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II . DAS PROTEKTORAT

Im Dokument Der Rif-Krieg 1921 - 1926 (Seite 34-47)

1. Ursprünge und Hintergründe

Der Etablierung des Protektorats in Marokko gingen jahrzehntelange Bezie¬

hungen wirtschaftlicher und politischer sowie kriegerischer Art zwischen Marokko und den europäischen Mächten , allen voran England , Frankreich und Spanien , voraus.65Diese Beziehungen trugen dazu bei , daß die Präsenz und die zunehmende Einflußnahme der Europäer auf die wirtschaftliche und politische Situation Marokkos das weitere Schicksal des Landes nachhaltig bestimmten . Der drastisch anwachsende Einfluß der europäischen Konsuln und Händler sowie ihrer marokkanischen Partner und Angestellten (proteges ) trug seinen Teil zur wirtschaftlichen Misere des Landes bei, zumal diese Personenkreise in den Genuß von Handelsprivilegien , Steuerfreiheit und Be¬

freiung vom Militärdienst kamen . Die Konferenzen von Madrid (1860) und Tanger (1867) sollten dieser zügellosen Freiheit der Europäer und ihrer ma¬

rokkanischen Schützlinge ein Ende setzen,doch betonten diese Konferenzen mit internationaler Beteiligung vielmehr die schwindende Unabhängigkeit Marokkos und die Internationalisierung des marokkanischen Problems .

Mawläy Hasan (1873- 94 )versuchte während seiner Herrschaft vergeblich , durch längst überfällige Reformen im Steuer - und Militärwesen der verhäng¬

nisvollen Entwicklung zu begegnen . Allerdings blieben diese Maßnahmen

65 Nach der französischen Besetzung Algeriens 1830 begannen dieAuseinandersetzun¬

gen zwischen Frankreich und Marokko,diesichu .a .ineinigenGrenzkonflikten äußerten,nachdem der Sultan auf Druck der'Ulamä ' der algerischen Bevölkerung -auch unter'Abdal -Qädir-gegen die Franzosen Beistand leistensollte.Die Konflikte gipfelten schließlich 1844 in derSchlacht vonIsli .Diese Niederlage wie auchdie nachder Auseinandersetzung mit Spanien nach deren Besetzung Tetouans 1860 brachte die marokkanische Bevölkerung gegen den Sultanauf,demesalsBeschützer der Religion undder Gläubigen nicht gelungen war ,das Land gegendie Christenzu verteidigen.Tatsächlich erwachte Marokko nach diesen Ausschreitungen aus der Isolation und öffnete sich den Mittelmeerregionen,mußte aber gleichzeitig einen wachsenden Einflußder Europäer,derv .a .imEinsatz von französischen undeng¬

lischen Geschäftsträgern,der Gründung von Handelsagenturen und der Zusagevon Minenkonzessionen vonstatten ging,zulassen.

ohne spürbarenErfolg; im Gegenteil, sie stellten fürdas ohnehin angeschla¬

gene Finanzwesenein sehr kostspieliges Unternehmendar .

Der Sohn und NachfolgerHasans, Mawläy'Abd al - 'Aziz ,war beim Tod seines Vaters noch nichtalt genug,um die Herrschaftauszuüben . Er wurde vondem Oberwesir'AhmadIbn Müsä bis zu seiner Volljährigkeitvertreten.

Erst 1900 trat'Abdal - 'Aziz sein Amt als Sultanan ,das er mehr schlecht als

rechtausübte ;seine extravaganteund verschwenderische Lebensart machten ihn bald bei der Bevölkerungund vor allem bei denGelehrtenunbeliebt .Ihm ist weder eine nennenswerte Reformpolitik noch eine Eindämmung des europäischen Einflussesgelungen .

Nachdem die Franzosen entlang der marokkanisch -algerischen Grenze 1890 und1899 einige marokkanische Oasen besetzthatten,machte sich so¬

wohlunter der Bevölkerungals auch in den anderen europäischenLändern66, die ebenfalls koloniale Ambitionenhegten, Unmut bemerkbar . Letztere wur¬

den mit Verständigungsabkommen stillgehalten : Den Anfang machte die Entente Cordiale zwischen den alten Rivalen Frankreich und England .Für die Anerkennung der französischen Interessen in Marokko erhielt England, das bisher die Souveränität des Sultanats gegenüber den anderen Mächten unterstützte , freie Hand in Ägypten . Italien konnte für sein Stillschweigen Libyen anvisieren , und nach langen Verhandlungen mit Spanien, das nach wie vor seine Ansprüche auf den nördlichen Küstenstreifen geltendmachte, konnte 1904 ein Konsensüber die Interessensphären gefundenwerden. Spa¬

niens Absichten gegenüberder nördlichen Zone wurdenanerkannt ,während Frankreichim ungleich größerenTeil des Landes nichts mehr im Wege stand . Schließlich wurdeDeutschland ,das sich von den Europäern - insbesondere von den Franzosen - hintergangen fühlte , in der Konferenz von Algeciras

(1906) zur Internationalisierungdermarokkanischen Frage endgültigvon der Verteilung Nordafrikasunter den Kolonialmächtenausgeschlossen .67

66 Spanien ,England ,Italien und Deutschland.

67 Der Konferenz war der Besuch Wilhelms II . inTanger vorangegangen,der die

Unabhängigkeit des Sultanats hervorheben und die wirtschaftlichen Beziehungen

zwischen Marokkound dem Deutschen Kaiserreich diskutierenwollte .Die Konfe¬

renz von Algeciras imJuni 1906 war wie zuvor diejenige von Madrid 1880 ein

weiterer Versuch der Europäer ,insbesondere der Franzosen,Marokkos Schicksal

selbstzu bestimmen.Unter demVorwand ,dasLand wirtschaftlich zureformieren,

wurdees weiter indie Abhängigkeit -vor allem durch horrende Kreditvergaben

-geführt . Vgl .hierzuBurke,Edmund :PreludetoProtectorate in Morocco .Precolonial

Protestand Resistance 1860 - 1912 .Chicago 1976 , S . 85 - 88 ;Halstead ,JohnP .:

Die marokkanischen Versuche , den französischen Absichten Einhalt zu gebieten, führten zur Präsentation eines Reformprogramms seitens der Franzosen ,das mehr oder wenigerin Kooperationmit derRegierungauf eine Reformierung des mahzansabzielte; das Land sollte quasi mit Hilfe Frank¬

reichs modernisiertwerden . Diese Hilfe sollte vor allem in Finanzanleihen bestehen , die weit über die Zahlungsfähigkeit Marokkos hinausgingenund es allmählichin die totale Abhängigkeitvon Frankreichführten.Durchdie hohe Verschuldung infolge europäischer Kredite zu erschwerten Bedingungen 68 war die finanzielleund somit auchdie politische Situationdes Landes derart geschwächt , daß eine Verhinderung der europäischen bzw . französischen Einflußnahmeauf sein weiteres Schicksalvon marokkanischer Seite unmög¬

lich war.

Den Höhepunktder vorangeschrittenen indirekten Fremdherrschaft bildete der Einmarsch französischer Truppenin Fes und Meknes zwischenApril und Juni 1911 unter demVorwand , den mahzan und die Ausländer gegen Über¬

griffe deraufrührerischen Berberbevölkerungzuschützensowie die Autorität des Sultansauf das gesamteLand auszuweiten .Das deutsche Kaiserreich sah nunmehr die Gelegenheit , seine Interessen inAfrika gegenüber den anderen europäischenMächten , aber insbesondere gegenüber Frankreichzu betonen : Mit einer überraschenden militärischen Aktion ,die als Panthersprung von Agadir " in die Geschichte eingegangenist ,wolltedas Deutsche Reich seinen wirtschaftlichen Einfluss im Land (kolonial- )politisch untermauern .So ließ der Kaiser am 1. Juli 1911 das Kanonenboot Panther " in den Hafen vor Agadir einlaufen . Dort lag es für knapp drei Wochen, ohne allerdings irgendwelche militärischen Aktionen zu ergreifen. Aber allein diese Aktion genügte,um den internationalen Konflikt um Marokko erneut zu entfachen ; auch diesmal wurde er geopolitisch geregelt. Im November fanden Frankreich und Deutschland nach zähen Verhandlungen eine Einigung dahingehend , dass Deutschland das Vorrecht Frankreichs in Marokko anerkannte und dafür freien Zugriff auf den Kongo erhielt; das von Deut

-RebirthofaNation .The Origins and RiseofMoroccan Nationalism, 1912 - 1944 .

Cambridge 1967 , S .20 ff.

68 Die wichtigsten Kredite erhielt Marokko 1902 , 1903 ,1904 und 1910 . Vgl .zuden

Anleihen die Studievon Guillen ,Pierre:Les emprunts marocains 1902 - 1904 .Paris

o .J . ; vgl .ferner BurkeIII ,Prelude , a .a .O ., S . 71 - 75 ;Pennell ,Country , a .a .O . , S . 11;

Laroui ,Abdallah: L 'histoiredu Maghreb .Unessaide Synthese . 2 Bde .Paris1976 ,

Bd . II , S . 106.

sehen besetzte Kamerun dehnte sich dadurch auf Kosten des französischen Kongoaus .69

Am 30 . März 1912 unterzeichnete der Sultan in Fes das Protektorats¬

abkommen , das die wirtschaftliche , politische und militärische Kontrolle durchdie Franzosenvorsah;der nördlicheTeil entlangdes Mittelmeeres und die EnklaveIfni im Süden wurdenzum spanischenProtektorat . Spanien hatte es den Rivalitäten zwischen Frankreich und England zu verdanken , daß es überhaupt berücksichtigt wurde, denn die Engländer setzten alles daran zu verhindern , daß eine bedeutende Macht wie Frankreich sichinunmittelbarer Nähezu Gibraltaransiedelte .Die nominelle Unabhängigkeit Marokkos wur¬

de durch dieProtektoratsgründungvorerst besiegelt .

2. Das spanische Protektorat

Die AmbitionenSpaniens,die es seit dem Niedergangdes letzten islamischen Fürstentums in Andalusien gegenüber Marokkohegte , waren im Zuge des zunehmenden Einflussesder europäischen Mächteindem Sultanat verschie¬

denartig motiviert . Vordergründig scheinen strategische Gründe für eine Kontrolle des Nordens ausschlaggebend gewesen zu sein ; Spanien wollte verhindern , von dem imperialistischen Frankreichvon zweiSeiten - ausdem Norden und dem Süden - eingegrenzt zuwerden.Es wollte einer etwaigen Bedrohung vom afrikanischenKontinent , sei es von Seiten der dortan Ein¬

fluß gewinnenden Franzosen oder derEngländer , die Spanien bereits durch den Besitz Gibraltars im Nacken hatte , oder gar seitens der Moros, aus sicherer Distanz begegnenkönnen . Nicht zu unterschätzen ist die imperia¬

listische Sicht , in dem Konzert der europäischen Kolonialmächte " einen Platz einzunehmen , zumal die koloniale und die diplomatische Rolle Spa¬

niensinEuropaund in der Welt- besondersseit der eingebüßten Vormacht¬

stellung in Lateinamerika - verschwindendgering war.Es wollte den anderen Mächten auch aus Prestigegründen in nichts nachstehen . Außerdem unter¬

lagen die Spanier wie viele andere Europäerder ungerechtfertigtenAnnahme ,

69 Vgl . u .a .Abun -Nasr,History , a .a .O . , S . 302 ;Doise , Jean /Vaisse,Maurice :Diplo¬

matieet Outil Militaire (Politique Etrangerede la France) .Paris 1987 , S . 163 - 165.

daß im Rif bedeutende mineralische Ressourcen lagerten, die eine wirt¬

schaftliche Ausbeutegarantierten .71

Durch die Unkenntnis der Spanier über die Umständeim Rif sollte ihnen bis zum Endedes Krieges unter Ibn 'Abd al -Karim der Erfolg,das Protek¬

torat durchgehendzu etablieren , versagt bleiben.

Im November 1912 unterzeichneten Frankreich und Spanien den Vertrag über die nördlicheZone Marokkos ,der Spanien berechtigte ,in Nordmarokko ein Protektoratzu gründen.Protektorat bedeutete nach Auffassung insbeson¬

dere der Franzosen ,die traditionellen Institutionendes Landes beizubehalten und es gleichzeitig zumodernisieren ; dieswar jedoch nur der Vorwand der sogenannten Indirect /? « fe -Politik.

Spanisch-Marokko machte etwa ein Zwanzigstel des französischen Teils aus und erstreckte sich vonder Atlantikküste im Westen bis zur Mulüya im Osten nahe der algerischenGrenze, vonder Mittelmeerküsteim Norden bis zur Werga imSüden .

Das Protektorat , welches zur Zeit seiner Gründung eine Gesamtbevölke¬

rungszahl von etwa 760.000 Menschenumfaßte, 72 wurde erst nach der Be¬

friedungder aufständischen Bevölkerung 1926 /27 für administrative Zwecke infünf territorios eingeteilt :Die Gibäla mit Tetouan als Hauptstadt der ge¬

samten Zone , derLukusmit Larache,die Gumära mit Chaouen, der Zentral -rif mit al -Husayma und der Kert mitNadoralsProvinzhauptstadt.

Wie in der französischenZone bliebauch imspanischenTeil die Autorität des Sultans - zumindestformell - bestehen . Er solltevon eineminTetouan residierenden marokkanischen Kalifen repräsentiertwerden,der aus zwei von den Spaniern zur Auswahl gestellten Kandidaten von dem Sultan ernannt wurde. 73Diese begrenzte Auswahl deutet bereitsauf die degradierte Stellung des Sultans hin .

Die Verantwortung fürdas Protektorat wurde einem Oberkommandieren¬

denübertragen ;als erster übernahm diesesAmt der ehemalige Kommandant von Ceuta.Dieses Vorgehen hattezur Folge ,daß das ursprünglichfür admi¬

nistrative Zwecke konzipierte Amt von Anfang an einen militärischen 70 Diese Annahme rührteaus Funden von Eisenerz in der Gegend um Melilla her und

die Vergabevon Minenkonzessionen durch lokale Autoritäten.

71 Vgl .Chandler ,James A . :Spam and Her Moroccan Protectorate . In :Journal of Con

-temporary History 10 / 2 ( 1975 ) S . 302 ;siehe auch Woolman,Rebeis , a .a .O . , S .35f.

72 Vgl .Woolman ,Rebeis , a .a .O ., S . 19.

73 Vgl .Abun-Nasr,History , a .a .O . , S . 363 ;Stewart,Charles F . :The Economy of

Morocco 1912 - 1962 .Cambridge 1964 , S . 53.

Abb.:Die Stämme des Rif,aus:David S. Woolman:Rebeis in the Rif.Abd el Krim and the RifRebellion.California 1968.

Charaktererhielt. Auf Ministerialebenelag die Zuständigkeitfür das Protek¬

torat beim Außenministerium , das seine Konsuln in die Städte des Rif ent¬

sandteund theoretischdem Oberkommandierendenvorstand. Durchdie mili¬

tärische Bedeutung , die die alten presidios hatten, war auch das Kriegs— ministerium maßgeblich an der künftigen Politik in Spanisch-Marokko be¬

teiligt.74

Die lokale Verwaltung übernahmen die Gouverneure , die die mehr als sechzig Stämme75verwalteten ; tatsächlich unterstanden diese quwwäd den spanischen Offizieren(interventores )und hatten selbst keinerleiBefugnisse .

Eine Fehleinschätzung des Kolonialunternehmens bestanddarin , daß das Protektoratohne bedeutenden finanziellenund militärischen Aufwand errich¬

tet werdenkönnte, eine militärische Präsenz Vorrangvor der administrativen Organisation habeund eine Unterwerfungder Bevölkerung durch einepas¬

sive Penetration ", wie sie vor allem von den spanischen Parlamentariern propagiertwurde, gelingenwürde.76

Daß eine spanische Expansionin Nordmarokko unter einem großen Teil der spanischen Bevölkerung sowieder Politikervor allem des linken Lagers unpopulärwar, bewiesen nicht zuletztdie Aufständeim Juli 1909, die in der

Semana Tragica "gipfelten ,sondernauch die laut gewordene Kritik derjeni¬

genPolitiker ,die das marokkanische Abenteuer für sehr kostspielig hielten und auf das Ungleichgewicht von Investitionen und Gewinnen hinwiesen . Der wichtigste Vertreterdieser Kritikerwar der GeneralPrimo de Rivera,der angesichts der enormen Gelder, die das Unternehmen erforderte und die Spanien nahezuin eine Finanzkrisestürzten,im März1917in Cadiz sagte :

Wenn es inSpanien eine ruhmreiche Afrikapolitikgibt , so gibt es eine nicht weniger ruhmreiche Politik , auf Afrika zu verzichten ( . . .) Ist es klug,

in Afrika Schulenzu schaffen ,die wir inSpanien so nötighaben ,oderStra¬

ßenzu bauen oder entartete Hirtenvölker zu erziehen ( sie ) . . .Ceuta bietet . .. das einzige Mittel zur Herbeiführungeines Tauschs, bei dem beide Teile gewinnen würden. . . Wir würdenuns so - obwohl ich mich der Wut der

74 Vgl .Chandler ,Spain, a .a .O . , S . 307 .

75 Über die Zahlder Stämme zur Protektoratsgründung herrscht Uneinigkeit;Abun

-Nasr nennt 69Stammesregionen;Abun-Nasr,History , a .a .O ., S . 363 .Ayachegeht

von66aus ;Ayache ,Origines , a .a .O ., S . 95.

76 Vgl .Chandler ,Spain, a .a .O . , S .307 f. ;Pennell ,Country , a .a .O . , S . 22.

glücklicherweise nicht sehr zahlreichen africanistas aussetze - in würdiger Weise des afrikanischen Problems entledigen,das uns ruiniert" .77

Die Gründe , welche Primo de Rivera dazu bewegten , eine Politik des soge¬

nannten halben Verzichts " zu vertreten ,nach der sich Spanien lediglich auf die alten presidios konzentrieren sollte, 78sind in den heftigen Aufständen der Rifis gegen die Spanier in den ersten Jahren des Protektorats zu finden.Dabei erschwerte ihnen die Uneinigkeit der Stämme , die sie eigentlich zu ihren Gunsten auszunutzen versuchten ,in ihrer Zone Fuß zu fassen.Sie mußten an mehreren Fronten des Ost-Rif und der Gibäla gegen die lokalen Widerstände kämpfen .

Anfänglich erschien lediglich 'Ahmad Raysüni,eine bedeutende Figur der Gibäla , ein ernst zu nehmender Gegner zu sein .79Er lieferte sich zahlreiche Kämpfe mit den Spaniern , bis er dann 1915 zum Gouverneur der Gibäla -Region ernannt wurde . 1919 begannen die Spanier wieder , ihn in seiner zu¬

nehmenden Macht zu bremsen und verdrängten ihn nach Tazrut. 80 Doch die Spanier waren sich ebenfalls der besonderen Bedeutung des Stammes der

77 Zitiert beiPröbster ,Constantin:Die heutige Marokkofrage (das Rifproblem) . In: Zeitschrift für Politik 15 . 1925 , S .48f.; vgl .auch Chandler,Spain, a .a .O . , S .312f.

Insbesondere unter dem Volk und der Armee war der KrieginMarokko unpopulär; Soldaten beklagten sich: „Why havewe to fightthe Moors? ( . . .)Why mustwe civilize themif theydon' twantto becivilized ? ( . ..)Whois goingtocivilize us ? ( . ..)

[ W ] efromCastile ,from Andalusia,fromthe mountains of Gerona ?Our villagehas noschool ,its houses areofclay ,we sleepin our clothesonatruckle bed besidethe

mules ,tokeepwarm.We eatanonion and achunkofbreadinthe morningand we

go toworkin the fields from sunriseto sunset" ;zitiert beiFurneaux ,Abdel Krim,

a .a .O ., S . 77.

78 Vgl.Pröbster ,Marokkofrage, a .a .O ., S . 49.

79 Raysüni beanspruchte scherifische Herkunft und genoß großesAnsehen .Erbereitete durch seinen Einfluß dem Sultan oft Unannehmlichkeiten und warflirseineStrenge und Gewaltsamkeit berühmt und berüchtigt.Um seinen politischen undfinanziellen Forderungen anden mahzan Nachdruck zuverleihen,führteermehrere Raubzügeim Norden durch und nahm oft Ausländer inGeiselhaft.Zu seiner Personvgl .Forbes,

Rosita:El Raisuni .Sultanofthe Mountains.London 1924;Furneaux ,Abdel Krim,

a .a .O ., S .35 f. ; at -Temsamäni, 'Abdal - 'AzizHalüq :Gawänib min tärih Gibäla

al - mu ' äsir : al - qä 'id 'Ahmadar-Raysüniwa - 'Isbäniyä .Casablanca 1996 ;Wool

-man,Rebeis , a .a .O ., S . 45 - 50.

80 Vgl .Abun -Nasr,History , a .a .O . , S . 364 ;Ayache,Germain:LaGuerre duRif.Paris

1996 (posthum von seiner Tochter E .- M .Ayache veröffentlicht) , S . 50 ;Penneil , C.

R . :TheResponsibilityforAnuctl:TheFailureof 'Spanish Policyin the Moroccan Protectorate,1912- 21 . In :European Studies Review 12 / 1 ( 1982 ) , S . 73.

Ait Waryigel , des größten Stammesim Rif bewußt, dessen Territorium die strategisch wichtige Bucht von al -Husayma umfaßt. Ihre Politik gegenüber den Ait Waryigelwar, sie zu isolieren , indem einerseits die umliegenden Stämme - Temsaman , Ait Ulisek , Ait Tuzin , Geznaya und Ait Sa 'id- zu einer großen östlichen Konföderation (Gran Lef Oriental) bewegt werden sollten . Andererseits bemühten siesich , unter den Clans der Ait Waryigel

pro -spanische Allianzenzu bilden, um Konfliktezu begünstigen . 81Die tradi¬

tionellen Gesetzeder Blutfehden kamenden Spanierngerade recht .

Um die Rifisfür ihre Sache zu gewinnen ,zahltendie Spanier hohe Beste¬

chungsgelder bzw . reguläre Pensionen an einflußreiche Männer. Das Ziel

war ,als Hauptquelle der Einkommen zu fungieren und die für die imgaren wichtigenAag^-Einnahmenzu verdrängen .Unter den besonders bedeutenden Persönlichkeiten der Ait Waryigel war der qädi 'Abd al -Karim al -Hattäbi, der Vaterdes künftigen Anführersdes Rif-Krieges, schon vor Gründung des Protektoratsdie Zielfigur derSpanier. Alssie ihn endlich für sich gewinnen konnten , bestandseine Aufgabe , wie auchdie andererKollaborateure , darin , zu verhindern , daß nach gewaltsamen Konflikten die Bußgelder an die imgaren entrichtet wurden ; damit weiteten sich die Blutfehden unter den Parteien aus und lenkten die Ait Waryigel von gemeinsamen Aktionen gegen die Spanierab . Diese Taktik wirkte sich eine Zeitlang zugunsten der fremden Herrenaus : „ ( . . .)in 1917 the Spanish were abletoreportthat there was a 'savage bloodbath ' inprogress amongstthe BanuWaryaghal , doubt -less organised by the 'criminalelemenls ' which the Spanish had recruited amongst their ordinarypensioners " .82Die Hoffnung , daß die Rifis irgend¬

wann , geschwächt durch ihre dauernden Kämpfeuntereinander , den Schutz der Spanier suchen und deren Autorität anerkennen würden, erfüllte sich jedoch nicht .Im Gegenteil ,die Rifis versuchten schließlichaus eigener Kraft , ihre Feindseligkeilenzubeenden und opponierten gegendie Spanier;die im höchsten Maß organisierte Form der Opposition fand schließlich unter Mu¬

hammadIbn 'Abd al -Karim al -Hattäbi statt.

Ein weiteres Bestechungsmittel war die Bereitstellung von Bildungsein¬

richtungen für die Söhne kooperationsbereiter Männer . So profitierten die Spanierin zweifacherHinsicht, denn die Söhne wurden zudemausgebildet , um nach Möglichkeit anschließendin spanische Dienstezutreten .83

81 Vgl .Penneil ,Country , a .a .O ., S . 48. 82 Vgl . ders . ,Country , a .a .O ., S .48ff. 83 Ders.,Country a .a .O ., S . 52.

Bis Ende des Ersten Weltkrieges 1918 führten die Spanier keine großen militärischen Offensiven durchund eroberten keine umfangreichenGebiete; sie wollten angesichts der Aufstände in der Gibäla zunächst die besetzten Territorien halten. So war die Phase des Ersten Weltkrieges bis 1927 die ruhigsteim Rif.Bei der Ablenkungderrifischen Offensivegegen die Spanier spielten deutsche Agenteneine nicht ganz unbedeutendeRolle .Sie kamen in den Rif und stifteten Einheimische an , die französischen Stellungen im Grenzgebietder beiden Protektorateanzugreifen . DenSpaniern, die sich mit den Deutschen bestens verstandenhaben,kam diese Situation geraderecht , sie ignorierten geradezudie Aktionen der Deutschenund dementierten auch nach entsprechenden Vorwürfen seitensder Franzosen , über diese Aktionen informiertzusein.84

Nach Ende des Ersten Weltkrieges änderten die Spanier ihre Politik in Marokko ;sie setzten nunmehrauf eine militärische Okkupationder gesamten Protektoratszone.85 Eine zivile Politik blieb weiterhin sekundär. Spanien

Nach Ende des Ersten Weltkrieges änderten die Spanier ihre Politik in Marokko ;sie setzten nunmehrauf eine militärische Okkupationder gesamten Protektoratszone.85 Eine zivile Politik blieb weiterhin sekundär. Spanien

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