Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 50|
11. Dezember 2009 A 2525 BÖRSEBIUSSchock durch Scheich
O
h mein Gott, wie nervig kön- nen Finanzmärkte doch sein.Da hatten die Auguren eben noch die Jahresendhausse beschworen, und in der Tat bewegten sich die Kurse, der Prognose brav folgend, schön nach oben. Doch in der letz- ten Novemberwoche wurden die Optimisten komplett und abrupt auf dem falschen Fuß erwischt.
Dubai ist quasi pleite, tickerte über die Agenturen weltweit, und im Gefolge dieser Hiobsbotschaft brachen die Kurse allerorten ein.
Die Finanzkrise, scheinbar schon überwunden, kehrte offenbar mit Macht zurück. Banken, Bauwerte, Versicherungen waren die am meis- ten gebeutelten Titel. Am schlimms- ten war aber, dass nun wieder die Angst durch die Börsensäle waberte und das Nervenkostüm der Anleger zum Flattern brachte, während die Weltuntergangspropheten frohlock- ten, es sei ja doch wohl klar gewe- sen, dass der Krach an den Märkten
noch lange nicht ad acta sei. Im Gegenteil: Der Finanzgau sei nicht mehr auszuschließen.
Nun macht mal hübsch halb- lang. Es ist ja alles gar nicht so schlimm. Wenn die Dubai-Krise eines gezeigt hat, dann ist es die er- staunliche Erkenntnis, dass viele Marktteilnehmer Äpfel mit Birnen vergleichen und bloß scheinbar be- drohliche Kulissen von ernsten Be- drohungen nicht zu unterscheiden vermögen.
Zugegeben, das Scheichtum Du- bai hat im wahrsten Sinne des Wor- tes auch noch Öl ins Feuer gegos- sen, als die dortige Regierung er- klärte, man hafte auf keinen Fall für die Schulden anderer und wie der Rest der Welt diese Staatshaftung auch noch implizit annehmen kön- ne, sei höchst verwunderlich. Zur Erinnerung: Die „Schulden ande- rer“ sind die der Staatsholding Du- bai World, die ihre Gläubiger um einen milliardenschweren Aufschub
ihrer kurz bevorstehenden Rück- zahlungsverpflichtungen bat.
So eine Chuzpe! Natürlich nahm tout le monde diese immanente Ga- rantie an, sonst wäre niemals so viel Kapital in die Region geflossen, so blöd sind die global agierenden In- vestoren dann doch nicht.
Gleichwohl handelt es sich hier nicht um eine systemrelevante Kri- se, sondern vor allem um ein Pro- blem privater Investoren. Das wer- den die Märkte auch bald erkennen.
Ein Großteil der Investitionen in Dubai wurde nicht durch große Fi- nanzinstitutionen geleistet, sondern durch geschlossene Fonds erbracht, vor allem also – wieder einmal – auch durch deutsche vermögende Anleger.
Ob diesen Investoren von An- fang an klar war, dass ihre Dubai- Engagements einmal wackeln könn- ten, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis. Dass sie ohnehin für viel Geld wenig Substanz erworben haben, dazu hätte es des Emirat- debakels gar nicht bedurft. Das gilt auch, wenn sich die Krise vor Ort wieder beruhigt, wofür einiges spricht. Dennoch, überteuert bleibt
stets überteuert. ■