DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
B
undesarbeitsminister Dr.Norbert Blüm ließ bislang nie einen Zweifel daran aufkommen: Die Vorberei- tungszeit auf die kassenärztliche Tätigkeit sei auch aus seiner Sicht von elementarer Bedeu- tung für die Qualifikation des angehenden Kassenarztes, er- klärte er wiederholt. Und: Auch in Zukunft müsse demnach über die Vorbereitungszeit sicherge- stellt werden, daß der Kassen- arzt das notwendige Rüstzeug für die besonderen Anforderun- gen in der Kassenpraxis mitbe- komme.
Ob sich diese eindeutigen Erklärungen aber auch im Ge- sundheits-Reformgesetz (GRG) niederschlagen werden, scheint zur Zeit ernsthaft in Frage ge- stellt. Denn die Abgeordneten der Regierungskoalition und mit ihnen die Bundesländer beurtei- len den Stellenwert der Vorbe- reitungszeit offenbar ganz an- ders, als der Minister dies tut.
So soll einem Änderungsan- trag der Fraktionen von CDU/
CSU und FDP zum GRG zufol-
Vorbereitungszeit
Air
Wie denn nun, Herr Blüm?
ge die Vorbereitungszeit künftig auch in einer Teilzeitbeschäfti- gung abgeleistet werden kön- nen, wobei völlig offen bleibt, welche Anforderungen hierbei zu erfüllen und wie sie im Zulas- sungsverfahren zu überprüfen wären.
Doch damit nicht genug:
Auch die Tätigkeit als Arzt im Praktikum in der Praxis eines niedergelassenen Arztes soll im Rahmen der Vorbereitungszeit bis zu einer Höchstdauer von sechs Monaten angerechnet werden können. Dies läuft dar- auf hinaus, daß die gesamte Vorbereitungszeit außerhalb des Krankenhauses absolviert werden könnte.
Für den Ersten Vorsitzen- den der Kassenärztlichen Bun-
desvereinigung (KBV), Profes- sor Dr. Siegfried Häußler, ist dies auf gar keinen Fall hin- nehmbar. Häußler zeigte sich über die Vorstellungen der Ko- alition bestürzt und machte aus seinem Ärger über diese Ent- wicklung in einem Schreiben an den Bundesarbeitsminister kei- nen Hehl.
In dem Brief forderte der KBV-Vorsitzende Minister Blüm auf, seine Zusagen einzu- halten und über die Ausgestal- tung der Vorbereitungszeit ein Mindestmaß an Qualifikation für den Kassenarzt zu gewähr- leisten. Vor allem aber solle, wie zugesagt, die Ableistung ei- ner mindestens sechsmonatigen Zeitspanne im Krankenhaus si- chergestellt werden.
Die Antwort aus Bonn steht noch aus. Von ihr wird viel ab- hängen: Nicht nur ein gutes Stück persönlicher Glaubwür- digkeit des Norbert Blüm, son- dern auch die entscheidende Weichenstellung für oder gegen eine ausreichende Qualifikation der künftigen Kassenärzte. JM
W
as haben Eichgesetz und Eichordnung mit der Qualitätssiche- rung in der Medizin zu tun? Mit der Laboratoriumsmedizin zu- mindest — sehr viel! Denn das Eichgesetz regelt nicht nur die Eichpflicht von Meßgeräten, sondern enthält auch Vorschrif- ten für medizinische Meßgeräte.Die Eichgesetznovelle von 1985 hatte zum Ziel, die gesetzlichen Vorgaben an die Entwicklung des medizinisch-technischen Fortschritts anzupassen. Für die Medizin ein wichtiger Nebenef- fekt: Die am 1. November 1988 in Kraft tretende Eichordnung (dazu der Kommentar in diesem Heft) ist Rechtsbasis für die Qualitätssicherung in der Labo- ratoriumsmedizin.
Nicht nur die obligatorische Teilnahme aller Laborärzte an Vergleichsmessungen schreibt die Eichordnung fest, sondern auch die Kompetenz zum Erlaß von Verfahrensrichtlinien durch die Bundesärztekammer. Diese
Qualitätssicherung
Kompetenz bei den Ärzten
sind in den Qualitätssicherungs- richtlinien dargestellt (DÄ Heft 11/1988).
Es ist nur zu hoffen, daß sich bei der Konzeption zukünf- tiger Qualitätssicherungsmaß- nahmen diese frühe Einsicht des für das Eichwesen zuständi- gen Bundeswirtschaftsministers durchsetzt: Qualitätssicherung in der Medizin wird dann effek- tiv sein, wenn sie nicht von au- ßen oktroyiert wird und als Fremdkontrolle konstruiert ist, sondern den Arzt und die ärzt- lichen Organisationen in die Si- cherung dessen einbezieht, was aufgrund des ärztlichen Erfor- dernisses als sinnvolle Eigen- kontrolle festgeschrieben ist.
Die Medizin kommt nicht um-
hin, gerade in Zeiten knapper werdenden Geldes sich intensiv mit der Sicherung der Qualität der eigenen Arbeit zu befassen.
Will die Ärzteschaft zukünf- tig ernst genommen werden in ihrem Bemühen um eine Ver- besserung der Qualität der eige- nen Arbeit, so kann ihr nur an- geraten werden, diesen Weg konsequent fortzusetzen: Fach- gesellschaften und Körperschaf- ten müssen künftig mehr zur Verbesserung der Qualität der ärztlichen Arbeit leisten. Die Rolle des Staates muß dabei auf eine ordnende Rahmenfunktion beschränkt bleiben, die freilich die Bemühungen der ärztlichen Organisationen mitträgt und sich nicht auf Akklamationen beschränkt. Vielmehr muß die Qualitätssicherungsarbeit mit ausreichenden Finanzmitteln aktiv unterstützt werden. Siche- rung der Qualität kostet viel Geld, zahlt sich aber mittel- und langfristig aus. Nutznießer ist der Patient. awa/B ÄK
Dt. Ärztebl. 85, Heft 43, 27. Oktober 1988 (1) A-2941