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Der verschollene Honorar-Schatz

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Bayerisches Ärzteblatt 3/2009 59

Der verschollene Honorar-Schatz

Es hätte ein spannender Aben- teuer-Roman werden können.

Arbeitstitel: „Die Suche nach dem vermissten Honorar-Schatz. Oder wo sind die 2,7 Milliarden Euro geblieben?“ Leider handelt es sich jedoch nicht um eine fiktive Ge- schichte, sondern um die grotes- ke Realität im Gesundheitswesen.

Mit dem Start der Honorarreform stehen bundesweit den nieder- gelassenen Ärzten zusätzlich 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung.

Zugleich fürchten Bayerns Fach- ärzte massive Einbußen. Der auf den ersten Blick widersprüchliche Streit um die Vergütung zeigt eindrucksvoll: Auch das neue Sys- tem ist zu kompliziert und undurchsichtig. Mehr Transparenz ist dringend nötig, damit die Milliarden-Honorare auch wirklich in die Versorgung der Patienten fließen.

Zunächst sah es nach einem klaren Sieg für die Mediziner aus:

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) versprach den nie- dergelassenen Ärzten im Sommer 2008 einen Honorar-Zuwachs von 2,7 Milliarden Euro – offiziell ein Plus von zehn Prozent.

Kritiker warfen der Regierung einen Kuhhandel vor. „Schwarz- Rot versucht, sich Ruhe bei den Ärzten zu kaufen, um eine ver- korkste Gesundheitsreform umzusetzen“, wetterte der FDP-Ge- sundheitsexperte Daniel Bahr. Für die Patienten bedeutete das Honorar-Plus einen Anstieg der Kassenbeiträge um knapp 0,3 Punkte.

Wo sind also die zusätzlichen Milliarden geblieben? Eindeutige Antworten gibt es immer noch nicht, allenfalls erste Spuren: Zu- nächst bezieht sich das zweistellige Honorar-Plus auf das Jahr 2007. Für Bayerns Ärzte heißt das konkret: 2009 steht im Ver- gleich zum Vorjahr nicht zehn Prozent mehr Geld zur Verfügung, sondern lediglich 4,2 Prozent. Der Freistaat gehört damit bun- desweit zu den Schlusslichtern. Der Großteil des Honorar-Zu- wachses fließt in die neuen Bundesländer: Thüringen verzeichnet eine Steigerung von über 20 Prozent, Sachsens Mediziner freuen sich über ein ähnlich sattes Plus.

Trotz Rechentricks der Regierung und Geldabfluss in den Osten – Bayerns Mediziner können in diesem Jahr 280 Millionen Euro mehr ausgeben. Dass viele Fachärzte dennoch Verluste fürch- ten, liegt am neuen absurden Honorarsystem. Nach ersten Pro- gnosen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) profi-

tieren vor allem Mediziner wie Pathologen und Laborärzte. Der Augenarzt oder Orthopäde verdient dagegen deutlich weniger.

Hinzukommt: Die KVB darf nur einen Teil der Honorare über die Regelleistungsvolumina (RLV) ausschütten. Der Rest der Gelder wird erst Monate später verteilt.

Der Honorar-Streit hat Bayerns neuen Gesundheitsminister Mar- kus Söder (CSU) kalt erwischt. In Rekordtempo musste sich der frühere Europaminister in Vergütungsdetails einarbeiten.

Dennoch präsentierte Söder Mitte Januar stolz einen Kompro- miss: Die einzelnen Bundesländer bekommen bei der Vertei- lung der Honorare wieder mehr Spielraum. Und: Der Verlust für den einzelnen Arzt darf nicht mehr als fünf Prozent betragen.

Die Umsetzung dürfte allerdings äußert schwierig werden. Kein Mediziner wird freiwillig auf bereits angekündigte Gewinne ver- zichten. Außerdem zerstört das Modell Leistungsanreize: Praxen mit schlechten Umsatz bekommen einen Ausgleich. Engagierte Ärzte müssen dagegen einen Teil der Gewinne wieder abgeben.

Eine gefährliche Gleichmacherei.

Der Protest der Ärzte gegen das ungerechte Honorarsystem richtet sich zunehmend gegen die Patienten. Um den Druck auf Krankenkassen und Politik zu erhöhen, sollen die Sprechzeiten auf das gesetzliche Minimum verkürzt werden. Auch einzelne Behandlungen wollen die Mediziner nicht mehr über Chipkarte abrechnen, sondern sich gesondert von den Kassen erstatten lassen. Der Patient als Geisel – eindeutig der falsche Weg. Wenn die Ärzte Verbesserungen erreichen wollen, brauchen sie die Un- terstützung der Patienten. Ansonsten haben die Mediziner rasch die gesamte Öffentlichkeit gegen sich.

„Die niedergelassenen Ärzte erhalten ein kalkulierbares, ge- rechteres und auch transparentes Honorarsystem“, kündigte Ge- sundheitsministerin Schmidt im Sommer 2008 an. Das Gegenteil ist der Fall. Das neue Vergütungsmodell basiert zwar erstmals auf festen Eurobeträgen, löst aber keines der Versprechen ein.

Was verdient ein Orthopäde für einen Verbandswechsel und was bekommt ein Augenarzt für eine Dioptrien-Kontrolle? Auf die- se simple Fragen gibt es immer noch keine klaren Antworten.

Stattdessen beschuldigen sich Politik, Krankenkassen und Ärzte gegenseitig, mit falschen Zahlen die Stimmung anzuheizen. Die Patienten sind das Schwarze-Peter-Spiel leid. Nicht nur die Ärzte haben Anspruch auf ein durchsichtiges und kalkulierbares Ver- gütungssystem. Auch die Beitragszahler wollen zu Recht wissen, wo die zusätzlich 2,7 Milliarden Euro für die niedergelassenen Ärzte geblieben sind.

Steffen Habit, Redaktion Politik, „Münchner Merkur“

Steffen Habit

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