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Archiv "Interferon-alpha - Zum Problem der persistierenden Neurotoxizität: Differenzierung schwierig" (10.11.1995)

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MEDIZIN

klinische, und ihre Irrtumswahr- scheinlichkeit ist sehr gering.

Die Gelenkpunktion gehört in die Gichtforschung, im Punktat wird nach intraleukozytären Uratkristallen, nicht nach freien, gesucht. McCarty empfeh- le ich im Original nachzulesen. Er hat wie wir alle die Erfahrung, daß es ohne Hyperurikämie in der Vorgeschichte keine Gichtanfälle gibt, daß aber rund um den Anfall die Harnsäurewerte niedrig liegen können.

Was den Weichteilrheumatismus und degenerative Folgezustände be- trifft: Ich hielt es für nötig, auf die chronische Gicht hinzuweisen, weil sie zu wenig bedacht wird, ich warne aber davor, „rheumatische" Be- schwerden bei Patienten mit Hyper- urikämie der chronischen Gicht zuzu- ordnen. Schleimbeutel und Sehnen- scheiden (neben der Haut) sind die Prädilektionsorte! Letzten Endes ent- scheidet der Therapieversuch, das heißt Erfolg oder Mißerfolg einer Normalisierung der Serumharnsäure.

Herrn Wenderoth stimme ich zu, daß die Gicht (hier die Hyperurik- ämie) auch ohne Diät mit Allopurinol zu behandeln ist. Ich bin dennoch der Ansicht, daß der Patient das Recht hat, diätetisch beraten zu werden, um so mehr, als Kollege Wenderoth bei der Abschätzung der Chancen einer Diätbehandlung irrt. Mit streng pu- rinarmer Diät kann man auch bei Gichtikern die Serumharnsäure nor- malisieren und nicht nur um 1 mg/dl

DISKUSSION

senken, auch führt streng purinarme Diät zur Beendigung der Anfälle, wie die Erfahrungen des letzten Krieges bewiesen. Das Zitat „zahlreicher aus- ländischer Lehrbücher etc.", besagt nichts, denn Wissenschaft ist nicht na- tional begrenzt. Übrigens zitieren Engländer wie Amerikaner seit lan- gem unsere (Wolfram, Griebsch, Gröbner) Arbeiten, in denen die Be- ziehungen zwischen Purinen in der Nahrung und Serumharnsäure und Harnsäureausscheidung untersucht wurden. Es bleibt dabei. Erst Diät, dann Arzneimittel, auch wenn Arz- neimittel bequemer sind.

Eine Auseinandersetzung mit Prof. E. Sturm ist immer schwierig.

Was meint er mit „veralteten Lehr- büchern" und mit „irreführend"? Ei- nige Bemerkungen seien dennoch ge- stattet.

Unter unseren geänderten Ernährungsbedingungen manifestiert sich die Gicht nicht anders als eh und je. Anfall, Tophi und Nephrolithiasis sind die Ersterscheinungen, von auf- wendigen Kosten, geschweige Invali- dität kann bei der Frühdiagnose keine Rede sein. Seit 40 Jahren weise ich darauf hin, daß einmalige Harnsäure- bestimmungen keine diagnostische Sicherheit bieten. Weigert sich Herr Kollege Sturm, dies zur Kenntnis zu nehmen? Unterscheidet er immer noch nicht zwischen Sollwert (bei ihm Grenzwert) und Grenze der Thera- piebedürftigkeit?

Zur Ernährungsumstellung hat Herr Wenderoth sich anders als Herr Sturm geäußert. Ich meine, vernünfti- ge Empfehlungen gemacht zu haben.

Auch empfehle ich, genau zu lesen. Bei mir steht „viele pflanzliche Eiweiß- quellen . . . enthalten pro Kalorie fast so viele Purine wie mageres Fleisch".

Wer rechnen kann, der rechne!

Herr Sturm meint, die medika- mentöse Behandlung sei von mir „di- daktisch ungeschickt dargestellt".

Das mag so sein, aber im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn Sturm sind meine richtig.

Zuletzt: Ich verwahre mich in al- ler Form gegen die Bezeichnung

„Spezialist der Tertiärversorgung", selbstverständlich auch gegen Schluß- folgerungen wie „Unterlassung der Therapie" oder gar „Kunstfehler".

Die Poliklinik der Universität Mün- chen hat in den 43 Jahren meiner Zu- gehörigkeit stets der für die Lehre un- erläßlichen Primärversorgung ge- dient, wenige deutsche Ärzte dürften so viele Gichtkranke wie ich gesehen haben (von den internationalen Kon- silien nicht zu reden). Das Innuendo, Ordinarien der Inneren Medizin wüß- ten nicht, wovon sie reden, ist töricht.

Prof. Dr. med. Nepomuk Zöllner em. Vorstand der Medizinischen Poliklinik der Ludwig-

Maximilians-Universität Pettenkoferstraße 8 a 80336 München

Interferon-alpha - Zum Problem der persistierenden Neurotoxizität

Differenzierung schwierig

Die Literatur- und Fallübersicht von Prange dokumentiert die eigen- ständige Bedeutung von Interferon- alpha beim Auftreten von zentral- nervösen Symptomen im Rahmen ei- ner Tumortherapie. Zugleich aber wird auch deutlich, daß es unter Be- achtung dieses pathogenetischen Mechanismus schwierig ist, zentral- nervöse Syndrome, die durch neuro-

toxische Eigenschaften von Chemo- therapeutika, eventuell auch nach in- trathekaler Gabe, entstanden sind, davon abzugren-

zen, gegebenen- falls deren Wech- selwirkungen mit Interferon-alpha in entsprechen- den Therapie-

schemata zu differenzieren. Ebenso wird man die Frage aufwerfen müs- sen, ob nicht bereits bestehende,

subklinische „paraneoplastische"

oder „praeneoplastische" Syndrome können. Die Überle- gungen von Pran- ge rufen auch zu einem umfassen- deren neurologi- schen „Staging"

vor onkologischer Therapie auf. We- gen differentialdiagnostischer Erwä- gungen möchte ich darüber hinaus auf zwei Fälle von INF-alpha-indu- interferieren

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med.

Hilmar W. Prange in Heft 49/ 1994

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 45,10. November 1995 (73) A-3079

(2)

MEDIZIN

zierter Myasthenia gravis (mit Nach- weis von Rezeptor-Antikörpern, oh- ne Thymomnachweis) hinweisen, die nach drei Monaten (Blasenkarzi- nom) und fünf Monaten (Non- Hodgkin-Lymphom) Interferon-al- pha-Langzeittherapie eine später re- mittierende Myasthenia gravis zeig- ten (1). Eine eigene Fallbeobachtung mag ebenso interessieren: Nach Thymomektomie und Langzeitthe- rapie mit Azathioprin war die Pati- entin zwei Jahre symptomfrei und später frei von Rezeptorprotein- AK. Wegen eines Ovarialkarzinoms wurde Azathioprin abgesetzt und nach einer operativen Sanierung wurde ein D-CHT-Schema mit Stammzell-Support sowie alpha-In- terferon und IL-2 gegeben. Nach drei Monaten kam es zu einem Rezi- div der Myasthenia gravis mit deutli- cher Erhöhung der Rezeptor-AK.

Von pathogenetischer Bedeutung mögen dabei einmal ein Rezidiv nach Absetzen von Azathioprin sein, eventuell ein Rezidiv nach Stammzell-Support mit wiederauf- tretender Antikörperbildung, aber auch ein durch Interferonalpha indu- ziertes Rezidiv. In jedem Fall muß Interferon-alpha auch bei der eher seltenen Konstellation Myasthenia gravis und Tumorleiden in Thera- pieschemata besonders beachtet wer- den.

Literatur

1. Palmisani MT, Evoli A, Batocchi AP, Ser- videi S, Apollo F, Tonali P: Myasthenia gra- vis after interferon alpha-Therapy. Euro- myasthenia IV, Versailles 1994.

Prof. Dr. R. W. C. Janzen Neurologische Klinik Krankenhaus Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 60488 Frankfurt

Schlußwort

Der Diskussionsbeitrag von Janzen unterstreicht die immunolo- gische Dimension der Interferon- Therapie: Unter monatelanger Ver- abfolgung von Ifn-alpha ist es zum Neuauftreten oder zum Rezidiv ei- ner schon zuvor bestehenden Au- toimmunkrankheit, der Myasthenia

DISKUSSION

gravis (M.g.), gekommen. In den von Janzen aufgeführten Fällen ging die interferoninduzierte myasthene Symptomatik mit dem Vorhanden- sein von Acetylcholinrezeptor-Anti- körpern (Anti-AChR-AK) in krank- heitstypischen Quantitäten einher.

Weitere Myastheniefälle unter Ifn-alpha-Therapie wurden bekannt.

So berichteten Riedel et al. über ei- nen AIDS-Patienten, der nach zwei- einhalbmonatiger Ifn-alpha-Gabe okuläre Lähmungszeichen ent- wickelte; sie klangen nach Ende der Therapie wieder ab. Man interpre- tierte dies als pseudomyasthenische Reaktion (13). Lensch teilte den Fall eines Leukämiekranken mit, bei dem nach einhalbjähriger Ifn-alpha- Verabfolgung das Vollbild einer M.

g. einschließlich pathologischer An- ti-AChR-AK in Erscheinung trat (10).

Dies alles deutet darauf hin, daß die Induktion einer Myasthenie wohl eine seltenere, aber doch nicht ganz ungewöhnliche Komplikation der Interferon-alpha-Therapie ist.

Eine Erklärung hierfür ergibt sich möglicherweise aus den an 25 My- asthenie-Patienten erhobenen Be- funden zur Aktivität der Natural- Killer-Zellen (NK-Zellen) und des Systems der Typ-I-Interferone (9).

Es wiesen 44 Prozent der Untersuch- ten Zeichen einer Aktivierung des Interferon-Systems auf, erkennbar an einer Hyperinterferonämie und einem typischen In-vitro-Reaktions- muster der mononukleären Zellen des peripheren Blutes. Bei 73 Pro- zent der M.g.-Patienten bestand ein Aktivitätsdefekt der NK-Zellen.

Es ist seit längerem bekannt, daß die NK-Zellen einen suppressi- ven, immunregulatorischen Effekt auf die polyklonale B-Zell-Aktivie- rung und damit auf die Freisetzung von Immunglobulinen ausüben (2, 14). Dieser Effekt ist vor allem Ifn- gamma-abhängig. Letzteres fördert unter bestimmten Bedingungen die Reifung von B-Zellen (1, 16, 17), be- einflußt aber auch als „später" Inhi- bitor die B-Zell-Differenzierung durch Blockierung der Immunglobu- linsekretion und Interferenz mit dem „Splicing" der nukleären p- Ketten-mRNA (3). Man beobachte- te bei AIDS-Patienten mit stark er-

niedrigten CD4+-T-Lymphozyten ei- ne Korrelation zwischen reduzierter Ifn-gamma-Produktion und gestei- gerter polyklonaler B-Zell-Aktivie- rung (5, 6).

Aus Vorgenanntem ergibt sich, daß ein funktioneller Defekt der NK- Zellen oder der CD4+-T-Zellen mit einer Reduktion der Ifn-gamma-ver- mittelten immunregulatorischen Po- tenz einhergeht.

Unter bestimmten Bedingungen kann dies wegen fehlender Suppressi- on der polyklonalen B-Zell-Aktivie- rung und der daraus sich ergebenden Freisetzung von Antikörpern gegen körpereigene Epitope zu einer Au- toimmunerkrankung, wie es die My- asthenia gravis ist, führen.

Die Rolle des therapeutisch ver- abfolgten Interferon-alpha besteht nun darin, daß die wiederholte oder kontinuierliche Interferon-al- pha-Exposition eine Beeinträchti- gung der NK-Zell-Aktivität und eine verminderte Interferon-gamma-Pro- duktion nach sich zieht (4, 7, 8, 9, 11, 12, 15).

Das längere Intervall der thera- peutischen Interferon-alpha-Gaben bis zum Auftreten der M.g. bei den genannten Fällen könnte einen sol- chen Pathomechanismus bestätigen.

Daß darüber hinaus auch andere Va- riable des immunregulatorischen Netzwerkes bei diesem Mechanismus Einfluß ausüben, steht ganz außer Frage.

Wir fassen zusammen: Das Auf- treten einer Myasthenia gravis unter Interferon-alpha-Therapie ist gewiß selten, aber nicht auszuschließen und durch bestimmte immunpathologi- sche Mechanismen relativ schlüssig zu erklären.

Das von Janzen empfohlene neu- rologische „Staging" vor Beginn einer Interferon-Therapie ist zweifelsfrei sinnvoll. Die Entwick-lung einer M.g.

während dieser Therapie kann aber nur bei fortlaufen-den neurologi- schen Kontrolluntersuchungen erfaßt werden.

Literatur beim Verfasser Prof. Dr. med. Hilmar W. Prange Neurologische Universitäts-Klinik Robert-Koch-Straße 40

37075 Göttingen A-3080 (74) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 45, 10. November 1995

Referenzen

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