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Schama¬ nismus ist ja abgesehen von seiner Verbreitung bei den Jägervölkern auch in manchen Hoohkulturen Asiens anzutreffen

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Andreas Lommel: Die Welt der frühen Jäger. Medizinmänner. Schamanen,

Künstler. Verlag Georg D. Callwey München 1965. 196 S., 44 Abb. auf

Tafeln. DM 44

Der namentlich durch seine Felsbilder-Forschungen bekannt gewordene

Münchener Ethnologe und Australien-Spezialist Andreas Lommel hat eine

Darstellung des Schamanismus und der von ihm ausgehenden Kunstübun¬

gen gegeben, die auch der Orientalist zur Kermtnis nehmen sollte. Schama¬

nismus ist ja abgesehen von seiner Verbreitung bei den Jägervölkern auch

in manchen Hoohkulturen Asiens anzutreffen. Lommel konzentriert sich in

seinem Werk auf die schamarüstischen Praktiken bei den Eskimos und den

sibirischen Völkern, bezieht aber zur Abrundung auch gelegentlich andere

geographische Bereiche ein und betont vor allem das hohe Alter des Schama¬

nismus. Hierfür werden namentlich die Zeugnisse der vorgeschichtlichen

Kunst herangezogen. Seine Darstellung zeichnet sich dadurch aus, daß die

Erkermtnisse der modemen Psychologie verwertet werden. Das psychotische

Element im Schamanentum rmd der Selbstheilimgscharakter des Schamani-

sierens werden überzeugend herausgearbeitet. Aber auch die Anfänge der

darstellenden Kunst sind nach Lommel im Sohamanentum zu suchen. Das

Buch bietet hierfür ein reiches Anschauungsmaterial auf sehr gut gelungenen und sirmvoll ausgewählten Bildtafeln sowie mit geschmackvoll ausgeführten

Nachzeichnungen als Randschmuok. So ist ein auch äußerlich sehr attrakti¬

ves Werk entstanden, das ein auch für die asiatischen Hoohkidturen wichti¬

ges Substrat veranschaulicht. Daß das Wort Schamane selbst indischen

Ursprungs (skr. sramana) sein soll, wird ja kaum noch in der Wissenschaft

vertreten. Einige Autoren nehmen einen Zusammenhang des ja im Tungusi¬

sehen am besten belegten Wortes (mandschu saman „Schamane", samadambi

„beschwören" etc.) mit dem Mongolischen an (samayun, Khalkha coMyyH

, .Verwirrung, Erregung"). Das mag stimmen oder nicht; Tatsache bleibt,

daß die Mongolen ein eigenes Wort für den männlichen Schamanen hatten,

nämlich böge, das aus der ältesten Schicht des Türkischen entleht ist {*bügö,

vgl. G. Doerfer, Tü. und mo. Elemente im Neupersischen I, Wiesbaden 1963,

S. 233—234). Auch das in vielen asiatischen Turksprachen vorkommende

qam ,, Schamane" kann mit ma. saman wohl kaum zusammengebracht wer¬

den, eine Schwierigkeit, auf die u.a. L. Vajda hingewiesen hat {Ural-Alt.

Jahrb. 31 (1959) 478—479).

Eine ausführliche Bibliographie (S. 186—196) unterstreicht den wissen¬

schaftlichen Wert des Buches, auf das die Leser unserer Zeitschrift hiermit

nachdrücklich und empfehlend aufmerksam gemacht seien.

Herbert Franke, München

Walther Wolf: Funde in Ägypten, Geschichte ihrer Entdeckung, Muster¬

schmidt-Verlag, Göttingen 1966, 322 Seiten, DM 22.80.

Nach Veröffentlichungen über Funde im italischen, griechischen und me¬

sopotamischen Raum legt der Mustersohmidt-Verlag in der Reihe „Stern¬

stunden der Archäologie" nun einen Band über Funde in Ägjrpten vor. Es

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170 Büoherbesprechungen

ist dem Verlag zu danken, daß er durch die Auswahl seiner Autoren fach¬

gerechte Exaktheit verbürgt und so dem weit verbreiteten Interesse für das

Gebiet der Archäologie mit wissenschaftlich solid fundierten Büchem be¬

gegnet.

Waltheb Wolf, der sich neben seinen bekannten Fachwerken bereits

mit mehreren Veröffentlichungen über Altägypten an einen breiteren Leser¬

kreis wandte, hat im vorliegenden Buche eine fesselnde Schilderung der

wichtigsten archäologischen Entdeckimgen im Niltal gegeben. Daß daneben

der Persönlichkeit des jeweiligen Entdeckers ausführlich gedacht wird,

macht den Bericht nur umso farbiger und läßt gleichzeitig den Wandel der

Forschimgsmethoden erkennen. Denn von Abenteurern wie Ferlini über

PseudoWissenschaftler wie Amölineau, der an den ältesten Königsgräbem

in Abydos nie wieder gut zu machenden Schaden anrichtete, wird der Weg

zur modernen Ausgrabungstechnik unserer Tage geschildert. An mehreren

Beispielen macht der Autor deutlich, daß Grabungserfolge häufig nur durch

mühsame und durchdachte Kleinarbeit zustande gekommen sind, getragen

von Verantwortmxg und Hingabe an die Sache.

Die 25 Kapitel des Buches sind entweder bestimmten Einzelfunden oder

aber zusammengehörigen Gruppen von Fundplätzen gewidmet. Die dabei

befolgte chronologische Ordnung richtet sich nicht nach dem zeitlichen

Nacheinander der Entdeckungen selbst, sondem legt den gefundenen Gegen¬

stand und seine Einordnung in den Ablauf der ägyptischen Geschichte zu¬

grunde. Dadurch wird beLspielsweise die im Jahre 1817 erfolgte Auffindung

des Grabes Sethos' I. durch Belzoni im 20. Kapitel abgehandelt, während das

über 100 Jahre später gefundene Grab der Mutter des Cheops bereits im

6. Kapitel beschrieben wird. Nur die Umstände, die zum Fund des Steins von

Rosette führten, stehen außerhalb dieser Ordnimg und bilden als Auftakt

der ägyptologisehen Forschung das L Kapitel. Angefangen bei der Vor- und

Frühzeit werden bis zum christlichen Ägypten Funde aus allen Epochen

altägyptischer Geschichte besprochen. Dabei wird regehnäßig der kultur¬

historische Hintergmnd aufgezeigt sowie der jeweilige Stand der Forschung

angedeutet. Am Schluß des Bandes finden sich Literaturhinweise und aus¬

führliche Indices.

Trotz des sehr eng gezogenen Rahmens ist es dem Autor gelungen, einen

überzeugenden Querschnitt der archäologischen Entdeckungen auf ägypti¬

schem Boden zu geben und man bedauert, aus der gleichen Feder nicht auch

eine Geschichte der Ägyptenforschung selbst zu besitzen.

Winfbied Babta, München

Ebik Ivebsen : The Myth of Egypt and ita Hieroglypha in European Tradition.

Copenhagen: Gad Publishers, 1961, 178 S., 66 Abb. auf 24 Tafeln. 4».

In der vorliegenden umfangreichen Arbeit bietet E. Ivebsen ein aus

vielen Einzelzügen zusammengesetztes Bild von der Geschichte des Ägypten¬

studiums bis zur Entziffemng der Hieroglyphen durch Champollion. Es

nimmt nicht Wunder, daß gerade die ägyptische Bilderschrift, solange sie

nicht gelesen werden konnte, entscheidend dazu beitrug, die Kultur des

Nillandes mit dem Schleier des Geheimnisvollen zu überdecken.

Das vielfache Bemühen um die Hieroglyphen steht im Mittelpunkt der

Arbeit E. Ivbrsens. So wird im ersten Kapitel eine ausführliche Darstellung des hieroglyphischen Schriftsystems gegeben, was dem nichtägyptologischen

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Leser willkonvmen sein wird. Hierbei werden auch syllabische und änig- matische Schreibungen berücksichtigt.

Im nächsten Kapitel wird die klassische Überlieferung eingehend be¬

handelt. Angefangen mit den Äußerungen Herodots, kommen zunächst die¬

jenigen Autoren zu Worte, die sich mit ägjrptischer Schrift und Sprache

befaßt haben (u.a. Diodor, Plutarch und Clemens von Alexandria). Für die

weitere Überlieferung wird die besondere Bedeutung Biotins und des Neu¬

platonismus hervorgehoben. Plotins symbolische Deutung der Hieroglyphen

führt zum Werk Horapollos, dessen phantastischen Zeichenerklärungen eine

lange Nachwirkung besohieden war.

Im Mittelalter ist das Bild vom alten Ägypten vorwiegend durch biblische

Geschichten und Legenden geprägt. Als Beispiel seien hier die Mosaiken von

San Marco in Venedig genannt, die die Pyramiden als Kornspeicher Josephs

gedeutet zeigen.

Zu neuer Bedeutung gelangt das Antikenstudium in der Renaissance,

weim es darum geht, christliche Lehren rmd antike Philosophie in Einklang

zu bringen. In Florenz gründet Cosimo de'Medici die Platonische Akademie,

und Piaton und der Neuplatonismus rücken in den Mittelpunkt des Interesses

(Marsilio Ficino). Alexanders' VI. Sekretär Annius (Naimi) von Viterbo

führte die Abstammimg der Borgias bis auf Isis und Osiris zurück, die ein¬

mal in Italien gewesen seien (vgl. die Darstellung des ägyptischen Götter¬

paares von Pinturicchio im Appartamento Borgia im Vatikan). Annius ist

zugleich der erste in der langen Reihe der Gelehrten, die sich nun um das

Verständnis der ägyptischen Hieroglyphen bemühen. Die wichtigste Rolle

spielt hierbei über einen langen Zeitraum hinweg das Werk Horap>ollos, daa

zu Begiim des 15. Jahrhunderts wiederaufgefunden und nach Florenz

gebracht wurde. Bis hin zu Athanasius Kircher bleibt die symbolische Aus¬

deutung der Hieroglyphen durch HorapoUo bestimmend für das Studium

der ägyptischen Schrift. Man sah in ihr eine Wiedergabe geheimnisvoller

Priesterweisheiten und wollte die Möglichkeit profaner Benutzung der

Schrift nicht wahrhaben. Ebenso wie die Gelehrten sind auch die Künstler

der Renaissance von HorapoUo beeinflußt worden. Man schuf „hiero¬

glyphische Inschriften" und schmückte die Monumente, mit Vorliebe

Obelisken, damit.

Den Künstlern des 18. Jahrhunderts standen bereits Sammelwerke

ägyptischer Altertümer als Vorbilder zur Verfügung, so Montfaucons acht¬

bändiges Werk „Antiquitö Expliquöe" und „Recueil d'Antiquites" des

Grafen Caylus, aus dem Piranesi seine Motive wählte.

In der Sicht Winckehnanns schließlich ist die ägyptische Schrift kein

lohnendes Studienobjekt, ja er erklärt jeden Entziffenmgsversuoh als

„vergeblich und ein Mittel lächerlich zu werden". Diese entschieden negative

Einstellung bezeichnet das Ende der Ägyptenschwärmerei. Der Boden für

eine wissenschaftliche Betrachtungsweise ist nun bereitet.

Das letzte Kapitel endlich gibt eine eingehende Schilderung der Ent-

zifferimgsgeschichte.

In dieser kurzen Inhaltsangabe konnten nur einige wichtige Stationen

auf dem Weg der Überlieferung angeführt werden. Der Leser von E. Ivebsens

schönem Buch wird das. was die bisherige Forschung auf diesem Gebiet ge¬

leistet hat, zusammengestellt finden und darüber hinaus eine Fülle interessan¬

ter Einzelheiten.

Bei aller Ausführlichkeit vermißt man die Erwähnung zweier wichtiger

vorangegangener Arbeiten über das Ägyptenstudium vor Champollion:

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172 Büoherbesprechungen

Ragna Enkings vorzügliche Studie* und S. Morenz' Arbeit über „Die

Zauberflöte"^, worin auch zahlreiches Material aus einem nachgelassenen

noch unveröffentlichten Manuskript von L. Volkmann^ herangezogen

werden konnte.

Reingabt Ungeb, Bad Krozingen

Wolfgang Helck: „Materialien zur Wirtschaftsgeschichte des Neuen Reiches

(Teil V)". Einzelbetraohtung von Lebensmitteln und Materialien, Akad. d.

Wissensch, u. d. Literat, i. Mainz, Kommissionsverlag Franz Steiner,

Wiesbaden 1965.

Mit dieser Arbeit setzt H. W. Helck den dritten Abschnitt seiner wirt¬

schaftshistorischen Materialsammlung fort, dessen Thema die Frage des

Eigentums und Besitzes an verschiedenen Dingen des täglichen Lebens

umfaßt. Abgesehen von Zusätzen und Verbesserungen zu den bisher er¬

schienenen Heften und einer kurzen Zusammenstellung königlicher Stiftungen

von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen für Privatpersonen wendet

sich der Verfasser in Teil V einzelnen Lebensmitteln und Materialien zu.

Helck erörtert zunächst pflanzliche Erzeugnisse, insbesondere Früchte

verschiedenster Art sowie Holz, und untersucht unter anderem die Ver-

sorgimg der Arbeiterschaft von Der-el-Medine mit Brennholz, bei dem es

sich zum Teil um alte Schiffsteile handelte. Zuständig für die Belieferung waren eigens dafür eingesetzte ,,Holzholer". Daneben geht Helck aber auch auf tierische Produkte ein (Fisch, Fleisch imd Milch).

Bei der Behandlung vieler Materialien berücksichtigt der Verfasser zu¬

sätzlich zum philologischen Aspekt, das heißt dem Problem der ägyptischen

Termini und ihrer Bedeutung, den naturwissenschaftlichen insofem, als —

soweit möglich — auf die Frage eingegangen wird, um was für ein Material

es sich handelt. Helck ergänzt dadurch in vielen Fällen Lucas' „Ancient

Egyptian Materials and Industries". Im übrigen werden wie in den bisher erschienenen Heften neben wirtschafts- auch vorwaltungsgeschichtliche Probleme aufgerollt.

Von den Texten, die Helck auch hier wieder in großer Zahl in Übersetzung

bietet, ist vielleicht in erster Linie der Papyrus Louvre 3326 aus der Zeit

Thutmosis' III. zu nennen, der über die Tätigkeit der thebanisehen Scheunen¬

verwaltung auf dem Sektor der Ein- und Auslieferung von Datteln Auskunft

gibt.

Es dürfte sinnvoll sein, einmal alle bisher erschienenen fünf Teile im

Zusammenhang zu betrachten. Die Themen der Materialsammlung um¬

greifen Institutionen, die im Wirtschaftsleben in Aktion traten, wirtschaft¬

liche Erscheinungen sowie Rohstoffe und Produkte. Der Darbietung des

Stoffes dienen, in der Reihenfolge häufig wechselnd, Kataloge und Listen,

* Ragna Enking, Der Apis-Altar Johann Melchior Dinglingers. Ein

Beitrag zur Auseinandersetzung des Abendlandes mit dem alten Ägypten =

Leipziger Ägyptologische Studien, Heft 11, 1939.

^ SiBGFBiED Mobbnz, Die Zauherflöte. Eine Studie zum Lebenszusammen¬

hang Ägypten — Antike — Abendland = Münstersche Forschungen,

Heft 5, 1952.

ä Ludwig Volkmann, Ägypten-Romantik in der europäischen Kunst.

(Die Herausgabe des Manuskripts wird vorbereitet von H. Ladendorf, Köln).

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Übersetzungen von Texten und interpretierende sowie zusammenfassende

Darstellungen. Die Behandlung der Texte mnfaßt daneben häufig philolo¬

gische und sachliche Kommentare. Die Darstellungen berücksichtigen neben

der Wirtschaft auch verwaltungs- und sozialgeschichtliche Aspekte. Wie

hier, so beschränkt sich Helcks Materialsammlung auch zeitlich nicht auf

den im Titel genannten Bereich (das Neue Reich), sondern berücksichtigt

auch Quellen insbesondere des Mittleren Reiches und der Spätzeit. Zieht

man noch den Gesamtumfang der bisher erschienenen Hefte in Betracht

(nicht ganz 1000 Seiten), so erhebt sich die Frage, wie das vielseitig wieder¬

gegebene Material einschließlich der großen Textsammlung, die die Helck-

schen Veröffentlichungen enthalten, vom Benutzer des Werkes ausgewertet

werden kann. Ein einfaches Schlagwortregister dürfte den HBLCKschen

Arbeiten kaum angemessen sein. Man müßte zumindest folgende Punkte

einbeziehen: Textzitate, Königs- und Götternamen, Personermamen,

geographische Bezeichnungen einschließlich Tempelnamen, ägyptische und

deutsche Namen von Rohstoffen und Produkten. Glossare dieses Umfangs

in Handarbeit zu erstellen, ist jedoch nicht sinnvoll. Es handelt sich hier um Dimensionen, die den Einsatz einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage

geraten erscheinen lassen, um so mehr, als hinsichtlich der maschinellen

Registerherstollung schon reiche Erfahrimgen vorliegen. Der Rezensent ist

überzeugt davon, daß dann die wertvollen Veröffentlichungen von Helck

angemessen ausgeschöpft werden körmen.

Rolf Gundlach, Darmstadt

Hebbebt B. Huffmon: Amorite Personal Names in the Mari Texts: A

Structural and Lexical Study. The Johns Hopkins Press, Baltimore, Mary¬

land, 1965, XVI, 304 S., gr. 8».

Die vorgelegte Studie stellt die erweiterte Form der Dissertation dar, die

unter Anleitung von Prof. G. E. Mbndenhall angefertigt und von der Uni¬

versität Michigan im Jahre 1963 angenommen wurde. H. schaltet sich damit

in die Diskussion ein, die sich aus der Entdeckung der nach Bildung und

Wortgebrauoh offenbar nichtakkadischen Personennamen unter den Herr¬

schern der Isin-Larsa-Periode und den altbabylonischen Königen ergeben

hatte. Die Einordnung dieser Namensträgor als Amoriter nach dem sume¬

risch-akkadischen MAR.TU: „Westen" hatte jedoch über deren geographi¬

sche und ethnologische Zugehörigkeit zunächst noch nichts auszusagen ver¬

mocht. Th. Baueii versuchte, sie im Gefolge B. Landsbergers als „Ost-

Kanaanäer" zu rubrizieren, während W. F. Albbight und E. Dhorme

meinten, ihre (süd-)arabisch-kanaanäische Herkunft erkeimen zu können.

M. Noth hat sie unlängst erneut mit gewichtigen Gründen als ,,Protoara-

mäer" bezeichnet. H. schließt sich nach dem Titel seines Buches und seinen Darlegungen in der Introduction (S. 1—12) den Forschern an, die die weniger differenzierte Bezeichnung ,, Amoriter" beibehalten.

Durch die umfangreiche Literatur von Mari hat sich nun das Material

solcher Namenbildungen erheblich erweitert, und damit stellte sich die Auf¬

gabe, den jetzt vorhandenen Stoff aufzuarbeiten, selbst wenn noch nicht

das gesamte Archiv von Mari publiziert ist. Der Autor hat sich dieser Mühe

unterzogen. In der Darbietung bedient er sich des gebräuchlichen und be¬

währten Ordnungsschemas westsemitischer Namenbildimgen. Nach der

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174 Bücherbesprechungen

Darbietung der „List of Amorite Personal Names" (S. 13—60) und deren

Nachweisen gliedert er in „Sentenoe Names: Verbal Sentence" (S. 61—94),

..Sentence Names: Nominal Sentence" (S. 95—117), „Genitive Compoimd

Names" (S. 118—125), „Three-Element Names" (S. 126—129), „Hypocori- stica" (S. 130—140) imd „One-Word Names" (S. 141—152). Das Glossar

„amoritischer" Elemente und mesopotamischer Gottheiten in , .amoriti¬

schen" Namen (S. 153—273) will zum Verständnis der Namen beitragen.

Abschließend (S. 274—280) werden noch drei Anhänge geboten: I. Ander¬

weitige Veröffentlichungen akkadischer Texte der altbabylonischen Periode

von Mari, II. Liste der in den Mari-Texten genannten Schreiber, III.

MAR.TU, Amurru in den altbabylonischen Texten von Mari. Eine ausführ¬

liche Bibliogi'aphie, Indices und ein Addendum beschließen das Buch und

bilden eine willkommene Ausgangsbasis für die Beschäftigung mit der Namen¬

forschung.

Der Stil der Untersuchung ist durch frühere Abhandlungen dieser Art

gegeben. Es wäre unbillig, wollte man an Einzelheiten der Erklärungen und

Einordnungen Kritik anmelden. Der Autor hat sich vielfach auf schwanken¬

den Boden gewagt, was schon daran zu erkennen ist. daß sich hinter den

Wort\vurzeln sehr häufig die Auskunft „unexplained" oder „uncertain"

findet, während viele Bedeutungen nur aus Anklängen an (altsüd-)arabische,

äthiopische, akkadische, ugaritische, phönizische, aramäische oder hebräi¬

sche Wurzeln vermutet werden können. Manches wird bei einer weitereu Er¬

schließung der Texte von Mari noch klarer werden und denmach modifiziert

werden können. Einstweilen ist dem Autor jedoch zu danken, daß er das

bisher zugängliche Material von Mari aufgearbeitet und alle Möglichkeiten der Interpretation auszuschöpfen versucht hat. Alle religionsgeschichtlichen, aber auch soziologischen und historischen Untersuchungen, wie auch weitere

Namen-Studien werden sich des hier zusammengetragenen Fundus gern be¬

dienen, selbst wenn oder gerade weil es bislang noch nicht endgültig gelun¬

gen ist, auf Grund der Namenuntersuchung einhellig Aufschluß über die

Amoriter-Frage zu geben. Vielleicht aber dient die Untersuchung des Autors

zu ihrem Teil dieser noch zu erledigenden Aufgabe.

G. Wallis, Halle/Saale

Otto Eissfeldt: Neue keilalphabetische Texte aus Ras Schamra-Ügarit.

Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.

Klasse für Sprachen. Literatur und Kunst, Jahrgang 1965, Heft 6. Berlin:

Akademie-Verlag, 1965.

In der vorliegenden Schrift gibt Otto Eissfeldt wie schon einige Male

in früheren Jahren' eine Übersicht über neuveröffentlichte keilschriftalpha¬

betische Texte aus Ugarit. Die 58 neuen Texte'' des von Andbäe Hebdneb

1963 veröffentlichten Corpus des tablettes en cuniiformes alpliabitiquea

dicouvertes ä Ras Shamra-Ugarit de 1929 ä 1939 [= CTCAf und die 173

1 ZDMG 96 [1942], 507—539; AfO 14 [1941/44], 371—375; AfO 16 [1952/

53], 116—122; JSS 5 [1960], 1—49; wiederabgedruckt in KUine Schriften II

[1963], 330—355; 356—364; 36.5—374; 375—415.

' Die anderen in CTCA enthaltenen Texte wurden schon in der ersten

EissFBLDTschen Übersicht angezeigt.

3 Vgl. ZDMG 115 [1965], 353f.

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Texte, die Charles Virolleaud 1965 in Le Palais Royal d'Ugarit V ver¬

öffentlicht hat, werden nach der üblichen Weise beschrieben, d.h. in 5 Ko¬

lumnen werden angegeben: 1. Bezeichnung der Texte nach Eissfeldt. 2.

Siglen von C. H. Gordons Ugaritic Textbook, 1965, [= UT]. 3. Siglen des

CTCA bzw. PRUY. 4. Fund-und Museiuns-Nm. 5. Art und Inhalt derTexte.

In einem Nachtrag (S. 4.5—49) werden nochmals neue Texte vorgestellt

imd zwar Les nouveaux textes mythologiques et liturgiquss de Ras Shamra

(XXIVe campagne, 1961), die Ch. Virolleaud in dem für 1966 geplanten

Band Ugaritica V, 1 veröffentlichen wird.

Die von Otto Eissfeldt gegebenen kurzen Charakterisierungen der Texte

sind vor allem für Außenstehende gewiß nützlich. In letzter Zeit sind aber

wiederholt Zweifel an dem Sinn einer zusätzlichen Benennung „Eissfeldt

..." geäußert worden'. Da kaum jemand die EissFELDTschen Nrn. verwen-

<jet — auch E. selbst gibt bei Verweisungen dankenswerterweise jeweils dio

PÄCJ-Nr. mit an — sollte, um Verwirrungen vorzubeugen, die übersicht¬

lichere und leichter durchschaubare PRU- und CTC^-Numerierung bei¬

behalten werden.

Einige Kleinigkeiten seien angemerkt: S. 26, E. 446= UT 2060 = PÄt/ V,

60 ist die Übersetzung der Überschrift (1) thm.äpS (2) l.'mrpi.rgm durch

„Botschaft des (Königs) Somie, dem 'Ammurapi, sag sie" zu eng an die

französische Übersetzung angelehnt. Warum nicht: „Botschaft der 'Sonne'.

Zu «Ammurapi sprich . .."? — S. 34, E. 488 Zeile 3 lies tisr (mit s). — E.

491 = UT 2105= PRU V, 105 Zeile 1 lautet: l hmä.mrkbt.hmä.'Srh.prs. Eiss¬

feldt möchte prs in diesem Text (gegen Virolleaud) als „Pferde" oder

., Streitwagenkämpfer" auffassen, es , .entspräche dann dem hebr. pärOs".

Gegen diesen Vorschlag si^rechen eindeutig die Lautgesetze!

Rainer Deobn, Marburg/Lahn

Lothar Perlitt: Vatke und WeUhausen. Geschichtsphilosophische Voraus¬

setzungen und historiographische Motive für die Darstellung der Religion

und Oeschichte Israels durch Wilhelm Vatke und Julius WeUhausen. BZAW

94. Berlin: Alfred Töpelmann 1965. DM 42,—.

Das Werk Julius Wellelhusens ist für die alttestamentliche Wissenschaft

in ihrer Einordnung der Quellen und ihrer Gesamtauffassimg vom Gang der

Religionsgeschichte Israels bis heute weithin bestimmend geblieben. Kaum

eine Forschei'gestalt ist gleichwohl im Urteil von Mitwelt und Nachwelt

derart umstritten wie gerade die Wellhausbns. Die vorliegende Berliner

Dissertation setzt es sich zum Ziel, sachliche Kriterien für ein Urteil über Wellhausbn zu erarbeiten, die seinen Standort frei von den bisher üblichen Klischees erkennen lassen. Sie tut es in einem weiten Anlauf, der, von Lessing,

Herder und Kant angefangen über Hegel zunächst die philosophie- und

geistesgeschichtlichen Hintergründe der Geschichtsbetrachtung in der

2. Hälfte des 19. Jahrhunderts schildert, dann die großen Historiker Nie¬

buhr, Ranke und Mommsen in den Motiven ihrer Geschichtsdarstellung

beschreibt (6—85), um darm ein ausführliches Referat der Arbeit W.Vatkes :

Die biblische Theologie I (1836) zu bringen, eingerahmt von biographischen und forschungsgeschichtlichen Notizen (86—152).

' Z.B. von M. Weippert, GGA 216 [1964], 185 und D. O. Edzard, ZDMG

116 [1965], 354.

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176 Bücherbesprechungen

Erst anschließend, im dritten Teil (153fF.) kommt der Verf. zu seinem

eigentlichen Ziel, das deutlich darin besteht, Wellhausen von ungerecht¬

fertigten Angriffen zu reinigen, besonders dem verbreiteten Vorwurf, er sei,

übor Vatke, von hegelianischen Evolutionstheorien bestinunt gewesen.

Dabei wird überzeugend nachgewiesen, daß Wellhausen von Vatke nur

seine historisch-kritischen Ergebnisse, nicht den gesohiohtsphilosophischen

Überbau übernommen hat, daß er im übrigen methodisch mit der großen

realistischen deutschen Historiographie des 19. Jahrhimderts verwandt,

fachlich von de Wette. Graf u.a. bestimmt gewesen ist. Dieser Nachweis,

durch Zitate reichlich belegt, überzeugt und ist wertvoll, um eine oft sach¬

fremde Polemik gegen Wellhausen zurechtzurücken. Man karm sich mit

Wellhausbn und seinem Werk nur auseinandersetzen, werm man den

wahren Wellhausbn vor sich hat. Ebenso wertvoll ist deshalb, was der Verf.

über die eigentlichen Motive Wellhausens am Schluß der Arbeit (206ff.)

sagt : auch Wellhausen ist von Wertungen bestimmt, die allerdings weder

evolutionistisch noch idealistisch-geschichtsphilosophisch sind, vielmehr in

ihrer Vorliebe für das Ursprüngliche, Natürliche, für das Individuelle auf

Kosten der Institution und Gemeinschaft, für das Profane gegenüber dem

Heiligen, für das Nationale gegenüber dem Universalen einer weitverbreiteten Geisterhaltung seiner Zeit entsprechen.

Man karm dem Verf. die Sympathie für seinen Helden nicht verübeln,

die gerade auch in der Wiedergabe der kritischen Stimmen deutlich wird.

Hier scheint der sachliche Gehalt der Vorbehalte oft zu sehr in den Hinter¬

grund zu treten. Aber auch wem manche Wirkungen Wellhausbns auf den

Fortgang der alttestamentlichen Wissensehaft bedenklich erscheinen, wird

für die klare Zeichnung seines Bildes dankbar sein. Nur wer in Wellhausen

den wirklich Großen erkennt, wird in oin fruchtbares Gespräch mit ihm

eintreten können.

Henning Graf Reventlow, Bochum

Johann Maier: Daa altisraelitiache Ladelieüigtum. BZAW 92. Berlin:

Alfred Töpelmann 1965. DM 21,—.

Die vorliegende Arbeit des jungen österreichischen Alttestamentlers

knüpft an des gleichen Verf. Studie Vom Kultus zur Gnoais I, 1964 an, in

der dieser sich nachzuweisen bemühte, daß die Lade im salomonischen Tempel

nicht Gottesthron gewesen sei. Hier wird nun vor allem nach der älteren

Geschichte der Lade und ihrer ursprünglichen Bedeutung gefragt, mit Hilfe

einer eindringenden Analyse der Quellen. Zunächst ergibt sich bei einer

Untersuchung von Num 14,44; Num 10, 29—36 und Ex 33, 1—17, daß

alle Erwähnungen der Lade in diesen Abschnitten jüngere Eintragungen sind ;

in den ältesten Quellenschriften des Pentateuchs ist sie nicht erwähnt. Auch in Jos 3f. und 6 ist sie erst durch eine ,, Lade-Redaktion" in der späten

Königszeit eingeführt worden (Abschnitt A, S. 1—39). Die älteste sichere

Erwähnung der Lade erfolgt in 1. Sam 3, 3 und Kap. 4. Auch hier ist ein

älteres Substrat der Ladeerzählung anzunehmen, wo sie (bis auf 4, 4a)

' rön ha-'lohim (oder bloß ' rön) genannt wird. Ihre ursprünglichste Be¬

deutung scheint die eines Kriegspalladiums des antiphilistäischen Stämme¬

bundes von Silo gewesen zu sein, wobei Herkunft und älteste Geschichte im

Dunkel bleiben. 1. Sam 4, 4a „die Lade Jahwe Zebaoths, des Keruben-

throners" stammt dagegen von der Hand des ,, Ladeerzählers", der die

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Urform des Ladeberichtes in der Königszeit umgestaltete. Der Name

„Zebaoth" bezieht sich, wie in einem Exkurs ausgeführt wird, nach 2. Kön 2.5

ursprünglich auf den vereinigten Heerbann von Juda und Israel unter David,

was später allmählich in Vergessenheit geriet ( ?). Auch imter David (2. Sam 6)

wurde die Lade emeut als Kriegspalladium verwendet, und zwar als Symbol

für die Vereinigung der beiden Heerbanne unter seiner siegreichen Führung.

Auch hier war ihre Bedeutung mehr politisch-dynastisch als kultisch. Auch

im späteren salomonischen Tempel blieb sie dynastisches Symbol für den

gesamtisraelitischen Herrschaftsanspruch der Davididen und die Erwählung

Jemsalems. Von diesen Ansprüchen her gestaltete in der späteren Königs¬

zeit ein Bearbeiter den alten Ladebericht in L Sam 4—6 ad majorem gloriam

der Lade um; anschließend wurde dann auch in Jos 3 f. und 6 die Lade ein¬

getragen. Erst die deuteronomische Reform hat (in antidynastischer Tendenz)

die Lade zum Symbol des (Sinai-)Bundes gemacht.

Kühne Hypothesen, bei denen manche Fragen zurückbleiben. Der

kultische Bezug der Lade (die schon in Silo im Tempel steht) wird unter¬

trieben (Behälter des Bundesschatzes T 1, S. 59), uneinsichtig bleibt, weshalb David ausgerechnet auf ein angeblich obsolet gewordenes rein militärisches

Symbol einer einstigen Niederlage zurückgriff, usw. Aber dies will nicht

mehr als ein Diskussionsbeitrag sein; beim Charakter der Quellen, der sehr

schön deutlich gemacht wird, wird die Diskussion über die Bedeutung der

Lade wohl noch lange ohne sichere Handhaben weitergehen.

Henning Gbaf Reventlow, Bochum

Peteb Altmann: Erwählungstheologie und Univeraalismus im AUen Testa¬

ment (Beih. zur ZAW 92), A. Töpehnann Berlm, 1964, 31 S. brosch.

Das auffallende Phänomen der Erwählung Israels ist schon öfters unter¬

sucht worden. Abgesehen von Artikeln gibt es darüber Monographien von

K. Galling {Die EruxUdungstraditionen Israels, 1928), H. H. Rowley {The

Biblical Doetrine of Election, 31953), Th. C. Vriezen {Die ErwäUung Israels

nach dem AT, 1953). Die vorliegende, leider sehr knappe Abhandlung zeigt

zunächst die Fehler früherer Autoren auf, wozu besonders die Beschränkung

auf die Wurzel BHR und die zu enge Verknüpfung mit dem Bundesgedanken

oder mit der Auszugstradition gehört. Bedeutung, Abgrenzung und Inhalt

der Erwählungstheologie samt deren Konsequenzen sind in den diversen

Epochen und Büchem des AT so verschieden, daß man nicht von einem

Erwählungsdogma, sondern eher von einer Erwählungsdogmatik reden kann

(S. 8). Der Verf. sieht in der ausdrücklichen Relation zur Völkerwelt em

Wesensmerkmal der Erwählungsidee, im Gegensatz zum Bundesgedanken;

daher geht seine Darstellung Hand in Hand mit dem korrespondierenden

Begriff „Universalismus".

In kurzen Abschnitten werden unterschieden: Das universalistische natio¬

nale E.verständnis (S. 9—13: Jahwist und Laienquelle), das prophetisch¬

nationale partikularistische E.verständnis (S. 13—18: Elohist und Deutero¬

nomium), das priesterlich-prophetische E.verständnis (S. 18—21: Priester¬

schrift und Ezechiel), das E.verständnis der vorexilischen Propheten (S.

21—25), das esohatologische universalistische E.verständnis (S. 25—27:

Deuterojesaja), das partikularistische esohatologische E.verständnis (S. 27—

29: Maleachi und Joel), schließlich die Überwindung der E.theologie durch

üniversalismus (S. 29-^30: späte Glossen in Prophetenbüchem).

12 ZDMQ 117/1

(10)

178 Bücherbesprechungen

Man wird den mamügfachen Unterscheidungen des gelehrten Verfassers,

die ein buntes, durch die jeweilige politische Situation des erwählten Volkes

bedingtes Bild entwerfen, weithin zustinunen können. Aber bisweilen schei¬

nen in den allzu knappen Beweisführungen doch schematisierende Einseitig¬

keiten vorzukommen. Ist z. B. bei Deuterojesaja trotz seines religiösen Uid- versahsmus und trotz der Erwählung des Kyros wirklich kein Nationalismus vorhanden (S. 26)? Man vergleiche etwa 41, llff.; 43, Iff.; 49, 14ff. u.a. Be¬

züglich der vorexilischen Propheten ist die These: „Eine Heilseschatologie würde die ganze Botschaft der Propheten sirm- und wertlos machen" (S. 21)

ein Prokrustesbett, nach dessen Maßen echte und unechte Verse bestimmt

werden. — Die angedeutete Kritik am Verfasser, einem Fohrer-Schüler,

soll jedoch das Urteil nicht ändem, daß die gedrängte Abhandlung wichtige

Gesichtspunkte herausgearbeitet hat und zu weiteren Untersuchimgen an¬

regt.

Vinzenz Hamp, München

Papers oj ihe InstitiUe oj Jexvish Studies London, Vol. I, edited by J. G.

Weiss, Magnes Press, Jerusalem 1964. 210 S. Brosch. 43 s.

Der Band begirmt mit einer Abhandlung von E. E. Urbach: The Laws

Regarding Slavery as a Source jor Social History oj the Period oj the Second Temple, the Mishnah and Talmud. (S. 1—94). Diese Arbeit des bedeutenden

Jemsalemer Talmudforschers ist nicht nur der Seitenzahl, sondem auch

dem dargebotenen Stoff nach die umfassendste des Sammelbandes. Da sie

bereits in hebr. Sprache in Zion 25 (1960) erschienen ist, begnügen wir uns

hier mit dem Lob des Übersetzers (R. L.), dem manche originelle Wiedergabe hebr. Termini gelungen ist; so S. 55 ,.a supporting argument ex post facto"

für asmachtä, und im gleichen Satz „(the) social and religious Sitz im Leben"

für ha-me^üth ha-hewrOttth weha-d&tlth.

Die beiden folgenden Artikel haben gemeinsam, daß in ihnen je ein hebr.

,3 • Terminus abgehandelt wird, der eine bestimmte (philosophische bzw. exe¬

getische) Einstellung zum Ausdmck bringt. Zuerst weist R. J. Zwi Webb-

ixiwsKY in seinen Faith, Hope and Trust : A Study in the Concept oj Bittalion

betitelten Ausführungen nach, daß dieser soeben genannte hebr. Terminus

in allen Sprachgeschichten des Hebräischen (der biblischen, der talmudischen und der mittelalterlichen bis auf heute) eher aktive Hoffnung (faith, hope,

trust) als passive Resignation (contentment, acquiescence, resignation) be¬

deutet, also nicht etwa dem arab. tawakkul entspricht, obwohl jüdische

Moralisten des Mittelalters, wie z.B. Bachja, teilweise durch den islamischen

Fatalismus beeinflußt sind. — Bezüglich des nachbiblischen exegetischen

Terminus Piat stellt sodann Raphael Loewe in seinem The „Piain" Mean¬

ing oj Seripture in Early Jewish Exegesis betitelten Aufsatz eine Bedeutungs¬

wandlung fest: von „authentischer Lehrmeinung" (vom Verbum pOSat =

ausbreiten, authentische Lehrmeinung verbreiten) zum ,, einfachen Wort¬

sinn", der Antithese des DrOS. Die griechische Homer-Exegese des Alter¬

tums wird ausführlich zum Vergleich herangezogen.

Ein Aufsatz von S. M. Stebn über An Unpublished Maqama hy Al-Harizi

bildet den Abschluß dieses ersten Bandes oiner neuen judaistisohen Publika¬

tionsserie, die, nach den Worten des Herausgebers im Vorwort, der Auf¬

nahme von Aufsätzen dienen soll, die zu lang sind, um in Zeitschriften, und

zu kurz, um in Buchform veröffentlicht zu werden.

Lbo Fbus, München

(11)

lAvre d'Or de VInstitut d'ArcMologie Reine Elisabeth de Belgique de V Univer¬

sity Hebraique de Jirusalem, iditi ä V occasion du 40^ anniversaire de

rUniversiti Hibraique de Jirusdtem, Bruxelles 1965. 80 S. Brosch.

Die Broschüre, die in der Hauptsache Informationsmaterial über die

Hebräische Universität Jerusalem bietet, verdient au dieser Stelle angezeigt

zu werden, weil sie auch zwei Atisgrabungsberichte aus erster Hand enthält :

B. Mazab berichtet, nach einem historischen Überblick, über die von ihm

geleiteten Grabungen in En Gedi 1961 und 1962, während Y. Yadin in

einem spannenden Bericht über seine in den gleichen Jahren unternomme¬

nen Expeditionen in die Wüste Juda referiert. Mit Hilfe von Helikoptern

verschaffte er sich Zugang zu jener Höhle im Norden von Masada, in der er,

unter anderem, die Bar Kochba-Briefe fand. Yadins Artikel enthält keine

Literaturangaben (ebensowenig wie derjenige Mazabs), und so erfahren wir

hier nicht, daß die Briefe inzwischen längst nicht nur ediert, sondem auch

historisch (durch S. Abbamsky, Bar Kochba, Nesi Israel, Jer. 1961, S. 196 ff.)

und linguistisch (durch J. Kutscheb im Haarez vom 10. 3. 61) ausgewertet

worden sind. Ein künftiger Chronist der Ausgrabungsgeschichto wird jedoch

auf die hier fehlenden Literaturangaben ohnehin nicht angewiesen sein,

vielmehr dankbar die Ausgrabimgsberichte verwerten; der Artikel Yadins

wird ihm eine willkommene Ergänzung sein zum ausführlichen Bericht

Yadins in The BibUcal Archaeologist 24 (1961), S. 34—50.

Leo Pbijs, München

Wolf Leslau : An Amharic Conversation Book. Wiesbaden : Otto Harrasso¬

witz 1965. VII -»r 169 Seiten. DM 24.—.

Der Plan zu dem hier anzuzeigenden Buch wurde gefaßt, als sich Wolf

Leslau vor die Aufgabe gestellt sah, eine große Anzahl von Freiwilligen

des amerikanischen Peace Corps Amharisch zu lehren, und für diesen Zweck

kein brauchbares Hilfsmittel fand, welches er dem auf praktische Bedürf¬

nisse ausgerichteten Fortgeschrittenen-Unterricht hätte zu Gmnde legen

können. In Zusammenarbeit mit zwei äthiopischen Studenten entstand so

dieses ansprechende, freilich eine gewisse Kenntnis der Sprache voraus¬

setzende Werk, in dem in Form von Gesprächen in dreißig Lektionen ver¬

schiedene Themenkreise behandelt werden und zugleich ein guter Einblick

in die äthiopische Lebensart, in Sitten, Feste und andere Besonderheiten

des Landes gegeben wird. Die Hauptfiguren sind ein die amharische Sprache

schon erstaunlich gut beherrschendes amerikanisches Ehepaar, das durch

äthiopische Freunde mit Land und Leuten vertraut gemacht wird.

Wolf Leslau hat in der Einleitung zum vorliegenden Buch angekündigt,

daß er ein amharisches Textbuch, eine Grammatik und ein Wörterbuch der

Sprache des täglichen Lebens vorbereitet. Besonders das zuletzt genannte

Werk wäre sehr zu begrüßen, da einen bei der Lektüre modemer amharischer

Texte, etwa gerade auch des Conversation Book, die vorhandenen Wörter¬

bücher öfters im Stich lassen. Ich habe allein über, siebzig aus europäischen

Sprachen übemommene Wörter gezählt, die in den Wörterbüchem noch

nicht zu finden sind. Bei Allerweltswörtern, wie taksi, tiyat9r oder iek, ist das nicht weiter schlimm, auch ein Wort wie pako „boy, package" (S. 43, 48), aus ital. pacco, ist gleich zu erkennen, daß aber heute noch jeder weiß, daß sich hinter premuz „bumer" (8. 73) der „Primus"-Spiritusbrenner verbirgt, U*

(12)

180 Bücherbesprechungen

der vor Jahrzehnten einmal seinen Siegeszug bis in die entlegensten Winkel

des Orients antrat (s. etwa H. Ingbams, Befriedete Wüste. Wiesbaden 1950,

S. 213), darf wohl mit Recht bezweifelt werden. Für cärq „cloth" (S. 38, 63)

geben die Wörterbücher die Bedeutung „Lumpen" an, nur Guidi notiert

in seinem Supplemento (S. 251) für Sohoa „stoffa"; mäbrat „lume, lucema"

(Guidi, Vocabolario, S. 319) hat heute auch die Bedeutung „electricity"

(S. 22), »3lk „wire, telegraph, telegram" (Leslau, Arabic Loanwords, BSOAS, 1957, S. 237) auch die von „telephone" (S. 57). „Kaffee" wird in den Wörter¬

büchern in der arabischen Form bunn angegeben, während er hier (S. 17 u. ö.)

immer bunna heißt, eine Form, von der Cebulli (bei Guidi, Supplemento,

S. 106) bemerkt, daß es sich hierbei um einen Neologismus aus dem Galla

in der Umgangssprache von Schoa handle. In den Lexika nicht vorkommen¬

de Formen sind z.B. auch sdkk^ar „sugar" (S. 17 u.ö.; Leslau. Loanwords,

S. 235: sukkar) — wobei hier der umgekehrte Vorgang vorliegen dürfte wie

in lugam für hg^am „bridle" (Abmbbusteb, Grammar, S. 27) — und timatim , .tomatoes" (S. 46). wofür Guidi, Supplemento, S. 235, tämatim angibt, beides natürlich auch arabische Lehnwörter, letzteres aus ägyptisch-arabisch

tamätim, ersteres wohl aus yemenitisch-arabisch tamOMm (A. Deflees,

Voyage au Yemen. Joumal d'une Excursion botanique. Paris 1889, S. 225).

Vergeblich sucht man auch in den Wörterbüchern eine Nominalform wie

mala „retum, answer, change" (S. 18 u.ö.), die anscheinend mMaa „ritomo, riposta" (Guidi, Vocabolario, S. 54) völlig verdrängt hat. Interessant ist

femer, daß bei Genetiwerbindungen die Partikel yä- in sehr vielen Fällen

weggelassen wird; so heißt es etwa doro wät „chicken stew" (S. 16) neben yä-doro VMt (ebd.), oder sogar hardliba „blanket" (S. 73) für yä-hard kba, eigentlich „Kältekleidung". Konsonantenverdoppelimgen, die der Verfasser

dankenswerterweise durch zwei über dem Buchstaben gesetzte Punkte ge¬

kennzeichnet hat, sind an einer Reihe von Wörtem auffallend, so etwa bei

Ityopp3ya , .Ethiopia" (S. 2), wäyasa „or" (S. 3; Cohen, Traiti de langue amharique, S. 312: wäyda), „band" (S. 24; Leslau, Etymological Diction¬

ary of Harari, S. 22: 3§) und r9kkaS „cheap" (S. 49, 64; Leslau, Loanwords, S. 243: rskaä), oder an Formen im Auslaut — auch dann, wenn das betreffen¬

de Wort am Ende eines Redeabschnittes steht oder das nächstfolgende

Wort mit einem Konsonanten begirmt —, wie etwa stets bei der Plural¬

endung -o6ö (Cohen, Traiti, passim: -o6), z.B. aäwoöö „people" (S. 3), oder bei alläöö „she is" (S. 1; Cohen, Traiti, Tableau Xll-.aUäö), suffigiert -aUäöö (S. 2), alläiin „l have" (S. 1; Cohen, Traiti, Tableau XI: aUäh), um nur einige Beispiele anzuführen. Auf Unsicherheit hinsichtlich der Geminierung lassen Schreibungen wie arat „four" (S. 8) neben aratt (S. 59) oder zätän

„nine" (S. 27) neheazätänn (S. 142) im ansonsten gleichen Kontext schließen.

Wir können jedenfalls dankbar sein, daß ein Kenner des Amharisehen

wie Wolf Leslau, dem 1965 der Haile Selassie Preis für äthiopische Studien

verliehen wurde, sich die Mühe gemacht hat, ein Converaation Book zusam¬

menzustellen, das den Bedürfnissen des heutigen Lebens voll und ganz ge¬

recht wird.

Walter W. Mülleb, Tübingen

Mabie-Josä Tubiana, Survivancea Priialamiquea en Paya Zaghatva, Paris

1964, Institut d'Ethnologie, Mus6e de I'Homme, 229 S. 50,00 F.

Die Zaghawa in Wadai und Darfur behaupten von sich, daß sie Moslems

sind und den Islam sehr früh erhielten. Aber schon die arabischen Geogra-

(13)

phen und die ersten europäischen Reisenden wiesen auf ihre nichtislamischen

Glaubensvorstellungen und Riten hin. Nun gelang es Frau M.-J. Tubiana

als Mitglied der „Mission des Confins du Tchad" von 1956—1957 bei den

Zaghawa in der Republik Tschad weitere Berichte über Riten aufzunehmen,

die einen in sich geschlossenen Komplex bilden und zum größten Teil heute

nicht mehr durchgeführt werden. 1964 wurden sie veröffentlicht und halfen

viele Lücken in unserer Kenntnis vorislamischer Vorstellungen in Wadai

tmd Darfur zu schließen.

Nach einer einleitenden Übersicht über das Siedlungsgebiet der Zaghawa

und ihre politische Aufgliederung in Sultanate, bringt Frau M.-J. Tubiana

eine Zusammenstellung der Berichte arabischer Geographen, in denen die

Zaghawa seit dem 8. Jhdt. n. Chr. erwähnt werden, und schildert die Aus¬

breitung des Islam nach Darfur, Wadai und Tschad. Das meiste Expeditions¬

material stammt aus dem Sultanat Kob6 an der Grenze zur Republik Sudan.

Einen großen Raum nehmen die Geschichte der Clane dieses Gebietes und

die Genealogie des Herrscherhauses ein.

Den Kern des Buches aber bilden die Schilderungen der Riten anläßlich

des Jahrestages der Inthronisation des HäuptUngs auf dem Berg Kobö und

der Riten für den jährlichen Regen, der die Fruchtbarkeit des Landes ge¬

währleisten soll. Diese Riten worden jedoch nicht jedes Jahr, sondem nur

alle drei bis sechs Jahre ausgeführt. In ihnen sind zahlreiche nichtislamische

Elemente enthalten. So tötet z.B. der Häuptling zusammen mit drei seiner

Nefifen mütterlicherseits unterhalb des Gipfels des Kob6 ein trächtiges

Kamel; sie rezitieren dabei einen Gesang, in dem sie um Reichtum, Regen

und gutes Gedeihen der Hirse bitten. Einer der Neffen öffnet den Leib des

Tieres, nimmt den Foetus heraus, wickelt ihn in ein Tuch und legt ihn in

Abwesenheit des Häuptlings auf dem Gipfel des Berges in ein Felsenloch.

Opfer und Gesang werden an den Berg gerichtet. Dadurch soll der Häupt¬

ling seine Kraft als Regenmacher erneuern, durch die er den Regen herbei-

mfen kann. An der ganzen Zeremonie nehmen gebildete Moslems (faki) nicht

teü.

Neben dem Opfer an den Berg erscheint auch eine Schlange als Empfänger

des Opfers — eine weitere vorislamische Vorstellung. Bei den Deni gilt sie

als Zwillingsbruder des Häuptlings und steht dadurch in einem besonderen

Verhältnis zu Zwillingen ; Opfer bei der Geburt von Zwillingen gleichen des¬

halb den Opfern an die Schlange bei Beginn der Regenzeit. — Auch sonst

spielt die Schlange eine wichtige Rolle in den Vorstellungen der Zaghawa.

Opfert ein Häuptling der Kapka eine trächtige Kamelstute anläßlich des

dreijährigen Jubiläums seiner Inthronisation auf dem Berg ya, so bedeutet

das Erscheinen einer Schlange ein gutes, das Nichterscheinen ein schlechtes

Jähr oder den Tod des Häuptlings. Bei den Kige entscheidet die Schlange

sogar über die Annahme oder Ablehnung eines neuen Häuptlings. Nachdem

der Anwärter ein Rind getötet hat, dem er sich auf allen Vieren wie ein

Löwe nähem mußte, zieht er sich unter einen Abri eines Berges zurück, um

auf den Besuch des Königs der Schlangen zu warten. Kommt die Schlange

und legt sich um den Wartenden, wird er als Häuptling vom Volk anorkaimt,

erscheint sie nicht, muß ein neuer Häuptling gesucht werden.

Nach weiteren wichtigen Einzelheiten aus den Inthronisations- und

Fruchtbarkeitsriten der Dirong und Guruf bringt Frau M.-J. Tubiana zum

Vergleich ähnliche Riten von den Zaghawa in Darfur, verschiedenen klemen

Stämmen in Wadai und Darfur, von den Bideyat, Teda, Daza, sowie von den

Kuba in Kordofan. Auch bei ihnen werden z.T. trächtige Tiere geopfert.

(14)

182 Büoherbesprechungen

wie bei den BiUa, und die Empfänger der Opfer sind Bäume, Schlangen und

Berge. An Stelle des Berges treten häufig Felsbrocken, Kieselsteine, und

Walzenbeile. Alle diese Vorstellungen erinnem an ähnliche bei anderen

Stämmen Afrikas. Die Verfasserin regt deshalb für eine weitere Arbeit einen Vergleich aller religiösen Institutionen im zentralen Westafrika an. Er sollte

jedoch nicht nur auf den geforderten Raum beschränkt bleiben, wenn sich

dieser auch wegen seines kulturellen Zusanunenhanges anbietet, da ver¬

schiedene Elemente viel weiter verbreitet sind. So flnden wir z.B. die Schlan¬

ge bei der Inthronisation bei den Djandjero in Südäthiopien, bei den Bamiun

in Kamerun und bei den Nyaneka in Angola in einer ähnlichen Fimktion

wie bei den Kige. Aber auch in den Vorderen Orient weisen Parallelen. Das

3— 6jährige Jahresfest der Krönung zur Emeuemng der Kraft des Häupt¬

lings erinnert an das Hebsed des ägyptischen Pharaos, das z.T. auch in

Intervallen von drei Jahren stattfand. So gibt das Buch nicht nur hervor¬

ragend neues Material für die Verbreitung des sakralen Königtums in Afrika,

sondem zugleich auch zahlreiche Anregungen, und sein Erscheinen ist des¬

halb doppelt zu begrüßen.

Hbbbert Ganslmayb

Wolfdibtbich Fischer: Farb- und Formbezeichnungen in der Sprache der

altarabischen Dichtung. Untersuehungen zur Wortbedeviung und zur Wort¬

bildung. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1965. XXIV H- 447 S.

1 .^^i j|\

' Eine der Ursachen für die unbefriedigende Lage der arabischen Lexiko¬

graphie liegt in dem Mangel an wortkundlichen Vorarbeiten. Insbesondere

besitzen wir nur sehr wenige onomasiologische Studien. Dazu gehören z.B.

das Dictionnaire ddtaüU des noms des vetements von R. P. A. DozY, Amster¬

dam 1845, Die Namen der Säugethiere bei den südsemitischen Völkern von

Fritz Hommel, Leipzig 1879, Die Waffen der alten Araber von Fb. Wilhelm

ScHWABZLOSB, Leipzig 1886, The WeU in Ancient Arabia von Ebich Bräun¬

lich, Islamica 1, 1925, „Schiff" im Arabischen von Hans Kindermann,

Zwickau 1934 und die Untersuehungen zur Stemnomenklatur der Araber von

Paul Kunitzsch, Wiesbaden 1961. Davon sind die älteren Arbeiten noch

ganz an der genuin-arabischen Lexikographie orientiert und methodisch

überholt. Wolfdietbich Fischeb hat jetzt mit seinem Buch über die Farb-

und Formbezeichnungen eine Untersuchung vorgelegt, die nach ihrem Um¬

fang und ihren methodischen Grundlagen als die bedeutendste onomasiolo¬

gische Arbeit der Arabistik gelten darf. Die Schwierigkeit des Themas liegt

einerseits darin, daß hier nicht, wie in den früheren Arbeiten, Realien be¬

handelt werden, zum anderen in der Beschränkung auf die Periode der alt¬

arabischen Sprache, die uns nur in ihrer poetischen Ausprägung erhalten ist.

Fischer berücksichtigt Gedichte von der vorislamischen Zeit bis zum Ende

der Umaiyadenherrschaft.

1 Vom Morphologischen her gesehen steht die Nominalform af'alu im

^ T Mittelpunkt der Untersuchung. In ihr finden die Farbbezeichnungen ebenso

ihren Ausdmck wie die Bezeichnungen für Körperfehler, für Eigenschaften

der menschlichen Gestalt usw., die Fischeb unter der Kennzeichnung

„Formbezeichnungen" zusammenfaßt. Die vielfältigen sich dabei ergeben¬

den Bedeutungsweisen und Ableitungsverhältnisse hat Fischeb in ein gutes

System gebracht. Überhaupt sind die theoretischen Ausfühnmgen dieses

(15)

Buches besonders wertvoll. In einem Kapitel „Elativ und af'al-Adjektiv als Wortarten" (p- 142—155) weist Fischer für die Wortklasse der arabischen

Nomina die drei Wortarten Substantiv, Adjektiv imd Prädikativ nach, was

ihm den Ausgangspunkt zu einer überzeugenden Erklärung der bisher uner¬

klärten diptotischen Flektion liefert. Diese Darstellung, die auch für die

allgemeine Sprachwissenschaft von hohem Wert ist, ist meines Erachtens

der vorzüglichste Teil dieses reichen Buches. Damit dürften frühere Ver¬

suche, die Diptosie zu erklären, wie z. B. auch die jüngste Untersuchung auf

diesem Feld (Chaim Rabin, The Diptote Declension, in: H.A.R. Gibb-Fest-

schrift, Leiden 1965, p. 547—562), überholt sein.

Einiges Kritische sei zu folgendem bemerkt: In einem Kapitel ,, Form¬

bezeichnungen für körperliche Eigenschaften" (p. 56—64) diskutiert Fischeb das Problem, daß bei den af'alu-Adjektiven, die eine körperliche Eigenschaft

bezeichnen, ein doppelter Bezug möglich ist. Ein solches Adjektiv kann

erstens den Körperteil, zweitens den Träger charakterisieren. So heißt

akwamu als Attribut des Kamelhöckers „hoch, hochragend, dick, fett"

(z.B. as-sandmu l-akwamu), als Attribut des Kamels , .einen hohen, hoch¬

ragenden, dicken, fetten Höcker habend" (z.B. an-nOqcUu l-kaumffu). Fi¬

scheb behauptet, daß diese doppelte Bedeutungsbeziehimg eine Eigentüm¬

lichkeit der af'alu-Adjektiva ist, die andere Adjektiva ähnlicher Bedeutung nicht aufweisen. Das trifft jedoch nicht zu. Beispiele: kattun heißt als Attri¬

but oder Prädikat des Bartes „dicht, dick", vom Menschen, vom Kamel oder

der Palme ausgesagt: „einen dicken, dichten Bart, Pelz, Bast habend".

kaalrun heißt als Attribut oder Prädikat des Knochens oder Beines „gebro¬

chen, zerbrochen", vom Menschen oder Tier ausgesagt: „einen gebrochenen

Knochen, eüi gebrochenes Bein habend", kaltlun heißt als Attribut oder

Prädikat des Auges ,, trübe, matt, blöde", vom Menschen ausgesagt: „trübe, matte, blöde Augen habend". mukaUamun heißt als Attribut des Gesichtes

„rund, voll, fleischig", vom Menschen ausgesagt: „ein rundes, volles, fleischi¬

ges Gesicht habend" (s. zu allem das WKAS). Das Phänomen ist also nicht auf die af'alu-Adjektiva eingeschränkt, ja es ist nicht euimal für die Wort-

kltksse des Nomens charakteristisch. Denn auch Verben wie kani'a oder

katvi'a können diesen doppelten Bezug haben. Das Problem findet seine Er¬

klärung darin, daß bei den in Frage stehenden Wörtem eine „wesenhafte

Bedeutungsbeziehung" (der Ausdruck stammt von Walter Porzig, Beitr.

zur Oeschichte der deutschen Sprache und Ldteratur, hsgb. von Paul und

Braune, 58, 1934, 70ff.) nur zu einem oder mehreren Körperteilen besteht.

mukaltamun heißt an und für sich „fleischig", wobei die wesenhaften Bedeu¬

tungsbeziehungen allerdings auf das Gesicht (und einige andere Körperteile) eingeschränkt sind. Ich kann also sagen: u>a§hun mukaltamun. Sage ich aber

ra§vlun mukaltamun, so wird (weil das Wort keine wesenhafton Bedeutungs¬

beziehungen zum ganzen Körper hat) darunter nicht ein dicker, fleischiger

Mann schlechthin verstanden, sondem nur ein in Bezug auf das Gesicht

fleischiger Mann. Nur weil wir im Deutschen in diesem Fall kein Adjektiv

für den Begriff ..fleischig" besitzen, bei dem die wesenhaften Bedeutungs¬

beziehungen gleichermaßen eingeschränkt sind, zwingt uns die Übersetzung, zu differenzieren, und es entsteht der Anschein, als hieße mukaltamun erstens

„fleischig", zweitens „ein fleischiges Gesicht habend". In anderen Sprachen gibt es die gleiche Erscheinung. So haben wir im Deutschen z. B. Adjektiva.

die semasiologiseh genauso wie diese arabischen Adjektiva zu beurteilen

sind. Ich kann zum Beispiel sagen: ..das ungekämmte Haar" und „der un¬

gekämmte Mann". Im zweiten Fall brauche ich nicht zu sagen: „der unge-

(16)

184 Bücherbesprechungen

kämmtes Haar habende Mann", weil das Adjektiv „imgekämmt" nur zum

Haar wesenhafte Bedeutungsbeziehungen aufrechterhält. Bei diesen Wör¬

tem ist somit die Fixierung der Bedeutung auf einen Körpyerteil primär,

nicht sekundär, wie Fischer schreibt. Damit werden auch die Schlußfolge¬

rungen p. 64 oben hinfällig.

Fischers Ausführungen zu der semasiologischen Problematik des Alt¬

arabischen sollen hier etwas eingehender erörtert werden, da ihnen grund¬

sätzliche Bedeutung zukommt. Die Problemlage ist, um das vorauszuneh¬

men, von Fischer m.E. nicht richtig gesehen worden. Zunächst unterschei¬

det er zwischen dem Altarabischen als der Sprache der Beduinendichtung

und dem Klassisch-Arabischen als der Hochsprache des islamischen Mittel¬

alters. Beide Sprachperioden seien im wesentlichen formal identisch, jedoch bestehe ein großer Unterschied im Wortschatz und in den Wortbedeutungen.

Die Tatsache, daß die arabischen Lexikographen solche Bedeutungsimter-

schiede jedoch meistens nicht erkennen lassen, nimmt Fischer zum Anlaß,

die Angaben der Nationallexika grundsätzlich in Frage zu stellen. Die Philo¬

logen hätten, da sie bereits den unmittelbaren Zusammenhang mit der alt¬

arabischen Sprachperiode verloren hätten, Bedeutungen der jüngeren

Sprachperiode ins Altarabische zurückverlegt (p. 2ö oben). Man müsse dem¬

nach, um zu der tatsächlichen alten Bedeutimg vorzudringen, die Bedeutung

erschließen, und zwar erstens auf Grund der Etymologie, zweitens auf

Gmnd der Kontextanalyse.

Dagegen ist folgendes einzuwenden: Hält man an der von Fischer ge¬

forderten — allerdings sehr problematischen — Periodisierung zwischen

Altarabisch und Klassisch-Arabisch fest, so liegt der Unterschied im allge¬

meinen nur im Wortschatz, aber nicht in den Wortbedeutungen. Im späteren

Arabisch wurde eine große Zahl von Wörtem, die in der altarabischen Be¬

duinenpoesie geläufig sind, nicht mehr verwendet (abgesehen von den klassi¬

zistischen Dichtern wie etwa Mutanabbi). Im Bedeutungsbereich aber muß

man mit einer viel größeren Kontinuität rechnen. Nur einige Kulturwörter

haben einen Bedeutungswandel durchgemacht, so z.B. kanifun, das im

beduinischen Arabisch eine „Einfriedung, einen Pferch (aus Strauchwerk, hinter dem Menschen und Tiere in der Wüste Schutz suchen)" bezeichnet.

In der späteren Stadtkultur, nach Änderung der soziologischen Verhältnisse,

übemahm das Wort die Bedeutung „Latrine". Für die Farb- und Form¬

bezeiehnungen jedoch ist ein Bedeutungswandel im allgemeinen nicht vor¬

auszusetzen.

Was die Bedeutungsangaben der arabischen Lexikographen anbelangt,

so bedürfen sie allerdings der kritischen Sichtung. Sie sind nicht auf der

Grundlage einer methodisch geordneten semasiologischen Forschung zu¬

standegekommen, sondem es handelt sich um kompilativ gewonnene An¬

gaben von recht unterschiedlicher Provenienz. In den Wörterbüchern wird

nicht zwischen aktueller und lexikalischer Bedeutung unterschieden, statt

einer Wortinhaltsbestimmung werden oft assoziierte Nebenvorstellungen

geboten usw. Daß auch viele Wortbedeutungen erschlossen oder einfach

geraten sind, ist nicht zu leugnen. Doch handelt es sich dann um obsolete

oder seltene Wörter, die oftmals zugleich auch viellautige Bildungen sind.

Ich habe darüber eingehend in meinen Buch Untersuchungen zur Ragaz-

poesie, Wiesbaden 1966, p. 83—95 gehandelt. Für die allgemeinen Begriffe

und die gewöhnlichen, häufig zu belegenden Wörter, zu denen die aller¬

meisten Farb- und Formbezeichnungen gehören, trifft das nicht zu. Hier

dürfen die Angaben der Nationallexikographen Vertrauen beanspmchen.

(17)

Vor der von Fischeb geforderten Bedeutungsfindung aus der Etymologie

muß ebenfalls gewarnt werden. Denn wenn es gelungen ist, das Etymon

aufzufinden, so besagt dies noch nicht, daß die „etymologische Bedeutung"

auch in dem konkreten Wort als „faktische Bedeutimg" wiederzufinden ist.

Die Möglichkeit der Diskrepanz zwischen der etymologischen und der fakti¬

schen Bedeutung ist tatsächlich eines der größten Hindernisse für die Wort¬

inhaltsbestimmung. Ähnliches gilt für die Bedeutimgsfindimg aus der Kon¬

textanalyse. Eine Worterklärung aus dem Satzzusammenhang bietet keine

Gewähr für die Richtigkeit des Wortinhaltes. Bei Wörtem wie den Farb¬

bezeichnungen, die reich an wesenhaften Bedeutungsbeziehungen smd,

kann man zumeist mehrere verschiedene Inhalte substituieren, ohne daß

der Satzsiim in Frage gestellt wird. Das Problem kompliziert sich noch in

der poetischen Sprache. Denn bei der Frage nach dem Sinn des Wortes wird

stillschweigend vorausgesetzt, daß in dem Satz eine realistische, dem Gegen¬

stand angemessene Ausdrucksweise herrscht. Das ist in der Dichtung aber

keineswegs immer der Fall. Vielmehr sind dort hyperbolische Ausdrucks¬

weisen häufig. Aus dem Vers des öarir (Naq. 999 v. 72) fa-nüridu yauma

r-rau'i hailan mugiratan wa-türidu naban tahmüu l-kira Sau'ara „wir führen

am Tage des Schreckens angriflfsgewohnte Pferde, du aber führst eine

Kamelin, die eine Schmiedeesse trägt, nach Sau'ar" darf man lücht schließen,

daß kirun hier nicht „Schmiedeesse" heißen könne, weil man einem Kamel

die aus Steinen und Lehm gebaute Schmiedeesse nicht aufladen könne. Der

Dichter beabsichtigt einen stark antithetischen Effekt, um den Sohn des

Schmiedes zu verspotten, und greift dabei zu der Hyperbel. In hyperboli¬

scher, oder, wenn man so will, expressionistischer Weise kann der Dichter

den Wald schwarz nennen, ohne daß man daraus schließen darf, daß das

Wort „schwarz" nicht die Bedeutung „schwarz" haben könne, weil der

Wald „grün" sei. Gerade die arabischen Dichter pflegen ihren Gegenstand

oft durch Adjektiva zu charakterisieren, die uns fremd erscheinen und die

sich einer realistischen Interpretation bisweilen entziehen. Hinzu kommt

der eigentümliche, mosaikartige Aufbau der altarabischen Gedichte. Der Dich¬

ter macht seine Verse, indem er zumeist vorgegebene Motive, Ausdrücke,

Attribute, Epitheta und Charakterisiemngen kombiniert. Die Wortwahl

wird dabei häufig durch die Daten des Reimes und Metrums diktiert, was

bisweilen auf Kosten eines wirklich treffenden Sinnes geht. Beides zeigt, daß

einer Kontextinterpretation, die zwangsläufig nach dem besten Sirm fragt,

Grenzen gesetzt sind. Femer ist zu beachten, daß aus der Kontextinterpre¬

tation immer nur aktuelle Bedeutungen zu gewinnen sind, und daß es mit¬

unter schwierig ist, von diesen zu der lexikalischen Bedeutung vorzudringen, da die lexikalische Bedeutung nicht die Summe der aktuellen Bedeutungen ist, sondem der frei verfügbare, nicht festgelegte Wortinhalt. Vgl. dazu das

trotz seiner Invektiven gegen die „bürgerliche Sprachwissenschaft" sehr

lesenswerte Buch von Wilhelm Schmidt, Lexikalische und aktuelle Bedeu¬

tung. Ein Beitrag zur Theorie der Wortbedeutung (Schriften zur Phonetik,

Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung nr. 7), Berlin 1963.

Daß dieses etymologische und textinterpretatorische Verfahren in die

Irre führen kann, sei an einem konkreten Fall, an dem Worte aklaj, gezeigt,

das auf Grund der im WKAS ausgebreiteten Belegfülle gut beurteilt werden

kaim. Es bedeutet nach Angabe der Nationalwörterbücher „rotbraun, röt¬

lichschwarz". Fischeb jedoch beschreibt den Wortinhalt folgendermaßen

(p. 296): „'Mit schwarzen Liiuen, die wie Runzeln oder Fältchen aussehen,

bedeckt'; diese Bedeutung von aklaj ist sekundär. Seiner ursprünglichen

(18)

186 Büoherbesprechungen

Bedeutung nach ist dieses Wort keine Farbbezeichnung. Es benennt das

Erscheinungsbild des faltigen oder runzeligen Glesichts, sei es, daß die Falten sich natürlicherweise infolge des Alters im Gesicht befinden, sei es, daß das Gesicht grinunig oder sorgenvoll verzerrt, d.h. in Falten gelegt ist". Diesen

Wortinhalt gewinnt Fischer aus der Etymologie. Danach sei die Wurzel

klf nur eine Variante der Wurzel krf. Man sagt karaf a vom Esel, wenn er den

Urin der Eselin beschnüffelt, daraufhin den Kopf in die Höhe streckt, die

Lippen zurückzieht und die Zähne bleckt. Diese für den Esel, den Schaf¬

bock und wohl auch den Kamelhengst typische Verhaltensweise wird also

im Arabischen sprachlich ganzheitlieh erfaßt, während wir diesen komplexen

Vorgang sprachlich nur durch eine Zerlegimg in sukzessive Akte erfassen

körmen. Fischer isoliert also daraus das ,, Maulkräuseln" und erhebt es zum

wesentlichen Bezeichnungsmerkmal. Aber auch in dem Wort kalifa „leiden¬

schaftlich verliebt sein, innig lieben, sehr zugetan, sehr ergeben sein" ist

nach Fischer nur die sexuelle Erregung, die mit der durch karafa geschil¬

derten Geste verbunden ist (!), als Bezeichnimgsmerkmal festgehalten.

Femer zieht FIscher die Bedeutung von takallafa „sich etwas auferlegen,

sich etwas aufbürden, sich zu etwas zwingen" hierher, da dieses Verbum

das Bild desjenigen, der mit verzerrtem Gesicht oder mit gerunzelter Stirn

eine Arbeit verrichtet, zugrunde liege. Auch ikrahaffa gehört nach Fischer in diesen Bedeutimgskreis, denn es bedeutet nach den Lexika : „in Erregung, Erektion sein (vom Penis)". Das durch Metathesis daraus entstandene ikfa-

harra bezeichnet ebenfalls das gerunzelte, in Falten gelegte Gesicht und

charakterisiert die Regenwolke ,,in höchster Erregung (!) kurz vor dem

Sichergießen des Regens". Beide Bedeutungen von mukfahirr gehen nach

Fischer eindeutig (!) auf das Erscheinungsbild des Hengstes in sexueller

Erregung zurück. Genau das gleiche Bild liegt nach Fischer schließlich dem

Worte kirfi'atun „hochaufgetürmte Regenwolke, in der sich der Regen zu¬

sammengeballt hat und kurz vor dem Erguß steht" zugrunde. Auch dieses

Wort sei nur eine Augmentativbildung zur Wurzel krf.

Um von diesen kühnen Konstruktionen wieder auf den Boden der Tat¬

sachen zurückzukehren, sei folgendes festgestellt: Wortbedeutungen sind

sehr komplexe Gebilde. Man kann an ihnen, der Definition Karl Otto Erd¬

manns folgend, einen dingbestimmenden Teil, Nebenvorstellungen und das

Begleitgefühl unterscheiden. Für die Feststellung der lexikalischen Bedeu¬

tung ist der drngbestimmende Teil ausschlaggebend, insbesondere die Wort¬

inhaltskomponente, die im Zentrum steht. Bei karafa ist dies das „Riechen, Schnüffeln", worauf auch der VIII. Stamm, der „stinken" bedeutet, hin¬

weist. Die Wurzel krf ist also semantisch durch das Geruchsmoment zentral

charakterisiert. Bei kali fajkala fun steht die leidenschaftliche, hingebungs¬

volle, innige Liebe im Zentrum der Bedeutung, keinesfalls die sexuelle Er¬

regung, takallafa (mit den dazugehörenden Derivaten) heißt ,,sich etwas

auferlegen, sich etwas aufbürden, sich zu etwas zwingen, etwas gezwungen

tun", dann: „etwas erkünsteln". Dabei karm das „verzerrte Gesicht", von dom Fischer spricht, höchstens einmal akzidentell als Begleiterscheinung

auftreten. Mit der Wortbedeutung hat es nichts zu tun. Wenn es in dem

Hadit Nih. IV 31, 20 heißt: nuhina 'ani t-takallufi, so heißt das nicht: „es

wurde uns untersagt, etwas unter Stimrunzeln oder mit verzerrtem Gesicht

(vor Anstrengung) zu tun", sondern (wie der Kommentar richtig erklärt):

,,man hat uns Künstelei untersagt", nämlich im Hinblick auf das Erforschen

und gezwungene Erklären der verborgenen Dinge. Und daß sich kallaf

,, Stallknecht" und kallafl „Eselsvermieter" semantisch an das vom Esel

(19)

ausgesagte karafa „das Weibchen beschnuppern und vor Erregung das Ge¬

sicht verzerren" (so Fischer) gut anschließen läßt, ist ganz und gar nicht überzeugend, ikrahaffa sohließlioh ist wirklich auf der Grundlage einer Meta¬

these mit ikfaharra identisch, doch ist der Ausgangspunkt zweifellos ikfa¬

harra und die Wurzel kfr „bedecken, verhüllen", wie schon Fraenkel.

Mehrlautige Bildwigen p. 37 feststellt. Daher heißt ikfaharra „dick, dunkel,

düster, finster sein" imd kennzeichnet Wolken, Staub, Heerhaufen, Berge

und das Gesicht. Vom Gesicht ausgesagt, meint es das düstere Dreinschauen,

wobei freilich akzidentell das Stirnrunzeln hinzutreten kami. Vom Penis

ausgesagt (WKAS I 276a 9ff.) meint es die bei der Erektion in Erscheinung

tretende Dicke und dunkle Färbung. Das trifft auch für ikrahaffa zu. Wenn

die Lexika umschreiben: al-mukrahiffu: l-muntaMru l-muärifu, so ist damit

nur das Gemeinte, aber keine Wortinhaltsbestimmung angegeben. Im Zen¬

trum der Bedeutung der Wurzel krf steht das „Aufschäumen", das sowohl

vom Schaum der Milch wie auch von den sich aufeinandertürmenden Haufen¬

wolken gesagt werden kann.

Es ergeben sich also folgende Wortinhalte: karafa „riechen, schnüffeln", k<difa „leidenschafthch, hingebungsvoll, innig lieben", takallafa „sich etwas aufbürden, etwas gezwungen tun", ikfaharralikrahaffa „dick, dunkel, düster, finster sein" und karfa'a „aufschäumen". Zu diesen tritt nun noch das hier in Frage stehende aklafu „rotbraun, rötlichschwarz". Diese Wörter lassen

sich semantisch nur verknüpfen, wenn man, wie Fischer es getan hat.

periphere Bedeutungskomponenten in das Zentrum rückt. Bei einem solchen

Vorgehen aber lassen sich die Anknüpfungspunkte beliebig vervielfachen,

der Willkür ist Tür und Tor geöffnet und man verliert den Boden des Beweis¬

baren unter den Füßen. Nur die theoretisch gegebene Möglichkeit formaler

Wurzelvariationen reicht natürlich luoht zur Begründung von Wurzelver¬

wandtschaften aus. Synchron betrachtet haben kalifa ,, lieben", takallafa

„sich etwas aufbürden" und aklafu „rotbraun, rötliohschwarz" als homo¬

nyme, aber nicht bedeutungsverwandte Wurzeln zu gelten. Es ist dabei eine

völlig offene Frage, ob diese Wurzeln nicht ursprünglich morphologisch ver¬

schieden waren und sich erst im Altarabischen lautlich angeglichen haben.

Zusammenfassend ist also festzuhalten, daß eine etymologische Ableitung

zur Inhaltsbestimmung von aklafu ausscheiden muß und daß damit keine

Grundlage für die von Fischer behauptete Bedeutung „mit schwarzen

Linien, die wie Runzeln oder Fältchen aussehen, bedeckt" gegeben ist. Es

bleibt die Frage, ob die Kontextinterpretation Fischers Theorie bestätigt.

Seite 298 f. übersetzt Fischer aklaf in den Versen, in denen es vom Kamel¬

hengst ausgesagt ist, durch „mit (durch sexuelle Erregung) runzeligem Ge¬

sicht". Aber diese Interpretation ist keineswegs zwingend; in allen Fällen gibt „rotbraun" einen guten Sinn. Der Vers 'Alqama 13, 51 bestätigt kemes¬

wegs, daß sich aklaf auf eine Eigenschaft des Gesichtes bezieht. Werm es

dort aklafu l-haddaini heißt, so ist damit nur gesagt, daß sich aklaf in diesem

speziellen Fall auf die Backen bezieht. In anderem Zusammenhang kann es

sich mit anderen Gegenständen verbinden. Es gibt zudem Belege, in denen

aklaf vom Kamel gesagt wird, ohne daß von sexueller Erregung die Rede

ist. Bei Ru'ba heißt es (34, 22—24): um-l-alu yazhä hafidan vja-räfi'ä j hasib- iahü aklafa yardl zali'a / 'ala talatin au qarl'an qa'i'a „der Bodennebel wogt,

sich senkend und sich hebend. Man könnte ihn für ein rotbraunes Kamel

halten, das auf drei Beinen hinkend hüpft, oder für einen bespringenden

Hengst". Oder öirän 15 v. 1: uxt-käna l-higanu l-arhabiyu ka'annahü bi-

räkibihi §aunun mina l-laili aklafu „das hellfarbige arhabitische Kamel

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