Benzodiazepin-Abhängigkeit ent- wickeln als Männer, was zu Verord- nungsgepflogenheiten niedergelas- sener .Ärzte in Deutschland wie in anderen westlichen Ländern korre- spondiert (7). Das höhere Alter un- serer Patienten mit Benzodiazepin- Abhängigkeit im Vergleich zu nicht- abhängigen Patienten der gleichen diagnostischen Kategorie könnte als Ausdruck des längeren Verlaufs der Grunderkrankung — somit als Chro- nizitätsindikator — angesehen wer- den. 44,3 Prozent der erfaßten Fälle primärer Benzodiazepin-Abhängig- keit lagen im Niedrigdosierungsbe- reich 30 mg Diazepamäquiva- lent/Tag), 40,7 Prozent im Interme- diärbereich (< 80 mg/Tag). Hoch- dosierungsabhängigkeit 80 mg/
Tag) fanden wir lediglich bei 4,3 Prozent, das heißt bei 3 pro 10 000 aufgenommenen Patienten. Unsere Untersuchungen an chronischen Al- koholikern (8) zeigten denn auch,
daß 5 Prozent dieser Patienten zu Hochdosierung neigen, was bei Opiat-Abhängigen ebenfalls nicht selten vorkommt Nach unseren Er- hebungen ist die Prävalenz primärer Benzodiazepin-Abhängigkeit in ei- ner hochselegierten Population, die psychiatrische Klinikpatienten zwei- fellos darstellen, deutlich niedriger als vor kurzem für die gesamte Be- völkerung angenommen (4).
Literatur
1. Meiner, E.: Beruhigungsmittel in der ärzt- lichen Praxis. Deutsches Ärzteblatt 84:
921-924 (1987)
2. Siegfried, I.; E. Baum: Beschwerden und Medikamentenverbrauch im mittleren Le- bensalter. Dt. Ärzteblatt 84: 2459-60 (1987) 3. Linden, M.: Beruhigungsmittel in der ärzt-
lichne Praxis. Dt. Ärzteblatt 84: 2352 (1987) 4. Kornhuber, H. H.: Das Risiko Benzodiaze-
pin. Dt. Ärzteblatt 85: 405 (1988)
5. Heimchen, H., H. Hippius, B. Müller-Oer- linghausen, E. Rüther: Arzneimittelüberwa- chung in der Psychiatrie. Nervenarzt: 56:
12-18 (1985)
6. Hippius, H., R. R. Engel, G. Laakmann:
Benzodiazepine — Rückblick und Ausblick.
Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York (1986)
7. Koenig, W., E. Rüther, B. Filipiak, U. Keil:
Determinants of psychotropic drug intake in a metropolitan population. Pharmacopsych-.
iat. 19: 320-321 (1986)
8. Schmidt, L. G., B. Müller-Oerlinghausen, M. Schlünder, M. Seidel, W. E. Platz: Ben- zodiazepine und Barbiturate bei chronischen Alkoholikern und Opiatabhängigen. Deut.
Med. Wschr. 112: 1849-1854 (1987)
Dr. med. Dipl.-Psych.
Lutz G. Schmidt
Psychiatrische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin (Direktor: Prof. Dr. H. Helmchen) Eschenallee 3
1000 Berlin 19
Dr. med. Renate Grohmann Nervenklinik der Universität (Direktor: Prof. Dr. H. Hippius) Nußbaumstraße 7
8000 München 2
Exazerbation des Reizdarm-Syndroms während der Menses
Schon physiologischerweise fin- det sich eine Zunahme der intestina- len Transitzeit während der Follikel- phase. So verwundert es nicht, daß das Reizdarm-Syndrom, das bei Frauen gehäuft beobachtet wird, ei- ne Zyklusabhängigkeit erkennen läßt. Die Autoren der Johns Hop- kins University School of Medicine, Baltimore, kamen zu folgenden Schlußfolgerungen:
1. Frauen mit einem Reizdarm-Syn- drom sind häufiger vor dem 40. Le- bensjahr hysterektomiert worden als eine alterskorrelierte Kontroll- gruppe.
2. Frauen mit Reizdarm-Syndrom machen während der Menses eine Verschlimmerung ihrer Symptoma- tik durch, wobei insbesondere Flatu- lenz, Durchfall und Verstopfung im Vordergrund stehen.
Überhaupt scheint bei Frauen das Symptom Flatulenz häufiger zu sein als bei Männern. Möglicherwei- se spielt der Einfluß von Hormonen oder Prostaglandinen auf die glatte
Muskulatur des Darmes bei dieser menstruationsabhängigen Aggrava- tion der Reizdarm-Symptomatik ei- ne Rolle.
Whitehead, W. F., M. M. Schuster, I.
Cheskin, B. Heller: Exacerbation of irri- able bowel syndrome during menses. (Di- gestive Disease Week, New Orleans, 1988)
Tuberkulostatische Therapie
des Morbus Crohn erfolgreich
In zunehmendem Maße wird bei Patienten mit Morbus Crohn Myco- bacterium paratuberculosis in Ge- websproben gefunden, ohne daß da- mit der Erreger der Erkrankung feststehen dürfte. Die Autoren vom St. George's Hospital, London, be- richten über ihre Ergebnisse bei 17 Patienten mit floridem Morbus Crohn, die sechs Monate lang mit ei- ner Vierfach-Kombination (Rifam- picin, Isoniazid, Ethambutol und
KONGRESSNOTIZEN
Pyracinamid) behandelt worden wa- ren. 12 der 17 Patienten zeigten eine deutliche klinische Besserung mit ei- nem Abfall des Crohn-Aktivitätsin- dex von 273 ± 97 auf 153 ± 138.
Von den restlichen fünf Patienten mußten zwei wegen Ileumstriktur operiert werden. Bei fünf Patienten wurde zusätzlich Clofazamin gege- ben, ein Pharmakon, das bei atypi- schen Mycobakterien eine in vitro- Aktivität zeigt. Nebenwirkungen waren relativ häufig zu beobach- ten (grippeähnliche Symptome, Ar- thralgie , Leberfunktionsstörungen), doch glauben die Autoren, daß eine antimycobakterielle Chemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Morbus Crohn als Alternative zur Resektionsbehandlung versucht werden sollte.
S. J. Hampson, M. C. Parker, S. H. Save- rymuttu, J. J. McFadden, J. Hermon- Taylor: Results of quadruple antimyco- bacterial chemotherapy in 17 Crohn's dis- ease patients completing 6 month treat- ment. (Digestive Disease Week, New Or- leans, 1988)
Dt. Ärztebl. 85, Heft 38, 22. September 1988 (59) A-2599