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Archiv "Notfallbehandlung: Zentral und interdisziplinär" (19.02.2010)

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A 268 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 7

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19. Februar 2010

NOTFALLBEHANDLUNG

Zentral und interdisziplinär

Fachvertreter aus Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin, Neurochirurgie, Neurologie, Pädiatrie und Radiologie haben die inhaltliche

Ausrichtung einer zentralen Notaufnahme im Konsens ausformuliert.

D

ie Einrichtung zentraler Not- aufnahmen ist vor 20 bis 30 Jahren erstmalig beim Neubau von Großkliniken verwirklicht wor- den. Ausgangspunkt war damals die Überlegung, Notfallpatienten so rasch wie möglich eine gezielte und fachspezifisch angemessene Behand- lung gewährleisten zu können. Diese Versorgungsstrukturen scheinen effi- zient zu sein, obgleich dazu bislang nur „Fallberichte“ verfügbar sind (11). Erfolgsberichte aus den USA oder europäischen Ländern sind kri- tisch zu bewerten, da sie teilweise auf sehr unterschiedlichen Versor- gungsstrukturen basieren.

Unter dem zunehmenden wirt- schaftlichen Druck innerhalb des Ge- sundheitssystems einerseits und Än- derungen der Verfügbarkeit ärztlicher Mitarbeiter andererseits, scheint es heute mehr als je zuvor erforderlich zu sein, medizinisch interdisziplinär genutzte Bereiche – dort, wo es bau- lich und prozessual möglich ist – ge-

meinsam zu nutzen (7). Dies gilt auch für Notaufnahmen, die in Kliniken äl- terer Struktur noch für jedes Fach - gebiet getrennt vorgehalten werden.

Zentrale interdisziplinäre Notaufnah- men müssen vor allem die Fachkom- petenz für die häufigsten und die rele- vanten medizinischen Bereiche tat- sächlich an 365 Tagen und rund um die Uhr akut verfügbar vorhalten.

Wird dies nicht gewährleistet, ist der Name irreführend (12, 13).

Ein eigener Facharzttitel ist nicht zielführend

Aktuell setzen sich flächendeckend über das gesamte Bundesgebiet zahl- reiche Klinika mit der Thematik zen- traler Notaufnahmen auseinander (1).

Neben den erforderlichen strukturel- len Veränderungen kam hiermit auch die Frage auf, ob der Bereich zentrale Notaufnahme nicht nur einen eigenen organisatorischen Bereich darstelle, sondern auch eine eigene medizini- sche Einheit bilde, die mit einer be-

sonderen fachärztlichen Qualifikati- on auszustatten sei (2).

Vonseiten der Fachgebiete, die wesentlich an der Versorgung von Notfallpatienten beteiligt sind, wird dem Ansinnen eines eigenen Fach- arztes für die zentrale Notaufnahme – zum Beispiel Facharzt für in - nerklinische Notfallmedizin – auf verschiedenen Ebenen entgegenge- halten, dass eine rasche und qua - lifizierte Notfallversorgung von Pa- tienten nach jeweiligem Facharzt- standard weiterhin auch primär fachbezogen erfolgen muss und die Weiterbildung in diesem Sektor be- reits fester Bestandteil einer jeden Facharztweiterbildung ist.

Häufig wird von den Befürwor- tern eines neuen Facharzttitels vor allem in der öffentlichen Diskussion auf die schlechte Qualität der Not- fallversorgung und insbesondere un- geordnete Prozessabläufe – lange Wartezeiten – hingewiesen (5). Bei- de Argumente scheinen eher Aus- druck sowohl eines organisatorischen Defizits als auch eines Mangels an ausreichend vorgehaltenen personel- len Ressourcen zu sein. Diese Defi- zite zu erkennen und im Sinne eines Qualitäts- und Risikomanagements zu beheben, muss entschieden vor Ort angegangen werden.

Einzelne Fachgesellschaften ha- ben hierzu aus ihrer spezifischen Sicht bereits Stellung genommen (3, 4). Bei verschiedenen Krankheitsbil- dern konnte mehrfach nachgewiesen werden, dass die adäquate und fach- bezogene initiale Behandlung das patientenbezogene Behandlungser- gebnis signifikant positiv beeinflusst (6, 8–10). Dies gilt für Herzinfarkt, Schlaganfall, akute intrazerebrale und intraabdominelle Blutungen sowie Polytraumata. Zeitliche Verzö- gerungen im Rahmen der Notfallbe- handlung führen zu einer signifikan-

Foto: picture-alliance/ZB

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19. Februar 2010 A 269 ten Verlängerung der gesamten Be-

handlungsdauer und damit des sta- tionären Aufenthalts. Eine zentrale Notaufnahme, in der die Interdiszi - plinarität der Notfallversorgung ge- währleistet wird, birgt daneben für die Patienten mit akuten und lebens- bedrohenden Erkrankungen oder Verletzungen die Chance einer höhe- ren Überlebenswahrscheinlichkeit.

Wichtig ist die Feststellung, dass es bei der Mehrzahl der in einer Not- aufnahme behandelten Patienten um die fachspezifische Entscheidung geht, ob eine stationäre Aufnahme erforderlich ist oder eine ambulante Versorgung ausreicht. Dazu ist eine entsprechende fachspezifische Kom- petenz unverzichtbar. Mit dem Ziel, zum Thema zentrale interdisziplinä- re Notaufnahme eine gemeinsame Empfehlung abzugeben, hat sich ein Arbeitskreis aus Vertretern der Fachgebiete Anästhesiologie, Chir - urgie, Innere Medizin, Neurochirur- gie, Neurologie, Pädiatrie und Ra- diologie etabliert und die hier dar- gestellten Anforderungen (Kasten) für die inhaltliche Ausrichtung einer zentralen Notaufnahme im Konsens ausformuliert.

Begleitende Evaluation ist zwingend notwendig

Geleitet sind diese Empfehlungen von dem Grundsatz, dass die Not- fallbehandlung aller Patienten nach der Klinikeinlieferung fachbezogen beziehungsweise bei komplexen Er- krankungen oder Verletzungen inter- disziplinär erfolgen muss und hierzu die entsprechenden Maßnahmen – Organisation, Qualitäts-/Risikoma- nagement und bedarfsgerechte Allo- kation von fachärztlicher und pfle- gerischer Kompetenz – zwingend umgesetzt werden müssen.

Eine zusätzliche fachärztliche Qualifikation als die in der jeweili- gen Facharztqualifikation abgebil- dete Kompetenz der fachspezifischen Notfallbehandlung ist in unserem Versorgungssystem entbehrlich. Viel- mehr garantiert die interdisziplinäre Kooperation der Fachgebiete – wie sie in der Deutschen Interdiszipli - nären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) organisiert sind – die bestmögliche Versor- gung. Diese Erklärung stellt auf der

ten berufspolitischen Wünsche zu verifizieren oder falsifizieren. Diese als äußerst dringlich einzustufenden Untersuchungen müssen weiterhin analysieren, inwieweit der für eine kompetente Vorhaltung notwendige finanzielle Aufwand im derzeitigen Fallpauschalensystem (G-DRG) ab-

gebildet wird. ■

Prof. Dr. med. Andre Gries Prof. Dr. med. Andreas Seekamp Prof. Dr. med. Tobias Welte Dr. med. Thorsten Wygold Prof. Dr. med. Jürgen Meixensberger Prof. Dr. med. Günther Deuschl Prof. Dr. med. Michael Galanski Prof. Dr. med. Gerhard Sybrecht

als Sprecher der verschiedenen Fachgesellschaften

@

Literatur im Internet unter:

www.aerzteblatt.de/lit0710

Die zentrale Notaufnahme (ZNA) ist die An- laufstelle eines Klinikums für alle ungeplant eintref- fenden Patienten oder Notfallpatienten. Diese verblei- ben entweder im Klinikum oder werden in die ambu - lante Behandlung entlassen. In der ZNA erfolgt eine fachspezifische Behandlung und Diagnostik. Dafür steht ein multidisziplinäres Team zur Verfügung, die dem Versorgungsauftrag der Klinik entsprechen.

Wesentlich an der Versorgung beteiligte Fachgebiete sind: Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin, Neurologie, Neurochirurgie, Pädiatrie, Radiologie. Im Minimum muss die Notfallbehandlung in den Fach- gebieten Anästhesiologie, Innere Medizin und Chi- rurgie sichergestellt sein. Die Versorgung in der ZNA muss rund um die Uhr vorgehalten werden.

Der zentralen Notaufnahme sollte eine Aufnahmestation zugeordnet sein. Dort sol- len in der ZNA aufgenommene Patienten in der Regel unter 24 Stunden verbleiben, bis der weitere Behandlungsweg medizinisch und organisatorisch geklärt ist.

Die Patientenbehandlung muss di- rekt und ohne Verzug fachbezogen und nach Facharztstandard erfolgen. Die medi- zinische Verantwortung verbleibt kontinu- ierlich bei der behandelnden Fachabtei- lung.

Für die Fälle, bei denen die eindeu- tige Zuordnung zu einer bestimmten Fachabtei- lung nicht möglich ist, obliegt es der organisatori- schen Verantwortung des Notaufnahmeleiters die Erstdiagnostik/-einschätzung und Behandlung si- cherzustellen beziehungsweise zu organisieren und eine Zuordnung vorzunehmen.

Die fachspezifische Notfallversorgung ist fes- ter Bestandteil einer jeden Facharztweiterbildung und fachspezifischer Fortbildungsprogramme. Des- halb werden ein Facharzt für Notfallmedizin oder vergleichbare Weiterbildungen abgelehnt. Eine Min- destqualifikation für die Sicherstellung der Versor- gungsqualität in der ZNA wird für erforderlich ge- halten. Diese ist von den Fachgesellschaften zu definieren und muss von den in der ZNA tätigen Mitarbeitern erbracht werden.

Die Leitung einer zentralen Notaufnahme kann hauptamtlich einer Person übertragen wer- den. Hiermit verbunden sind in erster Linie organi- satorische Aufgaben. Die betreffende Person sollte eine Facharztqualifikation in einem der in der Not-

aufnahme wesentlich beteiligten Fachgebiete auf- weisen, darüber hinaus erscheint eine Zusatzquali- fikation in Managementaufgaben sinnvoll. Das Cur- riculum für eine solche Zusatzqualifikation ist von den Fachgesellschaften unter Beachtung europä - ischer Empfehlungen gemeinsam auszugestalten.

ANFORDERUNGEN

Grundlage bisheriger externer und interner Evidenz die strukturellen und personellen Voraussetzungen dar, die eine zentrale interdisziplinä- re Notaufnahme zu erfüllen hat.

Dabei soll das Ziel einer bedarfs - gerechten, qualitätsgesicherten Ver- sorgung von verletzten oder akut erkrankten Patienten nachhaltig durch entsprechende organisatori- sche, strukturelle und qualifizieren- de Maßnahmen gefördert werden.

Eine zentrale interdisziplinäre Not- aufnahme kann hierzu einen we- sentlichen Beitrag leisten.

Die begleitende Evaluation ist notwendig, um die auf Erfahrungen anderer Nationen basierenden Emp- fehlungen gegenüber den an unserer Versorgungswirklichkeit orientier-

Foto: dpa

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