as ist neu in der Gesundheits- politik: Die Gesundheitsbe- rufe schließen sich gegen die von der Bundesregierung eingeleite- te Gesundheitsreform zusammen.
Die rund 40 einschlägigen Verbände haben gewiß ihre speziellen Proble- me. Um so erstaunlicher ist es, daß sie sich zusammengefunden haben, um die Kernpunkte der Gesund- heitsreform gemeinsam anzugrei- fen. Insbesondere richtet sich der Widerstand gegen das geplante Glo- balbudget sowie gegen den von Frau Fischers Mannen ausgeheckten Machtzuwachs der Krankenkassen.
Seine erste öffentliche Be- währungsprobe hat das Bündnis so- eben bravourös bestanden (dazu auch der folgende Bericht). Das drückt sich nicht nur an der Teilneh- merzahl der Berliner Kundgebung aus, sondern vor allem in der nach wie vor geschlossen vertretenen Ar- gumentation.
Was die Ärzte allein schwerlich schaffen können, könnten die Ge- sundheitsberufe insgesamt in der Öffentlichkeit rüberbringen, daß nämlich die begrenzten Mittel nicht ausreichen, um alle medizinisch- pflegerischen Leistungen finanzie- ren zu können, daß es nicht um Ein- kommen oder gar hohe Einkommen in Gesundheitsberufen geht, son- dern daß der Patient der Dumme ist, wenn budgetiert wird.
Natürlich geht es den Gesund- heitsberufen auch um die eigenen Arbeitsplätze. Mit Recht befürchten
sie Stellenabbau, wenn die Mittel der Gesetzlichen Krankenversiche- rung anhaltend knapp gehalten wer- den. Schon jetzt erbringen Ärzte, Schwestern und Pfleger Millionen von Überstunden, ohne dafür ange- messen bezahlt zu werden. Wie soll das bei anhaltender Budgetierung durchgehalten werden?
Es ist zu erwarten, daß in den nächsten Wochen die Gegenseite – die Krankenkassen und das mit ih- nen verbündete Bundesgesundheits- ministerium – ein Trommelfeuer der Desinformation zünden wird. Sie werden die Leier von den ausrei- chenden Mitteln und den habgie- rigen Leistungserbringern weiter spielen. Dem Bündnis Gesundheit 2000 stehen deshalb noch manche Bewährungsproben ins Haus. Es wird sie mit Geduld und guten Ar- gumenten bestehen. Hoffentlich!
Anhaltender Streit über die Strategie
Unterdessen leisten sich die Kassenärzte einen bizarren Rich- tungsstreit, der nicht nur das Bünd- nis und dessen fragile Gemeinsam- keit beeinträchtigt, sondern die eige- nen Führer zu entmannen droht.
Anlaß ist die drohende Überschrei- tung des Arznei- und Heilmittelbud- gets, eine Neuauflage aus Seehofers Erbschaft, unglücklicherweise aber politisch verquickt mit der Gesund- heitsreform 2000. Der Vorstand der
Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) hat in dieser Frage statt auf einen Crashkurs („Wartelisten“) auf Verhandlungen mit der Bundes- gesundheitsministerin und den Kas- senverbänden gesetzt und dabei auch einen gewissen Etappensieg er- rungen. Der Länderausschuß der KBV hingegen, in dem die Landes- fürsten der KVen vertreten sind, hat den KBV-Vorstand wegen dieser Strategie abgestraft und gegenüber den Verhandlungspartnern in schie- fes Licht gesetzt. Außerdem ver- sucht er, das Verhandlungsergebnis zu konterkarieren, indem er sich auf Länderebene weitergehende Maß- nahmen vorbehält (dazu der Leitar- tikel in Heft 37 und „Seite eins“ in diesem Heft).
Man mag über die Strategie streiten. Aber es gehört zum politi- schen kleinen Einmaleins, eine ein- mal beschlossene Strategie dann auch durchzuhalten. Wer den eige- nen Leuten mitten im Getümmel in den Rücken fällt, so wie jetzt einige der regionalen Matadore dem Bun- desvorstand, der handelt bar jeder politischen Vernunft. Die Landes- fürsten haben Frau Fischer selbst den (ihr gewiß willkommenen) Vor- wand geliefert, sich weiteren Ver- handlungen zu entziehen.
Übrigens: Kassenarztpolitik be- trifft nicht nur das Arzneimittel- budget, wie die Querelen fälschli- cherweise vermuten lassen. Die Ge- sundheitsreform ist das eigentliche Thema. Norbert Jachertz A-2405
P O L I T I K LEITARTIKEL
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 39, 1. Oktober 1999 (17)