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Archiv "Reform des Medizinstudiums: Die medizinischen Fakultäten und Hochschulen sind jetzt gefordert" (21.06.2002)

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it Verabschiedung der 9. Novelle zur Approbationsordnung für Ärzte durch den Bundesrat am 26. April wird das Medizinstudium erst- mals seit 1972 grundlegend reformiert und auf eine neue rechtliche Basis ge- stellt. Ziel der zum 1. Oktober 2003 in Kraft tretenden Novelle ist es vor allem, den Praxisbezug von Beginn des Studi- ums an zu verstärken und den vorkli- nischen (theoretischen) Abschnitt des Medizinstudiums mit dem klinischen (praktischen) Abschnitt besser zu ver- zahnen. Im Zuge der Reform sind den Universitäten und Hochschulen sowie den medizinischen Fakultäten mehr Mitsprache- und Entscheidungsrechte im Zuge einer erweiterten Selbstver- waltungsautonomie eingeräumt wor- den.

Vor allem auf die Fakultäten kommt eine Menge Arbeit zu. So sind beispiels- weise sämtliche Lehrveranstaltungen und alle Studien- und Praktikumsord- nungen grundsätzlich umzugestalten und neu zu planen. Den Ländern ist es aufgetragen, sich über zu ändernde Kapazitätsverordnungen rechtzeitig auf die neue Studiensituation einzustellen.

Aus aktuellem Anlass befragte die Redaktion den Präsidenten des Medizi- nischen Fakultätentages (MFT), Prof.

Dr. med. Gebhard von Jagow, Univer- sität Frankfurt am Main.

DÄ: Der jüngste (105.) Deutsche Ärztetag in Rostock hat den Medizini- schen Fakultätentag (MFT) aufgefor- dert, Sorge dafür zu tragen, dass die ge- setzlichen Vorgaben der novellierten Approbationsordnung für Ärzte von al- len Fakultäten erfüllt werden und die neue Approbationsordnung umgesetzt werden kann. Beim 106. Deutschen Ärz-

tetag Ende Mai 2003 in Köln soll der Fa- kultätentag über die Umsetzungspläne berichten. Wie beurteilen Sie als Präsi- dent des MFT die Schlusskompromiss- fassung der 9. Novelle zur Approbati- onsordnung für Ärzte und die darin ver- ankerte erweiterte Autonomie für die Fakultäten und die Hochschulen?

von Jagow: Der MFT hat auf dem diesjährigen ordentlichen Fakultäten- tag, der vom 30. Mai bis 1. Juni in Berlin

stattfand, in einer Resolution zur neuen Ärztlichen Approbationsordnung be- grüßt, dass die politischen Entschei- dungsträger nach mehrjähriger Diskus- sion die Verabschiedung umgesetzt ha- ben. In dieser Resolution heißt es: „Ei- ne wesentliche Konsequenz der Reform wird die Verbesserung der praktischen Ausbildung sein, womit die Begrün- dung für den Arzt im Praktikum ent- fällt. Der Medizinische Fakultätentag fordert daher die Verordnungsgeber nachdrücklich auf, mit der Umsetzung der Reform den Arzt im Praktikum ab- zuschaffen.“ Gleichzeitig hat der MFT auf seiner Plenartagung eine Präsidial- kommission „Neue Ärztliche Approba- tionsordnung“ gebildet, die sich mit der Ausarbeitung der neuen Studienord- nungen beschäftigen wird.

DÄ:Mit der in der Approbationsord- nung verankerten Deregulierung des kli- nischen Ausbildungsabschnittes wäh- rend des Medizinstudiums verzichtet der Staat weitgehend auf eine Sicherstellung der Ausbildungsprozessqualität. Welche Konsequenzen resultieren daraus für die medizinischen Fakultäten bei der dann notwendig werdenden Sicherung der Ergebnisqualität beim Medizinstu- dium?

von Jagow: Die neue Ausbildungs- ordnung enthält keinen Verzicht des Staates auf die Sicherstellung der Aus- bildungsprozessqualität. Ganz im Ge- genteil, die Übertragung der Studien- ordnungen und der Prüfungen, die zwi- schen dem 1. und 2. Staatsexamen lie- gen, in die Verantwortung der medizini- schen Fakultäten bedeutet eine intensi- ve und sorgfältige Überarbeitung des medizinischen Studiengangs. Die ein- zelnen Landesministerien werden sehr genau die erarbeiteten Studien- und Prüfungsordnungen analysieren und kontrollieren.

DÄ:Wie müssen die zu überarbeiten- den Prüfungsordnungen konzipiert sein, um sich auf diese Situation einzustellen, zumal die Verordnung nichts darüber aussagt, ob die neu zu erarbeitenden hochschulspezifischen Prüfungsordnun- gen einem Genehmigungsvorbehalt un- terworfen werden sollen?

von Jagow: Der Fakultätentag geht davon aus, dass ein Genehmigungsvor- behalt in Kraft treten wird.

DÄ:Nach der in der 9. Novelle veran- kerten Grundphilosophie der erweiter- ten Entscheidungs- und Autonomiezo- nen können die medizinischen Fakultä- ten für die geforderten Leistungsnach- P O L I T I K

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A1718 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 25½½½½21. Juni 2002

Reform des Medizinstudiums

Die medizinischen Fakultäten und Hochschulen sind jetzt gefordert

Fragen an den Präsidenten des Medizinischen Fakultätentages, Prof. Dr. med. Gebhard von Jagow, Universität Frankfurt am Main

Gebhard von Jagow:

„Die Resonanz der der medizinischen Fakultäten auf die neue Ärztliche Aus- bildungsordnung ist äußerst positiv.“

Foto: privat

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weise die Form einer unstrukturierten Prüfung durch einen Einzelprüfer oder die Form einer Kollegialprüfung oder auch eine Aufsummierung studienbe- gleitender Testate wählen. Theoretisch könnten sie die Prüfung mündlich-prak- tisch und/oder schriftlich (beispielsweise nach dem Multiple-Choice-Verfahren) mit einer beliebigen Gewichtung der Verfahren gestalten. Die Liberalisierung geht sogar so weit, die im Prüfungska- non vorgegebenen Fächer zu ändern und bestimmte Fächer für die Leistungs- kontrollen zusammenzufassen.Von wel- chen Annahmen und Prognosen geht der MFT aus, dass hier

tatsächlich Pluralität in den Fakultäten und Hochschulen einkehren wird? Oder sind nicht vielmehr ein Grund- konsens und eine Abstim- mung notwendig?

von Jagow: Der von Ihnen angeschnittene Fragenkata- log wird die erste Sitzung der Präsidialkommission, die am 24. Juli in Frankfurt tagen wird, in Anspruch nehmen.

Dieser Kommission werden auch Vertreter des Bun- desgesundheitsministeriums und der Studierenden an- gehören. Die Resonanz der medizinischen Fakultäten auf die Verabschiedung der

neuen Ärztlichen Ausbildungsordnung ist äußerst positiv. An mehreren Fakul- täten wurde bereits mit der Ausarbei- tung von Studienordnungen begonnen.

Ein Grundkonsens in den Studienord- nungen der einzelnen Fakultäten und eine gegenseitige Abstimmung werden auf jeden Fall herbeigeführt werden, was aber nicht einzelne Fakultäten daran hindern soll, spezifische Lehr- und Forschungsschwerpunkte in ihre Prüfungen einzuarbeiten.

DÄ:Nach der neuen Approbations- ordnung sollen nun 320 Antwort-Aus-

wahl-Fragen aus allen Fachgebieten der Medizin gestellt werden. Prü- fungsgegenstand sollen künftig zuneh- mend auch die berufspraktischen An- forderungen an den Arzt sein. Was be- deutet die Reduzierung zentraler Lei- stungsmessungen, beispielsweise über das MC-Verfahren, für die Hochschu- len, Medizinischen Fakultäten, die akademischen Prüfer und die Medi- zinstudenten? Besteht ein innerer Bruch bei Wiedereinführung einer MC-Prüfung nach dem Praktischen Jahr und der sonst reduzierten Anzahl dieses Frage-Antwort-Auswahlverfah- rens?

von Jagow: Die Durchführung des gesamten 2. Staatsexamens nach dem Praktischen Jahr soll eine Intensivie- rung der Unterrichtsverpflichtung wäh- rend des Praktischen Jahres bewirken.

Die Prüfung besteht aus einem schriftli- chen und einem mündlichen Teil. Die Verminderung der Anzahl von 580 auf 320 Fragen bei unveränderter Prü- fungszeit trägt der Tatsache Rechnung, dass die Multiple-Choice-Fragen fallbe- zogen, insbesondere sich auf Fallstudi- en konzentrieren sollen. Diese Verän- derung der abschließenden 2. Staats- prüfung wird keine Reduzierung der zentralen Leistungsmessung mit sich bringen.

DÄ: Welche Forderungen und Er- wartungen stellen Sie an die zu ändern- den Kapazitätsverordnungen der Län- der? Sind damit möglicherweise negati- ve finanzielle Konsequenzen für die Hochschuletats und die Hochschulmedizin zu befürchten?

von Jagow: Eine Er- höhung der Ausbildungsin- tensität erfordert eine Er- höhung der Lehrkapazität, insbesondere in den Klini- ken, in denen eine deutliche Erhöhung der Lehrver- pflichtungen eintreten wird.

Die medizinischen Fakultä- ten mit ihren Universitäts- kliniken und der MFT wer- den mit den zuständigen Ministerien Verhandlungen führen.

DÄ-Fragen:

Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

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A1720 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 25½½½½21. Juni 2002

Nach bisherigem Recht

Ärztliche Vorprüfung nach 4 Semestern mündlich und schriftlich – 320 Fragen

Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach 6 Semestern

schriftlich im MC-Verfahren* – 290 Fragen

Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach 10 Semestern

mündlich und schriftlich im MC-Verfahren – 580 Fragen

Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach dem Praktischen Jahr

mündlich

Zusammenfassung:

Drei Staatsprüfungenim klinischen Studienabschnitt mit insgesamt 870 Fragen

Reform des Medizinstudiums: statt vier, künftig zwei Prüfungen

*Multiple Choice Quelle: Bundesgesundheitsministerium, Bonn

Nach der Reform

erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach 4 Semestern

mündlich und schriftlich – 320 Fragen

entfällt als Staatsprüfung und MC-Prüfung

theoretisch-klinische Inhalte werden von den Hochschulen geprüft

entfällt als Staatsprüfung und MC-Prüfung

theoretisch-klinische Inhalte werden von den Hochschulen geprüft

Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach dem Praktischen Jahr

mündlich und schriftlich – 320 Fragen (fallbezogen)

Zusammenfassung:

nur noch eine Staatsprüfung im klinischen Studienabschnitt mit 320 Fragen

Medizinischer Fakultätentag

Der Medizinische Fakultätentag ist die Konferenz der medizinischen Ausbil- dungs- und Forschungsstätten in den Universitäten, die der Hochschuldirek- torenkonferenz angehören. Der Medizinische Fakultätentag, gegründet 1913 in Halle/Saale, hat seit 1998 den Rechtsstatus eines gemeinnützigen, nicht eingetragenen Vereins. Mitglieder sind die 36 Medizinischen Ausbil- dungsstätten und drei Gastfakultäten. Der Medizinische Falkultätentag ver- folgt als Ziele:

Forschung und Lehre in der Medizin autonom und unabhängig zu gestalten;

die Krankenversorgung in den Universitätskliniken auf modernstem Er- kenntnisstand verantwortlich zu praktizieren.

Der Medizinische Fakultätentag vertritt die Interessen seiner Mitglieder ge- genüber der Öffentlichkeit und versteht sich als Ansprechpartner für die Po- litik. Er kümmert sich um die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen, damit die Ausbildungsstätten ihrem Auftrag möglichst gut nachkommen können. Auch die Förderung der Weiterbildung und Fortbildung auf medizi- nischen Gebieten zählt der Fakultätentag zu seinen Aufgaben.

Referenzen

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