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III . DIE HATTABIS

Im Dokument Der Rif-Krieg 1921 - 1926 (Seite 47-59)

1. Herkunft der Familie

Wenn hier von den Hattäbis die Rede ist ,dann sind diese nicht zu verwech¬

seln mit den Ait Hattäb . Bei den einen handelt es sich um die Familie Mu¬

hammad Ibn 'Abd al -Karims,des Anführers des Rif-Krieges und Gründers der Rif-Republik ,bei den anderen um ein Stammessegment der Ait Waryigel .

Die Ait Hattäb bilden einen Ober -Clan der Ait Waryigel , der sich aus den drei Clans Ait Yüsuf A 'ri (eigtl . 'Ali ), die Ait A 'ri sowie die Ait

'Abdullah zusammensetzt und zwei der Aums-Segmente bildet.93

Muhammad Ibn 'Abd al -Karims Familie gehört zu den Ait Hattäb , die ursprüngliche Herkunft ist jedoch nicht gesichert,da verschiedene Ansichten hierzu existieren . Es besteht einzig darüber Einigkeit , daß die Familie nicht von den Ait Waryigel abstammt , sondern sich dort irgendwann niederge¬

lassen hat.94 Die von Ibn 'Abd al -Karim gegenüber dem französischen Journalisten Roger-Mathieu gemachte Äußerung , die Familie habe ihren Ursprung auf der arabischen Halbinsel 95sowie die unter einigen marokka¬

nischen Autoren verbreitete Ansicht , die Familie sei gar von dem Kalifen

93 Zuden einzelnen Segmenten derAit Waryigel.und derAit Hattäb . vgl .HartAith Waryaghar, a .a .O . , S . 245 ; 'Üniyä, Muhammad:at-Tasawwur al-'inqisämi li-l-mugtamä' al-qarawi bi-simäl al-Magrib\ in: 'Amal12 ( 1997 ): Qadäyä fl harakat Muhammad Ibn'Abdal -Karimal -Hattäbi(Teil2 ) .Casablanca 1997 ,

S . 57 - 75.

94 Hart,der sich von einigen Informanten im Rif versichern ließ ,daß die Familie ihren Ursprung inder Geznaya hat ,geht von einer Ansiedlung unter denAit Waryigel gegen Ende des18 .Jahrhunderts aus ; Hart ,Aith Waryaghar, a .a .O . , S . 371 ; 95 Nous sommes lesdescendants directs des Oulad SiMohammed benAbd- el -Krim,

originaires du Hedjaz ,precisement de Yambo ,surlesbordsdela merRouge .Notre

ai'eul s 'appelait Zarrade Yambo .Ma famille vints 'etablirau Maroc ,versleIlle sieclede1'hcgire( . . .) ,ets 'installa chezlesBeni Ouriaghel" ,Roger-Mathieu , J .: Memoires d 'Abd- el -Krim.Paris 1927 , S . 55 ; vgl . at -Temsamäni, 'Abd al - 'Aziz

Halüq:Mudakkirät Muhammad Azerqän'an harb ar-Rif: az-zillal- wartf 'ß muhärabat ar-Rif. In :Magallat Daran -Niyäba9 ( 1986 ) , S . 62.

'Umar Ibn al -Hattäb abstammend , steht in der unter nichtarabischen Mus¬

limen weitverbreiteten Tradition ,sich eine arabische Genealogie zuzulegen .97 Tahtah gibt zwei weitere marokkanische Varianten des arabischen Ursprungs der Hattäbis an;danach gehörte die Familie zu einer angesehenen Familie aus Tilimsän bzw .aus dem Süs.98

Die Diskussion um die eigentliche Herkunft der Familie Ibn 'Abd al -Karims ist fast ausschließlich polemisch geführt worden , da sie sich im all¬

gemeinen in zwei kontroverse Positionen aufspaltet , nämlich in diejenige , welche aufgrund Ibn 'Abd al -Karims Äußerung über die arabische Herkunft die Familie für arabischen Ursprungs hält , und diejenige , daß die Familie berberischer Abstammung sei. Keine der vertretenen Positionen kann in irgendeiner Weise wissenschaftlich belegt werden ; auch wird nirgendwo er¬

wähnt , ob die Hattäbis vor der Kapitulation 1926 überhaupt jemals einen arabischen Stammbaum beanspruchten . 99 Sicherlich spricht vieles dafür , daß Ibn 'Abd al -Karim aus politischem Kalkül auf eine arabische Genealogie zurückgreift , einerseits um gegenüber dem (arabischen ) mahzan eine Legi¬

timation als Anführer des Befreiungskrieges zu haben , andererseits um von seinen rifischen Landsleuten als Autorität anerkannt zu werden.Allerdings ist es interessant ,daß er sich auf keine Seite festlegen läßt ;sein Opportunismus gibt sich nicht nur in dieser Frage zu erkennen . Die Familie trägt die nisba

96 Zuden einzelnen marokkanischen Autoren,die diese Ansicht vertreten vgl .Tahtah , Mohamed:Entre Pragmatisme,Reformisme etModernisme.Le rölepolitico -religieux des Khattabis dansle Rif (Maroc )jusqu'ä1926.Rotterdam 1995, S . 64.

97 Vgl .Shinar ,Pessah : 'Abd al-Qädir and 'Abd al-Krim .Religious influences on

their thought andaction . In :Asian and AfricanStudies .Annualofthe IsraeliOrien -talSociety .Jerusalem 1 ( 1965 ) , S . 160 .Mir hateinVerwandter Ibn 'Abdal -Karims , mit demich ein Interview fuhrenkonnte ,ebenfalls zubeteuern versucht,daßdie Hattäbis tatsächlich vonder arabischen Halbinsel stammten und dortzu demStamm

'Umar Ibnal -Hattäbs gehörten;persönliches Interview mitSi'Ahmad Ibn Bü HiyyärIbn Salläm Ibn 'Amr vom24 .05 .1999inWuppertal.Si'Ahmads Vaterwar ein Cousin vonMuhammadIbn'Abdal -Karim .

98 Vgl .Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O ., S . 64.

99 Sowohl Hartalsauch Tahtah vertreten die Ansicht ,daß durch die Bekräftigung der Zugehörigkeit zudem Clander AitHattäb zwangsläufig ein Anspruch Ibn 'Abd

al -Karimsauf einen arabischen Ursprung geltend gemacht wird.Tatsächlich werden keine Belege angeführt,diedaraufhindeuten ,daß der Clan seinerseits einensolchen Anspruchhegt. Vgl .Hart,Aith Waryaghar, a .a .O ., S . 370 ;Tahtah ,Pragmatisme,

a .a .O . , S . 65 .Eine ähnliche Auffassung vertritt Montagne;ihm genügt dasPatro -nymikonal -Hattäbi ,umIbn'Abd al -KarimalsQuraysit zubezeichnen.Montagne,

Robert :Revolution au Maroc .Paris 1952, S . 158.

al -Hattäbi erst seit Anfang diesesJahrhunderts , vorherist sieinkeinem der erhaltenen Dokumentezu finden,statt dessen wurde sowohlfür den Vater als auch für den Onkel Ibn 'Abd al -Karims stets die nisba al -Waryigli ver -wendet. '00

Es drängt sich der Gedanke auf, daß 'Abd al -Karim erst nach seiner Er¬

nennung zumqädi durch den Sultan Mawläyal -Hasan(1873 - 1894 ) im Jahre

1879 10' für den Stammder Ait Waryigeldie nisbaannahm,um seine Zuge¬

hörigkeit zum Clander Ait Hattäb zu betonen . ' 02Dies scheintplausibel ,da der Clan- wie bereits erwähnt - die bedeutendere Gesellschaftsebeneim Rif darstellt. 103Das bedeutet, daß die Hervorhebungder Clanzugehörigkeit'Abd

al -K.arims erst durch seinen Sohn Muhammad und nach ihm durch die verschiedenen Autoren auf unterschiedliche Weise im Sinne der arabischen Genealogie interpretiertwurde.

2. Politische Aktivitäten

Die Hattäbis waren nicht nur unter den Ait Waryigel eine angesehene Fa¬

milie ;siebesetztenstets bedeutendeÄmter, die sie nicht etwa aufgrund einer scherifischen Herkunft bekleideten wie esin Marokko oftmalsder Fallwar, sondern durch ihre für ihre Umgebung ungewöhnlich hohe Bildung. Der Onkel'Abd al -KarimsSi Ziyyänwar bereitsein Repräsentantdes mahzan in der al -Husayma -Region ; laut Ayache war er gouverneur du Sultan ", also

'id, während er in einem Stammbaum der Familie als qädi bezeichnet

wird . 104 'Abd al -Karim war ,bevorer von Mawläy Hasan zum qädi ernannt

wurde und von dessen Sohn Mawläy 'Abd al - 'Aziz 1906 in diesem Amt

100 Vgl .Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O ., S . 65.

101 Tahtah belegt die Ernennung mit einem Dokument,nach der die Ernennung Ende Gumädä II 1297/Juni 1879 stattfand;Pragmatisme, a .a .O .,Dokument520/24 , S.

189 ; vgl .Ayache ,Origines, a .a .O . , S . 159.

102 Ce n 'etaitqu 'unmoyend 'identification par reference aux groupements dontil faisait partie( . . .) ,Ayache ,Origines, a .a .O . , S . 158.

103 ImGegensatz dazu war'Abdal -Karimfür den Sultanbzw.den mahzan langeZeit stets derWaryigli ,da für Außenstehende der Stammalscharakteristische Zugehö¬

rigkeitsform zu geltenscheint .

104 Vgl .Ayache ,Origines, a .a .O ., S . 158 ; Bü 'asriyya , Bustä: 'Aläqat Muhammad Ibn'Abd al-Karim al-Hattäbima 'a quwwädqabä'il ar-Rif.h\: 'Amal8 ( 1996 ),

a .a .O ., S . 43;Pennell ,Country , a .a .O ., S . 49 ; vgl .fernerTahtah ,Pragmatisme,

a .a .O ., S .62undS . 65.

bestätigt wurde , faqih in Agdir. 105Sein Bruder Muhammad war ein Lehrer der Söhne Mawläy Hasans in Fes106und nach Penneil waren sowohl der Vater als auch der Großvater 'Abd al -Karims Gouverneure ; 107 die Familie war demnach lange Zeit dem mahzan treu ergeben . Das Ansehen und die Autorität,die 'Abd al -Karim unter seinem Stamm und beim mahzan genoß , veranlaßten die Spanier,seine Kooperation zu suchen.Er pflegte viele Jahre vor der Gründung des Protektorats gute Kontakte zu den auf der Insel Nukur lebenden Spaniern.So entwickelte er sich zu einem der wichtigsten Freunde Spaniens " und war seit 1906 einer der Moros pensionados , die für ihre Zu¬

sammenarbeit reguläre Pensionen erhielten.Ayache sieht in der Kooperation mit Spanien eine Bekundung der Treue gegenüber dem Sultan , der dem Vertrag von Algeciras (1906) über die Internationalisierung der Marokko -Frage zugestimmt hatte . 'Abd al -Karim sah seine Aufgabe nunmehr darin , Spanien in seinem Beitrag,Marokko wirtschaftlich zu reformieren ,zu unter¬

stützen.108

Eine Geste seines Vertrauens zu den Spaniern stellte zweifellos die Ent¬

sendung seiner beiden Söhne in die spanische Enklave Melilla dar;der ältere begann dort seine berufliche Karriere und der jüngere ging dort auf eine spanische Schule .

Der ältere Sohn und künftige Anführer des Rif-Krieges , Muhammad , wurde um 1881/82 in Agdir geboren.Sein Bruder Mhammad 109war wesent¬

lichjünger alser . " 0Zunächst erhielten sie von dem Vater und dem Onkel die traditionelle Unterweisung , 1" die überwiegend in dem Studium des Koran bestanden haben dürfte. "2 Die weitere Ausbildung fand in Tetouan statt,

105 Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O . , S .158u .ö . ;Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O ., S . 62; Dokument 520 / 25 , S . 189.

106 Vgl.Ayache ,Origines, a .a .O . , S . 158 ; Bü 'asriyya , 'Aläqa, a .a .O ., S . 43 ;Penneil , Country, a .a .O . , S . 49 ;Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O . , S . 62.

107 Vgl .Pennell ,Country , a .a .O . , S . 49.

108 Ayache ,Guerre , a .a .O . , S . 32 ;ders.,Origines, a .a .O . , S . 165.

109 Die Form Mhammad isteine unter Berbern weit verbreitete Variante desNamens Muhammad.

110 Ayache gibt einen Altersunterschied von zwölf Jahrenan ,während Hart7 / 8Jahre Unterschied nennt ;Ayache ,Origines, a .a .O ., S . 166 ;Hart,Aith Waryaghar, a .a .O .,

S . 371 .

111 Vgl .Roger-Mathieu ,Memoires, a .a .O ., S . 56.

112 Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O ., S . 161 ;Shinar , 'Abd al-Qädir and Abd al-Krim,

a .a .O . , S . 162 ;Woolman,Rebeis , a .a .O ., S . 75.

wohin die Familie zwischen 1892 und 1896 gezogen war. " 3Schließlich ging Muhammad im Alter von zwanzig Jahren in Begleitung seines nur wenige

113 Während Tahtah 1896 als das Jahr der Auswanderung nach Tetouanangibt ,geben Furneaux und Woolman 1892an ;Furneaux,Abdel Krim, a .a .O ., S . 44 ;Woolman,

Rebeis, a .a .O ., S . 75 .Laut Tahtah zog die Familie dorthin ,um den Söhneneine

Jahre älteren Onkels 'Abd as -Saläm nach Fes , wo er zwei Jahre an der

'Attärin - und Saffärin-Madrasa studierte , um anschließend an der Qarawi

-yyin -Universität aufgenommen zu werden.11 Nach diesem ersten Aus¬

bildungsabschnitt nahm er sein Studium an der Qarawiyyin auf und wurde zudem von seinem Vater mit einer politischen Missionbetraut; er sollte den mahzanüber die Umständeim Rif währendderRebellion Bü Himäras gegen den Sultan unterrichten .115

Zu seinem Aufenthalt in Fes und dem Eindruck , den die Hauptstadt besondersin politischer Hinsicht auf ihn gemachthatte ,herrschen nur vage Vermutungen . Shinar ist der Auffassung , daß der kurze Aufenthalt Ibn

'Abd al -Karims inFes ihm keinesfalls den Erwerb bedeutender Kenntnisse in der arabischenund islamischen Kulturermöglichte ;das erworbene Wissen hätteihn allenfallsunter denignorantRifi tribesmen" als Intellektuellen er¬

scheinenlassen. 116In derTat war der weitaus größereTeil der Bevölkerung durch das ländliche Lebengeprägt , so daß Bildung nichtdie Regelwar.Der Rif war aber schon seit Jahrhunderten durchgehend islamisiert und auch wenn er zu den am wenigsten arabisierten Gebieten - insbesondere in sprachlicher Hinsicht - gehörte, so war die arabische Kultur eng mit der islamischen verbunden . Was Ibn 'Abd al -Karim anbelangt , gehörte er mit seiner Familie zur gebildeten Schicht im Rif; nach seiner nicht nur für rifische Verhältnisse soliden Unterweisung in den traditionellen Lehren in Agdir und Tetouan ist er wohl kaum als Unwissender nach Fes gegangen, geschweigedenn zurückgekommen .

Nachseiner Rückkehraus Fes 1906beganner schließlichseine berufliche Laufbahn in Melilla in spanischen Diensten, die sein künftiges Leben und Handeln nachhaltig beeinflussensollte . Er nahm zunächst eine Lehrtätigkeit an einer spanischen Schule für Söhne einflußreicher Rifis auf(1906 /1907

-1913) und wurde Redakteur der arabischen Beilage der spanischen Tages¬

zeitunginMelilla Telegramadel ^7(1907 - 1915 ) . ' 17Mit der Gründung der Oficina de Asuntos Indigenas im Jahre 1909 wurde ihm in dieser für die

weiterführende Ausbildung zuermöglichen; ders . ,Pragmatisme, a .a .O . , S . 111 ;Hart

führtan ,daß der Vaterin eine Blutfehde verwickelt war und aus diesem Grundaus

Agdirfloh und mit der Familie von 1892 bis 1898 in Tetouan lebte ; Hart ,Aith

Waryaghar, a .a .O . , S . 371 .

114Vgl .Roger-Mathieu ,Memoires, a .a .O ., S . 56. 115Vgl . ebd . ;Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O . , S . 111.

116Shinar , 'Abd al-Qädir and'Abdal-Kiim, a .a .O ., S . 162 .

117Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O ., S .169 f.;Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O ., S . 112.

Okkupation verantwortlichen Behörde ein weiterer Posten als Ubersetzer angeboten . Während er sich als Lehrer und als Journalist in erster Linie seinen Landsleuten verschrieben hatteund mit gutem Gewissen seinen Bei¬

trag zur Modernisierungseines Landesleisten konnte,- lefils aboutissait en faitä lameine conclusion quesonpere :loin d 'etreillegitime,la Cooperation avec l 'Espagne seraitun bon moyen de servirson pays " " 8- verlangte sein Dienstbei derBehörde,der nicht nurinder Übersetzungs -, sondern auch in der Beratungsfunktion bestand, "9 konkrete Kooperation mit den Spaniern, um die Bevölkerung zuunterwerfen .Obwohl es ihm inmancherlei Hinsicht schwer gefallen sein mag, die Spanier bedingungslos zu unterstützen , wie beispielsweise währendderblutigen Ausschreitungen zwischenden Rifis und spanischen Truppen zwischen 1909und1912, 120soüberwograsch die Über¬

zeugung ,daß die spanische Protektion bei der Modernisierung des Rif un¬

abdingbarsei .Gerade nachdemderHoffnungsträgergegen die Franzosen ,die für alle Marokkaner das Übel des Landes symbolisierten , Mawläy 'Abd

al -Hafiz , sich letztlichder Fremdherrschaft beugenund wie schon zuvor sein Bruder'Abd al - 'Aziz den Vertragvon Algeciras akzeptierenmußte, gab Ibn

'Abd al -fCarim die Hoffnung auf, daß sich das Land aus eigener Kraft aus seiner Rückständigkeit befreienkonnte. Er schrieb im Oktober 1910 in der Telegramadel Rif: „Le Maroctout entier esten proie ä un desordresi general que le soleil lui -meme est sur le point des 'en voiler la face . . .Commenttrou -ver lapaixen des tempssi troubles, ä moinsde seplacersous protection de

l 'etranger, ou d 'en finir avec la vie? " . 121 Dieselbe Ansicht motivierte den

Vater ,mit Spanienzu kollaborieren .

Doch wie dem Sultan oder Raysüni und anderen Einflußreichen wurde auch 'Abd al -Karim der Vorwurf seitens der Bevölkerung gemacht, das Landan die Europäerbzw . die Christenzu verkaufen .So war er von vorne¬

herein gezwungen , sich entweder auf beiden Seitenzu engagieren oder aber neutralzu bleiben ;letzteres dürfte fürihn aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung kaumzubewerkstelligen gewesensein. Er und auch seinSohn ent -118 Ayache ,Origines , a .a .O . , S . 168 .

119 Vgl . ders . ,Origines , a .a .O ., S . 178.

120 In einem Briefan seinen Vater anläßlich Muhammad Amezyans Tod bedauerter den

Tod diesesmugähid,der gegendie Spanier einen lokalen gihädführte .Muhammad

rätdem Vater trotzdem,aus politischen Gründen den Spaniernzu ihremSieg über

Amezyan und seine Anhänger zugratulieren; vgl .Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O .,

Dokument 519 / 123 ;fernerAyache ,Origines , a .a .O ., S . 192. 121 Zitiertin Ayache ,Origines , a .a .O ., S . 192.

schieden sich für die riskante Alternative und 1911 bekam 'Abd al -Karim die Folgen der Doppelrolle zu spüren, als sein Haus in Agdir in Brand gesteckt wurde und seine Familie mit Hilfe der Spanier nach Tetouanfloh . Die Rifis wollteneine spanische Landungbei al -Husayma ,die mit der Unter¬

stützungund der Vorarbeit 'Abd al -Karimsund andererMoros pensionados stattfindensollte ,um jeden Preis verhindern .122

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterstützten 'Abd al -Karim und sein Sohn die Spanier mit Überzeugung . Sie versuchten , bedeutende Persönlichkeitenfür diespanischeSache zu gewinnenund den Widerstand zu verhindern . Der qädi wurde für die ihm aus seiner Position entstandenen Unannehmlichkeiten und seine wertvollen Dienste stets finanziell entschä

-digt.123

Für Muhammad ergab sich durch seine Vermittlerrolle zwischen den Spaniernund den Rifiseine ebenso verzwickteSituation, alser1910 von der Oficinade Asimtos Indigenas zum qädi derMelilla-Region ernannt wurde. Dieser Schritt war Ausdruck der praktisch nicht mehrexistenten ,vermeint¬

lich - durch den Vertrag von Algeciras - geschützten Autorität des Sultans und deutet bereits auf das bevorstehende Protektorathin , das das Ende der Souveränitätdes Landes vorerst besiegelnsollte . 124 1914wurdeihm das Amt desOberrichters{qädi 1-qudäf) übertragen .

Während seiner journalistischen Tätigkeit beobachtete Muhammad die Gebaren der Spanier undder Franzosen gleichermaßenaufmerksam . Er ent¬

wickelte wie auch sein Vater eine wachsende Abneigung gegendie Franzo¬

sen . Als sich deren politische und militärische Intervention zuzuspitzen drohte, griff er sie in seinen Beiträgender Telegramade !Rifan .Erkritisierte ihre Kolonialpraktiken , Gewalt anzuwenden , die von ihnen besetzten isla¬

mischen Länder ihrer Oberhäupterzu berauben , inMarokko die Stämme zu entzweien, die Gelehrten , die surafä ' und die Führungsschicht zu korrum¬

pierenund u . a .durchdie Gründungeiner arabischen Zeitung kolonialistische Propagandazu verbreiten . 125In seiner Meinungüber diefranzösischeMarok

-122Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O ., S . 189 ;Ders.,Guerre , a .a .O . , S . 35 ;sieheferner

Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O ., S . 68.

123Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O ., S . 190 ;zu der Anerkennung der Kollaboration der Hattäbisgegen 1913 / 14 vgl .Tahtah ,Pragmatisme, a .a .O . , S . 69.

124 Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O . , S . 180 ;Roger-Mathieu ,Memoires, a .a .O . , S . 60;

Woolman,Rebeis, a .a .O ., S .76 125 Vgl .Ayache ,Origines , a .a .O . , S .182 f.

kopolitik fühlte er sich von der Presse aus dem Orient bestätigt ; 126 dies ist einerseits ein Hinweis auf die Informationsquellen , die er in Melilla hatte , und andererseits deutet dies auf den Einfluß hin , den orientalisches Gedan¬

kengut wie das der Salafiyya auf sein künftiges Handeln haben sollte . In seinen Artikeln zeigt er sich skeptisch , daß Frankreich irgend etwas in Marokko verbessern würde,schließlich habe esin Algerien und Tunesien ,die es schon seit Jahrzehnten besetzt hielt ,auch keine Erfolge zugunsten der Be¬

völkerung verzeichnen können . Es trachte nur danach , den marokkanischen Staat zu vernichten . Gleichzeitig unterliegt er dem Trugschluß , daß die Spanier dem Norden den Fortschritt bringen würden.127

3. Bruch mit den Spaniern

Als sich in den ersten Jahren der Präsenz Spaniens abzeichnete ,daß diese es ebensowenig wie die Franzosen in ihrer Zone mit der Reformierung des Landes ernst meinten und daß auch nach der Protektoratsgründung die mili¬

tärische Besetzung vorrangig war, wurden die Hattäbis skeptischer .128Die freundschaftliche Haltung zu Spanien und die Rechtfertigung seiner Politik im Norden schlug in Zweifel an dem Kolonialunternehmen um . Außerdem mußten sie den zahlreichen gegen ihre Kollaboration mit Spanien gerichteten kritischen Stimmen aus der Bevölkerung nachgeben ; es war wieder überall von gihäd die Rede.129Die Hattäbis wußten die Situation zügig zu ihren Gunsten auszunutzen , indem sie sich zu Anfang des Weltkrieges , zu dessen unscheinbaren Nebenschauplätzen der Rif gehörte , opportunistisch verhiel¬

ten. Als türkische und deutsche Gesandte im Rif die Kooperation der Rifis zur Durchführung von Angriffen unter der Leitung 'Abd al -Maliksl3C1auf die französische Zone suchten131und ihnen im Gegenzug ihre Unterstützung bei

126 Vgl .ders.,Origines, a .a .O ., S . 183.

127 Vgl .ders.,Origines, a .a .O ., S .184undS.186. 128 Vgl .Daoud,Abdelkrim, a .a .O ., S . 84. 129 Vgl .Ayache ,Origines, a .a .O ., S . 199.

130 'Abdal -Malik war der Enkel des algerischen Widerstandskämpfers gegendie Franzosen Mitte des 19 .Jahrhunderts 'Abdal -Qädir Ibn Muhyiad - Din . 131 Die Türken hatten gegen Frankreich den gihäd ausgerufen;sieund dieDeutschen

sahen eine ernsthafteChance ,dieFranzosen in Marokkozubesiegen,dadieseeinen großen Teil ihrer Truppenfür den Krieg nach Europa verlegthatten.Eineinteressante Studiezu deutschen(und osmanischen)Aktionen imMaghreb liefertMüller,Herbert Landolin:Islam,gihäd( „HeiligerKrieg" )und Deutsches Reich .EinNachspiel zur

der Befreiung des Landes anboten, war 'Abd al -Karim bereit, mit den Deut¬

schen und den Türken zusammenzuarbeiten ; besonders die muslimischen Türken konnte er vorbehaltlos in ihrer Absicht unterstützen :Combattre les

schen und den Türken zusammenzuarbeiten ; besonders die muslimischen Türken konnte er vorbehaltlos in ihrer Absicht unterstützen :Combattre les

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