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KONGRESSNACHRICHTEN
Zytologische Diagnostik maligner Nicht-
Hodgkin-Lymphome
Lymphknoten von 63 Patienten mit malignen Nicht-Hodgkin- Lymphomen wurden zytologisch untersucht. Das Untersuchungs- material wurde in der Regel durch Lymphknotenexstirpation gewonnen, sofort ausgestrichen und nach May-Grünwald-Giemsa gefärbt. Als Kontrolle dienten die Ergebnisse der histologischen Untersuchung oder der Sektion.
Einige Lymphknoten wurden zy- tochemisch und elektronenmi- kroskopisch untersucht. Nur fünf Patienten hatten Lymphome vom niedrigen Malignitätsgrad. (Nach der Kieler Klassifikation): vier wa- ren Immunozytome (M. Walden- ström), und einer war ein Plas- mozytom. Die restlichen 58 Pa- tienten gehörten zu den Lympho- men vom höheren Malignitäts- grad, und zwar: 21 zentroblasti- sche Sarkome (zum Teil folliku- lär); zwei lymphoblastische Sar- kome (ein Burkitt-Tumor und ein
„convoluted" Typ) und 35 immu- noblastische Sarkome (davon 20 mit plasmazellulärer Differenzie- rung). Die zytologische Diagnose der malignen Nicht-Hodgkin- Lymphome ist auf Grund der zel- lulären Malignitätskriterien und der Kenntnis der normalen und reaktiven Lymphknotenzytologie durchaus möglich (Dr. Z. Petrow, Zentrallaboratorium, Kranken- haus im Friedrichshain, Berlin [Ost]). stl
(6. Europäischer Zytologenkongreß, Wei- mar 1976)
Gefäßwandtransmission der Proteine
Bradykinin ist offenbar eines der wichtigsten lokalen Transmitter für die physiologische und pa- thologische Proteinpermeabilität der Arteriolen-, Kapillar- und Ve- nolenwände (Professor Dr. S.
Witte, Evangelische Diakonissen- anstalt Karlsruhe). Bei intravenö- ser Applikation von Bradykinin tut sich gar nichts. Gibt man im Tierexperiment Bradykinin lokal aufs Mesenterium, wird der Pro- teintransport durch die Gefäß- wände schlagartig schneller. Die meisten Proteine treten durch die Venolenwände ins Gewebe über.
Auf dieser Basis entsteht bei- spielsweise auch das entzünd- liche Ödem. WP
(Migräne-Workshop, Dezember 1976, Er- langen)
Immunaktivierung bei Mammakarzinom
Auf dem Gebiet der Immunaktivi- rung bei Mammakarzinom wird ständig Neues versucht. Manche Anregung scheint klinisch zu- kunftsträchtig zu sein, auch wenn sie vorläufig noch Theorie bleibt, weil die Kontrollen fehlen.
Eines dieser Beispiele ist die ex- trakorporale Bestrahlung von Tu- morgewebe, das dann als Auto- transplantat wieder inkorporiert wird (Dr. J. M. Anderson, Royal lnfirmary, Glasgow, Großbritan- nien): Damit wird offenbar nicht nur die Strahlensensibilität des Resttumors deutlich verbessert, sondern auch das Immunsystem
— zumindest bei Frauen mit
Mam- makarzinom
— verstärkt. In Glas- gow erhielten 16 Frauen (12 da- von im Stadium 11 des Mamma- karzinoms und 4 im Stadium III) nach einfacher Mastektomie Au- totransplantate mit bestrahlten Zellen ihres eigenen Tumors, be- vor nachbestrahlt wurde (natür- lich Megavoltbestrahlung). Die Überlebenskurven nach sechs- jähriger Beobachtungszeit zei- gen eine signifikante Lebensver- längerung. Außerdem fand sich im Vergleich zu 139 Frauen mit Brustkrebs im Stadium II bei den 16 mit Zell-Reimplantation be- handelten Frauen durchwegs Leukozyten- beziehungsweise Lymphozytenpopulationen miteiner enorm gesteigerten, gegen die individuellen Krebszellen ge- richteten Aktivität. WP
(Schweizerische Krebstagung, Oktober 1976. Lugano)
Krebsrisiko nach Behandlung
mit lmmunsuppressiva
Die Immunitätslage spielt eine bedeutende Rolle bei der Entste- hung eines malignen Tumors. Bei Kindern mit einer Immunitätsstö- rung ist das Risiko, an einem bösartigen Tumor zu erkranken, 100mal größer als bei den Kin- dern mit einer ausreichenden Im- munausstattung. Bösartige Lym- phozytome sind die häufigsten Tumoren (60 Prozent), die Leuk- ämien liegen mit 20 Prozent an zweiter Stelle. Außerdem ist bei den Patienten, die mit immun- suppressiven Medikamenten be- handelt werden, das Krebsrisiko erhöht. So sind etwa Patienten mit einer Nierentransplantation 35mal häufiger von bösartigen Lymphozytomen betroffen, Haut- und Lippenkrebs tritt bei ihnen 4mal häufiger ein. Bei Patienten, die wegen einer Organtransplan- tation mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt wer- den, beträgt das Vorkommen ma- ligner Tumoren 5 Prozent. Auch im Fall einer Krebschemo- therapie oder Krebsbestrahlung entsteht ein zweiter Tumor um ein Vielfaches häufiger. Das zyto- logische Bild der bösartigen Ge- schwülste bei mit Immunsup- pressiva behandelten Patienten unterscheidet sich nicht von demjenigen der Patienten, bei denen spontan Neoplasmen auf- treten. Man hat den Eindruck, daß in einigen Fällen eine höher- gradige Entdifferenzierung und eine geringere entzündliche Ab- wehrreaktion besteht (Professor Dr. F. Rilke, Istituto Nazionale per la Studio de la Cura dei Tumori, Milano). stl
(6. Europäischer Zytologenkongreß, Wei- mar 1976)
588 Heft 9 vom 3. März 1977