Die Information:
Bericht und Meinung
Mit einer Ausgabensteigerung für ver- ordnete Arzneimittel in der gesetzli- chen Krankenversicherung um 9,1 v. H. je Mitglied im I. Quartal dieses Jahres gegenüber dem I. Quartal 1980 werden die Zuwachsraten so- wohl des von der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen empfohlenen Arzneimittel-Höchstbetrags als auch der Einnahmen der Krankenkassen um mehr als 100 Prozent überschrit- ten. Damit wächst die Gefahr, daß in einer wirtschaftlich äußerst schwieri- gen Situation Arbeitnehmer und Ar- beitgeber durch weitere Beitragssatz- anhebungen der Krankenkassen zu- sätzlich belastet werden.
Die Konzertierte Aktion hatte im März dieses Jahres eine Steigerungsrate des Arzneimittel-Höchstbetrags für die Zeit vom 1. Januar 1981 bis zum 31. März 1982 um 4,5 v. H. empfoh- len. Dabei waren die Preissteige- rungsrate mit 3,5 v. H. und der Zuwachs der Arzneimittelmenge mit 1 v. H. angenommen worden.
Nach einer Untersuchung des Wis- senschaftlichen Instituts der Orts- krankenkassen (WIdO) liegt die Preis- steigerungsrate in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahres- zeitraum tatsächlich bei 5,5 v. H.
Auch in den Monaten April und Mai hielt der Preisanstieg an. Insoweit kann heute schon festgestellt werden, daß allein auf Grund der Preissteige- rungsrate für Arzneimittel die Arznei- mittel-Höchstbeträge trotz des von der pharmazeutischen Industrie ange- kündigten Preisstopps kaum mehr eingehalten werden können.
Zu der Preissteigerungsrate von 5,5 v. H. müssen 2 v. H. für die soge- nannte Strukturkomponente als Folge der Neueinführung von Arzneimitteln hinzugerechnet werden. Gerade in den letzten zwölf Monaten ist seitens der Hersteller eine Vielzahl neuer Arz- neimittel auf den Markt gebracht wor- den, die in aller Regel erheblich teurer als bereits eingeführte ähnliche Prä- parate sind. Allein die Verordnung dieser neu eingeführten Arzneimittel
im Rahmen der kassenärztlichen Ver- sorgung soll das Preisniveau der Arz- neimittel im Jahre 1980 um 2 v. H.
erhöht haben.
Jeder Kassenarzt wird daher ein- dringlich gebeten, sorgfältig zu prü- fen, ob der therapeutische Nutzen ei- nes neuen Arzneimittels tatsächlich den höheren Preis rechtfertigt. In die- sem Zusammenhang wird erneut auf die Preisvergleichsliste hingewiesen.
Zwar werden hierin lediglich Mono- substanz-Präparate und damit eine relativ geringe- Anzahl von Spezialitä- ten erfaßt, dennoch können durch ei- ne ständige Orientierung an der Preis- vergleichsliste erhebliche Kosten ein- gespart werden. Nach den Arznei- mittel-Richtlinien des „Bundesaus- schusses Ärzte und Krankenkassen"
ist der Kassenarzt gehalten, stets zu prüfen, ob sich der angestrebte thera- peutische Erfolg durch preisgünstige- re Arzneimittel erreichen läßt. Dabei ist auch zu beachten, daß die Verord- nung von Kombinationspräparaten unwirtschaftlich sein kann.
Unter Berücksichtigung von Preis und Strukturkomponente verbleibt somit ein Rest von 1,6 v. H. des Ausgaben- anstiegs, der in seinen Ursachen auf- zuklären ist. Nach Mitteilung der Apo- theker haben sich im I. Quartal 1981 gegenüber dem Vorjahresquartal we- der die Zahl der Rezepte noch die Zahl der verordneten Arzneipackungen pro Rezept erhöht.
Somit kommen als Ursächen die Ver- ordnung oder Abgabe größerer Pak- kungen bzw. Packungsgrößenände- rungen seitens der Hersteller in Be- tracht.
I> Die Kassenärzte werden nach- drücklich gebeten, bei der Auswahl der .Packungsgröße von Arzneimitteln entsprechend den Arzneimittel-Richt- linien die für die Erreichung des Heil- erfolges erforderliche Zeit zu beach- ten und auf dem Rezept die Pak- kungsgrö ße deutlich anzugeben.
Weiter kommt als Ursache die Ver- ordnung teurerer Arzneimittel in Fra-
ge. Hierfür können Anderungen in der Morbidität, demographische Einflüs- se wie aber auch verstärkte Werbe- maßnahmen der pharmazeutischen Hersteller verantwortlich sein. Auch hier werden die Kassenärzte gebeten, das Verhältnis der Kosten zum Heiler- folg sorgfältig abzuwägen und die In- formationen der Hersteller kritisch zu prüfen.
Die den jüngsten Honorarabschlüs- sen zugrundeliegende Strategie einer intensivierten ambulanten kassenärzt- lichen Versorgung, auch zum Zwecke der Einsparung von Kosten in ande- ren Ausgabenbereichen, zeigt nach den vorliegenden Abrechnungsergeb- nissen des I. Quartals 1981 sowohl für den Krankenhaus- als auch für den Heil- und Hilfsmittel-Sektor erste Erfolge.
I> Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bittet daher jeden Kassenarzt, in seinem Bemühen um eine wirtschaftliche, ja sparsame Dia- gnostik und Therapie nicht nachzulas- sen und dabei einer wirtschaftlichen Arzneitherapie noch mehr Beachtung zu schenken.
Der Vorstand hat die Krankenkassen erneut eindringlich darauf hingewie- sen, daß das Bemühen der Kassen- ärzte um die Erhaltung der Finanzier- barkeit der gesetzlichen Krankenver- sicherung nur dann erfolgreich sein kann, wenn auch sie ihre Versicher- ten zur Sparsamkeit bei der Inan- spruchnahme von Leistungen ständig anhalten. Dies fortzusetzen haben die Krankenkassen fest zugesagt.
Es besteht weiterhin mit den Kranken- kassen Einvernehmen darüber, daß den Kassenärzten zukünftig regelmä- ßig eine umfassende Information über ihr Verordnungsvolumen zu- geht. Auch eine bessere Transparenz für den Kassenarzt über seine Verord- nungsweise wird angestrebt.
Die schwierige wirtschaftliche Situa- tion des Jahres 1981 hat auch auf die gesetzlichen Krankenkassen tiefgrei- fende Auswirkungen. Nur in Gemein- samkeit und Solidarität wird es mög- lich sein, das Kassenarztrecht in sei- ner Struktur zu erhalten. Das setzt die Einsicht jedes Kassenarztes vor- aus, daß seine berufliche Existenz eng mit der Entwicklung in der ge- setzlichen Krankenversicherung ver- bunden ist. KBV
Wichtige Information
für alle Kassen- und Vertragsärzte
Hoher Arzneimittelkosten-Anstieg
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 28 vom 9. Juli 1981 1367