei je- der Diskussion der eine dem anderen ins Wort.

Ein Patentrezept zur Lö- sung der Finanzkrise unseres Staates hat niemand, und der Kanzler hat recht, wenn er sagt: „Wer heute nur die Wahrung seiner Besitzstände im Sinn hat, verspielt die Zukunft der Nation.“

Uns Ärzten bringt man das Spa- ren durch Honorar-Stops und Budge- tierung seit Jahren bei, so daß schon – was früher fast ausgeschlossen war – eine bemerkenswerte Reihe von Praxen insolvent wurden. Aber kei- ner von den Ärztinnen und Ärzten käme auf den Gedanken, die Patien- ten im Stich zu lassen. Die Patienten werden trotz aller Behinderungen und Erschwernisse in der ärztlichen Praxis optimal versorgt.

Die Bosse der ÖTV aber machen mobil. Bei dreizehn Monatsgehältern, Beihilfeberechtigung, Arbeitgeber-

anteil zu Krankenkassen- und Ren- tenbeiträgen, die aus den Steuern der Allgemeinheit, besonders aber des Mittelstandes und der Freiberufler, bezahlt werden, sollte dies alles ein- mal im Grundsatz zur Diskussion ge- stellt werden. Vielleicht käme dann die Einsicht schneller. Denn die im

Branchenvergleich sehr „vorzeigba- ren“ Tariflöhne und -gehälter gehen immerhin einher mit einer beispiello- sen Sicherheit der Arbeitsplätze. Ist in Anbetracht dieser Situation ein „Auf- stand“ angebracht? Bei Personalaus- gaben der Gebietskörperschaften im vergangenen Jahr in Höhe von 350 Milliarden Mark könnte der öffentli- che Dienst mit einer gewissen Be- scheidenheit enorm zur Entlastung der Haushalte beitragen.

Daß Mittelständler und Freibe- rufler für die jetzige Verhaltensweise von Gewerkschaften, die sich mit pole- mischen Äußerungen hervortun, kein Verständnis haben, ist einleuchtend.

Sollte zum Streik gerufen wer- den, trifft er noch nicht einmal dieje- nigen, die man bestenfalls in der Poli- tik für die Misere verantwortlich ma- chen könnte, sondern er trifft die ge- samte Bevölkerung. Einen Streik im Entsorgungsbereich, sollte ihn die ÖTV organisieren, kann man fast schon als ein Vergehen gegen die Um- weltschutz-Gesetze bezeichnen. Wer so uneinsichtig reagiert, gefährdet die Stabilität unseres Sozialstaa- tes. Er gefährdet auch das Ta- rifvertragsgesetz hinsichtlich des Erhalts der Flächentarife.

Bei Betriebstarifen sind die Mitarbeiter in der Regel ein- sichtiger. Nach den Erfahrun- gen der Gewerkschaftsbosse in der Wirtschaft – siehe die Erfolge „im Konsumbereich Coop, in der Neuen Heimat, in der BfG“ – weiß man, daß es lediglich um Machterhalt geht und daß wenig Respekt vor den erarbeite- ten Geldern der Gewerkschaftsmit- glieder existiert.

Die scharfmachenden polemi- schen Äußerungen von Gewerk- schaftsführern beweisen ein gestörtes Demokratieverständnis. Wenn man die Verantwortlichen nicht treffen kann, erpreßt man die arbeitswilligen Bürger ebenfalls flächendeckend.

Wer Macht mißbraucht, verspielt den Anspruch, ein verantwortungsbe- wußter Demokrat zu sein.

Prof. Dr. med. Horst Bourmer, Köln

Nachtgedanken

bei Tag

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