A
A3146 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 45½½½½10. November 2000
P O L I T I K
N
un sollen die Vertragsärzte die Quittung dafür erhalten, dass die KVen in den Augen der Bun- desgesundheitsministerin unfähig sind, Abrech- nungsbetrug zu verhindern oder auch nur aufzu- decken. Dabei betrachten die Politiker das in der Öf- fentlichkeit erzeugte Bild der KVen als Dulder oder gar Handlanger krimineller Machenschaften durch- aus mit Wohlgefallen, stützt diese Darstellung doch ihre These: „Geld ist genug im System, nur die KVen verteilen es falsch.“Die Medienkampagne der letzten Monate über bewiesene und vor allem über vermutete betrügeri- sche Abrechnungsmanipulationen der Ärzte zeigt Wirkung. Immer wenn der öffentliche Druck groß genug ist, reagiert die Politik mit einem Schnell- schuss. Allerdings wird dieses Mal nicht Maulkorb-
oder Leinenzwang verordnet, sondern eine Quittung des Patienten für jede einzelne in Anspruch genom- mene Leistung verlangt.
Abgesehen davon, dass die Kosten für Erstellen und Verwalten der Quittungen das Volumen des po- tenziellen Betruges um mindestens eine Zehnerpo- tenz übersteigen, abgesehen davon, dass sich jedes noch so ausgeklügelte Kontrollsystem mit ausrei- chend krimineller Energie aushebeln lässt, wir sollten den Ball, den uns die Politik mit der Quittungsidee zuspielt, auffangen und in die Offensive gehen.
Die wirksamste Kontrolle, ob eine Leistung er- bracht worden ist, ergibt sich dann, wenn der Patient die Leistung direkt bezahlt. Der Generalschlüssel zur Lösung des Problems liegt also nicht in mehr Büro- kratie, sondern in der Ablösung des Sachleistungs- prinzips durch die Kostenerstattung.
Machen wir uns nichts vor: Im Zuge der An- gleichung der europäischen Sozialversicherungssy- steme hat das deutsche Sachleistungsprinzip kaum Chancen, sich durchzusetzen. Deshalb werden sich die Vertragsärzte daran gewöhnen müssen, dass künftig in der Anmeldung neben dem Telefon eine Kasse steht. Warum eigentlich wollen wir warten, bis europäisches Recht uns dazu zwingt? Zur Quit- tung gehört die Rechnung und zur Rechnung der Anspruch auf vollständige Bezahlung in DM oder
Euro. Dr. med. Volker Synatschke