• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Wirtschaftlichkeitsprüfungen: Ein Korsett bürokratischer Prüfungsmechanismen (Folge 8)" (17.10.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Wirtschaftlichkeitsprüfungen: Ein Korsett bürokratischer Prüfungsmechanismen (Folge 8)" (17.10.2003)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

as GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) will mit einem bürokrati- schen Wust von Zulassungsvor- aussetzungen und zusätzlichen Wirt- schaftlichkeitsprüfungen die vertrags- ärztlichen Verordnungen noch mehr an die staats- und kassendirigierte Kanda- re nehmen. Begründet wird die völlig neue Systematik und Organisation der Richtigkeits- und Wirtschaftlichkeits- prüfungen in der vertragsärztlichen Versorgung (einschließlich der dazu er- forderlichen immensen Datenlieferun- gen) damit, in der Vergangenheit seien die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht wirksam und effizient gewesen.

Prinzipiell neu ist die gesetzliche Vorschrift, dass Wirtschaftlichkeitsprü- fungen künftig in der Regel durch dar- auf spezialisierte Personen durchge- führt werden. Diese müssen regelmäßig die Ergebnisse ihrer Prüfungen in so genannten Rechenschaftsberichten nachvollziehbar und transparent offen legen. Die herkömmlichen Stichpro- ben- und Auffälligkeitsprüfungen sol- len nebeneinander bestehen bleiben.

Auffälligkeitsprüfungen erfolgen grund- sätzlich bei Überschreitung einer Prüf- schwelle von 25 Prozent der vereinbar- ten Richtgröße oder bei sonstigen er- heblichen Auffälligkeiten. Die geprüf- ten und auffällig gewordenen Vertrags- ärzte sollen wie bisher die Möglichkeit haben, in Konfliktfällen und bei Ein- wänden Beschwerdeausschüsse anzu- rufen.

Eine „Erfindung“ des GMG ist die Vorschrift, dass künftig die Vorstände der Krankenkassenverbände und der Kassenärztlichen Vereinigungen für ei- ne ordnungsgemäße und wirksame Um- setzung der Regelungen haften sollen.

Die Vorschriften und deren Begrün- dung sind von Unterstellungen, Be- hauptungen und Misstrauen gekenn- zeichnet. Daraus werden Folgerungen und vorschnelle Schlussfolgerungen ab- geleitet, die insgesamt dann eine Kaska- de von Prüfungsorgien auslösen sollen.

Hinzu kommt: Die gesetzlichen Auf- lagen bei der Überprüfung, beim Fort- bildungs-, Sachkunde- und Qualitäts- nachweis sowie bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von Arznei- und Heilmittelverordnungen werden ver- schärft.

In der ärztlichen Versorgung werden folgende verschärfte bürokratische Auflagen verankert:

> „Fehlverhaltens“-Bekämpfungs- stellen bei den Kassenärztlichen Verei- nigungen ermitteln Unregelmäßigkei- ten.

> Obligatorischer Fortbildungsnach- weis mit eventuellen Vergütungssank- tionen („Abschlägen“),

> ein verschärftes Reglement zum Nachweis und zur Prüfung, und zwar:

Fachkundenachweis, Qualitätsnachweis, P O L I T I K

A

A2690 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4217. Oktober 2003

Wirtschaftlichkeitsprüfungen

Ein Korsett bürokratischer Prüfungsmechanismen

Künftig haften Vorstände der Kassenverbände und der Kassenärztlichen Vereinigungen für eine

ordnungsgemäße Umsetzung der Regelungen.

Folge 8

ausdrücklich erlaubt, die Einwendun- gen gegen einzelne Punkte nach Bezah- lung der Rechnung geltend zu machen und gegen spätere Rechnungen mit Rückzahlungsansprüchen aufzurech- nen. Nicht gestattet sei es der Kranken- kasse jedoch, bei beanstandeten Rech- nungen lediglich den unbestrittenen Teil der Forderung gleichsam als Vor- schusszahlung unter Zurückbehaltung des bestrittenen Anteils bis zur ab- schließenden Klärung zu leisten.

Das Sozialgericht Nordrhein-West- falen hat hingegen im März 2003 ein Urteil gefällt, wonach den Bestimmun- gen in Nordrhein-Westfalen nichtent- nommen werde könne, dass schon auf- grund einer nur formal ordnungs- gemäßen Krankenhausrechnung die Krankenkassen verpflichtet sind, unge- achtet eventueller Einwendungen ge- gen die Richtigkeit der Abrechnung die Rechnung innerhalb der Zahlungsfrist von 15 Tagen zu begleichen (Az.: L 5 KR 141/1). Es liege auf der Hand, dass eine sachliche Prüfung innerhalb der vereinbarten Frist kaum möglich sei, so- dass Krankenkassen immer darauf ver- wiesen wären, nachträglich eine Rück- forderung geltend zu machen. Der Fall liegt nun dem Bundessozialgericht als letzter Instanz zur Entscheidung vor.

Zahlen lügen nicht

Unabhängig von dieser unklaren Rechtslage versichern zumindest die großen Krankenkassen mit Nachdruck, sämtliche Rechnungen – also auch die strittigen – innerhalb der Zahlungsfrist zu begleichen. Diese Aussage ist mit den Ergebnissen der KGNW-Umfrage nicht vereinbar – ein Widerspruch, der eigentlich aufgelöst werden müsste.

Denn Zahlen lügen nicht. Sollte es tatsächlich zu einer Überprüfung der Umfrageergebnisse kommen, ist zu hof- fen, dass die an der Umfrage beteiligten Krankenhäuser exakt Buch geführt ha- ben. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Krankenhaus-EDV eine Rechnung als säumig deklariert, weil seit Rech- nungsausgang mehr als zwei Wochen vergangen sind. Entscheidend ist aber der Rechnungseingang bei der Kran- kenkasse, woraus sich eine Zahlungs- frist von 15 Tagen ergibt. Jens Flintrop

(2)

Abrechnungsprüfung, Richtgrößenprü- fung, Arzneimittelrichtlinien-Einhal- tungsprüfung und Wirtschaftlichkeits- prüfung nach repräsentativen Stichpro- ben.

Bei der Rechtmäßigkeitsprüfung, das heißt einer Überprüfung der ärztli- chen Leistungen und Verordnungen:

> Anzahl und Häufigkeit sowie Aus- gestaltung der Prüfungen sind vertrag- lich festzulegen.

> Die Kassenärztliche Bundesverei- nigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen vereinbaren „einheit- lich und gemeinsam“ – erstmals bis zum 30. Juni 2004 – Richtlinien zu den Inhal- ten der Vereinbarung.

> Der Inhalt der Richtlinien wird Bestandteil der Vereinbarungen.

Geprüft wird der Umfang der je Tag ab- gerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitauf- wand. Dabei ist der EBM-definierte Zeitaufwand zugrunde zu legen.

Verstärkt werden die Möglichkeiten der Aufsichtsbehörde, direkt einzuwir- ken: Die Richtlinien auf Bundesebene sind dem Bundesministerium für Ge- sundheit und Soziale Sicherung vorzu- legen. Das Ministerium kann die Richt- linien beanstanden und kann diese ge- gebenenfalls selbst erlassen.

Künftig sind die Wirtschaftlichkeits- prüfungen gemäß § 106 SGB V wie folgt zu strukturieren:

> Die obligatorische arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verord- neter Leistungen nach Durchschnitts- werten wird abgeschafft. Begründet wird dies damit, dass ein Impuls gege- ben werden soll, den gesetzlich vorgege- benen Übergang zu anderen Prüfungs- formen ohne Verzögerung durchzu- führen, insbesondere zu qualitätsorien- tierten Wirtschaftlichkeitsprüfungen.

Durchschnittsprüfungen können als fa- kultative Prüfungen vereinbart werden.

Gesetzlich vorgeschrieben sind dem- nach folgende Prüfungen:

> Prüfung ärztlich verordneter Lei- stungen, falls das Richtgrößenvolumen überschritten wird, sowie

> Stichprobenprüfungen nach einem geregelten Verfahren gemäß § 106 Abs.

2, Satz 1, Nr. 1 und 2 SGB V.

Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung und die GKV-Spitzenverbände sollen „gemeinsam und einheitlich“

Richtlinien zur Durchführung von Stich- probenprüfungen beschließen. Darin werden Einzelheiten für die Prüfverein- barung festgelegt. Gesetzlich wird vor- gegeben, die Stichprobengröße auf zwei Prozent der Vertragsärzte zu begrenzen.

Bei jeder Prüfung ist die Einhaltung der Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1, Satz 2, Nr. 6 (Arzneimittel-Richtlinien) im Hinblick auf die Anwendungsempfeh- lungen des Bundesausschusses der Ärz- te und Krankenkassen – künftig: „Ge- meinsamer Bundesausschuss des Insti- tuts für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin“ – beziehungsweise gemäß § 35 b zu prüfen (§ 106 Abs. 5 b SGB V).

Generell ist das „Prüfgeschäft“ neu zu organisieren:

Die Prüfgremien werden durch Be- stellung eines unparteiischen Vorsitzen- den verselbstständigt. Zudem soll eine unabhängige Geschäftsstelle mit einem eigenen Haushaltsplan eingerichtet wer- den. Diese Geschäftsstelle soll die für die Prüfung erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen aufbereiten und Feststellungen über diejenigen Sachver- halte treffen, die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlich sind. Im

Übrigen soll das Aufsichtführende Mini- sterium eine Rechtsverordnung erlas- sen, die Einzelheiten über die Ge- schäftsführung der Prüfungsausschüsse sowie der Geschäftsstellen regelt.

Folgende Verfahren sind vorgesehen, um die Prüfungen ordnungsgemäß durchzuführen und gegebenenfalls Sanktionen (Regresse) zu verhängen:

> Erstattungsbeträge aus Regress- festsetzungen der Prüfungsausschüsse werden von der Gesamtvergütung der Vertragsärzte abgezogen. Allerdings können die Kassenärztlichen Vereini- gungen stattdessen intern einen Ausgleich vorsehen. Es sollen keine Erstattungsbeträge festgesetzt werden, wenn der Prüfungsausschuss mit dem Vertragsarzt eine individuelle Richt- größe vereinbart und der Arzt eine Erstattungszusage für die Folgequartale abgibt, wenn der durch die Richt- größenüberschreitung bestimmbare Mehraufwand überschritten wird.

Generell sollen die Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten der Aufsichts- behörde verstärkt werden. Die Richt- linien über die Durchführung von Prüfungen sind dem Bundesministe- rium für Gesundheit und Soziale Sicherung vorzulegen. Das Ministerium kann bei Einwänden die Richtlinien beanstanden und eine Änderung an- ordnen. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4217. Oktober 2003 AA2691

Die am 1. Januar 2004 in Kraft tretende Gesundheitsreform sieht insbesondere für Versicherte, aber auch für die Vertragsärzte erhebliche Neureglungen vor. Das Deut- sche Ärzteblatt stellt ausgewählte Schwer- punkte des GKV-Modernisierungsgesetzes vor – in dieser Folge die verschärften Me- chanismen bei Wirtschaftlichkeitsprüfun- gen von Vertragsärzten.*

GEine ganze Kaskade von verwaltungs- aufwendigen Wirtschaftlichkeitsprüfun- gen ersetzt das Reglement der bisherigen Prüfmechanismen. Wirtschaftlichkeitsprü- fungen für die vertragsärztliche Praxis werden künftig durch spezialisierte Perso-

nen, die im Prüfungswesen erfahren sind, durchgeführt. Diese haben über das Er- gebnis ihrer Prüfungen regelmäßig Re- chenschaftsberichte abzugeben.

GStichprobenprüfungen und Auffälligkeits- prüfungen bleiben wie bisher nebenein- ander bestehen. Auffälligkeitsprüfungen erfolgen grundsätzlich bei Überschreitung einer Schwelle von 25 Prozent der ver- einbarten Richtgröße oder bei sonstigen erheblichen Auffälligkeiten. Die geprüften Personen erhalten auch weiterhin die Möglichkeit, den Beschwerdeausschuss anzurufen. Die Vorstände der Kranken- kassenverbände und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungs- gemäße und wirksame Umsetzung dieser Regelungen (§§ 106 und 106 a SGB V).

Was bringt die Reform?

*Heft 34–35: Medizinische Versorgungszentren: Alte Idee mit neuem Namen; Heft 36: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit: Der Teufel steckt im Detail; Heft 37: Integrierte Versorgung: Jenseits der Sicherstellung; Heft 38:

Praxisgebühr: Die Basis ist „stocksauer“; Heft 39: Fortbildung: Pflicht für Vertragsärzte; Heft 40:Arzneimittel: Ziel ist die Kostendämpfung; Heft 41: Regelleistungsvolumen: Endlich feste Punktwerte

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dass die Anpassungen einen Beigeschmack haben, weil sichere Daten als Grund- lage noch fehlen, ließ er allerdings auch durchblicken: „Eine endgül- tige Bilanz werden wir erst im

Kassenärztliche Vorstandsfunktion Grund- Variable Umfang der Dienstwagen Übergangsregelung nach in der gesetzl. berufsständische Zuschuss zur vertragl. Regelungen für den Fall

´ TabelleCC´ Veröffentlichung der Höhe der Vorstandsvergütung einschließlich Nebenleistungen (Jahresbeträge) und der wesentlichen Versorgungsregelungen der

Alle diese Möglichkeiten bedeuten nicht, daß in der ambulanten kas- senärztlichen Versorgung „jede Menge Ärzte Arbeit und Brot fin- den" können; wenn jedoch vor al- lem der

Das ist leider weit gefehlt: Bis zu 29 neue Atomreaktoren sollen nach den Plänen der Atomindustrie in den nächsten Jahren in Europa gebaut werden.. Für diese wahre Lawine an

Fußnote 3: Hier ist eine Bonusregelung vereinbart, nach der den Vorständen bis zu 2 % eines positiven Ergebnisses der Jahresrechnung als Bonus, maximal jedoch 20 000 Euro,

Wolfgang Eckert Stellvertretender

Kassenärztliche Vorstandsfunktion Aufwandsentschädigung Übergangsentschädigung für Kostenerstattung Nutzung eines Vereinigung (Die Zahl der Beisitzer variiert) pro Jahr in Euro 4