DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BRIEFE AN DIE REDAKTION
keit, wo Anteile des ambu- lanten und des stationären Bereiches zusammenkom- men (können).
Ein weiteres Mißverständ- nis (oder Unverständnis):
In Baden-Württemberg hat vor der 45. BAT-Änderung der Vorstand der Landes- ärztekammer und die Dele- giertenversammlung sich 1979 einstimmig dafür aus- gesprochen gehabt, den NAW-Dienst in Form von frei vertraglich vereinbar- ter Nebentätigkeit durch- führen zu lassen.
Erst die Festschreibung als Dienstaufgabe ohne Wür- digung der medizinischen Voraussetzungen in den
Protokollerklärungen machte die weitere Ent- wicklung bis hin zur Fach- kundebescheinigung im Zusammenhang mit der Novellierung des Ret- tungsdienstes in Baden- Württemberg notwendig.
Die Erörterung des Pro- blemkreises, einer ge- meinsamen Rettungsleit- stelle in örtlichem Bereich, läßt in Baden-Württemberg das Katastrophenschutz- gesetz in der angeführten Weise nicht zu.
Um es kurz zu machen: In Baden-Württemberg gibt es keinen Streit um Notfall- patienten und wir lassen uns auch keinen ins
„Ländle" hereintragen.
Dr. med. Jürgen Reitinger Vorstand der Landes- ärztekammer
Baden-Württemberg Jahnstraße 40 7000 Stuttgart 70
Schlußwort
Erfreulicherweise scheint nach Auffassung von Herrn Prof. Dr. Engelhardt und Kollegen als Mitglieder des Landesfachbeirates für das Rettungswesen und Gründer der Arbeitsge- meinschaft der in Nord- westdeutschland tätigen Notärzte (AGNWN) eine Konkurrenzsituation für
die Ärztlichen Notfalldien- ste und die Rettungsdien- ste nicht zu bestehen. Ob- wohl die Vertreter der AGNWN den für den klini- schen Bereich reservierten Begriff des „Ärztlichen Be- reitschaftsdienstes" eben- so wie die DIN-Norm 14011, Rechtsgrundlagen widersprechend, irrtüm- lich auf den „Ärztlichen Notfalldienst" der ärzt- lichen Selbstverwaltungs- körperschaften übertra- gen, so sei Ihnen doch für das Eintreten für eine naht- lose Ergänzung in einem sinnvollen Miteinander ge- dankt.
Unverständlich erscheint der Leserbrief von Frau Dr.
M. Kaatz vor dem Hinter- grund der hinreichend er- läuterten Beschlüsse des Vorstandes der Bundes- ärztekammer, des Deut- schen Ärztetages, des Ar- beits- und Tarifrechtes und von Veröffentlichungen der von klinisch tätigen
„Notärzten" so häufig zi- tierten Autoren, wie Lip- pert und Weissauer. Letz- terer stellt unter anderem fest, „daß es die Aufgabe des ,Notarztdienstes` ist [hier ist der mit Rettungs- ärzten besetzte Rettungs- dienst gemeint, Anm. d.
Verf.] in organisiertem Zu- sammenwirken mit dem Rettungsdienst, Notfallpa- tienten durch notfallmedi- zinisch ausgebildete [hier ist wohl weiter- und fortge- bildet gemeint, Anmerk. d.
Verf.] Arzte am Notfallort und auf dem Transport ärztliche Hilfe zukommen zu lassen. Entgegen einer älteren Auffassung, die in der Notfallversorgung ei- nen vorweggenommenen Teil der stationären Be- handlung sah, dürfte heute im Prinzip nicht mehr zwei- felhaft sein, daß der Not- arztdienst dem Bereich der ambulanten ärztlichen Be- handlung zuzurechnen ist"
(Obderbecke/Weissauer, Anästh. Inf. 16 [1975] 159 und an anderen Stellen zu- letzt: Lippert, H.-D., Med R 5 [1983] 167).
Auch Herr Kollege Reitin- ger sei daran erinnert, daß nach Auffassung der von ihm zitierten Autoren „Or- ganisation und Durchfüh- rung des Notarztdienstes dem Sicherstellungsauf- trag der Kassenärztlichen Vereinigung unterfallen".
Herrn Kollegen Reitinger werden die Hauptver- sammlungen des Marbur- ger Bundes 1979/80 unver- geßlich sein, in denen über die Ausfüllung des 45. Än- derungsvertrages des BAT (Sonderregelungen) SR 2c und seine Protokollnotizen heftig debattiert wurde.
Wir alle wußten damals, welche Hintergründe die Festschreibung der Teil- nahme am Notarztdienst als Dienstaufgabe durch die Krankenhausträger hatte. Um so weniger ist es verständlich, daß heute Tendenzen aus dem
„Ländle" bekannt werden, die die Versorgung von Notfallpatienten den Kran- kenhausärzten im Auftra- ge der Krankenhausträger vorbehalten sehen wollen.
Die Solidarität zu den ärzt- lichen Kollegen, die nach Abschluß ihrer Weiterbil- dung nicht länger im sta- tionären Bereich beschäf- tigt werden können und sich niederlassen werden, vor allem jedoch die Sorge um die Notfallpatienten er- fordert es, daß diese in der klinischen Intensivtherapie und „prästationären Not- fallversorgung" erfahre- nen Ärzte ihre Kenntnisse flächendeckend auch auf dem Land und nicht allein in Ballungszentren der Versorgung von Notfallpa- tienten zur Verfügung stel- len.
Dr. med. Michael Popoviö
BLÜTENLESE
Reale Kosten
Luftschlösser ma- chen keine Bauko- sten. Ob sie deswe- gen billig sind?
NATURWISSENSCHAFT
Zu dem Artikel „Metaphysik in der Ursuppe", von Dr. med.
Johannes Hufschmidt, in Heft 3/1984:
Kein teleologisches Weltgeschehen
. Direkte augenfällige Beweise der biologischen Evolution liefern uns die Paläontologie, die verglei- chende Anatomie sowie Physiologie; bei den höhe- ren Lebewesen Relikte, die einwandfrei auf die durchgemachte EntwiCk- lung hinweisen, wie zum Beispiel die beim Men- schen im Embryonalstadi- um angelegten Kiemenbö- gen. Durch die moderne
Eiweißstrukturforschung wurde es sogar möglich, die genetischen Stamm- bäume zu erfassen. Dem- nach sind die Tiere von ih- rer Physiologie und der Evolution her gesehen un- sere „leiblichen Brüder".
Entsprechend den Geset- zen der Quantenmechanik herrscht in der Natur das Wechselspiel zwischen Zu- fall und Notwendigkeit. Vor allem A. Schopenhauer, K.
Lorenz und M. Eigen ha- ben überzeugend darge- legt, daß es kein teleologi- sches Weltgeschehen gibt.
Weil die Dinge unse- res täglichen Gebrauchs durch menschliche Über- legungen und Arbeit ge- schaffen wurden, zieht man den vermeintlich logi- schen Schluß, daß auch die Welt von einem, in menschlichen Kategorien denkenden, allerdings all- mächtigen „Schöpfer" ge- macht sein muß. Dazu Goethe: „Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt;
Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet, Sich über Wolken seinesgleichen dichtet! Er stehe fest und sehe hier sich um!" (Faust/
zweiter Teil, 5. Akt) Dr. med. et Dr. phil. nat.
Hanns Schuberth Lohbichl 8
8133 Rottach-Egern 1328 (12) Heft 17 vom 27. April 1984 81. Jahrgang Ausgabe A