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Das Phänomen der Bohrkanalerweiterung nach Ersatz des vorderen Kreuzbandes bei wachsenden Schafen: eine interdisziplinäre Studie im Schafmodell

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Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2008

© 2008 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen

Printed in Germany

ISBN 978-3-939902-89-8

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 geschaeftsstelle@dvg.net

www.dvg.net

(5)

Tierärztliche Hochschule Hannover Klinik für Kleintiere

Das Phänomen der Bohrkanalerweiterung nach Ersatz des vorderen Kreuzbandes bei wachsenden Schafen: Eine

interdisziplinäre Studie im Schafmodell

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Alexandra Neddermann aus Herford

Hannover 2008

(6)

Wissenschaftliche Betreuung (intern): Prof. Dr. med. vet. M. Fehr Wissenschaftliche Betreuung (extern): Prof. Dr. med. J. Zeichen

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. med. vet. M. Fehr / Univ.-Prof. Dr. med. J. Zeichen 2. Gutachter: PD Dr. med. vet. I. Hennig-Pauka

Tag der mündlichen Prüfung: 06.11.2008

(7)

In tiefer Liebe und Dankbarkeit meinen Eltern Ingrid und Günther Neddermann gewidmet

(8)
(9)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

... 11

2 Literaturübersicht

... 15

2.1 Auswahl eines geeigneten Tiermodells zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes

... 15

2.2 Vergleichende anatomische und funktionelle Darstellung des Kniegelenks bei Mensch und Schaf

... 17

2.3 Das Phänomen der Bohrkanalerweiterung

... 20

2.3.1 Nomenklatur und Definition... 20

2.3.2 Inzidenz... 20

2.3.3 Zeitliches Auftreten und Progression... 21

2.3.4 Diagnostik... 21

2.3.4.1 Röntgen versus Computertomographie... 21

2.3.5 Ätiologie... 23

2.3.5.1 Biologische Ursachen... 23

2.3.5.2 Mechanische Faktoren... 26

2.3.6 Operationstechnik und Fixation... 28

2.3.7 Femorale und tibiale Tunnelerweiterung... 30

2.3.8 Formen der Bohrkanalerweiterung... 32

2.3.9 Klinische Relevanz... 33

2.3.9.1 Revisionsoperationen ... 33

2.3.9.2 Kniestabilität und Bohrkanalerweiterung... 35

2.4 Ziele und Hypothesen dieser Studie

... 36

(10)

3 Material und Methoden

... 37

3.1 Studienaufbau

... 37

3.1.1 Allgemeines... 37

3.1.2 Zeitpunkt-Null-Tiere... 37

3.1.3 Nomenklatur... 38

3.2 Tierhaltung

... 38

3.2.1 Prä operationem... 38

3.2.2 Post operationem... 39

3.3 Operation

... 40

3.3.1 Prämedikation und Narkose... 40

3.3.2 Operationstechnik... 42

3.4 Postoperativer Verlauf

... 46

3.5 Untersuchungen

... 48

3.5.1 Radiologie... 49

3.5.1.1 Konventionelles Röntgen ... 49

3.5.1.2 Computerassistierte Auswertung des Röntgenbildes ... 49

3.5.1.3 Formenbestimmung... 50

3.5.2 Computertomographie... 51

3.5.2.1 Computerassistierte Auswertung der CT-Aufnahmen ... 52

3.5.2.2 Gradeinteilung... 53

3.5.3 Biomechanik... 54

3.5.3.1 Vorbereitung... 54

3.5.3.2 Anterior-Posterior-Translation ... 55

3.5.3.3 Steifigkeit ... 56

3.5.3.4 Querschnittsflächenmessung... 57

3.5.3.5 Geräte und Materialien... 58

3.5.4 Knochendichtemessung... 59

3.5.5 Histologische Untersuchung... 61

3.5.7.1 Probenmaterial ... 61

3.5.7.2 Präzisionsbohrung ... 61

3.5.7.3 Erste Einbettung der Proben mit Methylmetacrylat... 63

3.5.7.4 Sägen der Proben... 64

3.5.7.5 Zweite Einbettung der Proben mit Methylmetacrylat ... 65

3.5.7.6 Schneiden ... 66

3.5.7.7 Histologische Färbungen... 66

3.5.7.8 Von-Kossa-Färbung ... 67

3.5.7.9 Toluidin-Blau-Färbung... 67

3.5.7.10 TRAP-Färbung ... 68

(11)

3.5.7.11 Mikroskopie, Fotografie und Digitalisierung der histologischen Schnitte .. 68

3.5.7.12 Auswertung der histologischen Schnitte ... 69

3.5.7.13 Auswertung der von-Kossa-Färbung ... 69

3.5.7.14 Auswertung Toluidin-Blau-Färbung ... 71

3.5.7.15 Auswertung der TRAP-Färbung ... 71

3.6 Statistische Auswertung

... 74

4 Ergebnisse

... 75

4.1 Radiologie

... 75

4.1.1 Konventionelles Röntgen... 75

4.1.1.1. Formenbestimmung... 75

4.1.2 Computertomographie... 77

4.1.2.1 Gradeinteilung... 79

4.1.3 Statistischer Vergleich Röntgen und Computertomographie... 79

4.2 Biomechanik

... 80

4.2.1 Anterior-Posterior-Translation... 81

4.2.2 Steifigkeit... 82

4.2.3 Querschnittsflächenmessung... 84

4.3 Knochendichtemessung

... 86

4.4 Histologie

... 90

4.5 Histomorphometrie

... 92

4.5.1 Von-Kossa-Färbung... 92

4.5.1.1 Entwicklung des Bone Volume/Total Volume-Quotienten ... 92

4.5.1.2 Entwicklung der BV/TV-Werte der TE-Tiere ... 92

4.5.1.3 Entwicklung der Bone Surface im zeitlichen Verlauf... 94

4.5.2 Toluidin-Blau-Färbung... 94

4.5.2.1 Osteoidsaumlänge ... 94

4.5.2.2 Entwicklung der Osteoid Surface/ Bone Surface... 94

4.5.2.3 OS/BS –Werte der TE-Tiere ... 95

4.5.3 TRAP-Färbung... 96

4.5.3.1 Osteoklastenzahl innerhalb des Interessensbereichs ... 96

4.5.3.2 Osteoclasts/ Bone Surface... 97

4.5.3.3 Ocl/BS- Werte bei den Tieren mit TE-Grad 2/3 ... 97

(12)

4.6 Korrelationen und Varianzanalyse

... 98

4.6.1 Korrelationen... 98

4.6.1.1 Biomechanik versus CT bzw. CT-Gradeinteilung ... 98

4.6.1.2 Knochendichte versus CT bzw. CT-Gradeinteilung ... 99

4.6.1.3 Histologie versus CT bzw. CT-Gradeinteilung... 99

4.6.1.4 Biomechanik versus Histologie... 100

4.6.2 Varianzanalyse... 100

5 Diskussion

... 101

5.1 Radiologie

... 102

5.2 Biomechanik

... 104

5.3 Knochendichte

... 106

5.4 Histologie

... 107

5.5 Schlussfolgerungen

... 109

6

Zusammenfassung

... 111

7

Summary

... 113

8

Abbildungsverzeichnis

... 115

9

Tabellenverzeichnis

... 123

10 Literaturverzeichnis

... 125

11 Danksagung

... 137

(13)

Abkürzungsverzeichnis

A. Arteria Lig Ligamentum

Abb. Abbildung MEA Methoxyethylacetat

ACL Anterior Cruciate Ligament MHH Medizinische Hochschule Hannover

AP Anterior/Posterior min Minute

BMC Bone Mineral Content mm Millimeter

BMD Bone Mineral Density mm² Quadratmillimeter BMP Bone Morphogenetic Protein M. Musculus

BPTB Bone-Patella-Tendon-Bone μg Mikrogramm

BS Bone Surface μm Mikrometer

BV Bone Volume N Newton

bzw. beziehungsweise N. Nervus

ca. circa NaCl Natrium Chlorid

cm² Quadratzentimeter nm Nanometer

CT Computertomographie NO Nitrit-Oxid

d.h. das heißt Ocl Osteoclasts

DXA Dual Energy X-Ray Absorptiometry OP Operation

et al. et alteri (lat.: und andere) OS Osteoid Surface

evtl. eventuell PGE2 Prostaglandin E2

fa femur artikulär post op. post operationem

fm femur mittig ROI Region Of Interest (Auswertungsareal)

fp femur proximal s.c. subcutan

g Gramm sec Sekunde

h Stunde Tab. Tabelle

HCL Wasserstoff Chlorid TGF Transforming Growth Factor

IL Interleukin TNF Tumor Nekrose Faktor

i.m. intramusculär TE Tunnel Enlargement

iNOS induzierbare Nitrit-Oxid-Synthase TW Tunnel Widening

i.v. intravenös TV Tissue Volume

JPG Graphik-Format TRAP Tartrate Resistente Acide Phosphatase

kg Kilogramm V. Vena

KGW Körpergewicht v.a. vor allem

KM Körpermasse VKB vorderes Kreuzband

LBB Labor für Biomechanik und Biomateri- alien

z.B. zum Beispiel

Ligg. Liggamenta ZVI Graphik-Format

(14)
(15)

1 Einleitung

Das Knie gilt als das mit am meisten verletzte Gelenk des menschlichen Körpers, wobei am häufigsten die Kniebänder, v.a. das vordere Kreuzband und die Menisken betroffen sind. Die Inzidenzrate der Ruptur des vorderen Kreuzbandes liegt bei 33/100 000 Einwohner in den USA (FRANK u. JACKSON 1997).

Kniegelenksverletzungen haben insbesondere bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Laut des Bundesgesundheitsberichts 2002 ist die An- zahl operationswürdiger Kniebandverletzungen bei Kindern in den vorangegangenen sechs Jahren in Deutschland um 30% gestiegen. Der Anteil der Kreuzbandrupturen liegt in der Gruppe der Heranwachsenden laut einer Studie von LIPSCOMB u. ANDERSON (1986) bei 3,4%. Jedoch ist die wahre Häufigkeit der Läsionen des vorderen Kreuzbandes im Wachs- tumsalter nicht bekannt, da es bisher keine vergleichenden Studien mit ausreichenden Patien- tengruppengrößen gibt (STANITSKI 1995). Es ist aber anzunehmen, dass auch die Rate des vorderen Kreuzbandrisses in dieser Altersgruppe in den letzten Jahren angestiegen ist, was im deutschen Bundesgesundheitsbericht von 2002 ersichtlich wird.

Kinder und Jugendliche betreiben heute immer früher und häufiger verletzungsintensive Trendsportdisziplinen, wie z.B. Snowboard fahren (BALES et al. 2004), wobei in den Phasen des größten Körperwachstums der Kinder und Adoleszenten eine erhöhte Verletzungs- anfälligkeit aufgrund einer Imbalance zwischen Kraft und Beweglichkeit besteht (MAFFULLI u. BAXTER-JONES 1995).

Die steigende Anzahl der Kreuzbandrupturen mit der Folge der funktionellen Instabilität des Kniegelenks verstärkt die erhebliche Relevanz der Therapie. Während es bei der Behandlung erwachsener Patienten einheitlich anerkannte Verfahren und Methoden gibt, weichen die Meinungen zur Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Kreuzbandriss bei noch offenen Epiphysenfugen stark untereinander ab. Die konservative Therapie des vorderen Kreuzband- risses bei Kindern umfasst die rehabilitative Stärkung der Streck- und Beugemuskulatur des Oberschenkels, sowie eine verminderte Belastung des betroffenen Gelenks insbesondere bei sportlicher Aktivität, jedoch werden dadurch keine akzeptablen Ergebnisse erzielt (NOTTAGE u. MATSUURA 1994; AICHROTH et al. 2002).

(16)

Ähnlich verhält es sich mit der Primärnaht des rupturierten Kreuzbandes: Die vorderen Kreuzbandnähte versagen zu einen hohen Prozentsatz (SEILER u. FRANK 1993;

NAKHOSTINE et al. 1995).

Die operative Therapie bei Kindern kann zwar die frühzeitige Ausbildung degenerativer Ver- änderungen verhindern (BALES et al. 2004), jedoch besteht bei einem Kreuzbandersatz mit transphysealer Bohrung die Gefahr des vorzeitigen Epiphysenfugenschlusses mit der Folge iatrogener Wachstumsstörungen mit Achsenabweichung und Beinlängendifferenz (NOTTAGE u. MATSUURA 1994; KOMAN u. SANDERS 1999). Außerdem ist bei Kindern aus bisher unerklärlichen Gründen die Rerupturrate des Kreuzbandersatzes, welche Revisi- onsoperationen nach sich ziehen, deutlich höher als bei Erwachsenen (AICHROTH et al.

2002; BALES et al. 2004).

Nach einem transosseären bzw. transphysealen Kreuzbandersatz taucht sehr häufig das Phä- nomen der Bohrkanalerweiterung, das sogenannte „Tunnel Enlargement“ auf. Dieses Auf- weiten des Bohrkanaldurchmessers ist von steigendem wissenschaftlichen Interesse und wur- de mehrfach in der Literatur beschrieben, bis heute ist allerdings die Entstehung und die klini- sche Relevanz dieser postoperativen Erscheinung noch nicht vollständig geklärt.

Es wird vermutet, dass es sich bei einem „Tunnel Enlargement“ um ein multifaktorielles Ge- schehen handelt mit biologischen Faktoren wie z.B. eine von der Gelenkflüssigkeit (Synovia) ausgehende Entzündungsreaktion (FAHEY u. INDELICATO 1994) und mechanischen Fakto- ren, wie etwa der Transplantatbewegung im Tunnel (L'INSALATA et al. 1997).

Hinsichtlich der klinischen Relevanz konnte bisher nur eine Studie einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Bohrkanalerweiterung und einer vermehrten Anterior- Posterior-Translation (AP-Translation) bzw. einer postoperativ auftretenden Instabilität auf- zeigen (WEBSTER et al. 2005).

Eine weitaus höhere Relevanz hat das „Tunnel Enlargement“ in Hinblick auf eine Revisions- operation. Der prozentuale Anteil der Revisionseingriffe nach einem vorderen Kreuzband- ersatz liegt bei erwachsenen Patienten bei 13% mit steigender Tendenz (WIRTH u. PETERS 1998). Wie schon erwähnt, liegt der Anteil der Rerupturen bei Heranwachsenden im Ver- gleich zu Erwachsenen deutlich höher (AICHROTH et al. 2002; BALES et al. 2004).

BISSON et al. (1998) fanden in ihren Untersuchungen eine Rerupturrate bei Kindern von ins- gesamt 22,2%. So ist anzunehmen, dass Kinder im Vergleich zu erwachsenen Patienten auch

(17)

eine höhere Inzidenz der Revisionen haben. In einer Studie von MCINTOSH et. al. (2006), in der bei 16 jugendlichen Patienten ein Kreuzbandersatz mit Hamstringsehnen durchgeführt wurde, lag die Revisionsrate bei 43,8%. Das Vorliegen einer Bohrkanalerweiterung erschwert oft beträchtlich die Operation nach der Reruptur des Kreuzbandes.

Durch die steigende Inzidenz kindlicher Kreuzbandrisse und der Durchführung des vorderen Kreuzbandersatzes und auch der Revisionsoperationen in der Folge wird in der Literatur in zunehmenden Maße auf die Notwendigkeit der Durchführung weiterer klinischer und experi- menteller Studien hingewiesen (KOMAN u. SANDERS 1999). Ebenfalls bestehen großes Interesse und Nachfrage an der weiteren Erforschung des „Bone Tunnel Enlargements“ nach der Kreuzbandrekonstruktion (WILSON et al. 2004; IORIO et al. 2007).

Die vorliegende Arbeit thematisiert innerhalb der Studie zum Ersatz des vorderen Kreuzban- des beim juvenilen Schaf das Phänomen der Bohrkanalerweiterung.

Das Ziel des Forschungsprojekts ist es, grundlegende Informationen über das radiologische Auftreten der Bohrkanalerweiterung im Rahmen einer Kreuzbandersatzoperation bei Indivi- duen mit noch offenen Wachstumsfugen zu gewinnen.

(18)
(19)

2 Literaturübersicht

2.1 Auswahl eines geeigneten Tiermodells zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes

Das Tierversuchsmodell wird auch heute noch für diverse Fragestellungen in der Medizin genutzt, sein Einsatz lässt sich noch nicht vollkommen vermeiden oder generell durch andere Methoden ersetzen.

Vor allem für die ethische Vertretbarkeit und zum Schutz der Tiere müssen vor der Auswahl eines geeigneten Tiermodells folgende Überlegungen vorausgehen (SEIL 2002):

1. Vergleichbarkeit zum Menschen 2. ethische Vertretbarkeit

3. Kosten und Verfügbarkeit der Tiere 4. vertretbarer Aufwand der Tierhaltung

5. Toleranz von Narkose, Operation und Nachbehandlung durch die Tiere 6. Verfügbarkeit grundlegender Speziesdaten

7. technische Durchführbarkeit der Eingriffe 8. allgemeine Übertragbarkeit der Ergebnisse

Für Kreuzbandersatzstudien mit dem Bezug zum Menschen kommen theoretisch mehrere Tierspezies als Versuchstiere in Frage. Vor dem Hintergrund der Vergleichbarkeit zum menschlichen Körper wären Primaten ein ideales Tiermodell, da die Ähnlichkeit zur mensch- lichen Spezies am größten ist. Doch vor allem aus Gründen der ethischen Vertretbarkeit, aber auch aufgrund der schlechten Verfügbarkeit und hohen Kosten werden diese Tiere nur noch bei besonders hoher klinischer Relevanz der Forschung eingesetzt, etwa bei der Suche nach neuen Medikamenten in der AIDS Forschung (AN u. FRIEDMAN 1999).

Daneben können außerdem Schafe, Ziegen, Hunde, Schweine, Kaninchen und Ratten als Ver- suchstiere fungieren. Ratten haben zwar den Vorteil der guten Handhabbarkeit, der unproble- matischen Tierhaltung und des geringen Kostenaufwands. Aber durch ihre geringe Körper-

(20)

größe und der dadurch schlechteren Vergleichbarkeit zum Menschen und schwierigen techni- schen Durchführung der chirurgischen Eingriffe sind sie weniger geeignet.

Schweine werden als Versuchtiere ausgewählt, weil sie gut verfügbar sind und wegen ihrer Gelenkgröße eine unproblematische Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes ermöglichen (XEROGEANES et al. 1998). Jedoch erweisen sich ihre schwierigere Handhabbarkeit und ihr erhöhtes Narkoserisiko als nachteilig in experimentellen Modellen. Bei Ziegen ist die Haltung im Vergleich zu Schafen relativ anspruchsvoll, da sie z.B. sehr selektive Fresser sind. Des weiteren ist der Platzbedarf erhöht, da bei diesen Tieren der Herdentrieb nicht so stark, dafür aber die innerartliche Aggressivität umso mehr ausgeprägt sein soll (SCHERER u. BRILL 1994). Kaninchen werden dagegen verhältnismäßig häufig in orthopädischen Studien ver- wendet, allerdings sehen einige Autoren auch hierbei die Problematik der akkuraten Operati- onsdurchführung aufgrund der kleinen Kniegelenksabmessungen (SCHERER u. BRILL 1994; GAULRAPP u. HAUS 2006).

Schafe und Hunde dienen ebenfalls häufig als Versuchstiere bei Untersuchungen zu orthopä- dischen Fragestellungen, wobei das Schaf bezüglich der Morphometrie des Kniegelenks dem Menschen am meisten ähnelt. Allerdings nehmen Schafe aufgrund mangelnder Compliance bei eventuell auftretenden Panikattacken mit Fluchtreaktion keinerlei Rücksicht auf die ope- rierte Gliedmaße und es besteht die große Gefahr eines erneuten Traumas (NUNAMAKER 1998). Hunde hingegen schonen die operierte Extremität und laufen auf drei Beinen bis zum Ausbleiben des Schmerzes, was evtl. die ungewünschte Gewöhnung dieser Haltung und auch eine schlechtere Heilung nach sich ziehen kann (CLAES 1994). Sie entwickeln außerdem vermehrt Knorpeldefekte nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes (HUNT et al.

2005).

Dieselben Forscher konnten in ihrer Schafstudie zum Ersatz des vorderen Kreuzbandes zei- gen, dass die Tiere die Entnahme des autologen Sehnentransplantates sehr gut tolerierten und die Gelenkstabilität post op. wiederherstellt werden konnte und keine degenerativen artikulä- ren Veränderungen zu bemerken waren. Sie stellten heraus, dass Schafe sich als Versuchstiere für den Kreuzbandersatz durch „soft-tissue“ Transplantate sehr gut eignen (HUNT et al.

2005). Diese Ansicht vertreten auch einige andere Autoren (SCHERER u. BRILL 1994;

RADFORD et al. 1996). In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2006 wurde die Kinematik des intakten ovinen Kniegelenks untersucht (TAPPER et al. 2006). Hierbei ist festgestellt worden,

(21)

dass die Gangbilder von Mensch und Schaf beim Gehen in Normalgeschwindigkeit, Gehen bei Steigung/Neigung des Untergrunds und beim Traben sehr ähnlich sind. Sie unterscheiden sich allerdings hinsichtlich des Bewegungsumfangs bei der aktiven Gelenkbeugung. Das ovi- ne Kniegelenk ist im Stand physiologischerweise um ca. 43° gebeugt und steigt auf ca. 77°

bei der maximalen Flexion in der Schwingphase. Hingegen liegt die physiologische Beugung des menschlichen Knies im Stand bei 0° und erhöht sich bis auf 60° während der Beugung.

Aufgrund der kinematischen Similarität des Gangbildes von Mensch und Schaf haben wir uns für das Schaf als Modelltier in dieser Studie entschieden.

2.2 Vergleichende anatomische und funktionelle Darstellung des Kniegelenks bei Mensch und Schaf

Das Kniegelenk (Articulatio genus) ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers und das der Säugetiere, an dessen Bildung der Oberschenkelknochen (Femur), das Schienbein (Tibia) und die Kniescheibe (Patella) als knöcherne Strukturen beteiligt sind.

Das zusammengesetzte Gelenk besteht bei Mensch und Tier aus dem Kniekehl- (Articulatio femorotibialis) und dem Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris). Ein lateraler und ein medialer Meniskus (halbmondförmige Faserknorpelscheiben) gleichen die Inkongruenz der artikulierenden Flächen aus und haben zugleich Pufferfunktion. Die Menisken beim Schaf sind verglichen mit dem Mensch weniger stark fixiert und ihr Höhe/Breite-Verhältnis ist zu- gunsten der Höhe verschoben (Abb. 1). Das Ligamentum meniscofemorale posterius am Hin- terhorn des lateralen Meniskus ist beim Schaf wie auch bei anderen Tierarten stark ausgeprägt und entspricht den beim Menschen schwach ausgeprägten Ligg. Humphrey und Wisberg. Die laterale Faserknorpelscheibe ist beim Tier durch diese starke Bandstruktur in der Bewegung nach kranial beschränkt (SCHREIBER 1947). Die Menisken v.a. der laterale und das Lig.

meniscofemorale wirken insbesondere nach einem Riss des vorderen Kreuzbandes ago- nistisch und sekundär stabilisierend (LEVY et al. 1982; SCHERER u. BRILL 1994).

Die Gelenkkapsel besteht aus einer Membrana fibrosa und Membrana synovialis, wobei ers- tere die äußere bindegewebige Schicht und letztere die Gelenkflüssigkeit (Synovia) bildende Innenauskleidung der Kapsel ausmacht (HILDEBRANDT 1998).

(22)

Aufgrund des axialen Verlaufs der Membrana synovialis zwischen den Gelenkfortsätzen wer- den eine laterale und eine mediale Gelenkhöhle gebildet, welche beim Wiederkäuer und beim Fleischfresser sehr häufig in offener Verbindung stehen (NICKEL et al. 1992). Zahlreiche Schleimbeutel (Bursae synoviales), Synovia enthaltene Hohlräume, kommunizieren mit der Kniegelenkshöhle, wie z.B. die Bursa suprapatellaris, welche als Gleitlager für die Ansatz- sehne des M. quadrizeps femoris funktioniert (HILDEBRANDT 1998). Unterhalb der Patella und vor der Kniegelenksspalte befindet sich der von Synovialhaut überzogene Hoffa’sche Fettkörper (Corpus adiposum infrapatellare).

Der umfangreiche Bandapparat des menschlichen Kniegelenks besteht aus dem Kniescheiben- band (Lig. patellae), den Kniescheibenhaltebändern (Retinacula patellae), welche mit queren Zügen zur Kniescheibe und mit Längszügen zu den Tibiakondylen ziehende distale Sehnen- fasern sind, dem geraden und schiefen Band der Kniekehlregion (Ligg. popliteum arcuatum et obliquum), den Seitenbändern (Ligg. collaterale fibulare et tibiale) und den starken Binnen- bzw. Kreuzbändern (Ligg. cruciatum anterior et posterior) (HILDEBRANDT 1998).

Das hintere Kreuzband (Lig. cruciatum caudale) beim Schaf entspringt an der interkondylären Fläche des medialen Femurknorrens (Kondylus) und zieht zur Area intercondylaris und zur Incisura poplitea der Tibia. Das vordere Kreuzband (Lig. cruciatum craniale) beim Schaf hat seinen Ursprung an der interkondylären Fläche des lateralen Kondylus und inseriert in der Area intercondylaris centralis tibiae.

Das vordere Kreuzband des Menschen ist ca. 3 cm lang und 11 mm dick (KENNEDY et al.

1974) und entspringt ebenfalls an der interkondylären Fläche des lateralen Kondylus. Es zieht durch die Fossa intercondylaris zur Area intercondylaris anterior tibiae, wo es fächerförmig unterhalb des Lig. transversum menisci anterior inseriert (HUNT 2003). Es befindet sich bei Mensch und Tier in unmittelbarer Nähe der femoralen Wachstumsfuge (Epiphyse) (BEHR et al. 2001).

Die Kreuzbänder von Mensch und Schaf bestehen aus einem anteromedialen und posterolate- ralen Faserbündel (Abb. 1), wobei beim Menschen die Hauptbündel nicht voneinander isoliert sind und im Gegensatz zum Vierbeiner nicht klar voneinander getrennt werden können (UNTERHAUSER 2004). Der anteromediale ist im Gegensatz zum posterolateralen Anteil in der Beugung (Flexion) des Kniegelenks stets angespannt. Bei Streckung (Extension) des Ge- lenks sind beide Faserbündel gedehnt (DODDS u. ARNOCZKY 1994).

(23)

Die Kreuzbänder sind besonders bei sehr jungen Kindern in Relation zum Gelenk von äußerst kräftiger Struktur (DELEE u. CURTIS 1983).

Die primäre Funktion der beiden Bänder bei Mensch und Schaf ist die Stabilisation des Knie- gelenks, d.h. die Verhinderung der übermäßigen AP-Translation und die Verhinderung der Überstreckung. Die sekundäre Aufgabe besteht darin, unphysiologische Außen- und Innen- rotationen der Tibia und die Varus- und Valgus-Winkelung des Knies zu beschränken (HUNT 2003).

Abb. 1: Rechtes Kniegelenk vom Schaf ohne Gelenkkapsel und ohne Patella (kraniale Ansicht). Lin- kes Bild: vorderes Kreuzband, medialer Meniskus; Rechtes Bild: Darstellung des posterolateralen und des anteromedialen Faserbündels des vorderen Kreuzbandes.

medialer Meniskus

Vorderes Kreuzband

anteromediales Bündel posterolaterales

Bündel

(24)

2.3 Das Phänomen der Bohrkanalerweiterung

2.3.1 Nomenklatur und Definition

In der Literatur werden für die femorale und tibiale Bohrkanalerweiterung nach vorderem Kreuzbandersatz (“Anterior Cruciate Ligament Reconstruction = ACL Reconstruction“) zwei Begriffe benutzt: „(Bone) Tunnel Enlargement“ (TE) und „(Bone) Tunnel Widening“ (TW).

Bislang ist dieses Phänomen allerdings nicht einheitlich definiert worden. In einer Studie von KOBAYASHI et al. (2006) liegt ein „Tunnel Enlargement“ bei einer Vergrößerung des ur- sprünglichen Bohrkanaldurchmessers um mindestens 2 mm vor. Das Auftreten bzw. Ausmaß der Tunnelaufweitung ist Grundlage für ein von NEBELUNG et al. (1998) erstelltes TE- Klassifikationsschema. Dabei sind die Probanden in Abhängigkeit ihres femoralen und tibia- len Bohrkanaldurchmessers, welche bei einer radiologischen Untersuchung 2 Jahre post op.

gemessen wurden, in vier Gruppen eingeteilt worden. Keine Tunnelerweiterung besteht dem- nach bei einer Vergrößerung des ursprünglich gebohrten Bohrtunneldurchmessers, welcher 4,5 mm betrug, um bis zu 0,5 mm. Als fraglich wird die Spanne von 0,5 bis 2 mm eingestuft.

Ein eindeutiges „Enlargement“ liegt bei einer Durchmesseraufweitung um 2,5 bis 4 mm und ein massives TE über 4,5 mm vor. In einer anderen Studie definieren die Autoren eine Bohr- kanalerweiterung als eine Flächenvergrößerung des Tunnels um mehr als 50%

(CLATWORTHY et al. 1999).

2.3.2 Inzidenz

Die Inzidenz der Bohrkanalerweiterung nach vorderem Kreuzbandersatz mit dem Einsatz ei- nes allogenen Transplantates bei 35 Patienten betrug in einer Studie Anfang der 90’er Jahre etwa 75% (LINN et al. 1993). Ähnlich hohe Werte treten in einer Studie von NEBELUNG et al. (1998) auf, in der bei 29 Patienten eine Rekonstruktion mit autologer Semitendinosussehne und Endobutton-Fixationstechnik (Acufex Microsurgical, Mansfield, MA, USA) durchgeführt wurde. So konnte eine femorale Tunnelerweiterung um mindestens 2 mm in 72% der Fälle festgestellt werden. In einer anderen Studie, in der sich 87 Patienten einem Kreuzbandersatz unter Nutzung autologer Hamstringsehnen (Sehnen des Musculus Semitendinosus und Mus- culus Gracilis)unterziehen ließen, lag die Inzidenzrate bei 37% (SEGAWA et al. 2001).

(25)

BOHNSACK et al. (2006) führten an 50 Patienten eine Rekonstruktion des Lig. cruciatum anterior mit Patellarsehnendrittel durch und sie wiesen bei 66% eine tibiale Bohrkanal- erweiterung, die größer als 1 mm war, nach. Anhand dieser biometrischen Angaben wird deutlich, dass es sich bei einem „Tunnel Enlargement“ nicht um eine Ausnahmeerscheinung handelt.

2.3.3 Zeitliches Auftreten und Progression

WILSON et al. (2004) sehen das „Tunnel Enlargement“ als akutes Phänomen, welches inner- halb der ersten drei Monate nach der Rekonstruktion verstärkt auftritt. Der Tunnel- durchmesser nimmt v.a. in den ersten sechs Wochen post op. signifikant zu (FINK et al.

2001), zwischen drei Monaten und zwei Jahren konnten einige Autoren nur minimale Verän- derungen feststellen und schließlich kann man nach ca. drei Jahren post op. wieder eine Ab- nahme des Bohrkanaldurchmessers verzeichnen (PEYRACHE et al. 1996). Ähnliche Ergeb- nisse zeigten sich in einer weiteren Studie, in der eine eindeutige Bohrkanalerweiterung nach vier Monaten auftrat, wobei eine Progression des Phänomens zu den anderen Untersuchungs- zeitpunkten (sechs Monate, 12 Monate) nicht zu beobachten war (CLATWORTHY et al.

1999). Andererseits wurde auch vermerkt, dass das TE bei einigen Patienten über die Zeit bestehen bleiben kann bzw. fortschreitet z.B. durch Einheilungsstörungen (WILSON et al.

2004).

2.3.4 Diagnostik

Zur Detektierung einer Bohrkanalerweiterung nach vorderem Kreuzbandersatz eignen sich die bildgebenden Verfahren. Am häufigsten werden dazu entweder Standard- oder digitale Rönt- genaufnahmen angefertigt oder die Bohrkanäle mittels Computertomographie (CT) dar- gestellt. Bei beiden diagnostischen Systemen variieren häufig die Messergebnisse und sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Sensitivität.

2.3.4.1 Röntgen versus Computertomographie

In zahlreichen Studien konnten erhebliche Variationen der Tunneldurchmesser zwischen bei- den diagnostischen Systemen festgestellt werden. Zum einen fanden Wissenschaftler heraus, dass bei der konventionellen Röntgenaufnahmetechnik geringere Werte gemessen wurden

(26)

(WEBSTER et al. 2001; FINK et al. 2001), was sich auch dadurch erklären lässt, dass die Röntgenaufnahmen innerhalb von drei Monaten post op. vermessen wurden und die skleroti- schen Ränder des Bohrkanals dann noch nicht deutlich dargestellt werden konnten (FINK et al. 2001).

Aus einer anderen Studie geht hervor, dass bei der Auswertung der Bohrkanäle auf den Rönt- genaufnahmen im Vergleich zur Computertomographie signifikant größere Durchmesser- werte gemessen wurden (WEBSTER et al. 2004). In dieser Studie wurden 22 Patienten 12 Monate nach vorderem Kreuzbandersatz untersucht und bewertet, indem jeweils eine ap- (an- terior-posterior) und eine laterale digitale Röntgenaufnahme sowie ein CT-Scan des operier- ten Kniegelenks angefertigt wurde. Die Autoren stellten fest, das sich anhand digitaler Rönt- genaufnahmen eher der Nachweis einer Bohrkanalerweiterung ergibt als nach konventionel- lem Röntgen. Die Autoren sehen das digitale Röntgen als eine durchaus zuverlässige Methode an, um ein TE zu entdecken, obwohl der Bohrkanal eines Patienten im lateralen Röntgenbild nicht sichtbar war. Dieser Tunnel war allerdings verhältnismäßig klein und der Durchmesser hat sich seit der Operation um 30% verringert.

Der Vorteil der Röntgen- gegenüber der CT-Technik sind der geringere Zeitaufwand und die geringeren Kosten in der Nutzung.

Allerdings konnten in dieser Studie beträchtliche Diskrepanzen der Messwerte zwischen die- sen zwei bildgebenden Systemen festgestellt werden. Bei einigen Patienten betrug der Unter- schied der Durchmesser 10%, bei anderen Patienten war er größer als 50%.

Andere Autoren halten die computertomographische Untersuchung für besser geeignet in der TE-Diagnostik, da mit dreidimensionalen Schnittbildern die exakte Dimension der Bohrkanal- erweiterung darstellbar ist. Zudem soll diese Technik weniger störungsanfällig bzw. abhängig von geometrischen Faktoren sein, wie z.B. einer geringfügigen Veränderung der Knieposition (IORIO et al. 2007). CLATWORTHY et al. (1999) präferieren das CT aufgrund seiner höhe- ren Sensitivität.

WEBSTER et al. (2005) berichten in einer anderen Studie über den beträchtlichen Einfluss der Messfehler bei der röntgenologischen Analyse des „Tunnel Enlargements“. Der Vergröße- rungsfaktor der digitalen Röntgenaufnahmen wurde mit Hilfe einer Kalibrierungsskala be- rücksichtigt. Die Messfehler lagen bei einem Untersucher zu verschiedenen Zeitpunkten („intrarater“) zwischen 17 und 26% und zwischen 24 und 38% bei Messungen durch unter-

(27)

schiedliche Untersucher („interrater“). Daraus wurde gefolgert, dass eine Vermessung auf digitalen Röntgenaufnahmen in der Praxis dann sinnvoll ist, wenn es sich um große, ein- deutige Bohrkanalerweiterungen handelt. Zurückhaltung und Vorsicht sind allerdings bei nur kleinen Veränderungen der Durchmesser geboten.

2.3.5 Ätiologie

Bis heute ist die Entstehung der femoralen und tibialen Bohrkanalerweiterung nicht vollstän- dig geklärt. Viele Autoren gehen von einem multifaktoriellen Geschehen mit mechanischen und biologischen Ursachen aus (HOHER et al. 1998; KLEIN et al. 2003; WILSON et al.

2004).

2.3.5.1 Biologische Ursachen Frühere Studien zu dieser Thematik fokussierten sich auf allogene Transplantate und deren

Sterilisation mit Ethylenoxid. In diesen Untersuchungen wurde eine rein biologische Ätiolo- gie durch toxische Effekte vermutet (JACKSON et al. 1990; ROBERTS et al. 1991).

Im gleichem Zug ist auch publiziert worden, dass ein hoher Chrom- und Titananteil der fixie- renden Interferenzschrauben toxisch wirkt und eine Osteolyse induziert (MALONEY et al.

1990). Da allerdings in der Literatur osteolytische Prozesse durch Einsatz von Interferenz- schrauben nach vorderem Kreuzbandersatz bisher nicht beschrieben worden sind, spielt dieses Konzept bei der Erklärung dieses Phänomens eine eher untergeordnete Rolle (VERGIS u.

GILLQUIST 1995).

FAHEY u. INDELICATO (1994) verglichen ein Jahr post op. die Tunneldurchmesser nach Verwenden von Patellarsehnen-Autografts und allogenen Patellarsehnen-Transplantaten mit klinischen Ergebnissen. Es zeigte sich, dass das TE in der Allograft-Gruppe eine wesentlich höhere Inzidenz hatte, als bei den autologen Transplantaten. Sie erklärten sich das „Tunnel Enlargement“ u.a. durch eine Abstoßungsreaktion des Körpers mittels einer Fremdkörper- Immunantwort gegen das allogene Transplantat. Einige andere Autoren, die sich mit der Ver- wendung von allogenen Transplantaten („Allografts“) beschäftigt hatten, fanden in unter- schiedlichen Tiermodellen jedoch keinen histologischen Nachweis einer immunbedingten

(28)

Abstoßung mit folglicher Entzündung des umgebenden Gewebes (JACKSON et al. 1987;

HARNER et al. 1996).

Im Gegensatz dazu konnten SCHULTE et al. (1995) keine statistisch signifikanten Unter- schiede zwischen diesen beiden Transplantat-Typen feststellen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keine eindeutige und einheitliche Aussage getroffen werden, dass die Wahl eines Al- lografts bei einer ACL-Rekonstruktion eine minderwertige Alternative im Vergleich zu den autologen Transplantaten darstellt.

Als weitere biologische Ursache der Bohrkanalerweiterung wird eine unspezifische Cytokin- vermittelte Entzündungsreaktion diskutiert. Cytokine sind lösliche Proteine, die als interzel- luläre Botenstoffe die Zellproliferation und Proteinsynthese induzieren. Außerdem vermitteln sie Prozesse wie die Zerstörung, den Umbau und die Reparatur von Geweben (JIRANEK et al. 1993). In histologischen Untersuchungen stieß man auf eine der Synovialis ähnelnde Membran („synovial-like membrane“), die sich um das funktionell und morphologisch beein- trächtigte Transplantat gelegt hatte und massenhaft Makrophagen aufwies. Diese Makropha- gen sind in der Lage, Cytokine, wie z.B. Interleukin 1 (IL-1), Interleukin 6 (IL-6), Interleukin 8 (IL-8), Tumor Necrose Faktor Alpha (TNF-α) und Prostaglandin E2 (PGE2) freizusetzen (GOLDRING et al. 1983; JASTY 1993). Dieses führt dann zu einer lokalen Entzündung und in Folge dessen zu einer Knochenresorption, da die Cytokine auch die osteoklastische Akti- vität beeinflussen. Die Freisetzung inflammatorischer Mediatoren wird stimuliert durch das akute Trauma der Kreuzbandverletzung, durch eine Transplantatnekrose, aber auch durch die Knochenzellnekrose in Folge der Hitzeeinwirkung beim Bohrprozess (AMIEL et al. 1986;

FAHEY u. INDELICATO 1994).

Hierdurch wird in der Synovia auch die Zunahme der induzierbaren Nitrit-Oxid-Synthase (iNOS) und die Produktion von Nitrit-Oxid (NO) in der Folge angeregt, welches als freies Radikal gewebeschädigend wirkt und den katabolen Einfluss der inflammatorischen Cytokine noch verstärkt (VAN'T HOF u. RALSTON 2001). Die stickstoffhaltige Verbindung NO wird häufig bei rheumatoider Arthritis nachgewiesen (NOVAES et al. 1997; VAN'T HOF u.

RALSTON 2001).

In der physiologischen, nicht entzündlichen Gelenkflüssigkeit findet man besonders hohe Konzentrationen an Interleukin 1 Rezeptor-Antagonist Protein und „Transforming Growth Factor beta“ (TGF-β) vor. Diese Proteine haben protektive Eigenschaften gegen die kataboli-

(29)

sche Wirkungsweise anderer (inflammatorischer) Cytokine. Durch eine traumatische Einwir- kung verändert sich das Cytokin-Profil und die Konzentration der schützenden Botenstoffe sinkt zu Gunsten der inflammatorischen Mediatoren (CAMERON et al. 1994; CAMERON et al. 1997). In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass die synoviale Flüssigkeit eine Rolle bei der Entstehung des „Bone Tunnel Enlargements“ spielt, da sie den Raum zwischen Transplantat und Bohrkanalwand ausfüllt (L'INSALATA et al. 1997). Die oben genannten schädigenden Botenstoffe und Nitrit-Verbindungen können auf den femoralen und tibialen Knochen einwirken. Dieses Geschehen wird auch als „synovial bathing effect“ bezeichnet. Je größer dieser Zwischenraum ist, je stärker ist auch die Exposition des Knochens mit diesen Mediatoren und die ausgelöste Entzündung und Osteolyse. Durch diesen Effekt ließ sich die hohe TE-Inzidenz bei der Verwendung eines autologen gleichseitigen Patellarsehnendrittels mit zwei anhängenden, größeren Knochenblöcken als Kreuzbandersatz („Bone-Patella-Ten- don-Bone“= BPTB) erklären (FAHEY u. INDELICATO 1994; L'INSALATA et al. 1997).

Andere Studien belegen, dass dieser Totraum mit fibrösem Gewebe ausgefüllt ist und so an- zunehmen ist, dass die Gelenkflüssigkeit bei der Ätiologie kaum von Bedeutung sein kann (JANSSON et al. 1999; YOSHIYA et al. 2000). Im Gegensatz dazu wiesen JACKSON et al.

(1993) einen Zusammenhang zwischen Transplantatschwellung und Bohrkanalerweiterung nach. Sie stellten in einem Ziegenmodell eine Durchmesserzunahme der allogenen und au- tologen Transplantate um 50% fest, welches sich bis sechs Monate post op. nachweisen ließ.

In einem Primatenmodell wurden ähnliche Beobachtungen hinsichtlich der Transplantat- schwellung gemacht (BUTLER et al. 1989). In dieser Studie lag die mittlere Querschnitts- fläche des vorderen Kreuzbandes bei 4,9 ± 0,3 mm² und die der autologen Transplantate bei 8,9 ± 0,8 mm². Nach sieben Wochen betrug die mittlere Querschnittsfläche der Transplantate 13,2 mm². Eine MRI-Studie am Menschen zeigte nach 12 Monaten allerdings nur einen An- stieg des Transplantatdurchmessers um 13% (HAMADA et al. 2005). JÜRGENSEN (2003) konnte in ihrem Schafmodell ebenfalls aufzeigen, dass die Dickenzunahme der Transplantate für die Bohrkanalaufweitung mitverantwortlich war. Allerdings konnte in dieser Studie nicht sicher unterschieden werden, ob es sich dabei um einen hypertrophischen oder hyperplasti- schen Vorgang gehandelt hat.

(30)

2.3.5.2 Mechanische Faktoren

Die vorherrschende Theorie zur Ursache und Entstehung des TE-Phänomens ist, dass jegliche Bewegung des Transplantatkonstruktes im Bohrkanal eine Tunnelerweiterung auslösen kann (FAHEY u. INDELICATO 1994; PEYRACHE et al. 1996; L'INSALATA et al. 1997).

Bei der BPTB- Fixationstechnik mit Interferenzschrauben werden Bewegungen weitestge- hend eingeschränkt. Doch durch die nicht „anatomische“ Positionierung des tibialen Kno- chenblocks weit distal im Bohrkanal liegt das Transplantat bei der „single-incision technique“

über eine Länge von etwa 20 mm mit viel Bewegungsspielraum im tibialen Bohrtunnel. Auch die abgeflachte Form der Patellarsehne vergrößert im tibialen runden Bohrkanal den Zwi- schenraum und ermöglicht transverse Bewegungen. Der so entstehende Bewegungsablauf wird auch als „Scheibenwischer-Effekt“ („windshield-wiper effect“) bezeichnet (L'INSALATA et al. 1997). Die Autoren fanden zudem heraus, dass bei dieser Operations- bzw. Fixationsmethode ein ausgeprägtes tibiales „Tunnel Enlargement“ entsteht, welches auf der femoralen Seite nicht in diesem Ausmaß detektiert werden konnte. Eine weitere Erklärung für die Entstehung einer Bohrkanalerweiterung bei dieser Operations-/Fixationstechnik ist der große Totraum zwischen Transplantat und tibialen Bohrkanal. In diesen druckentlasteten Tunnelarealen kommt es nach dem Wolff’schen Gesetz zu einer Inaktivitätsatrophie des Kno- chens (WOLFF 1892). Dieses als „stress shielding“ bezeichnete Phänomen wird als weitere mögliche mechanische Ursache diskutiert (FAHEY u. INDELICATO 1994; HOHER et al.

1998). BUELOW et al. (2002) sahen außerdem einen Zusammenhang zwischen einer Bohr- kanalaufweitung und der Verwendung großer Interferenzschrauben, die den Bohrkanal zum Zeitpunkt 0 stark vergrößern und zu einer iatrogenen Fortschreitung des „Enlargements“ bei- tragen.

Im Vergleich von BPTB-Transplantaten mit autologen Hamstringsehnen konnten viele Wis- senschaftler den Beweis dafür bringen, dass die TE-Rate bei dem Einsatz von Semitendi- nosus- bzw. Gracilissehnen wesentlich höher ist (L'INSALATA et al. 1997; CLATWORTHY et al. 1999; WEBSTER et al. 2001). Gemeinsam ist diesen Studien, dass die verwendeten Sehnen gelenkfern fixiert worden sind. Diese Tatsache begünstigt eine Elongation des Trans- plantates während der Flexion und Extension des Kniegelenks und somit die Ausbildung einer femoralen und tibialen Bohrkanalerweiterung.

(31)

In der Literatur wird diese longitudinale Bewegung als „bungee-cord effect“ bezeichnet (HOHER et al. 1998). Dieser Effekt ist jedoch nicht spezifisch für Hamstringsehnen, denn er tritt auch z.B. bei der Nutzung von weichgewebigen, allogenen Achillessehnen als Kreuz- bandersatz auf (LINN et al. 1993). Der Ligamentisationsprozess des Transplantates spielt bei der Entstehung eines „Tunnel Enlargement“ ebenfalls eine Rolle. Das Granulationsgewebe zwischen Transplantat und knöcherner Bohrkanalwand wird zunächst durch lockeres Binde- gewebe ersetzt, nach etwa 12 Wochen post op. wird dieses fibröse Gewebe dichter und es kommt zur vollkommenen Adhärenz der Sehne mit der Tunnelwand (CLATWORTHY et al.

1999; YOSHIYA et al. 2000). Die sensitive Phase der biologischen Inkorporation kann durch mechanische Faktoren, wie z. B. Transplantatbewegungen gestört werden und so zu einer durch Osteoklasten vermittelten Knochenresorption mit dem radiologisch sichtbaren Phäno- men der Bohrtunnelaufweitung führen (RODEO et al. 2006). Der Einfluss der osteoklasti- schen Aktivität auf die Einheilung ist von denselben Autoren in einer experimentellen Studie an Kaninchen untersucht und ein Jahr später publiziert worden (RODEO et al. 2007). Es wur- de gezeigt, dass durch Inhibition der Osteoklasten-Aktivität z.B. durch Osteoprotegerin die Einheilung des Transplantates nach Kreuzbandrekonstruktion verbessert und damit eine Ex- pansion des Bohrtunnels vermindert werden kann.

Ein weiterer ätiologischer Faktor ist die Art der Rehabilitation. Die als TE-Ursache angesehe- nen Mikromotionen werden auch durch eine zu frühe und zu starke Belastung des Knies (ag- gressive Rehabilitation) und die fehlende Formenkongruenz des Tunnels und Transplantates verstärkt (WILSON et al. 2004). Die Autoren leiten davon auch das vermehrte Auftreten von

„Tunnel Enlargement“ innerhalb der ersten drei Monate post op. ab.

In einer Studie aus dem Jahr 2004 wurde die tibiale Tunnelaufweitung bei 35 Patienten mit Beugesehnentransplantat und frühfunktioneller Rehabilitation mit der Erweiterung bei 20 Pa- tienten mit additiver Meniskusnaht und Bewegungslimitierung mit Teilbelastung post op. ver- glichen (HANTES et al. 2004). Dabei ermittelten die Autoren eine größere tibiale Bohrkanal- erweiterung bei der Gruppe mit frühzeitiger Bewegung des operierten Knies (46%) als bei den Patienten mit Bewegungseinschränkung (24%). Die Autoren vermuten, dass es einen Zu- sammenhang zwischen der erstmaligen Beschreibung des TE-Phänomens Anfang der 90’er Jahre und der im gleichen Zeitraum erfolgten Einführung der beschleunigten Rehabilitation gibt. Diese Rehabilitationsprotokolle beinhalten Übungen mit voller Extension des Knies,

(32)

Gewichtsbelastung und frühzeitiger Rückkehr zur athletischen Aktivität (vier-sechs Monate post op.), was die Inzidenz von postoperativer Arthrofibrose, Bewegungseinschränkung und vorderem Knieschmerz signifikant senkte (SHELBOURNE u. NITZ 1990). Allerdings wurde die Mikromotion verstärkt und dadurch die Transplantatinkorporation gestört. BOHNSACK et al. (2006) konnten ebenfalls bestätigen, dass der postoperative Aktivitätsgrad und der Mus- kelstatus positiv mit der tibialen Bohrkanalerweiterung korrelierten, d.h. das Patienten mit TE einen signifikant höheren Aktivitätsgrad aufwiesen. Es wurde allerdings auch herausgestellt, dass die mit der Bewegung in Zusammenhang stehende größere Bohrkanalerweiterung keinen negativen Einfluss auf das Behandlungsergebnis und die Kniestabilität hatte. Die Autoren empfehlen vielmehr die frühfunktionelle Nachbehandlung aufgrund der besseren klinischen Ergebnisse. Als mechanischer Faktor der TE-Ätiologie wird auch die falsche Positionierung des Bohrkanals bzw. des Transplantates diskutiert (JAUREGUITO u. PAULOS 1996). Ein falsch platzierter Bohrtunnel kann erhöhte Transplantatkräfte, eine gesteigerte Mikromotion, eine gestörte Einheilung und ein Versagen der Kreuzbandplastik zur Folge haben. Die erhöh- ten Kräfte, die dadurch auf die Tunnelwand einwirken, verursachen eine Osteolyse mit dem Ergebnis des radiologisch darstellbaren „Tunnel Enlargement“ (HOHER et al. 1998).

2.3.6 Operationstechnik und Fixation

Als weitere entscheidende Faktoren bei der Entstehung der Bohrkanalerweiterung werden die Operationstechnik, die Herkunft und Morphologie des verwendeten Transplantates und die Art der Fixation und Bohrung erachtet. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die autologen gleichseiti- gen Patellarsehnendrittel mit zwei anhängenden Knochenblöcken und die Hamstringsehnen (Semintendinosus- und Gracilissehnen) die am meisten eingesetzten Transplantate beim vor- deren Kreuzbandersatz (BENEDETTO 1995; FRANK u. JACKSON 1997). Im Vergleich von BPTB-Transplantaten mit autologen Hamstringsehnen haben einige Studien gezeigt, dass die TE-Rate bei dem Einsatz von Semitendinosus- bzw. Gracilissehnen wesentlich höher ist (L'INSALATA et al. 1997; CLATWORTHY et al. 1999; WEBSTER et al. 2001). Außerdem konnte in einer Studie von PETERSEN u. LAPRELL (2000) histologisch und immunhisto- chemisch dargestellt werden, dass die Einheilung des Transplantates bei der BPTB-Technik mit Inkorporation der Knochenblöcke der physiologischen chondralen Enthese ähnelt und so eine stärkere Verbindung mit dem Knochen eingeht als beim Einsatz von Hamstringsehnen.

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Die fibrokartilaginäre Zone der chondralen Ligament- bzw. Transplantatinsertion soll einen direkten Effekt auf die Verhinderung der Knochenresorption haben und somit die Ausbildung eines „Tunnel Enlargements“ verhindern bzw. mindern können (BENJAMIN u. EVANS 1990). Außerdem wird den Knochenblöcken ein weiterer positiver Effekt nachgesagt, da sie durch die Freisetzung osteoinduktiver Faktoren („Bone Morphogenetic Protein“) das post- operative Aufweiten des Bohrkanals reduzieren (WEBSTER et al. 2001).

Als „Goldstandard“ für die Wiederherstellung eines stabilen und belastbaren Kniegelenks eines adulten Patienten durch operative Rekonstruktion wird von vielen Autoren die Verwen- dung von autologen BPTB-Transplantaten mit metallischen Interferenzschrauben angesehen (WEBSTER et al. 2001; WILLIAMS, III et al. 2004). Bei gelenknaher Fixation mit Interfe- renzschrauben werden Bewegungen zwar weitestgehend eingeschränkt, doch auch bei Einsatz von metallischen oder bioabsorbierbaren Schrauben tritt das Phänomen „Tunnel En- largement“ auf. Wie beschrieben hat dies ihre Ursache hauptsächlich in transversen Bewe- gungen des Transplantates („windshield-wiper effect“) (L'INSALATA et al. 1997).

BUELOW et al. (2002) berichteten, dass bei der Verwendung von Hamstringsehnen mit bio- absorbierbaren Interferenzschrauben die direkt postoperativ vermessene Knochentunnelfläche um 75% größer war als die initial gebohrte. Sie sahen außerdem einen Zusammenhang zwi- schen einer Bohrkanalaufweitung und der Verwendung großer Interferenzschrauben, die den Bohrkanal zum Zeitpunkt 0 stark vergrößern und zu einem Fortschreiten des „Enlargements“

beitragen.

Der Einsatz von Interferenzschrauben beim adulten Patienten ist, aufgrund der guten klini- schen Nachuntersuchungsergebnisse v.a. die Kinematik betreffend, sehr verbreitet. Jedoch birgt gerade diese gelenknahe Fixation im Wachstumsalter die Gefahr der iatrogenen Schädi- gung der noch offenen Epiphysenfugen mit Wachstumsstörungen in der Folge (JÜRGENSEN 2003). Aufgrund dessen mussten Operateure bei juvenilen Patienten auf eher gelenk- bzw.

epiphysenfugenferne Fixationsmethoden wie z.B. mit Endobutton® (Fa. Smith & Nephew, Andover, USA) ausweichen.

Die femorale Transplantatfixation mittels Endobutton® hat den Vorteil, dass sie aufgrund der geringen Größenmaße einen periostalen Wachstumsreiz minimiert, obwohl sie die Wachs- tumsfuge tangiert. Nachteilig bei dieser gelenkfernen im Vergleich zur gelenknahen Befesti- gung ist, dass die primäre Belastungsstabilität bis zur knöchernen Einheilung des Kreuzband-

(34)

ersatzes geringer ist (JÜRGENSEN 2003) und dass das Phänomen der Bohrkanalerweiterung weitaus häufiger ausgelöst wird (L'INSALATA et al. 1997; NEBELUNG et al. 1998;

JANSSON et al. 1999; CLATWORTHY et al. 1999; ZYSK et al. 2000; WEBSTER et al.

2001). Jedoch konnten MA et al. (2004) in ihrer Studie keine signifikanten Unterschiede zwi- schen der Endobutton®- und Interferenzschrauben-Fixation von Hamstringsehnen hinsichtlich des Ausmaßes der Tunnelaufweitung und auch der klinischen Ergebnisse feststellen.

Eine neuere Studie beschäftigte sich mit der Art der Bohrung in Hinblick auf eine postopera- tive Erweiterung des knöchernen Tunnels. Die Wissenschaftler konnten herausstellen, dass es bei knochenextrahierender Hochgeschwindigkeits-Bohrung zu signifikant stärker ausgepräg- tem „Tunnel Enlargement“ kommt, als z.B. bei der Dilatationsbohrungmethode („compaction drilling“). Dabei wurde mit Hilfe von Dilatatoren der Bohrkanal erweitert und so die Kno- chenmasse entlang der Tunnelwand erhöht und dadurch eine ungewollte postoperative Bohr- kanalerweiterung verhindert bzw. vermindert (GOKCE et al. 2008). Eine andere Studie, die sich mit dem Vergleich dieser zwei Bohrungstechniken beschäftigte, konnte allerdings nicht bestätigen, dass bei der Dilatationsbohrungsmethode die Ausbildung einer Tunnelerweiterung signifikant reduziert werden konnte (SIEBOLD et al. 2007).

2.3.7 Femorale und tibiale Tunnelerweiterung

Im Schrifttum gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, welcher der beiden Knochen (Fe- mur, Tibia) häufiger vom Phänomen der Bohrkanalerweiterung betroffen ist.

In der Studie von L'INSALATA et al. (1997) wurden zwei Patientengruppen zu je 30 Perso- nen miteinander verglichen. In der einen Gruppe wurde ein Kreuzbandersatz mit BPTB- Ope- rationstechnik und Interferenzschrauben, in der anderen Hamstringsehnen mit einer Endo- button®- Befestigung verwendet. Die tibialen Bohrkanäle wurden bei beiden Rekonstruktions- arten vermessen, hingegen der femorale Tunnel nur beim Kreuzbandersatz mit Hamstring- sehnen. Insgesamt stellte sich heraus, dass die Hamstring-Gruppe im Vergleich zur BPTB- Gruppe ein weitaus stärkeres TE entwickelte.

(35)

Bei der BPTB- Fixationstechnik mit Interferenzschrauben wurde jedoch ein stärkeres tibiales TE radiologisch dargestellt. Der gemittelte prozentuale Tunneldurchmesseranstieg der Tibia betrug in der ap-Aufnahme 9,7% und in der lateralen Aufnahme 14,4%. Die Autoren inter- pretierten dies mit der nicht anatomischen Positionierung des tibialen Knochenblocks weit distal im Bohrkanal. Dort liegt das Transplantat mit viel Bewegungsspielraum im tibialen Bohrtunnel und ermöglicht das transverse Bewegungsmuster („windshield-wiper effect“) (L'INSALATA et al. 1997). Daraus wurde geschlossen, dass diese Operations- bzw. Fixati- onsmethode die Entstehung und Progression eines tibialen „Tunnel Enlargement“ fördert (AGLIETTI et al. 1998; FINK et al. 2001).

Doch in derselben Studie konnte ebenfalls aufgezeigt werden, dass die Hamstring-Endo- button®-Methode die Ausbildung einer femoralen Bohrkanalerweiterung begünstigt (L'INSALATA et al. 1997). Hierbei war der prozentuale Anstieg des gemessenen femoralen Durchmessers in der ap-Aufnahme mit 30,2% wesentlich deutlicher ausgeprägt als die ge- mittelte Zunahme der tibialen Durchmesser (20,9%). Ähnliche Beobachtungen konnte in einer anderen TE-Studie mit 29 Patienten bei Verwendung von Semitendinosussehnen mit femora- ler Endobutton®-Fixation nachgewiesen werden. Eine Bohrkanalerweiterung von wenigstens 2 mm konnte bei 72% der femoralen und nur bei 38% der tibialen Tunnel identifiziert werden (NEBELUNG et al. 1998).

Diese Forschungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Ausbildung und Entwicklung eines „Tunnel Enlargements“ wesentlich auch von der Operations- bzw. Fixationstechnik be- einflusst wird.

(36)

2.3.8 Formen der Bohrkanalerweiterung

In Hinblick auf Bohrkanalerweiterungen werden in der Literatur verschiedene Tunnel- morphologien differenziert.

In einer Studie Mitte der neunziger Jahre wurden bei 44 Patienten Rekonstruktionen der vor- deren Kreuzbänder mit BPTB-Transplantaten und Interferenzschrauben-Fixation durchgeführt (PEYRACHE et al. 1996). Die Forscher unterteilten die radiologisch abgebildeten Bohrkanäle in drei Typen (linear, kavernenartig und konisch), wobei als lineare Erweiterung eine gleich- mäßige Vergrößerung des Bohrkanals auf der ganzen Tunnellänge gilt, während sich das ka- vernenartige „Enlargement“ höhlenartig ausbuchtet und sich der konische Typ kegelförmig darstellt. Innerhalb dieser Studie war der konische TE-Typ am häufigsten (57%), gefolgt vom kavernenartigen Typ mit 40%. Die lineare Tunnelmorphologie trat nur bei 3% der Fälle auf.

Die unterschiedlichen Tunnelformen wurden des weiteren mit biomechanischen Parametern wie der Laxizität und des Gesamtbewegungsausmaßes bzw. eines Flexions- und Extensions- defizits korreliert, jedoch konnten keine Zusammenhänge zwischen den Tunnelmorphologien und diesen Messergebnissen hergestellt werden. Allerdings konnte zwischen der residualen Laxizität und der Formmodifikation ein positiver Trend nachgewiesen werden, d.h. dass der konische Typ häufiger bei Kniegelenken mit einer Laxizität von mehr als 3 mm auftrat.

Die Formmodifikation der aufgeweiteten Bohrkanäle ist ein multifaktorielles Phänomen, wel- ches nicht immer konstant ist, sondern sich im Verlauf der Zeit ändern kann (PEYRACHE et al. 1996). Biologische Faktoren wie z.B. Knochennekrose nach der Bohrung und die Resorp- tion des nekrotisierten Gewebe spielen eine Rolle. Aber auch mechanische Faktoren, wie z.B.

longitudinale („bungee-cord effect“) und transverse Bewegungen („windshield-wiper mo- tion“) des Transplantates im Bohrkanal und die damit assozierte Fixationsart werden ätiolo- gisch den verschiedenen Tunnelmodifikationen zugeordnet (KLEIN et al. 2003). In dieser Studie aus dem Jahr 2003 sind 29 Patienten erfasst, bei denen ihr gerissenes vorderes Kreuz- band durch Hamstringsehnen mit gelenkferner Fixation ersetzt wurde. Radiologisch wurden dabei vier Tunnelformen differenziert (linear, kavernenartig, zystisch und konisch), wobei sich die Erweiterung beim zystischen Typ als pilzförmig auf dem Röntgenbild darstellte. Der lineare Typ lag mit Abstand am häufigsten vor (59%), danach folgte der kavernenartige Typ (22%) und der zystische Typ (15%). Die konische Tunnelform war mit 4% am seltensten an- zutreffen (KLEIN et al. 2003). Die Autoren erklärten die Häufigkeitsverteilung der TE-

(37)

Formen mit der Operations- und Fixationstechnik. Longitudinale Bewegungen entstehen meist bei gelenkferner Fixation und erzeugen eine lineare Bohrkanalerweiterung und trans- verse Bewegungen, die z.B. häufiger bei BPTB- Transplantaten mit gelenknaher Fixation auftreten, sind verantwortlich für ein konisches Aufweiten des Knochentunnels. Diese Erklä- rungsansätze konnten in einer anderen Studie nicht bestätigt werden, dort trat z.B. bei vorlie- gender longitudinaler Bewegung des Transplantates im Bohrtunnel kein lineares „Tunnel En- largement“ auf, wie es der Theorie nach zu erwarten gewesen wäre (CLATWORTHY et al.

1999).

2.3.9 Klinische Relevanz

2.3.9.1 Revisionsoperationen

Dem Phänomen der Bohrkanalerweiterung kommt in Hinblick auf Revisionsoperationen eine hohe klinische Relevanz zu.

Die Rekonstruktionen nach Verletzungen bzw. Rissen des vorderen Kreuzbandes werden in den USA jährlich an etwa 102 000 Patienten vorgenommen (OWINGS u. KOZAK 1998).

Ein Versagen dieser primären Kreuzbandersatzoperation tritt jährlich bei 3 bis 10% der US- amerikanischen Patienten auf, was sehr häufig einen erneuten operativen Eingriff nach sich zieht. Eine andere Studie aus dem Jahr 1996 schätzt die Revisionsrate 5-10 Jahre nach der Erstoperation auf 8% (WETZLER et al. 1996), eine weitere deutsche Studie gibt gemäß ihrer Untersuchungsergebnisse den Revisionsanteil mit 13% an (WIRTH u. PETERS 1998). Kinder und Jugendliche müssen sich wahrscheinlich weitaus häufiger einem erneuten operativen Eingriff am Knie unterziehen, da die Rerupturrate des Transplantates bei Heranwachsenden deutlich höher als bei erwachsenen Patienten ist (AICHROTH et al. 2002; BALES et al.

2004). In einer Studie von MCINTOSH et. al. (2006), in der bei 16 jugendlichen Patienten ein Kreuzbandersatz mit Hamstringsehnen durchgeführt wurde, lag die Revisionsrate bei 43,8%.

Ein Fehlschlagen nach Kreuzbandrekonstruktion liegt dann vor, wenn eine postoperative In- fektion aufgetreten ist, Schmerzen den freien Gebrauch des Gelenks verhindern, eine erhebli- che Bewegungseinschränkung vorliegt und das Knie instabil geblieben ist oder wieder wurde (KOHN u. RUPP 2000).

(38)

Ätiologisch teilen die Autoren das Misslingen in drei Kategorien ein: Zum einen werden ope- rationstechnische Fehler, zum anderen die mangelhafte Einheilung des Transplantates und ein erneutes Trauma als Ursachen angesehen. Andere Autoren beschreiben eine fehlerhafte Bohr- kanalpositionierung, eine erneute traumatische Einwirkung und eine posterolaterale Defizienz als Hauptfaktoren des Scheiterns des primären Kreuzbandersatzes (NOYES u. BARBER- WESTIN 2001).

Das Vorliegen einer Bohrkanalerweiterung kann die Revisionsoperation erheblich erschwe- ren. Die Schwere der Komplikationen ist abhängig von der Art der Fehlpositionierungen der initial gebohrten Knochentunnel. Diese fehlerhaften Bohrkanalplatzierungen treten sehr häu- fig bei Doppelbündelrekonstruktionen mit insgesamt drei gebohrten Knochenkanälen auf.

Diese Doppelbündelrekonstruktionen werden von vielen Autoren als die überlegenere Kreuz- bandoperationsmethode erachtet, da sie im Vergleich zur Einbündel-Technik der anatomi- schen Komplexität und Stabilität des nativen Kreuzbandes mit zwei Bandanteilen sehr nah kommen (RADFORD u. AMIS 1990). Allerdings konnten dieselben Autoren einige Jahre später diese Hypothese durch einen erneuten Vergleich der unterschiedlichen OP-Techniken im Schafmodell nicht mehr bestätigen (RADFORD et al. 1994). Es zeigte sich, dass bei der DB-Technik die Bohrkanalwände und der Gelenkknorpel verstärkt degenerierten (ossäre Re- sorption) und in Folge dessen die Kniegelenke instabiler wurden.

Da diese diffizile operative Technik sehr oft durchgeführt wird, spielt sie vor dem Hinter- grund der Fehlpositionierungsfrequenz der Bohrtunnel und der Revisionen mit dem erhebli- chen Einfluss des Phänomens der Bohrkanalerweiterung eine bedeutende Rolle.

Die Erschwerung von Revisionen bei vorhandenem „Tunnel Enlargement“ hängt von der Art der fehlerhaften Kanalplatzierung ab. Eine komplette Fehllage des primär gebohrten Tunnels deutlich zu weit ventral ist unproblematisch: der neue Kanal kann dorsal ohne Überlappung des alten angelegt werden. Schwierig wird es bei einer inkompletten Fehllage, hierbei wird ein neuer Kanal gebohrt, der sich mit dem alten überschneidet, wobei eine Fixation mit Inter- ferenzschrauben nicht mehr möglich ist, da diese auf die Integrität der Knochenwand an- gewiesen sind. Bei gleichzeitig vorhandenen Kanalaufweitungen ist eine korrekt anatomische Positionierung des Transplantates äußerst problematisch. Deswegen muss in diesem Fall der Defekt durch Kürettage mit autologem Knochen z.B. aus dem Tibiakopf oder Beckenkamm aufgefüllt werden (KOHN u. RUPP 2000).

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Nach diesem ersten Eingriff muss die Einheilung dieser Knochenplastik abgewartet werden, wobei die Angaben über diesen Zeitraum sehr verschieden sind. So empfehlen einige Autoren eine Karenzzeit von sechs bis 12 Wochen (GETELMANN u. FRIEDMANN 1999) und an- dere vier bis sechs Monate bis zur eigentlichen Revision (OETTEL u. IMHOFF 1998). Auch bei anderen Faktoren, die eine korrigierende Operation notwendig machen, etwa ein erneutes Trauma des Gelenkbandes, muss bei einem erweiterten Bohrkanal trotz korrekter Platzierung des alten Kanals ein zweizeitiges Vorgehen erfolgen.

Wenn das Phänomen der Bohrkanalerweiterung nicht auftritt, kann die Durchführung dieser aufwändigen zweizeitigen Prozeduren in ihrer Zahl verringert werden. Deshalb sollte in Hin- blick auf Revisionsoperationen die Ausbildung eines „Tunnel Enlargements“ vermieden oder minimiert werden (KLEIN et al. 2003). Außerdem wird die Revision mit Doppelbündel- Transplantaten und drei Bohrkanälen bei gleichzeitigem Vorliegen einer stark ausgeprägten Bohrkanalerweiterung nicht angeraten (ZANTOP u. PETERSEN 2007).

2.3.9.2 Kniestabilität und Bohrkanalerweiterung

Von sehr großem Interesse ist auch der Zusammenhang einer postoperativ auftretenden Bohr- kanalaufweitung mit der Stabilität des Kniegelenks. Diverse ältere Studien konnten keinen Beweis dafür liefern, dass es eine Abhängigkeit zwischen klinischen Messergebnissen, wie etwa der AP-Translation als wichtiger Stabilitätsparameter und einer Erweiterung des Bohr- kanals nach vorderer Kreuzbandrekonstruktion gibt (AGLIETTI et al. 1998; CLATWORTHY et al. 1999; FINK et al. 2001; KLEIN et al. 2003). In einer Publikation aus dem Jahr 2005 wurde zwar beschrieben, dass die Laxizität und auch der Anteil von TE (≥ 2mm) bei extra- kortikaler Fixation (Gruppe B) deutlich häufiger auftritt als bei gelenknaher Befestigung (Gruppe A), aber eine Abhängigkeit konnte jedoch nicht bewiesen werden. So traten auch bei Ausschluss der Patienten mit Stabilitätsproblematik signifikant mehr TE in Gruppe B auf (FAUNO u. KAALUND 2005). Allerdings konnte eine andere Studie erstmalig und bisher alleinig eine signifikante Beziehung zwischen einem tibialen „Tunnel Enlargement“ und der anterioren Laxizität des Kniegelenks aufzeigen (WEBSTER et al. 2005). In der Studie von FAUNO u. KAALUND (2005) wurde außerdem die These aufgestellt, dass die ansteigende Steifigkeit des Transplantates bei gelenknaher transkondylärer Fixation einen Einfluss auf das Transplantatverhalten hat. Eine weitere Studie hob hervor, dass die funktionelle und ge-

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wünscht hohe Steifigkeit weitgehend abhängig von der Fixation und in Hinblick darauf die gelenknahe Befestigung im Vergleich zum Endobutton® die überlegenere Methode ist (TO et al. 1999).

2.4 Ziele und Hypothesen dieser Studie

Das Ziel des Forschungsprojekts ist es, grundlegende Informationen über das radiologische Auftreten der Bohrkanalerweiterung im Rahmen einer Kreuzbandersatzoperation bei Indivi- duen mit noch offenen Wachstumsfugen zu gewinnen.

Wir haben Kreuzbandrekonstruktionen an juvenilen Schafen mit gelenkferner Fixation mittels Endobutton® durchgeführt, da die gelenknahe Befestigung die Gefahr des frühzeitigen Wachs- tumsfugenschlusses birgt (JÜRGENSEN 2003). Diese gelenkferne Fixationsmethode kann die Ausbildung einer femoralen Bohrkanalerweiterung begünstigen (L’INSALATA et al.

1997), so dass wir unser Augenmerk auf die femoralen Bohrkanäle gelegt haben.

Es sollte untersucht werden, ob bzw. welche Zusammenhänge mit Parametern aus biomecha- nischen, histologischen und osteodensitometrischen Untersuchungen bestehen.

Die erste Hypothese dieser Arbeit ist, dass ein „Tunnel Enlargement“ (TE) Auswirkung auf die Stabilität des Gelenks hat.

Zweitens wird vermutet, dass die Querschnittsfläche des Transplantates mit einem TE in Zu- sammenhang steht.

Ein besonderes Augenmerk wird auch auf die beiden diagnostischen, bildgebenden Systeme Röntgen und Computertomographie hinsichtlich der Sensitivität bei der Feststellung dieser postoperativen Erscheinung gelegt. Hierzu wird drittens vermutet, dass das Röntgen weniger sensitiv in der Diagnose ist und tendenziell kleinere Durchmesserwerte misst.

Es wird viertens angenommen, dass das TE durch die Prädominanz von knochenabbauenden Osteoklasten bedingt ist.

Die gewonnenen Daten können mit bereits durchgeführten Studien am Schafmodell vergli- chen werden. Sie sind potentiell von erheblicher Relevanz in Hinblick auf postoperative Komplikationen nach Sehnen- und Bandverletzungen bei Kindern und Jugendlichen in der Humanmedizin.

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3 Material und Methoden

3.1 Studienaufbau

3.1.1 Allgemeines

In dieser interdisziplinären Studie wurde bei 32 weiblichen Schwarzköpfigen Fleischschafen im Alter von vier Monaten ein operativer Ersatz des vorderen Kreuzbandes durchgeführt.

Die Schafe wurden in vier Gruppen aufgeteilt, so dass jeweils 8 Tiere sequentiell nach drei, sechs, 12 und 24 Wochen euthanasiert worden sind. Sechs weitere Referenztiere wurden zum Zeitpunkt 0 direkt post operationem getötet.

Alle Eingriffe wurden durch denselben Operateur und mit derselben Operationstechnik durchgeführt. Die nicht operierte, kontralaterale linke Seite diente als Kontrollgruppe bei den biomechanischen Untersuchungen, d.h. nach der Euthanasie wurden die Hintergliedmaßen im Hüftgelenk abgetrennt und die linken und rechten Kniegelenke einer biomechanischen Unter- suchung unterzogen. Die operierten rechten Gelenke wurden für die vorliegende Dissertation radiologisch, histologisch und knochendensitometrisch untersucht.

Der Tierversuch wurde von der zuständigen Behörde, dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) unter der Tierversuchsnummer 05/933 genehmigt.

3.1.2 Zeitpunkt-Null-Tiere

Es wurden Kreuzbandrekonstruktionen an den Kniegelenken von sechs weiblichen juvenilen (vier Monate alten) durchgeführt. Die im Hüftgelenk abgesetzten Hintergliedmaße der Tiere entstammten dem Niedersächsischen Schafverwertungsdienst. Da der Kreuzbandersatz und die Tötung der Schafe am selben Tag stattfand, konnte man so Referenzproben zum „Zeit- punkt Null“ gewinnen. Die Operationen erfolgten durch denselben Chirurgen und nach der im folgenden beschriebenen Methode.

Nach den Eingriffen wurden die Gliedmaßen mit in isotoner Kochsalzlösung getränkten Kompressen umwickelt, in luftdichte Plastikhüllen verschweißt und zur Lagerung bei –20°C eingefroren.

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3.1.3 Nomenklatur

Die insgesamt 38 Tiere wurden zu Beginn der Studie in fünf Zeitgruppen mit jeweils acht bzw. sechs Tieren eingeteilt. Je nach Zugehörigkeit zu einer Zeitgruppe stand an erster Stelle der Nomenklatur die Woche (0, 3, 6, 12 bzw. 24 Wochen). Die zweite Angabe nach dem Schrägstrich ist die individuelle numerische Identifikation eines jeden Schafes innerhalb ihrer Wochengruppe, d.h. es fand pro Wochengruppe eine Durchnummerierung von 1-8 statt bzw.

von 1-6 der Tiere vom „Zeitpunkt Null“. Die dritte Nomenklaturstelle beinhaltete die Kenn- zeichnung der Zugehörigkeit des vorliegenden Präparates zu der intakten oder operierten Gliedmaße, dabei stand ein „i“ für die intakte und ein „o“ für die operierte Seite (Tab.1).

Tab. 1: Nomenklatur der Schafe mit den operierten rechten Kniegelenken und Anzahl der Tiere pro Wochengruppe und Gesamtanzahl innerhalb der Studie.

Nomenklatur/Anzahl der operierten Schafe (rechte Kniegelenke) 0-Wochengruppe 0/1/o; 0/2/o; 0/3/o; 0/4/o; 0/5/o; 0/6/o = 6 3-Wochengruppe 3/1/o; 3/2/o; 3/3/o; 3/4/o; 3/5/o; 3/6/o; 3/7/o; 3/8/o = 8 6-Wochengruppe 6/1/o, 6/2/o; 6/3/o; 6/4/o; 6/5/o; 6/6/o; 6/7/o, 6/8/o = 8 12-Wochengruppe 12/1/o; 12/2/o; 12/3/o; 12/4/o; 12/5/o; 12/6/o; 12/7/o; 12/8/o = 8 24-Wochengruppe 24/1/o; 24/2/o; 24/3/o; 24/4/o; 24/5/o; 24/6/o; 24/7/o; 24/8/o = 8

Gesamtanzahl = 38

3.2 Tierhaltung

3.2.1 Prä operationem

Die 32 juvenilen weiblichen Schafe wurden vom Niedersächsischen Schafverwertungsdienst nach Erhalt der Genehmigung des Tierversuchs zum Zentralen Tierlabor der Medizinischen Hochschule Hannover geliefert und dort eingestallt. Vor der Einstallung wurden alle Tiere einer klinischen Allgemeinuntersuchung und Gewichtskontrolle unterzogen und mit Albenda- zol (Valbazen®, Pfizer, Karlsruhe, Deutschland) oder Moxidectin (Cydectin®, Fort Dodge, Würselen) gegen Endoparasiten behandelt. Es wurden nur Schafe in einwandfreiem Gesund- heitszustand eingestallt. Das Körpergewicht betrug vor der Operation zwischen 28,0 und 35,8

Referenzen

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