DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
NACHRICHTEN
Pharma-lndustrie kontert Kritiker
FRANKFURT. Den Vorwurf, der inländische Arzneimit- telmarkt sei übersetzt und die Vielzahl der beim Bun- desgesundheitsamt regi- strierten angeblichen 145 000 Arzneispezialitä- ten wirke kostentreibend, hat der neugewählte Vor- sitzende des Bundesver- bandes der Pharmazeuti- schen Industrie (BPI), Dr.
med. Rolf Madaus, in der neuesten Ausgabe der BPI-Zeitung „Medikament und Meinung" gekontert.
Unter den Spezialitäten befänden sich annähernd 10 000 Tierarzneimittel, 70 000 Arzneimittel, die auf dem Markt gar nicht ver- fügbar seien, weil sie von Krankenhäusern, der Bun- deswehr, Drogerien und Reformhäusern hergestellt werden, und weitere 35 000 überwiegend ho- möopathische und sonsti- ge Naturheilmittel. Elimi- niere man von den verblei-
30 Millionen DM für Leprakranke
WÜRZBURG. 29,9 Millio- nen DM spendeten Stiftun- gen, Gruppen und einzel- ne Bürger 1983 für das Deutsche Aussätzigen- Hilfswerk (DAHW) in Würz- burg. Das Bundesministe- rium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit beteiligte sich mit rund 900 000 DM an Einzelprojekten der Or- ganisation. Im Jahresbe- richt 1983 ist von einem der bisher höchsten Spen- denaufkommen die Rede.
Das Aussätzigen-Hilfswerk bekämpft weltweit die Le- pra. Mit Hilfe des gespen- deten Geldes konnten im vergangenen Jahr 271 Pro- jekte in 40 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas realisiert werden. Darunter fallen Programme zur me- dizinischen Versorgung, soziale und Rehabilita-
benden rund 30 000 Arz- neimitteln die unterschied- lichen Darreichungsfor- men und Stärken eines Medikamentes, die beim BGA jeweils einzeln erfaßt werden, so verblieben nur noch 10 000 Medikamente, die aber Nachahmerpräpa- rate einschließen. Ohne solche Nachahmungen stehen demnach nur 2000 bis 3000 Pharmaka für 80 große Krankheitsgruppen zur Verfügung.
Tatsächlich reduziere sich das Reservoir des Arznei- mittelschatzes, den der einzelne Arzt individuell
„in der Feder führt", auf 200 bis 500 Medikamente.
BPI-Chef Rolf Madaus wies auch das „Explosionsargu- ment" zurück: In den Jah- ren 1970 bis 1983 stiegen die Ausgaben in der ge- setzlichen Krankenversi- cherung insgesamt um 292 Prozent, wohingegen die Ausgaben für Arzneimittel lediglich um 241 Prozent wuchsen. EB
tionsmaßnahmen, Gesund- heitsaufklärung und Aus- bildung. Dazu gehört auch die Forschung.
In den 70er Jahren formu- lierte das Hilfswerk sein Motto „Leprahilfe durch Lepraforschung". Das gän- gige Medikament DDS sei, so das DAHW, das Mittel der Wahl in der Lepra- therapie der letzten 30 Jah- re. Inzwischen seien je- doch immer mehr Patien- ten DDS-resistent. Die Hilfsorganisation setzt des- halb im Kampf gegen die Lepra auf Medikamenten- kombinationen. Im vergan- genen Jahr wurden elf er- folgversprechende For- schungsprojekte unter- stützt. Nach Meinung des DAHW sind die drei Berei- che Pharmakotherapie, Mi- krobiologie und Züchtung des Mycobakterium leprae sowie die Immunologie be- sonders förderungswür-
dig. SD
Aus der DDR
13 Konsultationen je Bürger im Jahr
OSTBERLIN. In Anwesen- heit des Ministers für Ge- sundheitswesen debattier- te die Stadtverordneten- versammlung über die me- dizinische und soziale Be- treuung der Bürger Ost- berlins. Als wichtige Ziele wurden herausgestellt die Senkung der Wartezeiten, die Möglichkeit zu Konsul- tationen außerhalb der Ar- beitszeit „bei freier Arzt- wahl" und der Ausbau des Hausarztsystems. Für die knapp 1,2 Millionen Bürger Ostberlins stehen zur Zeit 6000 Ärzte und Zahnärzte zur Verfügung. Im Durch- schnitt sucht jeder Bürger dreizehnmal im Jahr einen Arzt auf. gb
AUSLAND
Abtreibungen stagnieren
ATLANTA. Nach Mitteilung der zuständigen Bundes- behörde in Atlanta hat die Zahl der gemeldeten lega- len Schwangerschaftsab- brüche in den USA 1981 zum ersten Mal nicht mehr zugenommen, während bisher jährliche Zuwachs- raten zwischen vier und fünf Prozent verzeichnet wurden. Auch das Zahlen- verhältnis zwischen lega- len Schwangerschaftsab- brüchen und Geburten hat leicht abgenommen.
Nach Meinung von Exper- ten können mehrere Ursa- chen für diese Entwicklung verantwortlich sein. Neben der zunehmenden Anwen- dung empfängnisverhü- tender Mittel könnte sich die Propaganda der Abtrei- bungsgegner auswirken.
Es sei jedoch auch mög- lich, daß seit der Freigabe des Schwangerschaftsab- bruchs im Jahre 1973 die Zahl der illegalen Abtrei-
bungen zurückgegangen ist, so daß die höheren Zu- wachsraten in den siebzi- ger Jahren nicht ganz echt waren. Den Hauptanteil der Abtreibungswilligen stellen jedenfalls nach wie vor junge weiße unverhei- ratete Frauen, die noch keine lebenden Kinder ha- ben. gb
Verwaiste Embryos:
Öffentlichkeit soll sich äußern
MELBOURNE. Ein vom Staat Victoria eingesetzter Ausschuß hat sich mit dem Schicksal von zwei Embry- os beschäftigt, die in Mel- bourne eingefroren sind und deren amerikanische
„Eltern" im vergangenen Jahr bei einem Flugzeug- unglück getötet wurden.
Im Queen Victoria Medical Centre in Melbourne sind zur Zeit mehr als 400 Em- bryos eingefroren. Aus dem bisherigen Versuchs- programm von In-vitro-Fer- tilisation, Einfrieren und späterer Implantation sind bisher acht Schwanger- schaften entstanden; zwei Kinder sind bereits gebo- ren.
Der Ausschuß beschäftigt sich seit 1982 mit den rechtlichen und ethischen Aspekten dieser Versuche.
Er empfahl jetzt die Ver- nichtung der beiden ver- waisten Embryos, weil die
„Eltern" keine diesbezüg- liche Verfügung für den Fall ihres Todes hinterlas- sen hätten. Ein Ausschuß- mitglied wies darauf hin, daß diese Embryos in ei- nem so frühen Stadium der Versuche eingefroren wor- den waren, daß sie das Auf- tauen kaum überleben dürften.
Der Generalstaatsanwalt von Victoria hat jedoch den Vollzug der Ausschuß- empfehlung für drei Mona- te ausgesetzt, damit die Öffentlichkeit das Problem diskutieren kann. gb
2782 (22) Heft 39 vom 26. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A