S C H L U S S P U N K T
[76] Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 42½½½½20. Oktober 2000
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ausende Aktionäre sind sauer auf die Deutsche Telekom, weil sie im Ver- trauen auf steigende Kurse bei den Bonnern eingestiegen sind. Jetzt sitzen die arg Ent- täuschten auf herben Verlu- sten, wie viele andere auch, die am Neuen Markt so rich- tig auf dem falschen Fuß er- wischt wurden oder sich mit Internet-Fonds die Finger verbrannt haben.Das Umfeld für Aktien ist also denkbar schlecht. Die Stichworte für die Giftpfeile sind steigende Zinsen, gipfel- stürmende Ölpreise und Ge- winnwarnungen so mancher Unternehmen.
Und da kommt also dem- nächst die Deutsche Post mit einem Mammutbörsengang und erwartet wohl, dass die Leute in Scharen die gelben Aktien zeichnen werden. Ob das gut gehen kann in dieser schwierigen Zeit?
Zu den Fakten: Bei Going Public der Deutschen Post AG geht es um ein Marktvo- lumen (geschätzte Börsenka- pitalisierung) von rund 25 Milliarden, das untergebracht werden will. Am 30. Oktober beginnt die Zeichnungsfrist der bislang in diesem Jahr größten Börsenemission, und wer bis zum 10. November da- bei ist, kann als „Frühzeich- ner“ mit einem Rabatt rech- nen, dessen Höhe aber noch nicht bekannt ist.
Was die Aktie letztendlich kosten wird, steht noch in den Sternen, der Preis wird zum Beginn der Zeichnungsfrist bekannt gegeben, genauer die Preissspanne (Bookbuilding), zu der die Anleger kaufen
können. Die Tausenddollar- frage ist freilich die: Was darf ein Anteilsschein kosten, um für Erstzeichner attraktiv zu sein? Zunächst ist es einmal so, dass sich die Deutsche Post als Logistikunterneh- men in einer Branche bewegt, die jetzt – und auch wohl in den kommenden Jahren – zu den Börsenlieblingen zählen wird. Hier werden jährliche Wachstumsraten von 30 Pro- zent und mehr als durchaus im Bereich des Möglichen ge- sehen.
Auf der anderen Seite ist der Gewinn je Aktie, den die Deutsche Post im Moment erzielt, so dick wiederum nicht, dass es einen zu lauten Hurras veranlassen könnte.
Für dieses Geschäftsjahr werden bloß 1,41 Euro ge- schätzt, für das Jahr 2001 beläuft sich diese Größe auf 1,53 Euro und soll in 2002 so- gar auf nur noch 1,39 Euro je Aktie sinken. Toll ist das wirklich nicht. Langfristig spricht aber dennoch für die Post, dass sie die gesamte Lo- gistikkette aus einer Hand anbieten kann und damit richtig Geld verdienen wird.
Als Unsicherheitsfaktor bleibt aber das in zwei Jahren aus- laufende Briefmonopol.
Persönlich glaube ich an ei- nen Erfolg des Börsenganges, zumal sich im November das Umfeld in eher wieder sonni- gerem Lichte zeigen dürfte.
Vorausgesetzt, die Deutsche Post besitzt Augenmaß bei der Festsetzung des Emis- sionspreises. Alles unter 20 Euro wäre eine angenehme Überraschung und ein dicker Anreiz zum Zeichnen. ✮
zur Deutschen Post AG
Zur Unzeit am Markt?
Für Schlagzeilen sorgt zurzeit ein Plan von Bundesgesund- heitsministerin Andrea Fischer.
Nach Pressemeldungen
müssen sich künftig Patienten der Gesetzlichen Kranken- versicherung vom Arzt die Be- handlung quittieren lassen.
Dr. med. A. Rösiger inspirierte dies spontan zu folgender Glosse:
Noch habe ich es im Ohr, das schallende Gelächter meines Fri- seurs, als ich ihn nach getaner Arbeit um eine Quittung darüber bat, dass er mir die Haare ge- schnitten habe.
Als er sich von seiner Lach- attacke erholt hatte, hat er mir langsam und mit einfachen Wor- ten klarzumachen versucht, dass es Quittungen gebe für abgelie- fertes Geld oder Waren.
Oder, meinte er, sollen sich jetzt vielleicht auch die Lehrer nach jeder Unterrichtsstunde quittieren lassen, dass sie den Schülern etwas beigebracht ha- ben – und was es denn gewesen sei.
Als ich ihm daraufhin sagte, dass ich kein Lehrer sei, sondern Arzt und dass Frau Ministerin Fischer . . ., überzog ein mitleidi- ges Lächeln sein Gesicht: „Mit denen kann man das machen.“
Dr. A. Rösiger
Quittung für Patienten über die Arztbehandlung
„Mit denen kann man das machen“
Post Scriptum
Börsebius