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Archiv "Künftiger Bedarf an Ärzten: Verwirrende Zahlenspiele" (11.10.2013)

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eine aktuellen „Anzeichen für einen Arbeitsmarkteng- pass bei Ärzten“ sieht das arbeitge- bernahe Institut der deutschen Wirt- schaft in Köln (IW). „In den nächs- ten Jahren scheiden jährlich rund 6 600 Ärzte aus dem Erwerbsleben aus. Diesen stehen aber knapp 10 000 Absolventen der Humanme- dizin gegenüber“, argumentieren die Autoren einer IW-Analyse. Der- zeit liege Deutschland bei der Arzt- dichte mit 3,84 Ärzten pro 1 000 Einwohner bereits in der internatio- nalen Spitzengruppe. Engpässe sei- en durch im Ausland ausgebildete Ärzte ausgeglichen worden.

Gegensätzliche Bewertung

Der Interpretationsspielraum bei der Bewertung der Arztzahlentwicklung ist offenbar groß. So hieß es zum Beispiel 2010 aus der Abteilung Bedarfsplanung, Bundesarztregister und Datenaustausch der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung (KBV):

„Sehr dramatisch ist die Tatsache, dass immer weniger Medizinstuden- ten ihr Studium zum Abschluss brin- gen, immer mehr Absolventen eines Studiums der Humanmedizin letzt- lich nicht ärztlich tätig werden und

immer mehr junge deutsche Ärzte ins Ausland abwandern, um dort ärztlich tätig zu werden.“ Dagegen kommt der HIS-Medizinerreport 2012 zu der Feststellung: „Die Ab- solventenzahlen in der Humanmedi- zin sind konstant, die Abbrecher- quoten zuletzt sehr gering. . . . Im An- schluss an das Studium entscheidet sich allerdings nur ein geringer Teil für eine Auslandstätigkeit. . . . Medi- zinabsolventen gehen im Anschluss an das Studium relativ schnell in eine reguläre Erwerbstätigkeit über und werden fast ausschließlich als Ärztinnen und Ärzte tätig.“

Dies ist nicht hilfreich für eine vorausschauende Planung der me- dizinischen Versorgung. Derzeit scheint sich das Meinungspendel dahin zu bewegen, dass zumindest für das nächste Jahrzehnt keine dra- matischen Versorgungsengpässe zu erwarten sind. So kommt etwa der Wissenschaftsrat 2012 in seinen

„Empfehlungen zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesund- heitswesen“ zu dem Ergebnis, dass nach den aktuellen Zahlen der Er- satzbedarf an Ärzten gedeckt sei.

„Festzustellen sind allerdings teils deutliche regionale Unterschiede in

der Verteilung der Ärztinnen und Ärzte.“ Auch die IW-Prognose geht mit Blick auf den ärztlichen Ersatz- bedarf und die jährlichen Absolven- tenzahlen in der Humanmedizin da- von aus, dass die Nachfrage mittel- fristig gedeckt werden kann, auch wenn der Ersatzbedarf bis auf 9 500 jährlich zunehmen werde. „Das IW berücksichtigt bei seiner formalen Abgangs-Zugangs-Rechnung nicht, dass viele Absolventen nicht in die Patientenversorgung gehen, sondern in alternativen Berufsfeldern arbei- ten“, kritisiert KBV-Pressesprecher Roland Stahl das IW-Gutachten.

Offen bleibt sowohl in den Emp- fehlungen des Wissenschaftsrates als auch in der IW-Studie, wie hoch im nächsten Jahrzehnt über den Er- satzbedarf an Ärzten hinaus ein et- waiger Mehrbedarf ausfallen könn- te. Dieser wird aufgrund der demo- grafischen Entwicklung, der Zu- nahme chronischer Erkrankungen und des medizinischen Fortschritts von den Experten für unausweich- lich gehalten, könnte nach Meinung des Wissenschaftsrates aber zum Teil auch von entsprechend ausge- bildeten Gesundheitsfachberuflern gedeckt werden.

Vieles ist noch ungewiss

Bei der Besetzung freier Arztstellen sieht derzeit die gefühlte Wirklich- keit für die Personalchefs an den Kliniken trotz IW-Daten noch an- ders aus. Qualifizierte Mitarbeiter werden oft dringend gesucht. Nach Zahlen der Bundesagentur für Ar- beit (BA) liegt die Arbeitslosenquo- te bei Ärzten deutlich unter der Quote, bei der von Vollbeschäfti- gung ausgegangen wird. Allerdings deuten die BA-Daten auf eine ge- wisse Veränderung hin: Seit Mitte 2012 ist die Zahl der gemeldeten offenen Stellen niedriger als die der Arbeitslosen. Prognosen über den Bedarf an Ärzten in zehn Jahren ähneln noch zu sehr der Kaffeesatz- leserei. Völlig offen ist etwa noch, ob und wie sich die Feminisierung der ärztlichen Profession – der An- teil der Ärztinnen bei den Erstmel- dungen bei den Ärztekammern lag 2012 bei 56,6 Prozent – auf den Ar- beitsmarkt auswirken wird.

Thomas Gerst

KÜNFTIGER BEDARF AN ÄRZTEN

Verwirrende Zahlenspiele

Wie eng es künftig auf dem Arbeitsmarkt für Ärzte zugehen wird, darüber sind sich die Experten nicht ganz einig.

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Die IW-Studie im Internet:

www.aerzte blatt.de/

131894

Foto: Lajos Jardai

A 1894 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 41

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11. Oktober 2013

P O L I T I K

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