• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ethikberatung: Polemischer Verriss" (28.06.2013)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ethikberatung: Polemischer Verriss" (28.06.2013)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1322 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 110

|

Heft 26

|

28. Juni 2013 klinischer Ethikkomitees (David

Sokol, überdies Koautor bei Nr. 11) sowie – das kommt jetzt nicht mehr überraschend – zwei Arbeiten des Autors Meinolfus Strätling selbst, davon eine nahezu identisch mit dem im DÄ publizierten Aufsatz.

Strätling verwendet hier seine per- sönliche, an anderer Stelle schon gleichlautend geäußerte Meinung wie einen sachlich angemessenen Beleg; dies drückt sich auch darin aus, dass er sich bis zum Ende des Textes in fast jedem zweiten Litera- turverweis selbst zitiert.

Was bleibt also? Nichts als heiße Luft. Eine substanzielle Auseinan- dersetzung mit den Vorteilen und Problemen klinischer Ethikkomi- tees, die wir durchaus dringend be- nötigen, sieht anders aus. Wissen- schaftliches Arbeiten in der Ethik übrigens auch – zum Glück.

Prof. Dr. Claudia Wiesemann, Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Göttingen, 37073 Göttingen

Ein Weckruf

Der Artikel ist ein Weckruf für eine überfällige Debatte um die Zukunft des Arztberufes.

Im Kern geht es um die Frage, ob es weiter Ärzte geben wird, die den Patienten ganzheitlich und partner- schaftlich begleiten und umsorgen oder ob sie durch Medizintechniker ersetzt werden, die Untersuchungen durchführen und Therapien anset- zen. Dieser Weg ist bereits auf brei- ter Front in der Bewertung von Leistungen und in ihrer Honorie- rung angelegt. Er schlägt sich auch in den auf technische Leistungen fixierten Richtzahlen zur Weiter - bildungsordnung nieder. Die tech - nische Leistung tritt in den Mittel- punkt – das ärztliche Gespräch und die Beratung des Patienten sind un- terbewertet. Leider haben die Ärzte und ihre Organisationen ein gerüt- telt Maß an Verantwortung für diese Entwicklung. Sie nützt einer Poli- tik, die die Rationierung der Medi- zin an die Behandlungsfront ver - lagert.

Wenn Entscheidungen im medizini- schen Grenzbereich auf Ethikbera- ter und klinische Ethikkommissio- nen delegiert werden sollten, wäre

das ein weiterer Schritt zur Entker- nung des Arztberufs.

Literatur beim Verfasser

Prof. Dr. med. Mathias Freund, 18055 Rostock

Beraten, nicht entscheiden

Wir haben diesen Artikel mit seiner apodiktischen Überschrift mit Ver- wunderung gelesen, impliziert er doch, dass mit der Einführung von klinischen Ethikkomitees die mora- lischen Vorstellungen der handeln- den Akteure innerhalb eines Be- handlungsprozesses an die klini- schen Ethikkomitees (KEK) abge- geben würden. Die Wirksamkeit von KEK wird aufgrund von ge - ringen Fallzahlen infrage gestellt.

Weiterhin wird die Kompetenz der ethischen Fallberater als nicht ange- messen dargestellt . . .

Aus den Ausführungen geht nicht hervor, was die Autoren unter ethi- scher (Kern-)Kompetenz eigentlich verstehen. Eine „geordnete Repatri- ierung ethischer und kommunikati- ver Kernkompetenzen in den Alltag der klinischen Medizin“ jedenfalls, wie von ihnen gefordert, kann nur als „back to the roots“ – ethische Kompetenz entspricht chefärztli- cher Autorität – verstanden werden.

Dies kann nicht Ziel einer patien- tenorientierten Gesundheitsversor- gung sein.

Die Wirksamkeit von KEK auf die Anzahl durchgeführter ethischer Fallbesprechungen zu reduzieren, halten wir für bedenklich. Die Mit- glieder von klinischen Ethikkomi- tees sollen vielmehr als Multipli - katoren verstanden werden. Die Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen innerhalb des Ethikkomitees sensibilisiert die Einzelnen für ethische Themen, wo- durch sie den ethischen Blickwinkel in ihren Arbeitsbereich tragen.

Das Konsilmodell zur Ethikbera- tung – wie im Artikel propagiert – wird von Dörries u. a. eher kritisch betrachtet, da die Grenzen der eige- nen Profession nie ganz überwun- den werden können (Dörries u. a.

2008). Gerade der Blick aus einer anderen Profession heraus kann dazu beitragen, eine alternative Handlungsoption zu finden. Maio

empfiehlt die Interdisziplinarität der Ethikkomitees und spricht sich auch für die Beteiligung von Bürgern mit gesundem Menschenverstand in ei- nem KEK aus (Heinemann/Maio 2010, S. 83).

Vehement widersprechen wir der Aussage, dass klinische Ethikbera- tung den Anspruch erhebe, „ . . . gar entscheidend tätig“ zu werden. Sie hat ausschließlich beratenden Cha- rakter . . .

Im Blick auf die Kompetenz wür- den wir aus eigener Perspektive her aus behaupten, dass eine zertifi- zierte ethikberaterische Ausbildung – zum Beispiel in Hannover am ZfG – hervorragend für den prakti- schen Einsatz qualifiziert.

Klinische Ethik kann aus unserer Sicht nur im Zusammenhang des

„Gesamtsystems Klinik“ gesehen werden. Ausschließlich quantitati- ve Evaluationsverfahren werden der Komplexität des Themas ge- nauso wenig gerecht wie die ideo- logische Überhöhung ethischer Kernkompetenzen der „Vertreter der Heilberufe“.

Literatur bei den Verfassern

PD Dr. med. Matthias Henschen, 1. Vorsitzender, Bernd Bierer, 2. Vorsitzender,

Gitta Baumgärtner, Geschäftsführerin, Klinisches Ethikkomitee (KEK) am Schwarzwald- Baar-Klinikum Villingen-Schwenningen, 78050 Villingen-Schwenningen

Polemischer Verriss

Zu dem oben genannten Artikel, der in meinen Augen ein polemischer Verriss der Arbeit aller klinischen Ethikkomitees ist, möchte ich ver- schiedene Punkte anmerken:

1. Es war niemals die Intention von Ethikberatung, die „Bewältigung al- ler nur denkbaren Probleme und Konfliktsituationen“ noch ein

„Wunder- oder Allheilmittel“ zu sein.

2. Dass eine Ethikberatung hilfreich sein kann, ist sehr wohl wissen- schaftlich belegt (Schneidermann), dass sie nicht akzeptabel sein soll, erschließt sich mir nicht (Für wen nicht akzeptabel? Warum nicht ak- zeptabel?), und dass sie in der Praxis nicht umsetzbar sein soll, wird durch die praktische Arbeit der me- dizinethischen Berater(inn)en tag- täglich widerlegt. Auch wenn es

B R I E F E

(2)

sich „bestenfalls (um) eine Hand- voll Fälle pro Jahr“ handelt, sind die Beratungen für alle Beteiligten so lehrreich, dass sich häufig in einem ähnlich gelagerten Fall die Einberu- fung einer Beratung er übrigt.

3. Das Problem, dass ein ethischer Konsiliardienst und ein KEK mit - einander um die Beratungsfälle

„konkurrieren“, ist mir bisher we- der in der eigenen Tätigkeit noch im Austausch mit vielen anderen Kollegen berichtet worden. In aller Regel sind die Kliniken froh, wenn sich überhaupt eine Art einer medi- zinethischen Beratung etabliert hat.

4. Ob die Standards, die die Akade- mie für Ethik in der Medizin aufge- stellt hat, „bescheiden“ sind, sei da- hingestellt. Unbestritten ist, dass gerade in dem sensiblen Bereich der Ethikberatung sehr viel soziale Kompetenz, moderierende Fähig- keiten, aber auch Fachwissen von den Beratern gefordert sind.

5. Dass Ethikberatung der christli- chen Kirchen per se konservativ sein soll, kann so pauschal nicht gesagt werden. Ich selbst bin kon- fessionslos, habe aber mehrere aus- gezeichnete Fortbildungen der Mal- teser besucht, die sich in dieser Richtung völlig wertneutral verhiel- ten . . .

6. Mit Herrn Strätling stimme ich völlig darin überein, dass wir die Ethik eben nicht an „fachfremde Disziplinen“ delegieren sollen. Der

„ernsten Fehlentwicklung“, die Herr Strätling durch eine Auslage- rung der Ethik in der Medizin sieht, wird ja gerade durch die Aktivitäten von KEK, Ethikstammtischen oder ähnlichen Strukturen in der Klinik vorgebeugt.

7. Der Aussage, dass „eine geordne- te Repatriierung ethischer und kom- munikativer Kernkompetenzen in den Alltag der klinischen Medizin erreicht werden“ muss, ist voll und

ganz zuzustimmen . . . Hierzu müs- sen schon im Studium die entspre- chenden Grundlagen geschaffen werden, die dann später in der Kli- nik durch ganz selbstverständliche medizinethische Beratungsstruktu- ren von am Krankenbett Tätigen weiter ergänzt werden.

Literatur bei der Verfasserin Dr. Maria Lang, 64625 Bensheim

Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können jedoch nur veröffent- licht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ be- zeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse).

Die Redaktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E-Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen,

zu kürzen.

E-MAIL

B R I E F E

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die ZEKO erläutert auch die häufig verwirrenden Strukturen der Ethikberatung: Im Klinischen Ethikkomitee (KEK) findet sich in der Regel ein breites Spektrum von Berufsgruppen

Unter dem Pro- jektnamen „verteilte Authen- tifizierung, Autorisierung und Rechteverwaltung (AAR)“ soll eine einheitliche Infrastruktur für die Nutzung von Online-

Am Freiburger Universitätsklinikum gibt es jedoch seit 1996 eine Institution, die Ärzten in Grenzsituationen des Le- bens auf Wunsch durch klinische Ethik- beratung zur Seite steht:

Kurz nach seiner „Ge- schichte der Psychiatrie an der Freien Universität Ber- lin“ (2007) legt damit der emeritierte Psychiater Hanfried Helmchen als Herausgeber bereits ei- nen

Besonders belastend für Schwestern und Pflegende waren die Arbeitsbedingungen, wie das Verbrin­. gen von Verstorbenen in zugefrorene Container auf dem Hof oder

All dies nahm dem Jungen jedoch nicht sei- nen Lebenswillen, sodass er und seine Eltern eine Maximaltherapie inklusive HTX zuließen.. Der Körper des Jungen nahm das Herz nach acht

Eine verpflichtende Mit- gliedschaft wäre nach Ansicht von Herrn Gebauer gar nicht notwendig, da bei einer freiwilligen Mitglied- schaft diejenigen, die sich nicht in einer

lich drei in Deutschland versterben- den, erfolglos auf eine Spende war- tenden potenziellen Organempfän- ger zu wünschen, dass diese ver- schärften Regeln mehr Sicherheit