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Archiv "II. Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung: 1. Entwicklung der Gesundheitsvorsorge" (27.06.1974)

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B.

Aktuelle Fragen der Gesundheitspolitik

II. Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung

1. Entwicklung der Gesundheitsvorsorge

Die Lebens- und Arbeitsbedingun- gen in einer industrialisierten Ge- sellschaft sind wesentliche Ursa- che der Zivilisationskrankheiten.

Die Kenntnis dieser schädlichen Einflüsse und ihre Milderung durch gesundheitsbewußte Lebensweise fehlt dem Einzelnen weitgehend.

Durch Gesundheitserziehung muß ihm mehr als bisher die notwendi- ge Aufklärung gegeben werden.

Einer besonderen Vorsorge bedür- fen auch diejenigen Menschen, de- ren Gesundheit durch bestimmte Risikofaktoren aber auch besonde- re Belastungen am Arbeitsplatz ge- fährdet ist.

Bereits früher gesetzlich oder freiwillig

realisierte Vorsorgemaßnahmen Vorsorgemodelle mit unterschiedli- chen Zielsetzungen gab es schon in den fünfziger Jahren. Ihnen folg- ten später konkrete Vorsorgeaktio- nen, in der Hauptsache solche zur Krankheitsfrüherkennung. Sie ziel- ten entweder darauf ab, bestimmte gefährliche Krankheitszustände frühzeitig zu erkennen und ärztli- cher Behandlung zuzuführen oder aber sie hatten das Ziel, den Ge- sundheitszustand bestimmter Be- völkerungsgruppen allgemein zu überprüfen. Dabei wurde gleichzei- tig nach eventuellen Beziehungen zwischen epidemiologisch gehäuft ermittelten krankhaften Befunden und den Lebens- und Arbeitsge- wohnheiten der Untersuchten ge- sucht.

Wichtige Stationen vor der Einfüh- rung präventiv-medizinischer Maß- nahmen in den Pflichtleistungska- talog der gesetzlichen Krankenver- sicherung waren:

> Vorschläge zur Bekämpfung der Schwangeren- und Neugeborenen- sterblichkeit (seit 1966 in die RVO eingeführt),

> Vorsorgeuntersuchungen bei Jugendlichen (im Jugendarbeits- schutzgesetz von 1960 ebenfalls gesetzlich eingeführt aber auf ei- nem anderen Wege verankert; das Jugendarbeitsschutzgesetz wird derzeit novelliert),

> Krebsvorsorgeuntersuchungen auf freiwilliger Basis (in einer Rei- he von Bereichen, bei einer Reihe von Krankenkassen, in den letzten Jahren in zunehmendem Maße ver- wirklicht).

Eine große Zahl von RVO-Kassen und Ersatzkassen hatten Vorsorge- leistungen im Rahmen ihrer freiwil- ligen Leistungsmöglichkeiten für ihre Versicherten schon vor 1970 mit den Kassenärztlichen Vereini- gungen vereinbart. Daneben gab es Vorsorgeregelungen und -aktio- nen mannigfacher Art, so beispiels- weise die von der Bundesärzte- kammer im Jahre 1965 durchge- führte Diabetes-Früherkennungsak- tion.

Ausschuß

„Vorbeugende Gesundheitspflege"

Die Gesundheitsvorsorge, insbe- sondere durch Krankheitsfrüher- kennung steht nunmehr seit über zwanzig Jahren im Mittelpunkt der gesundheitspolitischen Bemühun- gen der Bundesärztekammer. Ein besonderer Ausschuß „Vorbeugen- de Gesundheitspflege" unter Vor- sitz von Prof. Dr. Theopold, König- stein/Taunus, ist unter Einschal- tung und in ständiger Zusammen- arbeit mit dem „Wissenschaftlichen Beirat" der Bundesärztekammer unter Vorsitz von Prof. Dr. Loew, Homburg/Saar, — früher Prof. Dr.

Alken, Homburg/Saar — seit lan- gem in diesem Bereich tätig. Einer der Schwerpunkte seiner Arbeit ist innerhalb des Bereiches Vorsorge- medizin der Komplex „Früherken- nung von Krankheiten".

Bedeutungsvolle Ergebnisse der Tätigkeit der Bundesärztekammer sind im wesentlichen bisher drei

Vorsorgeprogramme zur Früher- kennung von Krankheiten: für Säug- linge und Kleinkinder; zur Krebs- früherkennung bei Frauen; zur Krebsfrüherkennung und bestimm- te Kreislauf- und Stoffwechselstö- rungen bei Männern. Diese Pro- gramme dienten als Grundlage für die am 1. Juli 1971 in den Pflichtleistungskatalog der Kran- kenversicherung aufgenommenen Vorsorgeuntersuchungen. Die Ein- führung dieser Vorsorgemaßnah- men ist als erster entscheidender Schritt zu werten, die Erkenntnisse der Vorsorgemedizin nahezu der gesamten Bevölkerung — derzeit gehören rund 90 Prozent der Ge- samtbevölkerung der Bundesrepu- blik der gesetzlichen Krankenversi- cherung an — zugute kommen zu lassen.

2. Krankheitsfrüher- kennung eine neue Pflichtleistung

der gesetzlichen Krankenversicherung

Als Gesundheitsvorsorgemaßnah- men wurden am 1. Januar 1966 — zurückgehend auch auf Vorschläge der Bundesärztekammer — Maß- nahmen zur Betreuung Schwange- rer als Pflichtleistungen in die ge- setzliche Krankenversicherung ein- geführt. Mit Wirkung vom 1. Juli 1971 wurden die ersten Vorsorge- maßnahmen wesentlich erweitert durch einen im Spätherbst 1970 in die gesetzliche Krankenversiche- rung eingeführten Katalog von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten bzw. Entwick- lungsstörungen. Im einzelnen um- fassen diese Vorsorgeuntersuchun- gen folgende Maßnahmen:

Vorsorgeuntersuchungen für Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder bis zum 4. Lebensjahr, zur Früherkennung angeborener oder erworbener Krankheiten und Leiden, die die Entwicklung der Kinder gefährden oder negativ be- einflussen könnten;

■ Vorsorgeuntersuchungen für Frauen ab Beginn des 30. Lebens- jahres zur Krebsfrüherkennung;

1938 Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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B. II. Gesundheitsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung

> Vorsorgeuntersuchungen für Männer ab Beginn des 45. Lebens- jahres zur Krebsfrüherkennung.

Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, dem die Gestal- tung der Programme für die ge- setzliche Krankenversicherung im einzelnen übertragen war, mußte bei Auswahl und Inhalt folgende im Gesetz selbst fixierte Anforderun- gen berücksichtigen:

> Es muß sich um Krankheiten handeln, die wirksam behandelt werden können,

> das Vor- und Frühstadium die- ser Krankheiten muß durch diagno- stische Maßnahmen erfaßbar sein,

> die Krankheitszeichen müssen medizinisch und technisch genü- gend eindeutig zu erfassen sein und

> schließlich müssen genügend Ärzte und Einrichtungen vorhanden sein, um die aufgefundenen Ver- dachtsfälle eingehend zu diagnosti- zieren und zu behandeln.

Diese Anforderungen, die für alle im Gesetz genannten Untersu- chungskomplexe gelten, haben Gültigkeit auch für künftige Maß- nahmen zur Krankheitsfrüherken- nung, die durch dieses Gesetz aus- drücklich ermöglicht werden.

Für das Zustandekommen auch der 1971 eingeführten Vorsorgemaß- nahmen im Rahmen der gesetzli- chen Krankenversicherungen ha- ben die Vorsorgeprogramme der Bundesärztekammer Pate gestan- den. Sie lagen — von den Deut- schen Ärztetagen der Öffentlichkeit vorgelegt — im Jahre 1970, als die Vorsorgemaßnahmen gesetzlich fixiert wurden, teilweise bereits mehrere Jahre vor. Sie wurden je- doch nicht in ihrem vollen Umfang in die gesetzlichen Programme übernommen. Insbesondere das Vorsorgeprogramm der Bundesärz- tekammer für Männer war wesent- lich umfangreicher als das gesetz- lich eingeführte. Neben der Fähr- tensuche nach Mastdarm- und Prostatakrebs sah das Bundesärz- tekammerprogramm auch eine sol- che nach Diabetes und Gefährdun-

gen des Herz-Kreislaufsystems vor sowie nach „Warnzeichen" auf wei- tere nach der Todesursachenstati- stik bei Männern besonders häufi- gen Krebserkrankungen insbeson- dere nach Bronchial- und Magen- CA. Die Beschränkung des Pro- gramms auf die obengenannten Krebsvorsorgeuntersuchungen und auf eine Fährtensuche auf Diabetes dürfte mit ein Grund dafür sein, daß dieses Programm von den an- spruchsberechtigten Männern bis- her noch zu wenig genutzt wurde.

Appell des Deutschen Ärztetages

Der 74. Deutsche Ärztetag hat die Einführung von Vorsorgeuntersu- chungen nochmals ausdrücklich begrüßt und darauf hingewiesen, daß der Bevölkerung damit weitere wesentliche Möglichkeiten der Präventivmedizin erschlossen wer- den. Er appellierte

> an die Ärzteschaft, sich dieser neuen Aufgabe bereitwillig anzu- nehmen,

> an die Bevölkerung, die angebo- tenen Möglichkeiten zur Früher- kennung von Krankheiten zu nut- zen,

I> an die Kassenärztlichen Vereini- gungen, im Rahmen der durch die Berufsordnung gegebenen Regeln, diejenigen Ärzte tätig werden zu lassen, die bereit und in der Lage sind, für ihre Person als Kassen- ärzte oder als „ermächtigte" Ärzte an Vorsorgeuntersuchungen teilzu- nehmen, und

> an die Vertragspartner der Kas- senärztlichen Vereinigungen bei der Vereinbarung der Honorare für diese Vorsorgeuntersuchungen, deren Wert für die Volksgesundheit angemessen zu berücksichtigen.

Allen an der Gestaltung der Vor- sorgeprogramme im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung zwischen Ärzten und Krankenkas- sen Beteiligten, empfahl der Deut- sche Ärztetag, die durch den Stand der medizinischen Wissenschaft und das Gesetz gegebenen Mög- lichkeiten voll auszuschöpfen.

3. Beteiligung von Ärzten an Vorsorge- untersuchungen

Ausgehend vom Aufruf des Deut- schen Ärztetages im Rahmen der durch die Berufsordnung gegebe- nen Regeln, an den Vorsorgeunter- suchungen alle Ärzte zu beteiligen, die dazu bereit und in der Lage sind, verabschiedete der Deutsche Ärztetag eine Ergänzung der Wei- terbildungsordnung von 1970. Da- nach können Vorsorgeuntersu- chungen, die in verschiedene Fachgebiete fallen, solche Ärzte durchführen, zu deren Fachgebiet wesentliche Teile des Programms gehören, sofern sie die notwendi- gen Kenntnisse, Erfahrungen und Einrichtungen auch für die Durch- führung des übrigen Programms besitzen. Der Vorstand der Bun- desärztekammer legte hiervon aus- gehend Mitte Juli 1971 im einzel- nen fest, welche ärztlichen Fach- gruppen sich an den Vorsorgepro- grammen beteiligen können und gab den Landesärztekammern zur Ergänzung ihrer Berufsordnungen detaillierte Empfehlungen.

Da die Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der kassenärztlichen Ver- sorgung durchgeführt werden, liegt es bei den Kassenärztlichen Verei- nigungen und den gemeinsamen Selbstverwaltungseinrichtungen der Ärzte und Krankenkassen, ei- ner hinreichenden Zahl erfahrener Ärzte nicht nur aus freier Praxis sondern auch aus den Bereichen öffentlicher Gesundheitsdienst und Krankenhaus die Teilnahme an den Untersuchungen zu ermöglichen;

diese Ärzte sind für ihre Person an der Durchführung zu beteiligen.

Einigen Schwierigkeiten der Betei- ligung von Krankenhausärzten an den Vorsorgeuntersuchungen dürf- ten durch eine revidierte Empfeh- lung der Deutschen Krankenhaus- gesellschaft wohl begegnet werden können. Voraussetzung zur Teil- nahme für ermächtigte Kranken- hausärzte ist danach eine vom Krankenhausträger „ausgespro- chene" Genehmigung zur Vornah- me von Vorsorgeuntersuchungen im Nebenamt. Die Bereitschaft der Deutschen Krankenhausgesell-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 1939

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