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Der Rif-Krieg 1921 - 1926

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Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Digitale Bibliothek des Sondersammelgebietes Vorderer Orient

Der Rif-Krieg 1921 - 1926

El-Asrouti, Fouzia Berlin, 2007

urn:nbn:de:gbv:3:5-6228

(2)

ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN . BAND 275

Fouzia

El -

Asrouti

Der Rif

-

Krieg 1921 - 1926

Eine kritische Untersuchung

des gesellschaftlichen Transformationsprozesses

unter Muhammad Ibn

c

Abd

al -

Karim

al -

Hattäbl

(3)
(4)

Fouzia El -Asrouti

Der Rif -Krieg 1921 - 1926

(5)

ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 275

begründet von Klaus Schwarz

herausgegeben von Gerd Winkelhane

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ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 275

Fouzia

El -

Asrouti

Der Rif

-

Krieg 1921 - 1926

Eine kritische Untersuchung

des gesellschaftlichen Transformationsprozesses unter Muhammad

Ibn '

Abd

al -

Karim al HattäbT

K

S KLAUS SCHWARZ VERLAG

BERLIN

(7)

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie ;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb .ddb.de abrufbar .

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www.klaus -schwarz -verlag .com

Alle Rechte vorbehalten .Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (Druck,Fotokopie oder einem anderen Verfahren )ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden . ...

© 2007 by Klaus Schwarz Verlag GmbH Erstausgabe

1 .Auflage

Layout und Herstellung :J2P Berlin

Gedruckt unter Verwendung von chlorfrei gebleichtem Papier Printed inGermany

ISBN 978- 3 -87997-338 -5

0 ~

f

-SA

: SMO

(8)

Meinen geliebten Eltern

Mohammed El -Asrouti und Mimount Saaliti

(9)
(10)

Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG ... 9

Vorbemerkungzur Transkription ... 13

A HINTERGRUND ... 14

I .DERRIF... 14

1 .Die natürlichen Bedingungen ... 14

2 .Die tribale Organisation ... 17

3 .Blutrache - Das Merkmalder Anarchie?... 23

II .DAS PROTEKTORAT ... 31

1 .Ursprüngeund Hintergründe ... 31

2 .Das spanischeProtektorat ... 34

III .DIE HATTÄBIS ... 44

1 .Herkunftder Familie ... 44

2 .Politische Aktivitäten ... 46

3 .Bruch mit den Spaniern ... 52

B DER RIF IM TRANSFORMATIONSPROZESS... 56

I .DER BEFREIUNGSKRIEG... 56

1 .Organisierter Widerstand1920 /21... 57

2 . 'Anwäl - Desasterund Triumph ... 60

3 .Krieg an mehrerenFronten... 63

4 .Die internationaleResonanz ... 68

II .DIE RIF-REPUBLIK ... 71

1 .Die Staatsgründung ... 71

2 .Diebay'a- TreueidfürMuhammadIbn 'Abd al -Karimal -Hattäbi. . . .76

3 .Der Regierungsapparat ... 85

4 .Die Rif-Armee ... 91

(11)

HI .DIE REFORMEN

1 .ReligiöseReformen ...98

a) Islamisches Recht (Sana) versus Gewohnheitsrecht('urf).... 98

b )Aufhebungdes Kollektiveides ... 103

c ) Entmachtungder religiösenOrden ... 105

2 .Neubewertungvon Gewalttatenund anderenDelikten ... 110

3 .PolitischeReformen ... 113

a) Modifikationdes/ /^ Systems ... 113

b )Das Finanzwesen ... 115

c) Von derPeripheriezur Zentralmacht ... 118

4 .Soziale Reformen ... 121

IV.MUHAMMAD IBN'ABD Al-KARIMAL -HATTÄBI IM SPIEGELSEINER IDEOLOGIEN... 126

C SCHLUSSBETRACHTUNG ... 137

LITERATURVERZEICHNIS ... 141

VeröffentlichteQuellen ... 141

Interview ... 142

Sekundärliteratur... 142

(12)

EINLEITUNG

Die Ursprüngeund die Geschichte des Imperialismusin Marokko, die nicht erst mit der Gründung des französischen und spanischen Protektorats im Jahre 1912einsetzten , sind bisher nur bedingt dokumentiertworden . Wäh¬

rend nämlich das französische Protektorat relativ erschöpfend thematisiert wurde, ist die Entwicklungdes spanischen Protektoratsund insbesondere des Rif-Kriegesvon der wissenschaftlichen Forschung vergleichsweise stiefmüt¬

terlich behandeltworden.

Der Rif-Krieg ,der von1921 bis 1926 unterder Führung Muhammad Ibn

'Abd al -Karim al -Hattäbis gegen die spanische Kolonialmacht gerichtet

war,wurdein einer deutschenStudie treffend als, , [ e ]in Krieg ,derGeschichte machte, aber nicht in die Geschichte einging" bezeichnet .' Er ist im Zuge scheinbar größerer historischer Ereignisse zu einem der vielen Schauplätze des europäischen Imperialismus geworden . Der Rif-Krieg formierte sich 1921 aus einzelnen lokalen Aufständen zum militärisch und politisch erst¬

malig und umfangreich organisierten Widerstandund konnte erst 1926 nach gemeinsamen Militäraktionen Spaniens und Frankreichs niedergeschlagen werden.

Der Rif-Krieg bildet in dieser Arbeit lediglich den Rahmen des eigent¬

lichenGegenstandes . Das Thema der Untersuchung sind die Umwälzungen und Reformierungsversuche inder rifischen Gesellschaft während des fünf¬

jährigen Krieges unter der Ägide Ibn 'Abd al -Karims. Die kritische Unter¬

suchung soll aufzeigen , inwiefern die Kriegsumstände und die Reformver¬

suche des Anführers zu einem Wandel der Gesellschaft des Rif, die im wesentlichen durch den Tribalismus gekennzeichnetwar,beigetragenhaben. Ferner sollen Ibn 'Abd al -Karims Absichten hervorgehoben werden,die er mit dergravierenden Umgestaltungverfolgt hat.

Hierbei müssen zweierlei Reformen unterschieden werden: Zum einen solche,die auf einer politischen transtribalenEbene zur Umstrukturierung der bisherigen VerhältnissealsReaktionauf die Besatzungsmacht geführthaben.

1 Kunz,Rudibert /Müller ,Rolf-Dieter :Giftgas gegen Abdel Krim.Deutschland,Spa¬

nienund der Gaskrieg in Spanisch -Marokko 1922 - 1927 .Freiburg i . Br . 1990 , S . 17.

(13)

Dies fand vordergründigin der Kriegführungund dereinseitigen Deklaration der Rif-Republik statt. Zum anderen werden die Reformen systematisch durchleuchtet ,welche weitestgehend unabhängig vom Krieg auf die öffent¬

liche und private Lebens- und Verhaltensweise der Menschen eingewirkt haben.

Die Vorgehensweise der Arbeit findet in zwei Blöcken statt : Der erste Blockstellt den Hintergrunddes Wandlungsprozessesdar .Er ist eingeteilt in eine Darstellungdes Rif mit seinen naturgeographischen Gegebenheiten und den strukturellen Komponenten der tribalen Gesellschaft . Letztere werden veranschaulicht , um ihren Wandlungsprozess während des Krieges zu be¬

greifen. In einem weiteren Kapitel werden Ursprünge und Verlauf des - vornehmlich spanischen - Protektorats bis 1926 erläutert, um die spanische Kolonialpolitikim Rif zu ergründen . Undschließlichist das dritte Kapitel der Hattäbi-Familie und insbesondere Muhammad Ibn 'Abd al -Karim gewid¬

met, die als Pioniere des stämmeübergreifenden Widerstandes gegen den Kolonialismus charakterisiert werden können. Ziel dieses Kapitels ist die Analyse der Voraussetzungen in intellektuellerund politischerHinsicht,die die Hättäbiszuanerkannten Anführerndes Widerstandesmachten.

Der zweite Block ist dem Schwerpunkt der Arbeit , den Veränderungen während des Krieges, gewidmet . Darin wird im ersten Kapitel der Krieg chronologischinden wichtigsten Stationennachgezeichnet , welche Anhalts¬

punkte für eine erfolgreiche Mobilisierung der Bevölkerungliefern.Haben die Umständedes Kriegeszu einer Geschlossenheitder Stämmegeführt,die Ibn 'Abd al -Karim Gefolgschaft leistetenbzw . von seinen Truppen unter¬

worfenwurden? Abschließendwird das internationaleEcho skizziert,das der Rif-Krieg ausgelösthat . Gegenstand des folgenden Kapitels sind die Grün¬

dung der Rif-Republik und die Institutionen , durch die sie erst zu einem eigenständigen Staat erhoben wurde. Schließlich wird im dritten Abschnitt die systematische Untersuchung der einzelnen religiösen , politischen und sozialen Reformenvorgenommen . Wie habensie in das öffentlicheund indi¬

viduelle Leben eingegriffen und wie waren die Reaktionen seitens der Be¬

troffenen ?

In einem abschließenden Kapitel werdendie ideologischen Beweggründe Ibn 'Abd al -Karlmsals Kriterienfür seine Argumentationim Krieg , für die Mobilisierung der Kämpfer und der gesamten Gesellschaft sowie für die Durchführung der konkreten Reformen herangezogen . Dort wird die Frage aufgeworfen ,ob und inwieferner einmodernistischer Reformeroder eindem religiösen Traditionalismus verbundenerDenker war.

(14)

Die Analyse der sozialen und politischen Prozesse im Rif vor dem Hin¬

tergrund des fünfjährigen Krieges basiertauf der Auswertungder vorhande¬

nenLiteratur .Die Literaturgrundlage bildet hauptsächlichSekundärliteratur . Zum Teil wurden jedoch auch verfügbare ,d .h. edierte Quellen untersucht . Ein Vergleich zwischen deninunterschiedlichen Publikationen verwendeten Quellenläßt erkennen, daß seit mehr als zwei Jahrzehnten lediglich dieselben Archive zugänglich sind(vorwiegend in Spanienund Frankreich ) und folg¬

lich stets dasselbe Quellenmaterial herangezogen wurde. DieFrage , ob sich in noch nicht zugänglichen Archiven (besonders inSpanien) noch erkennt¬

nisreiches Materialbefindet ,bleibt vorerstoffen .

Zu der veröffentlichten Quellenliteratur gehörendie Memoiren " Ibn 'Abd

al -Karims,die 1926 auf seinemWeg ins Exil in Form eines Interviews durch den JournalistenRoger -Mathieu zustande gekommensind.Sie sind allerdings stellenweise kritisch zu betrachten . Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Anführerdes Krieges, der eine apologetischeRolle einnahm,als auch auf den Journalisten , der die kolonialistischen Positionen Frankreichs verteidigte . Bedeutende Quellen bilden einige andere Interviews Ibn 'Abd al -Karims, unter denen das 1927 geführte und inder salafitischen Zeitschriftal -Manär veröffentlichte Interviewsehr aufschlußreichfür Ibn 'Abd al -Karims Ansicht über das Scheitern seiner Ziele ist. Überdies ist die Edition eines Treueids

(ba/ ä), der ihm Anfang 1923 von Stammesautoritäten dargebracht wurde, eines der wichtigsten zeitgenössischen Dokumente für die Bestätigung Ibn

'Abd al -Karims als Anführer des Widerstandes .Darüber hinaus sind Aus¬

züge aus den Memoirendes Außenministers " der Rif-Regierung Azerqan in einer marokkanischen Zeitschrift publiziertworden .Schließlich liegen meh¬

rerefür die politischeund administrative Situationim Rif währenddes Krie¬

ges relevante Dokumente entweder in arabischen Originalen oder Überset¬

zungen vornehmlich in den Arbeiten von Tahtah und Penneilvor . Zudem halteich dieMöglichkeit ,mit einem Verwandtender Hattäbisein Interview zu führen, der mir den Rif-Krieg detailliert und lebhaft geschilderthat . Er war zwar keinAugenzeuge , nichlsdestotrotz zeugten seine Berichte von der rifischen Sicht und Rezeption des Krieges und der Heroisierung Ibn 'Abd

al -Karims durchdie Rifis .

Die Sekundärliteratur ,die den Rif-Krieg monographischbehandelt ,bilden einige ursprünglich als Dissertationen angefertigte Arbeiten . Des weiteren finden sich zahlreiche kurze Abhandlungen in Zeitschriften und Sammel¬

bänden. Der Großteil der Sekundärliteratur legt den Schwerpunkt auf die ereignisgeschichtlichen und militärischen Aspekte des Krieges sowie die

(15)

biographische Darstellung seinesAnführers . Das sicherlich wichtigste Werk zu den Ursprüngen des Krieges hat Germain Ayache 1981 vorgelegt . Es ist

eine u . a. durch die Auswertung wertvollen Quellenmaterials differenzierte

und aufschlußreiche Darstellung der Ereignisse und Zusammenhänge bis

1921. Der Autor hatte eine zweite Studie über den Rif-Krieg an sich be¬

gonnen. Bedauerlicherweise ist er verstorben , bevor sie fertiggestellt war. Das Buch ,das inhaltlich nur biszu den Geschehnissen des Jahres 1922 ge¬

langt , ist allerdings 1996 posthum publiziert worden und trotz seiner Un- vollständigkeitund der fehlenden Anmerkungen eine gute Darstellung . Eine Studie vonCR .Pennell(1986) stellt ebenfalls eineder bedeutendsten Ana¬

lysen der gesellschaftlichen Umstände während des Krieges dar . Die Ab¬

handlungenvon Rupert Furneaux(1967) und Woolman(1968) bildeten lange Zeit die Standardwerke über die Gesamtdarstellung des Krieges. Furneaux geht allerdingsnur halbwegs wissenschaftlichvor .Dasselbegilt für die 1999 erschienene Publikationvon ZakyaDaoud.Leider hat dieAutorin keine nen¬

nenswerten neuen Erkenntnisse liefernkönnen . Die Dissertation Mohamed Tahtahs (1995) bietet dagegen durch die Auswertung zahlreicher Quellen eine fundierte biographische Analyseder Hattäbisund ihrer Politik. Eine um¬

fangreiche zweibändige arabische Darstellung aus rifischer Sicht stellt al-

'ayyäsis Gesamtuntersuchung von 1974 /75 dar , der auch Informations¬

materialvon Augenzeugen zugrundeliegt .Einige informative arabische Bei¬

träge sind in zwei eigens dem Rif-Krieg gewidmeten Bänden der marokka¬

nischen Zeitschrift'Amal von1996bzw .1997zusammengetragen.Hingegen finden sich in einemSammelband , der die Ergebnisse eines internationalen Kolloquiums präsentiert , - von wenigen Ausnahmen abgesehen - haupt¬

sächlichArtikel , die das Echo des Krieges in Europadarlegen . Das Kollo¬

quium fand 1973 in Paris anläßlichdes 50.Jahrestagesder Proklamation der Rif-Republik statt. In deutscher Sprache ist lediglich eine militärgeschicht¬

liche Studie zum Rif-Krieg aus dem Jahre 1990 entstanden .Obwohl für die Fragestellungen dieser Arbeit wenigverwertbar , stellt sie eine für die Ge¬

schichtedes Einsatzesvon Giftgas wertvolle Untersuchungdar .Die Autoren Kunzund Müller decken auf,daß Giftgasdas erste Mal in der Geschichte im Rif-Kriegauf aerochemischeArt zurAnwendungkam .

Für dieDarstellungder tribalen Gesellschaftvor und währenddes Krieges wurden einige ethnographische und ethnologische sowie pseudo-wissen- schaftliche Arbeitenvon den Anfängender Kolonialzeit bisin die 80er Jahre kritisch herangezogen , da neuere Studien nicht vorliegen . Unter den ethno¬

graphischen Werken ist das des Amerikaners David M . Hart von 1976 die

(16)

fundamentaleStudie zur rifischen Gesellschaftam Beispielder Ait Waryigel. Abgesehenvon der Schwäche , daß - infolgevon Befragungen ausschließlich männlicher Personen - eine nahezu einseitige Darstellung der Verhältnisse im Rif gegeben wird , ist es nach wie vor das ethnologische Standardwerk zum Rif und kann als repräsentativ für den Ost - und Zentralrif betrachtet werden. Letzteres gilt auch für die 1981 von Raymond Jamous erbrachte Publikation über den Stamm der Qal'iya. Hingegen sind vorkoloniale und koloniale (oft im Auftrag militärischer Autoritäten entstandene ) Arbeiten über den Rif ( z . B. von Robert Montagne , Auguste Moulieras , Edward Weslermarck und OttoC .Artbauer )Musterbeispiele für die Sicht des zivi¬

lisierten "Völkerkundlersauf die primitive " Gesellschaft .

Vorbemerkung zur Transkription

Da der lateinischen Schreibweisevon arabischenund berberischenPersonen - und Ortsnamen sowie Termini mindestens vier verschiedene Möglichkeiten der Wiedergabe - nämlich die Transkriptionbzw . Transliterationdes Arabi¬

schen und Berberischen und die französischen und spanischen Formen - zugrundeliegen ,muß vorabdas in dieser Arbeit verwendeteSystem erläutert werden.

Personennamen werden grundsätzlich entsprechend der arabischen und berberischen Aussprachetranskribiert ;dabei werdendieberberischen Namen soweit es möglich ist , zugunsten der Einheitlichkeit dem Transkriptions¬

system der arabischenSchrift - in Anlehnungan die Konventionender DMG - angepaßt .Geläufige Ortsnamen werdenin ihrer europäisiertenForm (meis¬

tens französisch )verwendet , soz .B .Tanger und nicht Tanga , Tetouan und nicht Tittawin (berb .) oder Titwän (arab . ), Chaouen und nicht Assawen

(berb .) oder Safsawn (arab. ), Larache und nicht al - 'Arä'is etc . Hingegen werden weniger geläufige Orte wie die Personennamen gemäß ihrer arabi¬

schenbzw. berberischen Aussprachebehandelt ; z . B.Agdir und nichtAjdir ,

al -Husaymaund nichtAlhoceima , al -Qasr al -Kabirund nicht KsarelKebir ,

'Anwäl und nicht Anoual etc . Arabische und berberische Termini werden ebenfalls inTranskriptionwiedergegeben ;davon bleiben gebräuchliche For¬

men wie etwa Kalif und Kalifatausgenommen .

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A HINTERGRUND

I

. DER RIF

1. Die natürlichen Bedingungen

Der Rif war noch in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts trotz seiner unmittelbaren Lage am Mittelmeer , über das in der Jahrtausende alten Geschichte immer wieder fremde Eroberer den Zugang ins Land fanden , eines der unzugänglichsten und folglich am wenigsten erforschten Gebiete der Welt .2

Die arabischen Geographen und Chronisten bezeichneten mit Rif (ar-rif)' den Gebirgszug in Nordmarokko entlang des Mittelmeeres , der sich von Osten nahe der algerischen Grenze nach Westen bis zur Gebirgsregion gegenüber dem Atlantik erstreckt , die auch als Gibäla bekannt ist. Die Bezeichnung für die Region stammt offensichtlich von den arabischen Er¬

oberern und wurde Anfang des 13. Jahrhunderts für verschiedene Gebiete

2 Bezeichnenderweise nannte der Völkerkundler Artbauer Anfang desJahrhunderts sein BuchDie Rifpiraten und ihreHeimat .Erste Kundeausverschlossener Welt"

und stelltefest : „FürdenRif ist die Zeit der Forschung noch nicht gekommen. ( .. .) Man vergessenicht,daßessich handelt um Söhne gefürchteter Rifpiraten,um Menschen,die mit Recht demFremden ,dem Europäer vorallem ,Mißtrauen ent¬

gegenbringen,um das kriegskundigste,unruhigste Volk Marokkos - und wohldes ganzen mohammedanischen Afrika-um ein Gebiet ,dasimwahrsten Sinndes Worteszu den unbekanntesten seines Erdteils zählt( S .Vf.) . ( . . .)Vor allemtrugen Franzosen vielbei ,Lichtzubreiten über diesen wahrhaft dunkelsten Teil Afrikas.( . . .) Ein Gebiet aber haben alle Forscher abseitsgelassen ,wurde inallen Büchernund Berichten nur gestreift- der Rif!" ( S . 1) ;Artbauer,OttoC:Die Rifpiraten undihre

Heimat .Erste Kundeausverschlossener Welt.Stuttgart 1911 ; vgl .auch Driessen,

Henk:OntheSpanish -Moroccan Frontier .AStudyin Ritual,Power and Ethnicity. Oxford 1992 , S . 55.

3 /v/'bedeutet imArabischen fruchtbares Land und ländliches Gebiet imGegensatz zur

Stadt;des weiteren bezeichnet es Land,dasamWasser (alsoan derKüste )gelegen

ist ;Lisänal - 'Arab, s .v .;al -mungid , s .v.

(18)

entlang der Mittelmeerküste verwendet ; im 14. Jahrhundert taucht sie bei

'Abd al -Haqq al -Bädisi aus der Gumära,der sie auf das Gebiet von Ceuta bis Tilimsän anwandte ,und einem Zeitgenossen von ihm (Rawd al -Qirtäs)auf.5 Die Ausweitung der Bezeichnung Rif auf die gesamte Gebirgsregion in Nordmarokko von der Meerenge von Gibraltar bis zum Wädi Mulüya ist demnach nicht ,wie behauptet wird ,das Resultat des Befreiungskrieges unter Muhammad Ibn 'Abd al -Karim al -Hattäbi,6 da es ihm zeitweise gelungen war, auch zur Gibäla gehörende Stämme unter seine Führung zu bringen , sondern geht bereits auf die Zeit al -Bädisis und al -Qirtäs ' und andere frühe Zeugnisse zurück.7Die Bezeichnung Rif wirft allerdings trotzdem ein Pro¬

blem der Inkonsequenz auf:Sie bezeichnet einerseits das geographische Ge¬

biet, das den nördlichen Ausläufern des Atlas entspricht , andererseits grenzt sie im ethnischen und sprachlichen Sinn die Bevölkerung der östlichen Hälfte von der westlichen Hälfte ab.Die Bewohner des östlichen und zentralen Rif werden (Marokkanisch -) Arabisch als Riyäfa , Ruwäfa bzw . Rlfiyyün aufge¬

faßt; sie verstehen sich selbst entsprechend der berberisierten Form als Irifiyyen und sprechen die nahezu für den gesamten Nordosten typische Zanäta-Variante des tamazigt bzw. Berberischen , die unzutreffend als tarißt bezeichnet wird .8 Hingegen werden die Bewohner der westlichen Hälfte

4 Vignet-Zunz, J . :Rif. In : EI2 , S .521 f.

5 Vgl .Furneaux ,Rupert :AbdelKrim.EmirofthcRif.London 1967 , S.15 ;Vignet -

Zunz,Rif, a .a .O . , S . 522 .

6 Vgl .Maurer ,Gerard : L 'environnement geographique rifain. In :Gallissot,Rene

(Hrsg.) :Abdel -Krim etla republique durif.Acteducolloque internationale d 'etudcs historiqucs etsociologiques 18 - 20 janvier1973.Paris 1976(imweiteren Verlaufder Arbeit wirdder Sammelband als Colloquezitiert ) , S . 15.

7 Vgl . u .a . al -Hasan Ibn Muhammadal -Wazzänaz -Zayyäti ,besser bekannt alsLeo

Africanus,der im 16 .Jahrhundert eine bedeutende geographische Beschreibung Afri¬

kas verfaßt hat . Vgl .dazuEpaulard ,Alexis :Jean-LeonI 'Africain.Description de

l 'Afrique .2Bde .Aus dem Italienischen übersetzt vonA .Epaulard.Paris1981 ,

S .273.

8 Nach wievor bezeichnet der Großteil der Rifis ihre Sprache als tamazigt,die Be¬

zeichnung tctrifit hatsich unter ihresgleichen nur wenig durchgesetzt;siedientledig¬

lichgegenüber Nicht-Rifis der Bestimmung der Variante des Berberischen undzur Unterscheidung von den anderen berberischen Dialekten.Die Berberdialekte werden gemeinhin unter dem Oberbegriff tamazigtzusammengefaßt ;man unterscheidet drei größere Dialekte ,zu denen außer dem tarißt dastamazigtder Berber imMittleren Atlas und das taselhit&zrSluhim Hohen Atlasgehört .

Rifis würden die Unterscheidung ihrer Sprache gegenüber anderen Imazighennach regionalen Subdialekten machen . Vgl .fernerCamps ,Gabriel:Des rivesdela

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üblicherweise Gibälls genannt , angelehnt an die westliche Gebirgsregion Gibäla.9Bedingt durch die arabische tribale Migration im 12. Jahrhundert und die Niederlassung von Andalusiern Ende des 15. Jahrhunderts , die vor der spanischen Reconquista geflohen waren , sind diese in einem höheren Maße als ihre östlichen Landsleute arabisiert 10

In dieser Arbeit wird demnach gemäß der geographischen Bedeutung mit Rif das gesamte Gebiet von der Atlantikküste bis zur Mulüya-Ebene bezeich¬

net und entsprechend der sprachlichen und ethnischen Abgrenzung die Be¬

zeichnung Rifis " auf die Bewohner des zentralen und östlichen Rif und

Gibälis " auf die des Westens angewandt .

Das Rifgebirge verläuft mit etwa 300 km Länge von Ost nach West bei einer Breite zwischen 50 und 80 km, im Westen von der Gibäla , im Süden vom Wädi Werga und im Osten vom Wädi Mulüya eingegrenzt .Die unweg¬

samen Gebirgszüge stellten ein Hindernis für Kommunikation und Kontakte zwischen der Bevölkerung des mediterranen Küstenstreifens und dem Rest des Landes dar . Bevor Ibn 'Abd al -Karim und nach dem Rif-Krieg die spa¬

nische Kolonialmacht Straßen errichten ließen,waren weite Teile des Rif un¬

zugänglich , und auch heute noch sind einige in hohen Lagen gelegene Ge¬

biete durch die mangelhafte Infrastruktur isoliert und kaum erschlossen . Im Vordergrund dieser Arbeit steht der östliche und zentrale Rif , da aus diesen Gebieten der von Ibn 'Abd al -Karim angeführte Widerstand gegen die spanische Kolonialmacht ausging.Er setzte sich zur Zeit des Befreiungs¬

krieges aus 18 Stämmen " zusammen , die aus insgesamt etwa 300.000 Be¬

wohnern bestanden . 12Der Rif gehört damit neben den fruchtbaren Atlantik -

Mediteranee aux marges meridionales duSahara :Les Berberes. Aix - en -Provence/

Tunis/Casablanca/Mailand 1996;Schweizer,Gerhard:DieBerber .EinVolkzwi¬

schen Rebellion und Anpassung.Salzburg1984. 9 Vgl .Vignet-Zunz,Rif, a .a .O ., S . 522 .

10 Vgl .Temsamani,Abdelaziz Khalouk:TheJebalaRegion :Makhzan ,bandits and

saints . In :Tribe andState.EssaysinhonourofDavid Montgomery Hart.Wisbech

1991 , S .14

11 Sie setzen sichaus denGomära ,Sanhäga und Zanäta zusammen;die einzelnen Stämme sindKebdana , Qal ' iya, Ait Sa ' id, Ait BüYahyi, Metalsa , Ait Ulisek ,

Tafarsit , AitTuzin, Temsaman, Geznaya, Ait Waryigel , Ait 'Amart, Targist ,

Buqquya , Ait Itteft, Ait BüFrah, Mestasa , Mtiwa .

12 Vgl .Ayache ,Germain:Les origines de laguerreduRif.Rabat/Paris 1981 , S . 95; Artbauer spricht 1911von 1 %Millionen Einwohnern für den gesamten Rif,was sicherlicheine zuhohe Einschätzung darstellt;Artbauer,Rifpiraten, a .a .O . , S . 16; Woolman führtfür dasgesamte spanische Protektorat fürdas Gründungsjahr 1912

(20)

ebenen zu den am dichtesten besiedelten Gebieten Marokkos .13Das Rif - Gebirge ist im allgemeinen nur wenig landwirtschaftlich nutzbar , die land¬

wirtschaftliche Nutzfläche beträgt durchschnittlich nur 10 bis 25% der Gesamtfläche ,in seltenen Fällen,wie etwa in kleineren Gebieten in den raren Ebenen und Tälern , erreicht sie 50%.14Darüber hinaus waren die für die agrarwirtschaftliche Nutzung wertvollen Küstenregionen zu einem großen Teil seit Jahrhunderten von den Spaniern besetzt .

Die Rif-Bewohner reagierten schon lange Zeit vor dem Protektorat auf die ungünstigen natürlichen Voraussetzungen ihrer Heimat mit der Emigration in günstigere Gegenden wie Ceuta , Tanger , Tetouan oder Melilla oder gar mit der saisonalen Migration vorzugsweise nach Algerien ,wo sie bei den franzö¬

sischen Siedlern (colons)ihren Lebensunterhalt bestritten .15

2. Dietribale Organisation

Die Bewohner des Rif gehören zu den durch den Begriff lateinischen bzw . griechischen Ursprungs Berber genannten Ureinwohnern Nordafrikas . Sie fühlen sich zur Ethnie der Imazigen (Sg.: amazig, berb . : Mann,Mensch ) ge¬

hörig .

Durch die natürliche Isolation lebten die Rifis abseits ihrer marokkani¬

schen Landsleute , die ihnen nicht selten ebenso fremd waren wie die unweit lebenden Spanier.Ethnologen und andere Wissenschaftler und Reisende wie¬

sen immer wieder auf die Abneigung der Rif-Bewohner gegenüber allen Fremden hin und erklärten damit deren Widerwillen , den in der Ferne resi¬

dierenden Sultan als politisches Oberhaupt anzuerkennen .Tatsächlich akzep -

eine Gesamtbevölkerung von760 .000 Menschenan ;Woolman,DavidS . :Rebeisin theRif.AbdelKrim andthe RifRebellion.California 1968 , S.19.

13 Artbauer geht von78Einwohnern pro qkmaus ;Artbauer,Rifpiraten, a .a .O . , S . 16; Maurer gibtfür die Siebziger Jahre eine Bevölkerungsdichte von mehr als50 /qkm,

im Osten bis zu 100und mehr pro qkm bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 1Vi Millionen Menschen, an ;Maurer , l'environnement, a .a .O ., S . 20.

14 Vgl.Maurer , l 'environnement, a .a .O ., S . 22.

15 Vgl .Jamous ,Raymond:Honneuretbaraka.Les struetures socialestraditionnelles

dansleRif.Cambridge 1981 , S .20f.;Pennell , C . R . :ACountry withaGovernment andaFlag.TheRif WarinMorocco 1921 - 26 .Cambridgeshire 1986 , S . 24 ;ders.:

TheDiscovery of Moroccan'sNorthern Coast . In :British JournalofMiddleEastem Studies 20( 2) 1993 , S . 227 ; 'Oniyä, Muhammad:al-Mugtamä ar-rifi qabla

1-nwqäwama. In : 'Amal8 ( 1996 ): Qadäyä fi harakat Muhammad Ibn 'Abd

al -Karimal -Hattäbi ( 1 . Teil ) , S . 9 ;Woolman,Rebeis , a .a .O ., S . 24.

(21)

tierten die Rifis keinerlei Autorität , die über ihre Stammesgrenzen oder eine zeitlich begrenzte Stammesallianz hinausging .

Die Rifis waren jedoch keineswegs herrenlose Anarchisten ; sie organi¬

sierten ihre Gesellschaft nach konkreten Strukturen . Dabei war die soziale Ordnung in absteigender Form in Einheiten strukturiert , unter denen die Familie die unterste Gruppe bildete , zu der außer dem männlichen Ober¬

haupt , dessen Ehefrau oder - in manchen Fällen16- Ehefrauen und Kinder auch seine Brüder samt Familien gehörten ;d .h. die Familie war im Grunde eine agnatisch gegliederte Sippe . Einige Sippen bildeten zusammen die nächste Gruppe,den hums (Fünftel)oder rub1(Viertel) ,und theoretisch stell¬

ten fünf bzw. vier solcher Fraktionen einen Clan dar , 17der in erster Linie auf einer regionalen Einheit als auf Familienbindungen basierte .Schließlich faßte ein Stamm einige Clans zusammen , und die Stämme wiederum konnten durch eine Konföderation {liff)w die höchste Ebene innerhalb der tribalen Organisation bilden , sofern sie gemeinsame Interessen und insbesondere gemeinsame Feinde hatten ; auf die genauen Funktionen einer derartigen Allianz wird im folgenden noch eingegangen werden.19

16 Die Polygamie istunter den Berbern desRif keineRegel ; vgl .hierzuDriessen , Frontier, a .a .O ., S . 63 ; vgl .auch Artbauer,Rifpiraten, a .a .O ., S . 104.

17 Montagne erläutert,daßessichinmanchen Fällen sowohl beider Fünftel -alsauch beider Viertel-Unterteilung lediglichum die Bezeichnung einesClan-Segmentes

handelt ,tatsächlich aber mehr oder weniger Segmente einen Clan bildenkönnen ; Montagne,Robert :TheBerbers .Their Social and Political Organisation.Ausdem Französischen übersetzt von DavidSeddon .London 1973 , S . 30 .Hart vertrittgene¬

relldie Ansicht,daß die Einteilung in „Fünftel "lediglich beiden Ait Waryigel in ihrer idealen Form vorzufinden sei ;Hart,David M . :The Aith Waryaghar ofthe Moroccan Rif.An Ethnography andHistory .Arizona 1976, S . 248 - 260 ,passim ;

ders. :DeRipublik"äRepublique" . In :Colloque, a .a .O ., S . 37.

18 Uff,Plural'alfaf/lufüf, sichinirgendeiner Weise versammelnde bzw.zusammen¬

schließende Personen; vgl . al -Mungid , s .v . ; vgl .auchGellner ,Ernest :Leff. In : EI2 ,

S . 715 .

19 Zur Organisation der Stämme und ihrer einzelnen Fraktionenvgl . u .a .Artbauer, Rifpiraten, a .a .O ., S .102f. ;Ayache,Germain:Societe rifaineetpouvoir central marocain. In :Revue Historique 245 .1975, S . 347 - 349 ;ders.,Origines, a .a .O . , S .100 f. ;Driessen ,Frontier , a .a .O ., S . 58 - 61 ;Montagne,Berbers , a .a .O ., S . 29 - 43 ;Wool-

man,Rebeis , a .a .O . , S .21ff.Die Darstellungen der Autoren bezüglich der einzelnen Gruppen einer rifischen Stammesgemeinschaft variieren inunerheblichem Maße,was vermutlich daranliegt ,daß die Strukturen sich von Regionzu Region unterscheiden,

inmanchen Fällen weitere Unterteilungen inabsteigender From existieren unddie berberischen Bezeichnungen nur behelfsmäßig übersetzt werdenkönnen .DieSeg¬

mente werden von den Autoren wie folgt dargestellt:Artbauer:Stamm-Dschara -

(22)

Die Stämme wurden von einem Ältestenrat , der gamäa (berberisch : agraw, auch ait arba'in,die Vierzig" ) ,20angeführt , dessen einzelne Mitglie¬

der ihre Fraktion oder ihr Dorfrepräsentierten . DerRat ernannte einen sayh

( PI. suyülj) bzw . amgar( PI. imgaren), einen angesehenen älteren Mann ,21 zum Oberhaupt auf bestimmte Zeit .22 Die Entscheidungen wurden aus¬

schließlichvon den imgarenbxw.den 'a 'yän, den Notabein ,getroffen .Inder Ratsversammlung , die üblicherweise öffentlichanMarkttagen zusammentraf, wurden sämtliche Themendiskutiert ,die das gemeinschaftliche und oftmals auch das private Leben betrafen. Die Mitglieder beschäftigten sich mit jeglichen Verbrechenwie Mord ,Diebstahlund Ehebruch ;sieverwalteten den

Ahruba - Tschur/Duar (duwwär,Alg.,Mar.Beduinensiedlung; vgl .Dozy, s .v .)- Familie;Artbauer scheint bei der Unterteilung indschara und tschur einem Mißver¬

ständnis zu unterliegen,siebezeichnen sprachlich dasselbe,nämlich das Dorf(dasra,

PI. dusür) .Driessen(nach LoberaGirela ,Candido:Notas sobre etproblema de Melilla .ElTelegrama del Rif.Melilla 1912) :tribelqabila (arab.Stamm ) -fraction / farka (vonarab.firqa -Gruppe ,Teil) -community/dchur ; Montagne:confederationl

leff-tribe /taqbilt (berberisierte Form von qablld) -fraction/'canton/khums/ rba' -

sub -fraction / village/duar-hamlet ;Woolman:tribe-clan-subclan-lineage-family . 20 Tatsächlich variierte die Zahl der dem Ältestenrat angehörenden Männer; vgl.

Montagne,Berbers , a .a .O . , S . 86 .Der Rat der Vierzig findet sich bereits bei den Almohaden unter Ibn Tumart,istaber vermutlich noch vielälter.Außerdem findet sich die gamä 'a oft auch auf derClan-Ebene .Hartistder Überzeugung,daß der Begriff ait arba'mkeinesfalls arabischer,sondern berberischer Herkunftseiund zwar utharbi'in( Sg .)bzw.aitharbi'in( PI .)lautete undmanofthepeople " bzw.

representatives"bedeutete;es seijedoch daraufhingewiesen ,daß diese Bezeich¬

nung im Berberischen nicht gesichert istund daß unter den Almohaden ein Rat der Vierzigimwörtlichen Sinne,also aus vierzig Repräsentanten der Stämme bestehend , existierte; vgl .hierzuAbun -Nasr,Jamil:AIlistory ofthe Maghrib.Cambridge 21975,

S.106 ; vgl .fernerHart,Aith Waryaghar, a .a .O . , S .284.Zu der berberischen Institu¬

tion der Ratsversammlung Abrous , D . :Djemäa-Tajmaet,Ameney . In :Encyclopedie BerbereXVI. Aix - en -Provence 1995. S .2434-2438;Chaker, S . :Agraw . In :Encyclo¬

pedie BerbereII . a .a .O ., S .262 f.

21 Von derberb. .Wurzel mgr - altbzw.großsein.

22 Die Ansichten,ob ein Oberhaupt eines Stammes füreinen begrenzten Zeitraum oder auf Lebenszeit ernanntwurde ,gehen auseinander;Driessen nennt eine Amtszeit von einemJahr; vgl .Driessen,Frontier , a .a .O ., S . 59 ;nach Artbauer regiert das Ober¬

haupt eines Dorfesbzw.eines Clans auf Lebenszeit,während inZeiten der Fehden ein Stammesoberhaupt gewähltwird,das nach Beendigung des Konfliktes sein Amt niederlegt; vgl .Artbauer,Rifpiraten, a .a .O ., S.103 ;Furneaux gibt eine lebenslange Amtszeit an ,die häufig gewaltsam beendetwurde ; vgl .Furneaux,Abdelkrim, a .a .O .,

S . 23 ;nach Ayacheist das Amt des sayh zeitlich begrenzt und nichterblich ; vgl. Ayache,Societerifaine , a .a .O . , S .348.

(23)

kommunalen Landbesitz unddie Zuteilungvon Land , setzten Steuernfest, behandelten Konfliktemit Nachbarstämmenoder einzelner Fraktionen unter¬

einander und waren darüber hinaus für den reibungslosen Ablauf der wö¬

chentlich stattfindenden regionalen Märkteverantwortlich .24

Eine weitere zentrale Person in der Gemeinschaft der Rifis ist der zu jedem Stamm gehörige Richter(qädi/ Pl. qudäi), der für die Rechtsprechung nach den koranischen Gesetzen(sarfä) zuständigist .Im Rif wie auch in Ge¬

samtmarokko existierten sarfa und Gewohnheitsrecht - 'urf bzw . qSida - nebeneinander . Währenddas koranische Gesetzalle Angelegenheiten bezüg¬

lich Eigentum , Ehe und Scheidungregelte, umfaßte das Gewohnheitsrecht nahezu das gesamteStrafrecht , wiez .B .bei Mord , Unzucht undDiebstahl . Der qädi wurde üblicherweise vom Sultan ernannt, vorausgesetzt , dieser konntesich der Anerkennungseiner Autoritätdurch den betreffenden Stamm sicher sein.

Der mahzan (die Sultansregierung ) konnte den Rif jedoch nie lange unterwerfen und wenn überhaupt , dann konnte er sich nur in begrenzten Gebieten behaupten , nie aber den ganzen Rif erfassen. Wurde aber eine Region durch Militärgewalt der Regierung unterstellt , dann ernannte der Sultan in den jeweiligen Stämmen einen 'id ( PI. quwwäd), einen Gou¬

verneur, der die Funktion eines Verwaltungsbeamten einnahm und insbe¬

sondere die Steuern für den mahzanerhob ,wodurchdie politische Autorität des Sultans anerkanntwurde. Der 'idwurde aus den Reihen der einflu߬

reichen und respektierten Männer seines Stammesernannt, bildete aber als ein von einer unwillkommenen Macht eingesetzter Anführer den Gegenpart zum Stammesoberhaupt , welches in der Regel durch den Konsens aller stimmberechtigten Männer gewähltwurde.25 Die Ernennung eines 'id war in den meisten Fällen mit gewaltsamen Konflikten verbunden , da er vor allem den Steuereintreibersymbolisierte ;konnte er hingegen auf die Unter¬

stützung mancher Stammesanführerzählen , dann mußte sich der oppositio¬

nelle Teil des Stammesseiner Führungwohl oder übel beugen. Er hattealler-

23 Vgl .Ayache ,Societerifaine , a .a .O ., S . 350 ;der Umfang des individuellen Land¬

eigentums hielt sich durchdie ungünstigen natürlichen Bedingungen in Grenzen .

Landlose Bauern warenbei den Landbesitzern angestellt .

24 Zum gesamten Einflußbereich des Rates sieheDriessen ,Frontier , a .a .O ., S . 59;

Furneaux,Abdelkrim, a .a .O ., S . 26 ; Hart ,Aith Waryaghar, a .a .O . , S . 283 - 288 ;

Penneil ,Country , a .a .O . , S . 27.

25 Vgl .Ayache ,Societerifaine , a .a .O ., S .349 und auchJamous ,Honneur , a .a .O .,

S .225 f.

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