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Archiv "Wende und Wechsel allein schaffen noch keine Zufriedenheit: Gedämpfte Erwartungen auch nach dem Regierungswechsel" (05.11.1982)

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DEUTSCHES • • ZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Wende und Wechsel allein schaffen noch keine Zufriedenheit

Gedämpfte Erwartungen auch nach

dem Regierungswechsel

Karsten Vilmar

Eine Bewertung der aktuellen so- zial- und gesundheitspolitischen Lage nach dem Regierungs- wechsel in Bonn unternahm Dr.

Karsten Vilmar, der Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages (Bre- men), anläßlich der Hauptver- sammlung des Hartmannbundes am 21. Oktober in Baden-Baden.

Moderate Hoffnungen bis hin zu fast euphorischen Erwartungen, die neue Bundesregierung werde die Fehlentwicklungen der letzten Jahre, namentlich seit 1977, nachhaltig korrigieren, werden von jenen warnenden Stimmen zum Teil aufgehoben, die sich von einem Wechsel nicht all zuviel versprechen und schon gar nicht eine radikale Wende voraussagen.

Niemand sollte sich einreden lassen — schon gar nicht die Ärzte- schaft —, daß mit der Regierungsneubildung sämtliche Probleme des Staates erkannt und alsbald gelöst sein werden. Die Reformpro- bleme liegen zentnerschwer vor uns, und man wird nicht bestreiten können, daß sie auf Ursachen zurückgehen, die nicht erst in den letzten Jahren virulent wurden. Gewiß hat die verflossene Regierung auch auf sozial- und gesundheitspolitischem Gebiet bereits vor Jahren falsche Weichen gestellt, die in die Sackgasse geführt haben.

Viele Probleme sind zweifellos importiert worden.

Manche Wurzeln des Übels sind aber auch unbestreitbar bei uns gegründet worden. Und dies gilt es, jetzt zu erkennen. Es geht nicht um eine einseitige Schuldzuweisung, sondern nur um die Erkennt- nis, wie es dazu gekommen ist, damit die drängendsten Probleme künftig besserund gemeinsamgelöst werden können.

Wechsel und Wende allein schaffen nämlich noch keine Zufrieden- heit und keine Befriedigung. Die sich dramatisch verschlechternde wirtschaftliche Lage, in der sich die Bundesrepublik Deutschland derzeit befindet, hat zweifellos auch Auswirkungen auf die Gesund- heits- und Sozialpolitik. Dadurch werden zwangsläufig auch das ärztliche Handeln und die Versorgung der Patienten berührt. Den- noch wäre es verfehlt, anzunehmen, daß eine rein bürokratisch- technokratische Regelung von vielen Einzelheiten die große Wende und den Wechsel herbeiführen kann. Vielmehr müssen wir endlich von dem Irrglauben abkehren, daß nicht alles zwangsläufig schon deshalb besser wird, wenn der gesellschaftspolitische Gestaltungs- raum einschließlich der Regelung aller Details freiwillig und ohne Widerstand allein dem Staat überantwortet wird.

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 44 vom 5. November 1982 19

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

Erwartungen nach dem Regierungswechsel

In einem ist den Ankündigungen von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl zuzustimmen: Heute muß es vorrangig darum gehen, Eigenver- antwortung und Eigeninitiative wieder mehr zu fördern, die Lei- stung zu belohnen und nicht zu bestrafen. Die Politik ist aufgeru- fen, sich an realen und nicht an irrealen Zielen zu orientieren.

Es ist ein „Markenzeichen" einer verfehlten Gesundheitspolitik, daß man sich weithin an der Definition des utopischen Gesundheitsbe- griffes der Weltgesundheitsorga- nisation (WHO) orientiert, der als Maß aller Dinge den Zustand des vollständigen physischen, psychi- schen und sozialen Wohlbefin- dens postuliert und alles, was von dieser Norm abweicht, im Umkehr- schluß als Krankheit ansieht mit der Folge, daß alle Abweichungen von der Schablone als behand- lungsbedürftig deklariert wurden.

Insbesondere die Forschungspoli- tik konnte sich davon nicht frei- sprechen.

Gerade dieser Irrglaube, der eine ungeahnte Aktionsspirale auslö- ste, muß korrigiert werden, bevor konkrete Einzelreformmaßnah- men zielgerecht angegangen wer- den können. Wir müssen die neue Bundesregierung beim Wort neh- men: Es muß Schluß sein mit stän- digen Eingriffen des Gesetzgebers in die Rechte der sozialen Selbst- verwaltung und in das System der gegliederten Krankenversiche- rung. Die soziale Selbstverwal- tung, die Gemeinsamkeiten in der Selbstverwaltung von Kranken- kassen und Ärzten, haben sich nachweislich bewährt. Aufgrund freiwilliger Selbstbeschränkungs- maßnahmen haben sie die Kosten in den Griff bekommen, haben sie Kostendämpfung bewirkt — jeden- falls im ambulanten Sektor, wie die jüngsten Statistiken der ge- setzlichen Krankenversicherung beweisen. Kostendämpfung ist al- lerdings dort noch nicht eingetre- ten, wo der Staat, der Gesetzge- ber, mit Planung alles regeln wollte, nämlich im Krankenhaus- wesen.

Man sollte jetzt aber nicht laut ver- künden, dieses auch im internatio- nalen Vergleich vorbildliche Sy- stem habe versagt, nur weil man es permanent und in politisch durchsichtiger Absicht überfor- dert hat, indem man ihm dauernd neue Leistungen und Ansprüche aufbürdete — oder, daß man, wie in der letzten Zeit häufiger gesche- hen, die gesetzliche Krankenversi- cherung als zweites „Besteue- rungssystem" zu mißbrauchen versucht.

Auf das Wesentliche konzentrieren

In einem weiteren Punkt ist den Ankündigungen der neuen Bun- desregierung und ihrem für das Gesundheits- und Krankenhaus- wesen zuständigen Bundesmini- ster zuzustimmen: Wir müssen uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren. Es bedeutet kei- nesfalls eine soziale Demontage, wenn wir uns auch mit dem Gedanken der Selbstbeteiligung als Steuerungsinstrument (nicht aber als Mittel zur Geldbeschaf- fung auf Kosten der Kranken) ver- traut machen und ihn nicht ein- fach ablehnen. Teile der Ärzte- schaft haben früher einmal — An- fang der siebziger Jahre — die Selbstbeteiligungsdiskussion in der gesetzlichen Krankenversiche- rung kontrovers geführt. Aber auch die Ärzteschaft ist nicht da- vor gefeit, klüger zu werden. Poli- tiker sollten dies ebenso wenig sein. Die Selbstbeteiligung ist ge- wiß kein Mittel zur „Domestizie- rung der Patienten". Es geht einfach darum, das System der Krankenversicherung wieder auf seine Ursprungsaufgaben und auf das Wesentliche zurückzuführen, denn sonst überfordern wir das Ganze und werden das Gebäude schließlich zum Einsturz bringen.

Eine Überfrachtung der gesetzli- chen Krankenversicherung mit sach- und systemfremden Aufga- ben und Lasten birgt zudem die Gefahr, daß den wirklich Schutz- und Sicherungsbedürftigen nicht mehr das notwendige Maß an

sozialer Sicherung zuteil werden kann.

Politiker und Gesetzgeber dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Bevor von dieser Seite Mißbrauch angeprangert und die Schuld anderen zugewiesen wird, sollte sich die Politik fragen, in- wieweit sie selbst mitverantwort- lich und für die sich immer mehr auftürmenden „Reformbrocken"

mitverantwortlich sind. Die Ge- setzgebung der letzten beiden Le- gislaturperioden hat unbestreitbar eine übermäßige Expansion der Leistungsansprüche an die ge- setzliche Krankenversicherung verursacht. Wenn sich der einzel- ne Bürger dieses Angebotes be- dient, kann man ihm doch nicht verdenken, wenn er dieses auch annimmt, denn er befriedigt seine Interessen „völlig legal". Es ist jetzt die vornehmste Aufgabe der Politik, den Leistungskatalog und das ausufernde Betreuungsange- bot zu durchforsten. Nicht die im Gesundheitswesen Tätigen (oft als

„Leistungsanbieter" bezeichnet), sondern die „Paragraphenanbie- ter" müssen sich beschränken.

Politik mit Augenmaß ist gefragt, nicht hingegen ein unüberlegter Sozialbeglückungs-Aktionismus, der interventionistisch und dirigi- stisch einwirkt. Das gilt auch für die aktuelle Gesetzgebung. Denn es ist völlig gleichgültig, ob man den jetzt unternommenen Reform- versuch als ein „Gesetz zur Än- derung sozialversicherungsrecht- licher Vorschriften" (Sozialver- sicherungs-Änderungsgesetz — SVÄG —) oder als ein reines Arti- kelgesetz bezeichnet, wenn die Er- gebnisse identisch sind.

Ein Beispiel, das kaum eine Ab- kehr von der „Erblast" der verflos- senen sozialliberalen Regierung erkennen läßt, ist die sogenannte Negativ-Liste, für „auszugrenzen- de" Arzneimittel, die mit dem SVÄG dekretiert werden soll.

Durch die schwammigen und unsystematischen Abgrenzungen derjenigen Arzneimittel, die aus der Erstattungspflicht der gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV)

20 Heft 44 vom 5. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

(3)

Senkung des Beitrags der Rentenversicherung zur Rentner-Krankenversicherung

Beiträge dürfen keine

politische Manövriermasse sein

Gemeinsame Erklärung der Spitzenverbände

der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung,

veröffentlicht am 26. Oktober 1982

„1. Krankenkassen, Ärzte und Zahnärzte lehnen übereinstimmend die geplante Kürzung des KVdR- Beitrages im Jahre 1983 in Höhe von mehr als 2 Milliarden DM zur Konsolidierung des Bundeshaushal- tes ab. Diese Absicht widerspricht eklatant dem gerade von der Bun- desregierung verkündeten Grund- satz, keine willkürlichen Finanzver- schiebungen zwischen den einzel- nen Sozialversicherungsträgern vor- zunehmen.

2. Das Beitragsaufkommen der So- zialversicherung darf nicht als poli- tische Manövriermasse zur Entla- stung des Bundeshaushaltes be- nutzt werden, andernfalls muß bei den um Beitragssatzstabilität be- mühten Selbstverwaltungen der Eindruck entstehen, daß ihr Han- deln sinnlos ist. Anstrengungen zur Kostendämpfung in Eigenverant- wortung werden zunichte gemacht.

Der Schaden durch Demotivation der Beteiligten im Gesundheitswe- sen ist größer als der beabsichtigte kurzfristig finanzielle Effekt.

3. Die Krankenkassen, die für mehr als 90 Prozent unserer Bevölkerung die medizinische Versorgung si- cherstellen, haben durch gemeinsa- me Bemühungen mit ihren Ver- tragspartnern alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit Erfolg genutzt, um in der Krankenversi- cherung stabile Beiträge zu sichern.

Durch die Kürzung des KVdR-Bei- trages werden Beitragssatzerhö- hungen im 1. Quartal 1983 unum- gänglich sein. Damit wird den Selbstverwaltungen der Kranken- versicherung die Schuld für Bei- tragserhöhungen zugewiesen, die eigentlich in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung notwendig wä- ren." [1]

Die Information:

Bericht und Meinung Erwartungen nach dem Wechsel

ausgeschlossen werden sollen und dann „im Zusammenhang mit schwerwiegenden Erkrankungen"

dennoch zu Lasten der GKV ver- ordnet werden dürfen, zeigen doch nur, daß der Konflikt in die — gottlob — noch intakten Beziehun- gen zwischen Arzt und Patient ver- lagert werden soll. Und unnötiges Mißtrauen wird dadurch zwischen Arzt und Patient gesät, wenn man partout detailliert neue Regelun- gen in die Reichsversicherungs- ordnung (RVO) einführen will, die bis ins einzelne die Ausstellung von Bescheinigungen zur Arbeits- unfähigkeit kontrollieren und zu einer verschärften Überwachung der Kranken führen sollen. Dieses Unterfangen — im Verein mit den ebenfalls in die RVO eingebun- denen Maßregelungsinstrumenten wie etwa Verwarnung, Verweis und drakonische Geldbußen — ist doch nur ein weiterer Schritt zu einem reinen Verantwortungsver- lagerungsmechanismus.

Wir Ärzte müssen uns dagegen wehren, daß der Gesetzgeber so- wohl den Patienten als auch den Arzt in die Rolle von potentiellen Betrügern drängt. Jedenfalls müs- sen wir Ärzte zunächst als wahr unterstellen, was der Patient uns als Beschwerden klagt.

Die Politiker—gleich welcher Cou- leur — sollten das Pro und Contra der Argumente erst einmal gründ- lich durchdenken und analysieren, ehe sie vorschnell mit dem Vor- wurf bei der Hand sind, die ärztli- chen Einwände seien reine Inter- essenpolitik. Die Politiker sollten es den Ärzten endlich einmal ab- nehmen, daß ihr Einsatz der best- möglichen ärztlichen Versorgung und der sozialen Sicherung im Interesse der Schutzbedürftigen und sozial Schwachen gilt.

Die Ärzteschaft hat sich nicht erst unter dem Eindruck der politi- schen Ereignisse dazu bereit er- klärt, im Verein mit anderen ge- sellschaftlichen Gruppen ihren so- lidarischen Beitrag zu leisten. Eine zeitlich befristete „Honorarpause"

(keine Veränderung des Punkt-

wertes, dagegen bleibt das Lei- stungsvolumen unberührt) kann es aber nur dann geben, wenn sich auch die Tarifvertragspartei- en und die Unternehmer mit ihrer

Preispolitik dazu verbindlich be- reit erklären, ihr Scherflein dazu beizutragen.

Der neue Bundesminister für Ar- beit und Sozialordnung, Dr. Blüm, hat ein halbes Jahr „Atempause"

in der Lohnpolitik gefordert. Die Ärzteschaft muß indes daran erin- nern, daß sie bereits seit einein- halb Jahren eine Atempause ein- hält und damit ihr „Soll" insoweit bereits dreifach erfüllt hat.

Andererseits muß auch gesagt werden, daß irgendwann einmal

„die Luft ausgeht"; dann muß man wieder frei atmen können.

Auch ein anderer Appell richtet sich an die neue Bundesregie- rung: Es sollte endlich mit der Pseudoforschung und den zahlrei- chen Modellvorhaben, der Totaler- fassung von Menschen in allen möglichen Registern, Schluß ge- macht werden. Es ist unerträglich, wenn solche Vorhaben mit einem Millionenaufwand öffentlicher Gelder betrieben werden, ohne ei- nen richtig begründeten wissen- schaftstheoretischen Ansatz nach- weisen zu können.

Auch kann es nicht angehen, Mo- dellversuche durchzuführen und sie auf Dauer zu institutionalisie- ren, ohne überhaupt die Ergebnis- se abzuwarten und ohne zu wis- sen, ob das Ganze nötig und wei- ter finanzierbar ist.

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 44 vom 5. November 1982 21

(4)

Die Information:

Bericht und Meinung

Erwartungen nach dem Regierungswechsel

Wir erwarten, daß die Ausbildung zum Arzt, aber auch die Ausbil- dung in anderen Berufen, neu überdacht wird. Es sollte endlich Schluß gemacht werden mit einer Bildungspolitik, die weiterhin die Quantität über die Qualität stellt.

Gerade im Medizinstudium ist es weltfremd, die Kapazitäten der Ausbildung ausschließlich nach dem letzten Hörsaalplatz in der Vorklinik zu bemessen. Hier muß die gesamte Ausbildung zugrunde gelegt werden. Die Kapazitäten beim Medizinstudium werden ein- deutig durch die Zahl der für die Ausbildung zur Verfügung stehen- den Patienten begrenzt. Es wäre gesundheitspolitisch verfehlt, nur für die Ausbildung die Zahl der Patienten zu erhöhen. Auch hier ist Realismus und Nüchternheit gefragt. Vordringlich ist es, die Ka- pazitätsverordnungen zu überar- beiten. Dies müßte um so leichter fallen, als jetzt die politischen Mehrheiten in Bund und Ländern gleichgerichtet sind.

Wir Ärzte wenden uns gegen Ten- denzen zur Entwissenschaftli- chung der ärztlichen Ausbildung und Berufsausübung. Nur wenn es gelingt, durch eine durchgängig novellierte Approbationsordnung für Ärzte ärztliches Handeln, ein Denken in Zusammenhängen zu trainieren und zu erlernen, sozia- les Engagement zu fördern, wer- den wir den Anforderungen an den Arzt der Zukunft gerecht wer- den. Nur dann kann ein Arzt wirk- lich das Bestmögliche für seine Patienten leisten.

Bei der Reform der amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) scheint die neue Bundesregierung den Absprung vom abfahrenden Zug nicht riskieren zu wollen. Sie vollstreckt damit ein Werk der al- ten präfinalen Bundesregierung.

Gewisse kosmetische Korrektu- ren am GOÄ-Entwurf im Laufe des Beratungsschlußaktes können nicht die Gesamtwertung entkräf- ten, daß mit einer solchen GOÄ die Weichen zu einer Einheitsversi- cherung und zu Einheitsgebühren gestellt werden. Die erstmals ein- geführten Schwellenwerte werden

sich wie Richtgebühren auswir- ken. Insbesondere die einge- schränkte Abdingung und die Schwellenregelung sind mit der Ausgangsbedingung, nämlich § 11 der Bundesärzteordnung (BÄO), nicht in Einklang zu bringen; sie sind verfassungsrechtlich bedenk- lich und verstoßen in jedem Fall gegen die Vertragsfreiheit. Und die Bundesländer haben nicht der Verlockung widerstanden, etwas Sozialismus in Kauf zu nehmen, nur weil man als Beihilfezahler et- was mehr Geld zu sparen glaubte.

Sachlicher Dialog notwendig Die Ärzteschaft ist auch künftig zu offenen, sachlichen Gesprächen bereit — mit der Regierung wie mit der Opposition, gleichviel, welche Partei diese stellt. Auch mit den Parteien und den gesellschaftlich relevanten Gruppen wird die Ärz- teschaft weiter in Dialog treten.

Die Ärzteschaft ist aufgerufen, ihre bereits in der Vergangenheit vor- getragenen Argumente beharrlich und überzeugend vorzutragen, denn nur bei Zähigkeit und Be- harrlichkeit wird die Saat auf- gehen.

So sehr in der Politik Wende und Umkehr gefragt sind, bei der Ärz- teschaft besteht weiterhin Konti- nuität in der Argumentation. Sie braucht sich nicht umzustellen, auch nicht nach einem Regie- rungswechsel. Die ärztlichen Vor- schläge und Reformanliegen sind aus der harten Erfahrung der tägli- chen Praxis erwachsen; sie beru- hen auf wissenschaftlich gesicher- ten Fundamenten. Auch in Zu- kunft werden die ärztlichen Argu- mente, der Sachverstand aller Be- rufsgruppen in die politische Pra- xis einbezogen und umgesetzt werden müssen. Wenn wir dies ge- meinsam energisch anpacken, ha- ben wir keinen Grund zur Resigna- tion. Wer Sachverstand und Über- zeugungskraft hat, wird auf Dauer im Interesse des Ganzen Partner finden.

Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41 (Lindenthal)

NACHRICHTEN

Bundesärztekammer plädiert für umfassendes Gesundheitsressort

Bei ihren „Antrittsbesuchen" ha- ben der Präsident der Bundesärz- tekammer, Dr. Karsten Vilmar, und der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Prof. J. F.

Volrad Deneke, gegenüber dem neuen Bundesgesundheitsmini- ster, Dr. Heiner Geißler, und dem neuen Bundesarbeitsminister, Dr.

Norbert Blüm, nochmals erläutert, daß alle Bereiche des Gesund- heitswesens in einem Ministerium zusammengefaßt werden sollten.

Bisher ist die Ressortzuständig- keit auf das Bundesarbeitsministe- rium und das Bundesgesundheits- ministerium verteilt. Bereits im CDU-Gesundheitsprogramm von 1978 war eine entsprechende For- derung auf Zusammenfassung der Zuständigkeiten gestellt worden.

Geißler und Blüm erklärten gegen- über den Vertretern der Ärzte- schaft, vor den Bundestagsneu- wahlen werde an der Ressortver- teilung nichts geändert. Sie ließen offen, ob nach der Wahl eine Neu- verteilung vorgenommen wird.

Vor der Presse hat Minister Geiß- ler allerdings seinen Wunsch nach einer Vereinigung der für das Ge- sundheitswesen zuständigen Ab- teilungen und Referate im Bun- desgesundheitsministerium be- kräftigt. Minister Blüm, ebenfalls von der Presse darauf angespro- chen, wollte indes zu dieser For- derung keine Aussage machen. NJ

Krankenhäuser:

Überstundenregelungen werden überprüft

Die bis zum 31. Dezember 1981 befristete Mehrarbeitsregelung für Beamte im ärztlichen Dienst in Krankenhäusern sowie für den

„Bereich der inneren Sicherheit"

in Höhe von maximal 60 Stunden im Monat soll bis zum 31. Dezem- ber 1984 wieder eingeführt wer- den. Erst ab 1985 soll die Höchst- grenze auf 50, ab 1986 auf 40

22 Heft 44 vom 5. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe B

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