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Archiv "Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung" (24.10.1974)

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Abbildung 13: lwai-Policlinic, Tokyo: Dispensary. In jede Vertiefung des in der Mitte stehenden Gerätes werden die Medikamente für jeweils eine Einnahme- kombination eingefüllt 'und mittels der darüber sichtbaren Vorrichtung in kleine Plastikbeutel versiegelt

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Japan und seine Medizin

Die niedergelassene Praxis ist in ihrer Gesamtheit von der deut- schen sehr verschieden. Die Form der „Clinic" und die eigene „Dis- pensary" gibt es in Deutschland nicht. Diese Eigenarten haben sich aus der geschichtlichen Entwick- lung gebildet und werden durch das japanische Abrechnungssy- stem begünstigt. In ihm werden im allgemeinen therapeutische Maß- nahmen höher bewertet als diagno- stische. Hierdurch bedingt, sind die Laboratorien der niedergelassenen Praxis nur für die Notfalldiagnostik eingerichtet. In der Röntgendiagno- stik dagegen sind oft die modern- sten Einrichtungen anzutreffen, was auf die große Häufigkeit von Magen-Darm-Erkrankungen in der japanischen Bevölkerung zurück- zuführen ist.

Die in fast jeder Praxis anzutreffen- de „Dispensary" stellt mit ihren Einnahmen für das Budget einer je- den „Clinic" oder Praxis einen wichtigen Teil dar, wirft aber auch Probleme auf. Ihre Vorzüge, die in einer auf den Patienten und die entsprechende Diagnose zuge- schnittene Abpackung jeder einzel-

nen Tablettenkombination (auch Kapseln oder Pulver bestehen, (Ab- bildung 13), sind besonders bei we- niger gebildeten, unaufmerksamen oder sklerotischen Patienten au- genscheinlich. Es ist aber nicht zu übersehen, daß in den Verhandlun- gen des einzelnen Arztes mit den Arzneimittelherstellern kommerziel- le Gesichtspunkte entstehen, die sich auch auf die Auswahl der von den einzelnen Ärzten verschriebe-

nen und verabreichten Medikamen- ten niederschlagen. Eine Trennung zwischen« Rezeptierung durch den Arzt und Verabreichung durch den Apotheker, wie sie in Deutschland besteht und wie sie von der JMA angestrebt wird, soll angeblich von der japanischen Apothekervereini- gung abgelehnt werden. Mit einer Änderung ist auch deshalb so bald nicht zu rechnen, da die Kranken- kassen zur Zeit den Patienten die Kosten für in Apotheken gekaufte Medikamente nicht erstatten, auch wenn diese rezeptiert sind.

In ländlichen Gebieten stellt die

„Clinic" mit ihrer „Dispensary"

eine kleine, festgefügte Einheit dar, die den wesentlichsten Bestandteil

der medizinischen Versorgung der dort ansässigen Bevölkerung aus- macht. Die gegenüber einer ärztli- chen Praxis weiterreichenden Mög- lichkeiten geben ihr hier einen fe- sten Stand. Erst im Laufe der Zeit werden sie wahrscheinlich durch die „Open-staff-Hospitals" abgelöst werden, da diese den Anforderun- gen der medizinischen Entwicklung technisch eher folgen können als die Clinics. Bei seiner flexiblen und weniger gebundenen Verwaltung wird das „Open-staff-Hospital" per- sonaltechnische Schwierigkeiten eher überwinden können als die auch in Japan durch eine schwer- fällige Bürokratie gehemmten gro- ßen Krankenhäuser, und damit in personalpolitisch weniger attrakti- ven ländlichen Gebieten eine bes- sere Praktikabilität aufweisen kön- nen.

Die Krankenhausambulanzen und die „Open-staff-Hospitals" sind zwei Einrichtungen der japani- schen Medizin, die jede für sich ei- nes eingehenden Studiums wert sind. Die Erfahrungen, die sich aus dem Betrieb der Krankenhausam- bulanzen ergeben haben, sind eventuell sowohl für die Kranken- häuser wie für den niedergelasse- nen Arzt in Deutschland eines Ta- ges recht wertvoll zu erfahren. Das

„Open-staff-Hospital" zeigt heute schon, welche Lösungen und Wei- terentwicklungen aus einem maß- vollen Nebeneinander von Kran- kenhausambulanzen und niederge- lassener Praxis entstehen können, und es scheint einen der Wege auf- zuzeigen, wie Patient und Arzt ohne staatlichen Eingriff in den Ge- nuß weitgehender medizinischer Möglichkeiten kommen können.

Literatur bei den Verfassern Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Utz P. Merten Youngstown Hospital Ass.

North Unit

Department of Pathology Youngstown, Ohio 44 501 USA

Architekt Ulfert Merten 4032 Lintorf

Duisburger Straße 6

3116 Heft 43 vom 24. Oktober 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen DAS BLAUE PAPIER

Trotz aller Fortschritte und Lei- stungen der modernen Medizin sta- gniert in den letzten Jahrzehnten die Lebenserwartung der über 45jährigen. Herzinfarkt, Gefäßlei- den, Bluthochdruck, Stoffwechsel- krankheiten sowie Krebserkran- kungen sind die Ursache dieser Entwicklung. Die starke Zunahme von Herz- und Gefäßerkrankungen und des Diabetes in den Jahren nach der Währungsreform vollzog sich parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung, Beweis genug, daß diese Erkrankungen durch die Le- bensgewohnheiten in modernen In- dustrienationen mitverursacht wor- den sind.

Die Erforschung dieser Zivilisa- tionsschäden ist noch in vollem Gange. Zahlreiche Zusammenhän- ge, etwa zwischen Zigarettenkon- sum und Lungen- und Bronchial- karzinomen, zwischen Schädigun- gen des Herzens sowie des Gefäß- systems und der Fehl- und Überer- nährung, zwischen mangelnder körperlicher Betätigung und Stoff- wechselerkrankungen oder Herzin- farkt, um hier nur einiges beispiel- haft zu nennen, können heute als wissenschaftlich gesichert gelten.

Eine entscheidende Verbesserung der Gesundheit und Lebenserwar- tung kann deshalb nur durch Ge- sundheitsvorsorge und Krankheits- früherkennung erreicht werden.

1. Pflege und Förderung der Gesundheit

Die Lebens- und Arbeitsbedingun- gen in der heutigen Industriege- sellschaft sind Ursache zahlreicher Zivilisationskrankheiten. Dem ein- zelnen fehlen oft Einsicht und Mög- lichkeit, diese schädlichen Einflüs-

se zu erkennen und ihnen wirksam zu begegnen. Deshalb ist eine brei- te gesundheitliche Aufklärung er- forderlich. Gesundheitliche Aufklä- rung und Gesundheitserziehung müssen Hand in Hand gehen. Sie sind ebenso eine öffentliche Aufga- be (Aufbringung der erheblichen fi- nanziellen Mittel, Schaffung der notwendigen institutionellen Vor- aussetzungen) wie auch eine Auf- gabe der Sozialversicherungsträ- ger (Unfallverhütung, Krankheits- verhütung, Krankheitsfrüherken- nung).

Daneben sind Gesundheitserzie- hung und Gesundheitsaufklärung aber auch eine gesellschaftliche Aufgabe, nicht nur der Ärzte, Zahn- ärzte, Apotheker und Schwestern, sondern auch der Lehrer aller Schularten einschließlich der Er- wachsenenbildung, der Betriebslei- ter, nicht zu vergessen der Eltern und anderen Angehörigen sowie der zahlreichen Vereinigungen mit gesundheitserzieherischer Zielset- zung und nicht zuletzt auch der großen gesellschaftlichen Gruppen wie der Gewerkschaften und ande- rer.

• Die Bevölkerung muß ausrei- chende Möglichkeiten haben, Sport zu treiben und ihre Freizeit ge- sundheitlich sinnvoll zu nutzen (vgl. hierzu Kapitel E 6).

• Der Schutz der Gesundheit vor schädlichen Einflüssen der Zivilisa- tion ist vordringliche Aufgabe der Umwelthygiene (vgl. hierzu Kapi- tel E 1). Dazu gehören auch Ein-

*) Die vorausgehenden Abschnitte des Blauen Papiers wurden in den Heften 25, 28, 31, 32, 33, 36, 37, 38, 40 sowie in Heft 41/1974 veröffentlicht.

schränkung und Kontrolle der Wer- bung für bestimmte Genußmittel.

• Einer besonderen Vorsorge be- dürfen Menschen, deren Gesund- heit durcht bestimmte Risikofakto- ren, wie z. B. Übergewicht und Stoffwechselstörungen, aber auch durch besondere Belastungen im Arbeitsleben gefährdet ist. Sie müssen zu einer gesundheitserhal- tenden und -fördernden Lebens- und Ernährungsweise angehalten werden. Hier müssen besondere didaktische Methoden, wie z. B.

Gruppentherapie und Verhaltens- training erprobt und entwickelt werden.

• Vor allem die Rentenversiche- rungsträger sollten dieser präventi- ven Aufgabe in größerem Umfange als bisher ihre Aufmerksamkeit zu- wenden.

11. Verhütung, Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten

Durch Verhütung und Vorbeugung der Infektionskrankheiten sind in der Vergangenheit großartige Er- folge erzielt worden. Obwohl diese Aufgabe nicht mehr so vordringlich erscheint, dürfen Verhütung und Vorbeugung von Infektionskrank- heiten auch heute nicht vernach- lässigt werden. Die von Kinderärz- ten und Hygienikern empfohlenen und durchgeführten Impfungen im Kindesalter müssen endlich Lei- stungen der gesetzlichen Kranken- versicherung werden.

Wachsende Bedeutung gewinnt die Epidemiologie der nichtinfektiösen Krankheiten, deren Erforschung eine große gesundheitspolitische Aufgabe ist. Gesicherte epidemio- logische Kenntnisse, vor allem über die Zivilisationskrankheiten, bilden die Voraussetzung für die Erkennung der zahlreichen Risiko- faktoren und für eine erfolgreiche Bekämpfung dieser zum Teil ver- meidbaren Krankheiten.

Gesundheitsvorsorge durch Früh- erkennung von Krankheiten ent- wickelt sich mehr und mehr zu ei-

Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung

Das Blaue Papier:

Abschnitt D1 der „Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft"")

DEUTSCHES ÄRZTE BLATT Heft 43 vom 24. Oktober 1974 3117

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen DAS BLAUE PAPIER

nem Schwerpunkt der modernen Gesundheitspolitik. Unter program- mierter Krankheitsfrüherkennung werden systematisch nach Art und Umfang genau definierte ärztliche Untersuchungen verstanden, die in regelmäßigen Zeitabständen bei bestimmten Personengruppen vor- genommen werden, um bestimmte Krankheiten möglichst früh feststel- len und dann entsprechend behan- deln zu können.

Diese gezielten Vorsorgeuntersu- chungen richten sich vor allem ge- gen solche Krankheiten und Lei- den, die als besonders häufig in der letzten Zeit in Erscheinung ge- treten sind und bei deren rechtzei- tiger Erkennung und Behandlung eine Heilung oder zumindest eine Besserung erwartet werden kann.

Diese gezielten Vorsorgeuntersu- chungen, auch solche mit erweiter- tem Programm, werden nur dann von Patienten in ausreichendem Umfang angenommen werden, wenn durch ein möglichst hohes Angebot beteiligter Ärzte diese Un- tersuchungen in unmittelbarer Pa- tientennähe angeboten werden.

ln Anbetracht des mit den Vorsor- geuntersuchungen verbundenen Aufwands und des zu erwartenden Nutzens für den einzelnen ist die programmiert-gezielte Krankheits- früherkennung einer unprogram- mierten und ungezielten allgemei- nen Gesundheitsinspektion vorzu- ziehen.

Vor der Einführung von Vorsor- geuntersuchungen sollten jeweils sorgfältig angelegte Modellunter- suchungen deren Berechtigung er- weisen.

Die deutsche Ärzteschaft hat sich wiederholt für die Einführung von Programmen zur Früherkennung von Krankheiten in den Leistungs- katalog der gesetzlichen Kranken- versicherung eingesetzt. Die von der Bundesärztekammer entwickel- ten Vorsorgeprogramme dienten als Grundlage für die am 1. Juli 1971 eingeführten Maßnahmen zur Früherkennung der gesetzlichen Krankenversicherung. Für Auswahl

und Inhalt der Vorsorgeprogramme gelten dabei folgende Vorausset- zungen:

[> Es muß sich um Krankheiten

handeln, die wirksam behandelt werden können oder aus deren frühzeitiger Erkennung Konsequen- zen für die genetische Beratung zu ziehen sind,

l> das Vor- und Frühstadium die-

ser Krankheiten muß durch diagno- stische Maßnahmen erfaßbar sein,

[> die Krankheitszeichen müssen

medizinisch-technisch genügend erkennbar sein,

[> es müssen genügend Ärzte und

Einrichtungen vorhanden sein, um die aufgefundenen Verdachtsfälle auch eingehend diagnostizieren und behandeln zu können.

Diese Programme werden von der Ärzteschaft auf Grund fortschrei-

Das Blaue Papier (die "Ge- sundheits- und sozialpoliti- schen Vorstellungen der deut- schen Ärzteschaft") kann beim Deutschen Ärzte-Verlag, 5023 Lövenich, Kreis Köln, Postfach 14 30, Dieselstraße 2, bezogen werden.

tender gesicherter medizinischer Erkenntnisse ständig überprüft und weiterentwickelt.

Der Deutsche Ärztetag empfiehlt:

..,.. Die Bevölkerung muß ständig über die Vorteile der Krankheits- früherkennung aufgeklärt werden.

Dazu müssen auch neue Wege der Information entwickelt und geprüft werden.

..,.. Die Entwicklung weiterer geeig- neter Früherkennungsmethoden und -programme muß nachhaltig gefördert werden.

..,.. Neuentwickelte Programme müssen auf ihre Wirksamkeit zu-

3120 Heft 43 vom 24. Oktober 1974 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

nächst in sachgemäßen und be- weiskräftigen Modellversuchen er- probt werden.

..,.. Vordringlich sind Modellversu- che und Entwicklung von Program- men zur Früherkennung von Herz-, Kreislauf- und Gefäßleiden sowie Stoffwechselerkrankungen, insbe- sondere Diabetes.

..,.. Sobald die entsprechenden dia- gnostischen und technischen Vor- aussetzungen entwickelt sind, müs- sen die Vorsorgeprogramme auf diejenigen Erkrankungen ausge- dehnt werden, die den höchsten Anteil an der Sterberate haben.

111. Jugendarbeitsschutz

Die deutsche Ärzteschaft begrüßt den mit der Novaliierung des Ju- gendarbeitsschutzgesetzes verbun- denen Ausbau des Gesundheits- schutzes der Jugendlichen. Neben der Heraufsatzung des Mindestal- ters für die Zulassung der Beschäf- tigung von 14 auf 15 Jahre finden die Bemühungen zur Verbesserung der Durchführung und der Wirk- samkeit des Gesetzes im Bereich der gesundheitlichen Betreuung der Jugendlichen die besondere Zustimmung der Ärzteschaft Bedenken hat die deutsche Ärzte- schaft allerdings gegen die im Ge- setz vorgesehene Bestimmung, nach der eine Koppelung der Ju-

gendarbeitsschutzuntersuchungen mit anderen Untersuchungen, wie z. B. mit den Schulentlassungsun- tersuchungen oder aber auch mit den Einstellungsuntersuchungen der Betriebe, ermöglicht werden soll. Diese Koppelung verkennt den spezifischen Charakter der Ju-

gendarbeitsschutzuntersuchungen.

Neben der Gefahr, daß durch eine solche Regelung die gezielte Sorg- falt der Beurteilung möglicher Ge- fährdungen durch berufliche Tätig- keit nicht hinreichend gewährlei- stet sein könnte, kann dadurch auch die freie Arztwahl, die nach geltendem Recht garantiert ist, in Frage gestellt werden.

e

Wird fortgesetzt

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