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Archiv "Koalition: Nivellierung nach unten" (26.12.2005)

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Koalition

Zu dem Beitrag „Koalitionsverein- barung: Alter Kurs, neues Tempo“

von Samir Rabbata, Sabine Rieser und Heinz Stüwe in Heft 47/2005:

Kurzsichtig

Der ständige Abbau von Ar- beitsplätzen ist Ausdruck der Stärke und damit Produkti- vität unserer Wirtschaft, die immer mehr mit immer weni- ger Arbeitskräften produziert und die man isoliert von der Politik sehen muss. Ausgaben und Einnahmen der Sozialver- sicherung passen nicht mehr zusammen, weil das System sich den verändernden Grund- lagen nicht angepasst hat und die Politik zu schwerfällig ist, um darauf adäquat zu reagie- ren. Ich denke, dass es gewollt ist, den niedergelassenen Be- reich auszudünnen, weil sta- tionäre und ambulante Versor- gung gemeinsam zu teuer sind.

Dass die Niedergelassenen Leistungen kostengünstiger als Krankenhäuser erbringen können, ist unbestritten. Ziel dürfte es aber sein, die Kran- kenhäuser besser auszulasten, um die besonders bei Akut- häusern hohen Vorhaltekosten besser verteilen zu können.

Die Niederlassung von Ärzten ist reglementiert. Spaß an ei- ner Niederlassung haben Fachärzte im Krankenhaus un- ter den heutigen Bedingungen kaum noch, wie der dort an- steigende Fachärzteanteil deutlich zeigt. Ein Problem wird dabei aber übersehen:

Wo sollen unsere Mediziner künftig herkommen, wenn Krankenhäuser ausschließlich auf Effizienz getrimmt werden und nicht niederlassungswilli- ge Fachärzte die Stellen, die

bisher für die ärztliche Aus- und Weiterbildung durch Nie- derlassung frei wurden, blockieren? Diese Politik ist mehr als kurzsichtig und wird über kurz oder lang dazu führen, dass besonders in länd- lichen Gebieten die ambulan- te Versorgung nicht mehr ge- währleistet werden kann. Der ärztliche Nachwuchs bleibt, weil er nicht mehr ausgebildet wird, einfach weg. Das System wird billiger, weil keiner mehr da ist, der etwas verschreibt.

Die Politik hat ihr Ziel, alle gleich (in diesem Falle leider schlechter) zu versorgen, er- reicht und kann sich auch noch stolze Einsparungen an die Fahnen heften. Ob der ge- beutelte Bürger das alles wirk- lich will, steht auf einem ganz anderen (Wahl-)Zettel.

Erwin M. Kinateder,

Verwaltungsdirektor, Berufsgenossen- schaftliche Unfallklinik Murnau, Professor-Küntscher-Straße 8, 82418 Murnau

Aktiv gegen Ausbeutung kämpfen

Frau Schmidt trägt den Klas- senkampf in die Praxen, und wir Ärzte sollten uns rege dar- an beteiligen. Sozialismus und nicht Marktwirtschaft wird un- ser marodes GKV-System ret- ten. Die Wiedereinführung so- zialistischer Errungenschaften sorgt für mehr Bürgergerech- tigkeit. Zukunftsweisend ist Zuteilung und nicht Bedarf.

Sozialismus ist auch für Ärzte eine gute Sache, da sie nicht mehr ausgebeutet werden können. Aber unter den jetzi- gen Verhältnissen sollten nie- dergelassene (Berufsverbän- de) und angestellte Kollegen (Marburger Bund) gemeinsam

mit allen demokratischen Mit- teln, z. B. durch Dienst nach Vorschrift, aktiv gegen Aus- beutung kämpfen . . . Vor al- lem in den Bundesländern, in denen 2006 gewählt wird, dürften Aktionen Wirkung zeigen . . .

Dr. med. Pompilio Torremante, Marktplatz 29, 88416 Ochsenhausen

Politiker sind nicht so dumm

Vielleicht sollte man die Vor- schläge der Ministerin nicht zu pauschal verdammen: Natür- lich können die meisten Arzt- praxen ohne zusätzliche Pri- vateinnahmen nicht auskom- men – sie müssten verschwin- den oder ihre Leistungen dra- stisch herunterfahren. Aber die guten Ärzte könnten ja als Heilpraktiker oder im Ausland auf ihrem gewohnt hohen Ni- veau weiter heilen – endlich befreit von den Repressalien der deutschen Kassenmedizin.

Letztgenannten Ausweg sollte man allerdings nicht zu lange

hinauszögern. Bei Fortsetzung der längst begonnenen Ent- wicklung muss man nämlich damit rechnen, dass neben der Wiedereinführung anderer Er- rungenschaften auch die Re- publikflucht wieder zum straf- baren Delikt wird. Die Politi- ker sind aber nach meinem Dafürhalten nicht so dumm, wie ihre öffentlichen Äu- ßerungen sie erscheinen

lassen . . . Sie werden deshalb für sich selbst die Möglichkeit offen halten, oberhalb der ge- setzlich eingeschränkten und systematisch totgesparten Kassenmedizin behandelt zu werden. Vielleicht wird es außerhalb der Hoheitsgewäs- ser verankerte Praxisschiffe für sie geben – so wie die Spielkasinos vor der Küste Floridas. Außerdem bin ich ja nicht nur Arzt, sondern auch ein alternder Privatpatient in obrigkeitlich erzwungener Geldnot. Für mich wäre es deshalb ein wundervolles Ge- schenk, wenn die Familie bei- tragsfrei mitversichert wäre.

Und wenn der Beitrag nach meinem erbärmlichen Arzt- einkommen bemessen wäre . . .

Dr. Walter Weipkema,

Obereiderstraße 28, 24768 Rendsburg

Nivellierung nach unten

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will für Kassen- und Privatpatienten gleiche Ho-

norare einführen, derzeit gebe es Ungerechtigkeiten. Wir Ärzte hätten natürlich nichts dagegen, wenn die budgetge- drückten Kassenhonorare auf den originären GOÄ-Level der Privatversicherung ange- hoben würden, eben für glei- che Behandlung. Aber das wird sie sicher nicht machen, sie will die Privathonorare ab- senken, damit alle gleich A

A3576 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 51–52⏐⏐26. Dezember 2005

B R I E F E

Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

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(schlecht?) behandelt werden.

Damit würde sie nicht nur die Ärzte, sondern auch die Pri- vatpatienten betrügen, die im- merhin viele Jahre oder Jahr- zehnte für eine bessere Ver- sorgung eingezahlt haben.

43 Euro bezahlen die Kran- kenkassen in Westfalen-Lippe einem Allgemeinarzt für drei Monate All-inclusive-Versor- gung, das sind nach Abzug von Kosten und Steuern ca.

zehn Euro „netto“. Na, dafür kann man doch wohl einiges verlangen, oder? . . . Dr. med. Henning Fischer, Scharnhorststraße 25, 32052 Herford

Unterschiedliche Wartezeiten

. . . Unsere Patienten spüren die sich verlängernden Warte- zeiten. Im Bereich der Privat- patienten ist die Vergütung auch schon lange nicht mehr den Kosten, der gesamtwirt- schaftlichen und der medizini- schen Entwicklung angepasst worden. Aber die Behandlung von Privatpatienten bringt noch ein existenzrettendes Einkommen. So kann der Arzt, wenn ihm die Behand- lung eines Kassenpatienten wegen der Budgets schon längst nicht mehr möglich ist, sich doch noch im Privatbe- reich helfen. Nicht die Privat- patienten sind schuld, es sind die defizitäre Bezahlung durch die Krankenkassen und die Budgets die eigentlichen Ur- sachen für von der Ministerin

beklagten unterschiedlichen Wartezeiten. Sollte die neue große Koalition evtl. aber die Vergütung für die Privatpati- enten auf Kassenniveau sen- ken, dann werden auch Privat- patienten lange Wartezeiten bekommen. Es wird dann zwar keine Ungleichbehandlung mehr geben, es wird aber allen schlechter gehen. Die Ministe- rin will, so sagte sie vor laufen- der Kamera, das Punkte-Sy- stem in der Gesetzlichen Krankenversicherung abschaf- fen. Wenn dann (wie heute der Privatpatient) jeder Patient ei- ne Rechnung mit den für ihn erbrachten Leistungen und mit den zugehörigen Preisen erhält, wenn ersichtlich wird, was er als Gegenleistung für seinen Beitrag erhalten hat, wird seine Zufriedenheit, wird die allgemeine Zufriedenheit mit unserem Gesundheitssy- stem spürbar steigen. Mit Bud- gets ist eine solche Regelung allerdings unvereinbar. Nur wenn mit der Abschaffung des Punkte-Systems die Vergütung der Kassenpatienten der von Privatpatienten angeglichen

wird, werden sich die Warte- zeiten auch wieder verkürzen;

dann wird es keine Ungleich- behandlung mehr geben, es wird aber allen Versicherten besser gehen.

Dr. med. Klaus Günterberg, Hönower Straße 214, 12623 Berlin

Falscher Vergleich

. . . Die Ministerin vergleicht die „zum Teil hohe(n) Beiträ- ge“ der Kassenpatienten mit den Prämien der Privatversi- cherten. Sie verschweigt oder weiß nicht, dass sie hier nicht Äpfel mit Birnen, sondern Äp- fel mit Jupitermonden ver- gleicht – immerhin sind beide rund. Die Beiträge zur GKV sind überwiegend abhängig von der Höhe des Einkom- mens, sie sind steuerähnlich.

Die Beiträge sind auch nicht strikt personenbezogen wie in einer privaten Versicherung.

Beispielsweise können bei ei- nem GKV-Versicherten in ei- ner Familie noch der nicht ar- beitende Ehepartner und fünf Kinder „mitversichert“ sein.

Der „hohe“ Beitrag relativiert sich also, müsste evtl. durch drei, fünf oder eine andere Zahl geteilt werden. Auch wer- den durch die hohen Beiträge in der GKV – genau wie in je- dem anderen Steuersystem auch — die Ausgaben für die- jenigen abgedeckt, welche niedrige Beiträge einzahlen. In der GKV gibt es keine indivi- duelle Risikobestimmung wie bei der privaten Versicherung, die individuellen Beiträge zur GKV können also gar keine Beziehung zu den individuel- len Ansprüchen bzw. Leistun- gen der GKV haben . . . Henrik Jordan,Van Nahuysweg 105, NL-8061 EZ Hasselt

Zu dem Kommentar „GOÄ-Pläne: De- montage“ von Frau Renate Hess in Heft 47/2005:

Das letzte Standbein

Seit Jahrzehnten werkeln Poli- tiker am Gesundheitswesen, und allen Änderungen und Reförmchen war eines ge- mein: Die Honorare der nie- dergelassenen Ärzte im kas- senärztlichen Bereich wurden kleiner und kleiner, so klein, dass ein wirtschaftliches Über- leben der Praxen nur durch ei- ne gute Mischung aus kassen- und privatärztlichen Einnah- men möglich war. Doch auch die Privateinnahmen wurden relativ weniger, da die Ge- bührenordnung fast zehn Jah- re nicht angepasst wurde und auch kein Inflationsausgleich

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 51–52⏐⏐26. Dezember 2005 AA3577

B R I E F E

E-Mail

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