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Archiv "Gastroösophageale Refluxkrankheit und Barrett-Ösophagus: Aktueller Stand der Diagnostik" (06.10.2000)

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Academic year: 2022

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D

ie gastroösophageale Refluxkrank- heit ist eine der häufigsten ga- stroenterologischen Erkrankungen und zeigt eine zunehmende Prävalenz in westlichen Zivilisationen (33, 56, 61).

Während die Refluxösophagitis eine en- doskopisch-makroskopische Diagnose darstellt, umschreibt der Begriff der ga- stroösophagealen Refluxkrankheit einen Symptomenkomplex, bei dem typischer- weise Sodbrennen, Regurgitation und thorakale oder epigastrische Schmerzen im Vordergrund stehen. Bei einem nicht unerheblichen Teil der Patienten, die über für die gastroösophageale Reflux- krankheit typischen Symptome klagen, spielt hingegen eine gesteigerte Perzepti- on eines physiologischen, also nicht ge- steigerten Säurerefluxes eine Rolle (50, 61, 66, 78). Andererseits liegt bei Patien- ten mit einem Barrett-Ösophagus, der sich infolge eines jahrelangen ausgepräg- ten Säure- und Gallerefluxes in dem Ösophagus entwickelt, eher eine Ver- minderung der ösophagealen Schmerz-

perzeption vor (34). Vor diesem Hinter- grund kommt den diagnostischen Ver- fahren bei der gastroösophagealen Re- fluxkrankheit eine wichtige Bedeutung zu. Dieses gilt umsomehr, da sich aus der Diagnose der gastroösophagealen Re- fluxkrankheit in der Regel therapeuti- sche Konsequenzen ergeben, die in einer Dauertherapie mit Säuresekretionshem- mern oder einer operativen Wiederher- stellung des insuffizienten unteren Öso- phagussphinkters bestehen.

Symptomatik

Bei Patienten mit pathologischem, pH- metrisch objektivierten gastroösopha- gealen Säurereflux liegen in circa 70

Prozent Sodbrennen und in circa 60 Prozent Regurgitation vor, letzteres Symptom kann auch unter der effekti- ven medikamentösen Säuresekretions- hemmung als therapeutisches Problem persistieren (22, 33, 37, 85). Jedoch stellt sich die Refluxkrankheit nicht im- mer mit typischen Symptomen dar:

Auch bronchopulmonale Erkrankun- gen wie das Asthma bronchiale oder die chronische Bronchitis können durch ei- nen Reflux von Säure ausgelöst oder verschlechtert werden: 35 bis 90 Pro- zent der Patienten mit Asthma bron- chiale oder chronisch-obstruktiver Bronchitis leiden unter einem patholo- gischen gastroösophagealen Reflux (7, 19, 20, 32), dabei liegen bei circa 30 Pro- zent dieser Patienten keine typischen Refluxsymptome vor (28, 39, 60). b-2- adrenerge Substanzen und Theophyllin können den Druck im unteren Ösopha- gussphinkter vermindern und einen ga- stroösophagealen Reflux somit för- dern. Die Bedeutung des gastroösopha-

Zusammenfassung

Circa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung ver- spüren regelmäßig die typischen Symptome Sodbrennen, Regurgitation und retrosternale oder epigastrische Schmerzen. Ein gastroöso- phagealer Reflux kann auch ein Asthma bron- chiale, eine chronische Bronchitis, eine posteri- ore Laryngitis oder einen chronischen Husten auslösen oder verstärken. Die Diagnose der Re- fluxkrankheit wird anhand eindeutiger Sym- ptome gestellt und durch den Erfolg einer pro- batorischen Therapie mit Protonenpumpen- hemmern untermauert. In unklaren Fällen und vor Antirefluxoperationen objektiviert die 24- Stunden-pH-Metrie den Säurereflux. Die Mano- metrie weist die Inkompetenz des unteren Ösophagussphinkters und Motilitätsstörungen des Ösophaguskorpus nach. Die Endoskopie diagnostiziert die Refluxösophagitis und ist unverzichtbar bei Alarmsymptomen (Dyspha- gie, Anämie, Gewichtsverlust, abdominale und retrosternale Beschwerden). Eine Folge des

chronischen Refluxes und eine Präkanzerose für das Adenokarzinom ist der Barrett-Ösopha- gus, der durch die Endoskopie und ein speziali- siertes Epithel mit intestinaler Metaplasie in den Biopsien nachgewiesen wird. Der Grad der Dysplasie impliziert wichtige Weichenstellun- gen für Kontrolle und Therapie.

Schlüsselwörter: gastroösophageale Reflux- krankheit, Refluxösophagitis, Barrett-Ösopha- gus, Endoskopie, 24-Stunden-pH-Metrie

Summary

Diagnostic of Gastroesophageal Reflux and Barrett`s Esophagus

The typical symptoms of gastroesophageal reflux disease are heartburn, regurgitation and chest or upper abdominal pain. However, gastroesophageal reflux may also cause or worsen extraesophageal diseases such as asthma, chronic bronchitis, posterior laryngi- tis, and chronic cough. The diagnosis is sug-

gested by typical symptoms and is confirmed by the success of a therapy with proton pump inhibitors. 24-hour pH monitoring quantifies the reflux of acid objectively and can be an useful tool to diagnose gastroesophageal re- flux disease. Manometry detects reliably the insufficient function of the lower esophageal sphincter and motility abnormalities of the esophageal body. Endoscopy confirms reflux esophagitis and should be performed rou- tinely when alarm symptoms such as dyspha- gia, anemia, or loss of weight are present.

Barrett`s esophagus can develop as a long term sequel of a combined reflux of acid and bile. This premalignant lesion is defined by appearance of a specialized columnar epithelium with intestinal metaplasia. Dys- plasias can progress to esophageal adenocar- cinomas.

Key words: gastroesophageal reflux disease, reflux esophagitis, Barrett`s esophagus, 24- hour pH monitoring

Gastroösophageale Refluxkrankheit

und Barrett-Ösophagus

Aktueller Stand der Diagnostik Tammo von Schrenck

1

Karl-Hermann Fuchs

2

1Medizinische Kernklinik und Poliklinik (Direktor: Prof.

Dr. med. Heiner Greten), Universitätsklinikum, Hamburg- Eppendorf

2Chirurgische Universitätsklinik (Direktor: Prof. Dr. med.

Arnulf Thiede), Bayrische Julius-Maximilians-Universität, Würzburg

(2)

gealen Refluxes für das Asthma bron- chiale und die chronische Bronchitis wird auch dadurch bestätigt, dass eine säurehemmende Therapie oder eine Fundoplicatio die Lungenfunktion bei bestimmten Patienten verbessern kann (36, 45). Aber auch Erkrankungen aus dem Bereich der Hals-Nasen- und Oh- renheilkunde wie die posteriore Laryn- gitis oder der chronische Husten kön- nen Ausdruck eines gastroösophagea- len Refluxes sein, der sich unter einer effektiven Säuresekretionshemmung bessert (19, 28, 32, 45, 57, 60, 61, 79, 84, 86) (Grafik 1).

Protonenpumpeninhibitoren

In der Therapie der Refluxösophagitis und der Rezidivprophylaxe sind Proto- nenpumpeninhibitoren (PPI) allen an- deren Medikamenten wegen der effek- tiven Säuresekretionshemmung überle- gen (5, 33, 82, 85). PPI sind deswegen auch als diagnostischer Test für die gastroösophageale Refluxerkrankung eingesetzt worden (57, 65, 85). Von Vor- teil sind die einfache Durchführung und die geringen Kosten. Nachteilig ist, dass die Beschreibung von Symptomen das Kernkriterium darstellt. Gerade die Perzeption eines Säurerefluxes unter- liegt jedoch interindividuellen und in- traindividuellen Schwankungen (61, 78) (Grafik 2).

Endoskopie

Die Endoskopie weist einen pathologi- schen Reflux nach, wenn er zur Re- fluxösophagitis geführt hat. Das Aus- maß der Ösophagitis kann dabei von leichten Schleimhautrötungen über Ul- zerationen bis hin zu Komplikationen wie Blutungen oder Stenosen bezie- hungsweise Strikturen reichen. Die Sta- dieneinteilung nach Savary und Miller beschreibt im Stadium I isolierte Ero- sionen, im Stadium II longitudinal kon- fluierende Erosionen, die im Stadium III zirkulär konfluieren. Im Stadium IV sind komplizierende Schleimhautver- änderungen mit Ulzera, Strikturen be- ziehungsweise Stenosen nachzuweisen (5, 82, 83). Die Los-Angeles-Klassifika- tion wurde kürzlich bei der Genval-

Konferenz modifiziert und ist wie folgt definiert: im Stadium A finden sich ein oder mehrere Erosionen von < 5 mm, die sich nicht zwischen den Kuppen der Mukosafalten erstrecken; im Stadium B sind diese Erosionen wie im Stadium A lokalisiert, jedoch > 5 mm; im Stadium C erstrecken sich die Erosionen zwi- schen zwei oder mehr Kuppen der Mu- kosafalten, erfassen jedoch < 75 Pro- zent der Zirkumferenz, im Stadium D sind 75 Prozent betroffen (8). Die Biop- sie ist bei endoskopisch typischer Re- fluxösophagitis grundsätzlich nicht er- forderlich, für die Diagnosestellung des Barrett-Ösophagus oder bei Verdacht auf ein Malignom ist sie jedoch zwin- gend erforderlich. Die Endoskopie soll- te bei den Alarmsymptomen Dyspha- gie, Anämie und Gewichtsverlust, aber auch bei sehr ausgeprägten Beschwer-

den und vor einer medikamentösen Langzeittherapie oder antirefluxchirur- gischen Eingriffen vorgenommen wer- den (Grafik 2).

24-Stunden-pH-Metrie

Der Messung des intraösophagealen pH objektiviert wie keine andere Tech- nik das Ausmaß der Säureexposition des Ösophagus und kann hilfreich sein in der Zuordnung von Säurerefluxpha- sen zu den Symptomen. Die pH-Metrie ist jedoch nicht generell bei Verdacht auf eine Refluxkrankheit, sondern vor allem in unklaren Fällen oder vor ope- rativen antirefluxchirurgischen Eingrif- fen sinnvoll (11, 23). Die pH-Metrie hat auch deswegen zunehmend an Bedeu- tung gewonnen, da in zahlreichen Stu- dien die interindividuellen Unterschiede hinsichtlich der Perzeption ösophagealer Sti- muli (zum Beispiel Druck oder auch Säure) deutlich ge- worden sind (50, 61, 66, 78).

Für die pH-Metrie stehen heu- te zuverlässige Sondensyste- me zur Verfügung, die simulta- ne Messungen über einen Zeitraum von 24 Stunden im Ösophagus und Magen erlau- ben. Diese Zwei-Kanal-Mes- sung ist deswegen relevant, da auch bei intakter Sphinkter- funktion eine gesteigerte Ma- gensäuresekretion (zum Bei- spiel bei Zollinger-Ellison- Syndrom) oder eine Ma- genentleerungsstörung (zum Beispiel bei Pylorus- oder Duodenalstenose) einen ga- stroösophagealen Reflux be- günstigen kann (9, 10, 24, 30, 31). Für die Auswertung der zahlreichen Einzelmessungen des pH über 24 Stunden ste- hen PC-gesteuerte Program- me zu Verfügung, die eine ra- sche und zuverlässige Bear- Verdacht auf pathologischen gastroösophagealen

Säureflux Asthma bronchiale

(z. B. Neumanifestationen im Erwachsenenalter, orale Steroidmedikation)

Chronische Bronchitis Posteriore Laryngitis

24-Stunden-pH-Metrie

ÖGD

Refluxösophagitis

PPI-Dauertherapie oder Fundoplicatio

Weiterführende Diagnostik:

(Ausreichende PPI-Dosis?) Manometrie Szintigraphie

Besserung Keine Besserung

PPI-Therapie für 2 bis 3 Monate

Pathologischer Säureflux Normaler Befund

Grafik 1

Diagnostisches Procedere bei Ver- dacht auf einen gastroösophagealen Reflux mit atypischer Manifestation;

PPI, Protonenpumpeninhibitoren;

ÖGD, Ösophagogastroduodenoskopie

(3)

beitung der Daten und Umwandlung in praktikable Score-Systeme ermögli- chen (9, 10, 35). Die pH-Metrie ist nur dann aussagefähig, wenn vor bezie- hungsweise während der Untersuchung keine Antazida, säuresekretionshem- menden Medikamente oder Prokineti- ka eingenommen wurden. Protonen- pumpeninhibitoren (wie Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol, Rabeprazol) haben eine langanhaltende Wirkung durch irreversible Hemmung der H+/K+-ATPase und sollten deswegen mindestens eine Woche vor der pH-Me- trie abgesetzt worden sein. Histamin-2- Rezeptorantagonisten wirken weniger langandauernd, sollten aber minde- stens circa zwei bis drei Tage vor der Untersuchung nicht mehr eingenom- men werden.

Detektion des Gallerefluxes

In der Pathogenese der gastroösopha- gealen Refluxkrankheit, der Reflux- ösophagitis und besonders auch bei der Entstehung des Barrett-Ösophagus spielt der duodenogastroösophageale Reflux von Galle eine wichtige Rolle (17, 18, 24, 80). Für die Routine stehen inzwischen fiberoptische spektrophoto- metrische Systeme zur Verfügung. Die Absorptionswerte werden über zwölf Stunden registriert und mit standar- disierten PC-Programmen analysiert (17). Die Kombination von pH-Metrie und Bilirubindetektion ist sinnvoll, da ein Gallereflux in der Regel auch mit ei- nem Säurereflux verbunden ist. Ein iso- lierter Gallereflux tritt hingegen nur selten auf (30, 72).

Manometrie des Ösophagus

Die Manometrie des Ösophagus hat in der Diagnostik der Refluxkrankheit einen hohen Stellenwert, da sie zuver- lässig die beiden häufigsten Ursachen nachweist: die Insuffizienz des unte- ren Ösophagussphinkters und Moti- litätsstörungen des Ösophaguskorpus.

Die Manometrie detektiert auch Mo- tilitätsstörungen wie die Achalasie, den diffusen Ösophagusspasmus, den hypertensiven unteren Ösophagus- sphinkter oder eine verminderte Kon-

traktilität des Ösophaguskorpus bei Sklerodermie. Auch diese Erkrankun- gen können mit einer reduzierten Säu- reclearance einhergehen und Reflux- symptome bewirken (21, 24). Die Lang- zeit-Manometrie ist nur in Einzelfällen erforderlich. Gegenüber der stationären Manometrie liegt der Vorteil in der ver- besserten Zuordnung von Symptomen zu Funktionsdefekten (44).

Radiologische und nuklearmedizinische Verfahren

Die radiologische Darstellung des Öso- phagus mit Kontrastmittel war vor der Einführung der Endoskopie und Mano- metrie der Goldstandard in der Diagno- stik von Ösophaguserkrankungen. Die

Röntgenuntersuchung hat ei- nen Stellenwert in solchen Si- tuationen, in denen sich endo- skopisch die Art, Lokalisation und Ausdehnung von Diverti- keln, Hernien oder Stenosen nicht eindeutig objektivieren lässt. Die Szintigraphie erfolgt mit radioaktiven Markern, die semisolider oder flüssiger Nahrung beigefügt werden.

Damit lässt sich nichtinvasiv die Passage oder eine patholo- gische Retention nachweisen.

Die Ösophagusszintigraphie stellt ein komplementäres Verfahren dar. Pathologische Befunde bedürfen weiter- führender Diagnostik (76, 77).

Gastroösophagealer Reflux und H.-pylori- Infektion des Magens

Es existieren Hinweise für ei- nen Zusammenhang zwischen der gastroösophagealen Re- fluxkrankheit und der Helico- bacter-pylori-Infektion der Ma- genschleimhaut. Mit cagA+- Helicobacter-pylori-Stämmen infizierte Patienten erleiden in geringerem Maße Komplika- tionen der gastroösophagealen Refluxkrankheit wie den Bar- rett-Ösophagus oder das Bar- rett-Karzinom (81). Dieses Phänomen könnte einer durch die Infektion mit cagA+-Stämmen vermehrten Inflamma- tion, deswegen verminderten Säurese- kretion und rascher voranschreitenden Atrophie der gastralen Mukosa begrün- det sein (81). Nach einer Eradikation der Helicobacter-pylori-Infektion wur- de in einigen Studien eine Zunahme von Refluxbeschwerden (41, 42) und ei- nem Absinken des medianen intraga- stralen pH beobachtet. Auch ist der Ef- fekt, den eine Standarddosis eines Pro- tonenpumpeninhibitors auf die Hem- mung der Säuresekretion des Magens ausübt, nach einer Eradikationsbe- handlung geringer als vor der Therapie (43). Mögliche Erklärungen für eine verstärkte Säuresekretion nach Helico- bacter-pylori-Eradikation sind eine Re- konstitution der Magenmukosa und da-

´ TabelleC´

Diagnostische Verfahren bei gastroösophagealer Refluxkrankheit

Technik Ziel- und Fragestellung 24-Stunden-pH-Metrie Objektivierung und Qualifi-

zierung eines gastroösopha- gealen Säurerefluxes, Erfassung einer gastralen Hyperazidität bei Zwei-Kanal-pH-Metrie Bilirubindetektion Objektivierung und

Quantifizierung eines duodenogastro- ösophagealen Refluxes von Galle

Manometrie Erfassung von Motilitäts- störungen des Ösophagus- korpus und Bestimmung der Funktion des unteren Ösophagusspinkters Endoskopie Nachweis von Ösophagitis,

Barrett-Ösophagus (Biopsie erforderlich), Karzinomen, Hernien, Divertikeln

Röntgen Nachweis von Hernien,

Motilitätsstörungen, fortgeschrittenen Tumoren Szintigraphie Nichtinvasiver Nachweis

einer Passageverzögerung und einer pathologischen Retention der Testmahlzeit im Ösophagus und Magen

(4)

mit auch der Parietalzellmasse und -funktion (16, 51, 67) und die Vermin- derung der inhibitorischen Effekte, die eine Helicobacter-pylori-Infektion auf die neuroendokrine Regulation der Säureregulation bewirken kann (14, 53). Unter einer säuresekretionshem- menden Dauertherapie, zum Beispiel bei einer Refluxösophagitis mit Proto- nenpumpeninhibitoren, kann sich die Verteilung der Helicobacter-pylori-Ga- stritis verändern (38, 40, 74). Gesichert ist eine Zunahme der Korpusgastritis und eine durch die Hypergastrinämie zu erklärende Hyperplasie argyrophiler Zellen (13, 38). Bei einer bioptischen Diagnostik bei Erkrankungen des Ma-

gens (zum Beispiel Biopsien zum Heli- cobacter-pylori-Nachweis) sollte die Umverteilung der Helicobacter-pylori- Gastritis in die Korpusregion unter Säuresekretionshemmung berücksich- tigt werden.

Diagnostisches Procedere

Das Vorgehen richtet sich generell nach den Symptomen und sollte möglichst wenig Untersuchungsverfahren erfor- dern, um die Diagnose zu sichern. Die Grafik 2zeigt ein diagnostisches Vorge- hen, das in den meisten Situationen mit klinisch eindeutiger Refluxsymptoma-

tik praktikabel ist. Besonders wichtig ist die frühzeitige Endoskopie bei Alarm- symptomen wie Dysphagie, Anämie, Gewichtsverlust oder sehr ausgepräg- ten Beschwerden. Bei Abwesenheit sol- cher Symptome kommt der probatori- schen Therapie mit Protonenpumpen- hemmern ein hoher Stellenwert zu (Grafik 2). Besteht der Verdacht auf ei- nen pathologischen Säurereflux mit atypischer Manifestation, zum Beispiel bei einem Asthma bronchiale, einer chronischen Bronchitis oder posterio- rer Laryngitis, kann die 24-Stunden- pH- Metrie zur Sicherung der Diagnose hilfreich sein. Aber auch der Erfolg ei- ner säuresekretionshemmenden Thera- pie, in der Regel mit Protonenpumpen- hemmern, untermauert die Diagnose der gastroösophagealen Refluxkrank- heit (Grafik 1).

Barrett-Ösophagus

Barrett beschrieb im Jahre 1950 eine entzündlich-ulzeröse Veränderungen im Bereich des distalen Ösophagus, dessen Histologie eine Umwandlung des ösophagealen Plattenepithels in ein Zylinderepithel aufwies (1). Im Laufe der Jahre wurde klar, dass der Barrett- Ösophagus eine Langzeitfolge der Re- fluxkrankheit darstellt. Das erheblich zunehmende Interesse am Barrett- Ösophagus basiert auf dem prämalig- nen Charakter der Veränderung: Fast alle Adenokarzinome des Ösophagus entstehen auf dem Boden eines Bar- rett-Ösophagus und werden nach wie vor meist in fortgeschrittenen Stadien und somit zu spät entdeckt (3, 26, 28, 29, 49, 58, 68). In westlichen Zivilisatio- nen steigt die Inzidenz des Adenokar- zinoms des Ösophagus zusammen mit dem Adenokarzinom des gastroöso- phagealen Übergangs schneller an als die jeder anderen Tumorerkrankung (2, 59). Die aktuelle Definition des Barrett-Ösophagus beruht auf endo- skopisch sichtbaren Schleimhautverän- derungen ohne Abhängigkeit von Län- ge oder zirkulärer Ausdehnung und auf dem histologischen Nachweis eines Typische Symptome

Sodbrennen, retrosternale und/oder epigastrische Schmerzen, Regurgitation

Alarmsymptome?

Dysphagie, Anämie, Gewichtsverlust, ausgeprägte Oberbauch-Schmerzen

ÖGD PPI 40 mg 1 x täglich mindestens 14 Tage

Normal

Nein Ja

Refluxösophagitis Keine Besserung Besserung

Weiterführende Diagnostik:

ÖGD

Manometrie des Ösophagus Röntgen Szintigraphie

Säuresekretions- hemmende Therapie/gege- benenfalls Pro-

kinetika Auslassversuch 24-Stunden-pH-Metrie

Normaler Befund Pathologischer Säureflux ÖGD bei Rezidiv

Medikamentöse Dauertherapie oder Fundoplicatio Grafik 2

Diagnostischer Algorithmus bei eindeutigen Re- fluxsymptomen; PPI, Protonenpumpeninhibito- ren; ÖGD, Ösophagogastroduodenoskopie

(5)

spezialisierten Zylinderepithels mit in- testinaler Metaplasie (26, 54, 55, 58, 70, 71). Um die Treffsicherheit bei der En- doskopie zu erhöhen, wurden verschie- dene endoskopische Färbetechniken angewendet (6, 15, 73). Der diagnosti- sche Stellenwert wird zurzeit noch nicht einstimmig beurteilt. Die Zahl der erforderlichen Biopsien hängt von der Ausdehnung der Schleimhautme- taplasie ab. Mit der Ausdehnung der veränderten Areale steigt auch die Wahrscheinlichkeit an, eine intestinale Metaplasie nachzuweisen. Eine aktive Entzündung kann das Bild zellulärer Atypien bewirken, deswegen sollten Biopsien nach einer säuresekretions- hemmenden Therapie und Abheilung der Läsionen quadrantenweise alle 2 cm vorgenommen werden (70, 71). Die histopathologische Befundung beant- wortet die Frage nach einer intestina- len Metaplasie, etwaigen Dysplasien und deren Grad (26, 46). Nach wie vor ist nicht eindeutig geklärt, ob und wel- che Patienten für das Vorliegen eines Barrett-Ösophagus einem endosko- pisch-bioptischen Screening unterzo- gen werden sollten. Risikofaktoren für die Entstehung eines Barrett-Ösopha- gus sind nach derzeitigem Kenntnis- stand vor allem jahrelange Refluxsym- ptome, ein Alter von > 50 Jahren sowie das männliche Geschlecht (12, 47).

Möglicherweise existiert eine geneti- sche Prädisposition für die Entwick- lung eines Barrett-Ösophagus und ei- nes Adenokarzinoms (63).

Die endoskopisch-bioptische Ver- laufskontrolle ermöglicht die frühere und damit prognostisch günstigere De- tektion von Adenokarzinomen (26, 75).

Die absolute Inzidenz des Adenokarzi- noms ist aber nach wie vor niedrig. Es sind somit sehr zahlreiche Kontrollun- tersuchungen notwendig, um eine ge- ringe Anzahl von Adenokarzinomen zu erfassen (48). Es erscheint derzeit plau- sibel, Verlaufskontrollen auch vom Ausmaß und Grad der Dysplasie ab- hängig zu machen. Ohne Dysplasie liegt das Risiko für ein Adenokarzinom bei circa drei Prozent innerhalb eines Zeit- raums von 3,4 bis zehn Jahren. Bei Dys- plasien niedrigen Grades steigt das Ri- siko innerhalb von 1,5 bis vier Jahren auf 18 Prozent an. Bei hochgradigen Dysplasien wurde bei 34 Prozent der

Patienten innerhalb von 0,2 bis 4,5 Jah- ren ein Adenokarzinom entdeckt (27, 46, 52, 54, 62, 64). Kontrollen sind aber nur dann sinnvoll, wenn sie therapeuti- sche Konsequenzen nach sich ziehen.

Neue endoskopische Verfahren wie die photodynamische Ablation oder die Mukosektomie eröffnen therapeuti- sche Optionen auch für die Patienten, für die ein chirurgisch-operativer Ein- griff (zum Beispiel die Ösophagekto- mie) mit einem zu hohem Risiko behaf- tet wäre (15, 25, 69).

Diagnostik vor

chirurgischen Eingriffen

Die europäische Gesellschaft für endo- skopische Chirurgie (EAES) hat im Rahmen einer Konsensus-Konferenz bereits 1996 vor einer Antireflux-Ope- ration ein diagnostisches Programm empfohlen. Hiermit sollen die Siche- rung der Diagnose, Auschluss anderer Ursachen für die Symptomatik und ei- ne Objektivierung von Funktionsde- fekten, die zur Refluxkrankheit führen, implementiert werden. Es umfasst die Endoskopie, die Ösophagusmanome- trie, die 24-Stunden-pH-Metrie und bei offenen Fragen die radiologischen Ver- fahren. Als besonders wichtige Unter-

suchungen werden die 24-Stunden-pH- Metrie des Ösophagus zum objektiven Nachweis eines Säurerefluxes (in Ein- zelfällen auch der Nachweis eines Gal- lerefluxes) und die Manometrie zum Beweis des Funktionsdefektes des un- teren Ösophagussphinkters und/oder des Ösophaguskorpus hervorgehoben.

Bei Diskrepanzen zwischen dem klini- schen Bild, den endoskopischen Befun- den oder den Funktionsuntersuchun- gen sollte die Indikation für die Opera- tion kritisch überprüft werden. Wider- sprüchliche Befunde sollten als ein Hin- weis dafür angesehen werden, dass an- dere Ursachen als eine Refluxkrankheit den Beschwerden zugrunde liegen und dass eine Antirefluxoperation nicht den gewünschten Erfolg haben wird oder sogar die Symptome verschlechtern kann (22, 23).

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 2620–2625 [Heft 40]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Tammo von Schrenck Medizinische Kernklinik und Poliklinik Universitätsklinikum Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg E-Mail: schrenck@uke.uni-hamburg.de

Aufgrund der häufigen Koinzidenz von kardialen Erkrankungen bei Männern mit Erektionsstörungen sind kardiale Nebenwirkungen von Sildenafil (Via- gra) von besonderer Bedeutung.

In einer aufwendigen Versuchsan- ordnung wurde im Rahmen einer Herz- katheteruntersuchung bei 14 Männern der hämodynamische Effekt von Silden- afil in höhergradig stenosierten Korona- rien sowie in nicht stenosierten Korona- rien invasiv mittels intrakoronarer Doppleruntersuchung erfasst. Durch Gabe von Adenosin vor und nach Sil- denafil wurde zusätzlich eine maximale Hyperämie in den Koronarien erzeugt.

Bei Untersuchung verschiedenster Parameter (systemischer Widerstand, pulmonal-arterieller Widerstand, pul-

monal-kapillärer Verschlussdruck, zen- traler Venendruck, Herzfrequenz, Schlagvolumen, koronarer Blutfluss, koronarer Widerstand sowie koronare Flussreserve) konnten keine relevanten negativen Auswirkungen von oral ver- abreichtem Sildenafil festgestellt wer- den.

Die Autoren der Universität von Pennsylvania kommen zu dem Schluss, dass Sildenafil auch bei Männern mit ausgeprägter KHK keine relevanten Nebenwirkungen aufweist. acc Herrmann HC et al.: Hemodynamic effects of sildenafil in men with severe coronary artery disease. N Eng J Med 2000; 342: 1622–1626.

Dr. Herrmann, Hospital of the University of Pennsylva- nia, 9 Founders Pavilion, 3400 Spruce St., Philadelphia, PA 19104, USA.

Sildenafil bei koronarer Herzkrankheit

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