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Archiv "Ambulante Versorgung: Hausarzt - Facharzt – Überraschende Einigung" (10.09.1999)

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er Streit schwelt seit Jahren, und an eine innerärztliche Lösung glaubte zuletzt kaum noch jemand: Wer ist der „ei- gentliche“, der „richtige“ Hausarzt – Allgemeinarzt oder Internist? Ist andererseits eine Form der Koexi- stenz denkbar, die beiden Arztgrup- pen gerecht wird?

Tatsächlich schienen die Ver- handlungen über die vom Gesetzge- ber gewollte Gliederung in eine hausärztliche und fachärztliche Ver- sorgung (gemäß § 73 SGB V) hoff- nungslos festgefahren, als Mitte Au- gust unter der Federführung der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) doch noch eine Verein- barung zustande kam. Ein Kompro- miß, mit dem sowohl der Berufsver- band der Allgemeinärzte Deutsch- lands (BDA) als auch der Berufsver- band Deutscher Internisten (BDI) gut leben können. Den Verhand- lungspartnern ist es gelungen, Einig- keit in allen bislang strittigen Punk- ten über die Rolle der Allgemein- ärzte und Internisten in der zukünf- tigen Versorgungsstruktur zu erzie- len. Zugleich haben sie die Koopera- tion zwischen den beiden beteiligten Arztgruppen übereinstimmend defi- niert.

Als Grundlagen des jetzt ausge- handelten Struktur- und Kooperati- onsmodells dienen die Beschlüsse des 100. Deutschen Ärztetages (1997) zum Differenzierungsmodell und zu den Inhalten der Weiterbil- dungsordnung für die Allgemeinme-

dizin. Die Vereinbarung geht von ei- ner Trennung der kassenärztlichen Gesamtvergütung in einen hausärzt- lichen und fachärztlichen Anteil aus.

Das sieht die Gesundheitsreform 2000 vor. Bei der Weiterentwicklung des EBM sollen deshalb die Lei- stungsinhalte und Leistungsbewer- tungen der hausärztlichen Versor- gung eindeutig und einheitlich defi- niert werden. Der „Hausarzt“ und dessen abrechnungsfähiges Lei- stungsspektrum sollen – unabhängig von der Gebietszugehörigkeit – nach den Weiterbildungsinhalten in der Allgemeinmedizin definiert werden.

In Zukunft nur noch ein „Hausarzt“

Das bedeutet: In Zukunft wird es nur einen „Hausarzt“ geben – sei er Allgemeinarzt oder hausärztlich tätiger Internist. Die Vereinbarung sieht dafür das Jahr 2003 vor. Bis da- hin sind die Übergangsbestimmun- gen des Hausarzt-Facharzt-Vertra- ges, wonach hausärztlich tätige In- ternisten noch bestimmte fachärztli- che Leistungen abrechnen dürfen, ausgelaufen.

Ein zentraler Streitpunkt bei dem Bemühen, die hausärztliche Versorgung von der fachärztlichen abzugrenzen, war die Frage der Di- rektinanspruchnahme von Fachärz- ten. Die freie Arztwahl – vor allem für den Berufsverband Deutscher

Internisten ein unantastbarer Grundsatz innerhalb der ambulan- ten Versorgung – wird durch die Ver- einbarung gewahrt. Die Fachärzte sollen vielmehr über ein finanzielles Anreizsystem motiviert werden, auf Überweisung tätig zu werden und der Berichtspflicht gegenüber den Hausärzten nachzukommen. In der Vereinbarung heißt es: „Die für 2003 angestrebte Zielstruktur ist, daß die Versorgung in den Schwerpunkten der inneren Medizin auf Überwei- sung erfolgt, sobald hierfür die Ver- gütungsstrukturen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und die erforderlichen Grundlagen geschaf- fen sind. Die Berichtspflicht an den Hausarzt wird zum Leistungsinhalt spezialisierter gebietsärztlicher Lei- stungen, wenn der Patient einen Hausarzt angibt.“

Die Hausärzte – auch das ist ein Kompromiß mit den Internisten – sollen nach wie vor direkt an Kran- kenhäuser, ermächtigte Ärzte oder an Institute überweisen dürfen. Auf der anderen Seite sind KBV, BDA und BDI übereingekommen, die Überweisung von Facharzt zu Fach- arzt auf die Fälle einzugrenzen, in de- nen es um die Abklärung einer zum Tätigkeitsgebiet des überweisenden Arztes gehörenden Frage geht, die er selbst nicht abklären kann. Die Be- richtspflicht an den Hausarzt ist da- mit obligat verbunden.

Zwar hat die Vereinbarung zwi- schen der KBV, dem BDA und dem BDI momentan noch den Charakter

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P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 36, 10. September 1999 (15)

Ambulante Versorgung

Hausarzt – Facharzt:

Überraschende Einigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Berufsverbände der Allgemeinärzte und Internisten haben sich auf ein

Kooperationsmodell für die hausärztliche Versorgung geeinigt.

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einer Absichtserklärung. Auch sind noch viele Frage im Detail zu klären – insbesondere bei der entsprechenden Weiterentwicklung des EBM. Den- noch sind die Beteiligten überzeugt, ei- nen „historischen Schritt“ zur rechten Zeit getan zu haben. Mit Blick auf die anstehende Gesundheitsreform 2000 hoffen KBV, BDA und BDI auf eine politische Signalwirkung dieser Ver- einbarung. Sie soll in erster Linie nach- weisen, daß die ärztliche Selbstverwal- tung in Zusammenarbeit mit den Be- rufsverbänden sehr wohl in der Lage ist, strukturelle Veränderungen aus ei- gener Kraft zu bewirken.

KBV, BDA und BDI wollen sich nun beim Gesetzgeber für die Verlän- gerung der im SGB V vorgesehenen Frist einsetzen, innerhalb derer sich die Internisten definitiv für einen der beiden Versorgungsbereiche ent- scheiden müssen. Dies soll nach den Vorstellungen der Verhandlungspart- ner bis zum 30. Juni 2001 möglich sein.

„Wir wollten die freie Arztwahl erhalten“, kommentierte BDI-Präsi- dent Prof. Dr. med. Wolfgang Wild- meister gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt die Vereinbarung. „Nun weiß jeder Internist, woran er ist, und kann seine Praxis auf die zukünftige Rolle im System ausrichten.“

Der BDA sieht mit der Vereinba- rung viele seiner Forderungen erfüllt, die er seit Jahren gestellt hat. BDA- Hauptgeschäftsführer Dieter Robert Adam betonte aber zugleich die Er- wartung des Verbandes, daß alle Betei- ligten „an den ausformulierten Zielset- zungen festhalten“. Neuerliche Inter- pretationsversuche werde der BDA nicht hinnehmen, warnte Adam.

Der Dritte im Bunde, KBV-Vor- sitzender Dr. med. Winfried Schorre, bewertete die Einigung als Sieg der Vernunft. „Das bedeutet das Ende ei- nes jahrelangen innerärztlichen Gra- benkampfs, der viele Kräfte gebun- den hat, die wir eigentlich für die Aus- einandersetzungen um die struktur- verändernde Gesetzgebung dringend brauchen“, sagte Schorre, der entge- gen allen negativen Prognosen immer davon überzeugt war, einen Konsens zwischen Allgemeinärzten und Inter- nisten herbeiführen zu können, und deshalb beharrlich an dem Zustande- kommen der Vereinbarung gearbeitet

hatte. Josef Maus

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P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(16) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 36, 10. September 1999

as Niveau der medizinischen Versorgung ist in Deutsch- land im internationalen Vergleich hoch. Dazu trägt die Hochschulmedi- zin wesentlich bei. Um es auch in Zu- kunft zu halten, müssen nach Auffas- sung des Wissenschaftsrates die klini- sche Forschung vorangetrieben, For- schungsergebnisse umfassend an ärzt- liche wie nichtärztliche Mitarbeiter weitergegeben werden und in die Krankenversorgung einfließen. Dem stehe entgegen, daß Forschung und Lehre gegenüber der Krankenversor- gung vernachlässigt werden. Das ist dem Gutachten „Empfehlungen zur Struktur der Hochschulmedizin“ zu entnehmen. Die Probleme sind seit langem bekannt. Der Wissenschafts- rat faßt sie in sei-

nem Gutachten vom Juli 1999 noch einmal zusammen und schlägt Ver- besserungen vor.

Hauptproblem:

Die drei Bereiche der Hochschulme- dizin, nämlich For- schung, Lehre und Krankenversor- gung, lassen sich oft nur schwer mitein- ander vereinbaren.

Sie konkurrieren zudem um immer knapper werdende Mittel.

Nach Meinung des Wissenschafts- rates wird der Be- reich Krankenver- sorgung tendenzi- ell bevorzugt. Soll

die Hochschulmedizin ihr Niveau halten, muß der Forschung mehr Raum gegeben werden. Derzeit sind rund 70 Prozent des wissenschaftli- chen Personals der medizinischen Einrichtungen an den Hochschulen organisatorisch der klinisch-prakti- schen Medizin zuzuordnen und inso- fern zu einem erheblichen Teil mit der Krankenversorgung befaßt. Ins- gesamt übernehmen die Hochschul- klinika rund zehn Prozent der sta- tionären Versorgung und knapp 25 Prozent der teilstationären. Sie betei- ligen sich aber auch an der ambulan- ten Versorgung. Eine neuere Erhe- bung weist für 1996 rund 5,7 Millio- nen ambulante Fälle beziehungswei- se 11,9 Millionen ambulante Behand- lungen in den Poli- kliniken nach.

Daß an den medizinischen Hochschulen For- schung und Lehre zu kurz kommen, liegt nach Auffas- sung des Wissen- schaftsrates an dem Kräfteungleichge- wicht zwischen Kli- nikum und Fakul- tät: „Hierfür aus- schlaggebend ist, daß die Fakultät meistens nicht über ein eigenes Budget für Forschung und Lehre verfügt und daß der Einfluß des Dekans auf Ent- scheidungen, die das Klinikum be- treffen, angesichts

Kritik und Empfehlungen des Wissenschaftsrates

Leistungsfähigkeit der

Hochschulmedizin bedroht

Das neue Gutachten fällt eindeutig aus: Werden Forschung und Lehre weiter zugunsten der Krankenversorgung

vernachlässigt, sinkt die Qualität der Hochschulmedizin.

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Bereits in der Vergangenheit war es für den Leiter einer Univer- sitätsklinik vielfach schwer, den An- forderungen von Forschung, Lehre und Krankenversorgung sowohl fachlich wie auch organisatorisch in vollem Umfang gerecht zu wer- den. Nachdem die Kosten und da- mit ökonomische Gesichtspunkte eine ständig wachsende Bedeu- tung erlangt haben, werden vom Leiter einer Universitätsklinik Eigen- schaften erwartet, die nahezu un- vereinbar sind: guter Lehrer, enga- gierter Forscher, kenntnisreicher und verständnisvoller Arzt sowie streng kalkulierender Ökonom.

Zitat aus den Empfehlungen des Wissenschaftsrates

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des raschen Amtswechsels bei mehr- jähriger Amtszeit der Funktionsträ- ger des Klinikums eher beschränkt ist.“ Der Wissenschaftsrat empfiehlt den Ländern, ein eigenständiges Bud- get für Forschung und Lehre aufzu- stellen, das an der Hochschule von dem für die Krankenversorgung ge- trennt bleibt. Das Geld solle direkt an die Fakultät fließen, wie es teilweise bereits geschieht.

Flexibles Wirtschaften ist eingeschränkt

Was die Klinika anbelangt, so verweist der Wissenschaftsrat darauf, daß ihnen ein flexibles Wirtschaften bislang oft erschwert wurde. For- schung und Lehre sind dem eigenver- antwortlichen Aufgabenbereich der Hochschule zugeordnet und unterlie- gen lediglich der Rechtsaufsicht eines Bundeslandes. Die Krankenversor- gung hingegen steht unter Fachauf- sicht. Das Klinikum wird häufig als

„nachgeordnete staatliche Verwal-

tung“ behandelt. Trotz mancher Son- derregelung sei so das Wirtschaften durch Landeshaushaltsordnungen und Verwaltungsvorschriften einge- schränkt.

In zahlreichen Bundesländern wurden inzwischen Gesetze in Kraft gesetzt oder sind in Planung, die den Klinika mehr Entscheidungsräume eröffnen sollen. Der Wissenschaftsrat beschreibt die Varianten in den ein- zelnen Ländern, urteilt jedoch, daß es keinen „Königsweg“ gebe. Die bishe- rigen Leitungsstrukturen sollten je- doch abgelöst werden durch Formen, die die klare Abgrenzung von Träger- und Betriebsverantwortung ebenso wie von Aufsichts- und Geschäfts- führungskompetenz zulassen. Die von einigen Ländern gewählte Zu- sammenführung der Aufsichts- und Kontrollfunktionen in einem Auf- sichtsrat sei zweckmäßig. Auch die Umwandlung der Universitätsklinika in eigene rechtsfähige Einrichtungen findet die Sympathie des Wissen- schaftsrates. Wie weit rechtliche Ver- selbständigungen oder gar (Teil-)Pri-

vatisierungen gehen sollen, läßt er of- fen. Deutlich wird jedoch, daß bei großer Autonomie neue Gremien Fa- kultät und Klinikum zusammenhal- ten müssen.

Weniger Geld für Hochschulbau

Die Probleme der Hochschulme- dizin wären jedoch vermutlich gerin- ger, wenn ihre Finanzquellen kräftiger sprudelten. Zudem spiegelt sich die Zwitterstellung der Hochschulmedi- zin – Teil der Hochschule, aber auch Teil des Gesundheitssystems – auch in ihrer Finanzierung wider. Geldgeber sind Bund, Land und privater Sektor, aber auch Krankenkassen, Kassen- ärztliche Vereinigungen und teilweise andere Sozialleistungsträger als die GKV. Daß der finanzielle Spielraum eingeschränkt ist, bestätigt der Wis- senschaftsrat.

So waren im 20. Rahmenplan Hochschulbau für den Zeitraum von 1991 bis 1994 noch 3,5 Milliarden DM

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P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 36, 10. September 1999 (17) Die Folgen der Gesundheitsreform 2000

werfen schon heute ihre Schatten voraus.

Die Gesundheitsberufe befürchten Ra- tionierungen zu Lasten der Patienten und noch schlechtere Arbeitsbedingungen. Die wirtschaftliche Grundlage der ambulanten Einrichtun- gen und Krankenhäuser ist in höchstem Maße gefährdet.

Alle Diskussionen mit den politisch Verantwortli- chen konnten bisher keine nennenswerten Änderungen herbeiführen. Das hat Unmögliches nun möglich ge- macht: Die Fachberufe im Gesundheitswesen haben sich zum Bündnis Gesundheit 2000 zusammengeschlossen.

Gemeinsam fordern wir von der Bundesregierung:

Kein Globalbudget! – Budgetierung ist Zuteilung und verschlechtert die Patientenversorgung. Sie be- straft die Heilberufe für verantwortungsbewußte Ver- ordnung und Behandlung.

Keine Allmacht den Krankenkassen! – Kassen- bürokratie bläht den Verwaltungsapparat auf und redu-

ziert die Finanzmittel zum Schaden des Gesundheits- wesens.

Keine Gefährdung des Wachstumsmarktes „Ge- sundheit“! – Wer die Qualitätssicherung im Gesund- heitsbereich verbessern will, darf nicht den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen in Kauf nehmen.

Kämpfen wir um den Erhalt des deutschen Ge- sundheitswesens.

Diese Gesundheitsreform macht krank!

Kommen Sie am 22. September nach Berlin!

Beginn der Demonstration am 22. September 1999 um 12 Uhr, Robert-Koch-Platz (Charité), Großkundgebung 15 Uhr Gendarmenmarkt, Berlin.

Aufruf des Bündnisses Gesundheit 2000 zur Kundgebung am 22. September 1999,

12.00 Uhr Robert-Koch-Platz (Charité)

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für Bauvorhaben der Medizin in den alten Bundesländern in Kategorie I ausgewiesen. Für den Zeitraum 1996 bis 1999 reduzierte sich diese Summe auf 2,6 Milliarden DM für das gesam- te Bundesgebiet.

Unter dem Strich können die Hochschulklinika offenbar immer sel- tener auf die bauliche und apparative Ausstattung vertrauen, wie sie für Krankenhäuser der Maximalversor- gung und der Supraspezialisierung ge- boten wäre. Bausubstanz, Gerätebe- stand und Ausstattung müßten aber dringend verbessert wer-

den, auch um zum Bei- spiel gegen privatwirt- schaftlich betriebene Kli- niken konkurrieren zu können.

Angesichts der knap- pen Ressourcen emp- fiehlt der Wissenschafts- rat den Hochschulklini- ka, Schwerpunkte zu set- zen, sich untereinander besser zu vernetzen und sich stärker in Versor- gungseinrichtungen der Region einzubinden.

Grundsätzlich sei es sinn- voller, weniger Hoch- schulklinika als bisher optimal auszustatten als alle Standorte zu erhal- ten, aber zum Preis man- gelhafter Gebäudesub- stanz und Ausstattung.

Mit Blick auf die ge- planten Reformen regt der Wissenschaftsrat an, bei Einführung einer mo- nistischen Krankenhaus- finanzierung auch die Uniklinika einzubezie- hen. In diesem Fall müß- ten die öffentlichen Mit- tel, die Bund und Länder bislang für die Kranken-

versorgung einsetzen, zu den Kran- kenkassen umgeschichtet werden.

Lasse man die Hochschulklinika außen vor, bestehe die Gefahr, daß Patienten mit Bedarf an Hochlei- stungsmedizin zu den Universitätskli- nika „verschoben“ werden – wo die Investitionsanteile der Krankenver- sorgung nicht in den Kassenleistun- gen enthalten seien. Vor der Einbezie- hung müsse man jedoch klären, wie

die Investitionen im Bereich der Poli- kliniken einschließlich der dort be- triebenen Spezialambulanzen finan- ziert werden.

Was die finanziellen Anstren- gungen der Krankenkassen anbe- langt, so kritisiert der Wissenschafts- rat, daß sie die Leistungen der Hochschulmedizin unzureichend und auch unsystematisch vergüteten, letzteres beispielsweise im Bereich der ärztlichen Weiter- und Fortbil- dung. Zudem blieben bei den Fall- pauschalen und Sonderentgelten

trotz gewisser Differenzierungen die überdurchschnittlichen Aufwendun- gen der Hochschulklinika unberück- sichtigt.

Zum alten Streitthema „Kran- kenkassen und Forschungsfinanzie- rung“ schreibt der Wissenschaftsrat, die Krankenkassen sollten die ange- wandte patientennahe klinische For- schung mitfinanzieren. Er schlägt vor, gemeinschaftlich als Drittmittel-

geber zur Förderung wissenschaftli- cher Forschung aufzutreten. Das Geld könne in einen Forschungs- fonds fließen und durch unabhängi- ge, kompetente Gutachter vergeben werden.

Auch zu den Leistungen der Polikliniken äußert sich der Wissen- schaftsrat. „Angesichts der hohen Zahl poliklinischer Behandlungsfälle ist es naheliegend, daß nur ein gerin- ger Teil der poliklinischen Versor- gungsleistungen Zwecken von For- schung und Lehre dient. Vor diesem Hintergrund ist eine ge- nerelle Mindervergü- tung poliklinischer Lei- stungen (im Vergleich zu ambulant erbrachten Leistungen außerhalb der Polikliniken) nicht zu vertreten“, heißt es.

Diese unzureichende Vergütung sei eine der Hauptursachen dafür, daß jährlich große Teile des Zuschusses der Län- der für Forschung und Lehre in die ambulante Krankenversorgung flie- ßen.

Nach Meinung des Wissenschaftsrates sollte die Vergütung in Polikli- niken an die der nieder- gelassenen Ärzte ange- lehnt werden, das heißt, auf Basis von Einzellei- stungen oder kosten- deckenden Pauschalen erfolgen. Ob die Berater tatsächlich glauben, daß dies derzeit die ge- wünschten finanziellen Effekte hätte, bleibt of- fen. Darüber hinaus wird empfohlen, die Vergü- tung der Leistungen von Spezialambulanzen künf- tig aus der vertragsärztlichen Ge- samtvergütung herauszulösen und unmittelbar zwischen Klinik und Kassen auszuhandeln. Im Gegen- zug könnte dann die Zahl der Behandlungsfälle, die Gegenstand von Poliklinikverträgen sind, zahlen- mäßig verringert und auf den für Forschung und Entwicklung not- wendigen Umfang beschränkt wer-

den. Sabine Rieser

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P O L I T I K AKTUELL

(18) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 36, 10. September 1999 Grafik

Grundzüge und Zusammenwirken von Krankenversorgung, gewerb- licher Forschung, akademischer Forschung und akademischer Lehre

wissenschaftliche Kooperationen Wissenschaftstransfer

Materialtransfer Patente/Lizenzen Qualitätskontrollen

Ausbildung/Fortbildung Wissenstransfer

Krankenversorgung/

gewerbliche Forschung

Mittel aus der Krankenversicherung/

private Investitionen ergebnis-, zeit-, gewinnorientiert

Patient im Mittelpunkt national/international Geheimhaltungsinteresse der Forschung

Gesundheits- ökonomie klinische Studien

Phase I öffentliche Mittel

erkenntnisorientiert Grundlagenforschung international

schnelle Veröffentlichung von Ergebnissen

Universitäten, außeruniversitäre

Forschungszentren

öffentliche Mittel Ausbildung des Nachwuchses; Fortbildung national

Universitäten

akademische Forschung akademische Lehre

Interaktion von Studenten und Forschern (klinische Forschung) Zusammenführung von Forschungslabor und Krankenhaus Förderung herausragender Leistung

Nutzung gemeinsamer öffentlicher Ressourcen Quelle: Diskussionsveranstaltung „Amputierte Universität – Hochschule ohne Medizin?“, Deutsche Hochschul-Zeitung

Referenzen

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