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Archiv "Elektronische Gesundheitskarte: Wider den Wildwuchs" (27.07.2007)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 3027. Juli 2007 A2099

P O L I T I K

D

er Saal im SI Centrum in Stuttgart war bis auf den letzten Platz gefüllt, denn das The- ma – die Einführung der elektroni- schen Gesundheitskarte – ist auch nach jahrelangen kontroversen Dis- kussionen um Chancen und Risiken des Projekts umstritten und bewegt die Gemüter. Aufrufe zum Boykott der Karte und zum Ausstieg aus den Modellversuchen dauern auch nach dem Deutschen Ärztetag in Münster an. Das Ärzteparlament hatte die Einführung der elektronischen Ge- sundheitskarte (eGK) „in der derzeit geplanten Form“ abgelehnt und eine Neukonzeption des Telematikpro- jekts gefordert. Darüber hinaus ha- ben sich viele Landesärztekammern und Ärzteverbände in den letzten Wochen gegen die Gesundheitskar- te ausgesprochen.

Derweil wird die Karte in Flens- burg und Löbau-Zittau bereits seit Ende 2006 in den 10 000er-Tests er- probt, gefolgt von Bochum im Juni 2007. Die Regionen Ingolstadt und Heilbronn sollen noch im Sommer 2007 mit den Feldtests beginnen. In Baden-Württemberg hatte zuletzt eine Umfrage des Landesärztever- bandes Medi unter den niedergelas- senen Ärzten ergeben, dass die weit überwiegende Mehrzahl der Ärzte

eine Beteiligung am Modellversuch in Heilbronn ablehnt. Dennoch ha- ben sich auch dort 14 Ärzte, zehn Apotheker und eine Klinik zur Teil- nahme am Feldtest bereit erklärt.

Die Landesärztekammer Baden- Württemberg ist zudem Mitglied der Arbeitsgemeinschaft zur Ein- führung der eGK in Baden-Würt- temberg (ARGE), um ihren Mitglie- dern die Erprobung der Karte zu er- möglichen. Vor diesem Hintergrund hatte die Landesärztekammer an- lässlich des 11. Baden-Württember- gischen Ärztetages zur öffentlichen Diskussion eingeladen.

Furcht vor „Megaservern“

und Sicherheitsproblemen

Die Bundesärztekammer (BÄK) will mit ihrem Engagement in dem Projekt vorrangig sicherstellen, dass – unter maßgeblicher Einfluss- nahme der Ärzteschaft – eine ein- heitliche Telematiklösung für das Gesundheitswesen entsteht. So ver- wies Dr. med. Franz-Joseph Bart- mann, Vorsitzender im Ausschuss Telematik der BÄK, darauf, dass zurzeit bereits mehr als ein Dutzend Gesundheitsakten mit unterschied- lichen Spezifikationen im Umlauf seien. Ohne den flächendeckenden Aufbau einer Telematikinfrastruk- tur würden die Ärzte künftig mit vielen verschiedenen Datenträgern – USB-Sticks, Chipkarten, CD- ROMs, DVDs – in ihren Praxen konfrontiert werden. „Nichts wäre gefährlicher, als ein wildwüchsiges Nebeneinander von ganz unter- schiedlichen Ansätzen“, warnte auch Dr. rer. pol. Rolf Hoberg, Vor- sitzender der ARGE und Vorstands- vorsitzender der Landes-AOK.

Letztlich wäre ein solches Szena- rio für die Betroffenen – Ärzte und Patienten – weder praktikabel noch unter Datenschutzgesichtspunkten

sicher. Von Patienten, die mit USB- Sticks zu den Ärzten kommen, hält daher auch Wolfram-Arnim Candi- dus, Präsident der Deutschen Ge- sellschaft für Versicherte und Pati- enten, nichts. „Wir kommen an IT im Gesundheitswesen nicht vorbei“, meinte Candidus. Die Technik müs- se jedoch der Verbesserung der Ver- sorgung dienen und dürfe sich nicht nur an den Kosten oder den Interes- sen der Industrie ausrichten.

Die Hauptkritikpunkte der Ärzte betreffen vor allem die Praktikabi- lität der Technik, die ungeklärte Fi- nanzierung und Fragen der ärztli- chen Haftung. Allem voran aber steht die Furcht vor „Megaservern“

und den Sicherheitsproblemen, die mit einer zentralen Datenspeiche- rung verbunden sind. „Wir wollen keine Lösung, bei der die eGK nur als Eintrittskarte für Zentralserver dient“, meinte etwa Dr. med. Tho- mas Gehrig, Vorsitzender der Ärzte- schaft Heilbronn. Der Urologe plä- dierte stattdessen für lokale Netze und dezentrale Speichermedien, die es ermöglichten, „dass die Daten beim Patienten bleiben“. Ähnlich argumentierte Dr. med. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzen- der von Medi Baden-Württemberg:

„Dem Patienten wird vorgegaukelt, dass seine Gesundheitsdaten auf der Karte gespeichert werden, tatsäch- lich reicht dafür aber die Speicher- kapazität nicht aus. Wir wollen, dass die Patientendaten dezentral auf der Karte gespeichert werden, und wir wollen weg von der Serverlösung.“

Alternative Formen

Wie eine solche Lösung aussehen könnte, ist jedoch völlig unklar. Der BÄK-Ausschuss Telematik werde sich auch mit alternativen Formen einer solchen patientenzentrierten Form der Datenspeicherung be- schäftigen, erklärte Bartmann. Hier stehe man am Anfang eines Prozes- ses, der auf dem nächsten Deut- schen Ärztetag in Ulm zu diskutie- ren sei. Bartmann stellte außerdem die an den Arzt durch das eGK-Pro- jekt gestellte Anforderung infrage, online zu gehen. Ein Online-An- schluss könne nicht von vornherein verpflichtend sein, meinte er. n Heike E. Krüger-Brand

ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSKARTE

Wider den Wildwuchs

Der 11. Baden-Württembergische Ärztetag wandte sich gegen das Telematikprojekt in bisheriger Form.

Die Diskussion der Experten zeigte: Ein Fülle von Fragen ist offen.

TEST IN HEILBRONN

Die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden- Württemberg hat die Einführung der eGK in der bisherigen Form abgelehnt und die Politik aufgefordert, das Projekt völlig neu zu konzipieren. Den Test der Karte in der Region Heilbronn will die Landesärztekammer jedoch weiterführen.

Allerdings wurde der Vorstand aufgefordert, den bestehen- den Vertrag mit der ARGE hinsichtlich der entstehenden Kos- ten in den Arztpraxen und der ärztlichen Haftung nachzu- verhandeln. Außerdem forderten die Delegierten den abso- luten Verzicht auf die zentrale Speicherung sensibler Daten.

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