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Archiv "Krankenhäuser: Protest gegen das Arbeitszeitgesetz" (01.10.2004)

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inen schweren Stand hatte Dr. med.

Theodor Windhorst, Bielefeld, als Vertreter des Marburger Bundes bei der 171. Jahrestagung der Vereinigung Niederrheinisch-Westfälischer Chirur- gen mit dem Leitthema „Junge Chirur- gen/-innen NRW“ am 17. September in Köln. Das von der Klinikärztegewerk- schaft maßgeblich beeinflusste neue Ar- beitszeitgesetz und die damit verbunde- ne Beschränkung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf 48 Stunden kon- terkariere die Arbeitswirklichkeit der Chirurgen im Krankenhaus. „Ein Chir- urg kann doch nicht um 16 Uhr sein Skalpell fallen lassen und einfach nach Hause gehen“, sagte Dr. med. Carsten Krones, Aachen, begleitet vom Applaus der rund 150 Ärzte im Maternushaus.

Er habe sich jedenfalls nicht für die Chir- urgie entschieden, um „nur“ 48 Stunden in der Woche zu arbeiten.

Nachwuchssorgen bekämpfen

„Niemand wird Sie von der Station ver- treiben, wenn Sie länger arbeiten wol- len, als Sie müssen“, konterte Wind- horst. Dies sei auch haftungsrechtlich kein Problem. Trotzdem müsse es aber wohl doch zumindest die Möglichkeit geben, arbeitszeitgesetzgeschützt als Arzt im Krankenhaus tätig zu sein, ver- teidigte der Thoraxchirurg die Strategie des Marburger Bundes. Dies sei in der Chirurgie umso wichtiger, weil sie ein Nachwuchsproblem habe und viele an- gehende Ärzte sich bereits frühzeitig gegen das Fach entschieden, weil es als besonders zeitintensiv gilt. Dem Nachwuchsproblem sei keinesfalls durch eine Beschränkung der Arbeits- zeit zu begegnen, war sich hingegen Dr.

med. Claudia Rudroff, Köln, sicher:

„Um vor allem auch mehr Frauen für die Chirurgie zu begeistern, brauchen wir nicht kürzere, sondern langfristig planbare Arbeitszeiten.“ Ein großes Problem sei auch die Diskrepanz zwi- schen der Leistung und der Vergütung für die anspruchsvolle Tätigkeit der Chirurgen.

Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzen- der der AOK Rheinland, Düsseldorf, schlug vor, das Nachwuchsproblem in der Chirurgie auch über mehr Weiterbil- dungsmöglichkeiten im ambulanten Be- reich zu bekämpfen. „In fünf Jahren wird es deutlich mehr ambulante Versor- gungszentren geben als heute“, progno- stizierte Jacobs. Dies werde auch Auswir- kungen auf die chirurgische Berufsaus- übungspraxis haben. Seien die Chirur- gen heute entweder im Krankenhaus oder in der Niederlassung tätig, seien

künftig auch Mischformen denkbar: Die eine Hälfte seiner Arbeitszeit könne der Arzt dann beispielsweise in seiner Praxis verbringen und die andere Hälfte als Angestellter in einem Medizinischen Versorgungszentrum. Jacobs plädierte auch dafür, die Vergütungsregelungen junger Ärzte zu verbessern und die Hierarchien in den Krankenhäusern ab- zubauen.

Ein großes Problem aus Sicht der jun- gen Chirurgen – in Köln repräsentiert von Krones und Rudroff – sind die sich verschlechternden Rahmenbedingun- gen für eine qualifizierte Weiterbildung zum Chirurgen. So ergäben sich weniger Gelegenheiten, die für die Facharztprü- fung erforderliche Zahl der Operatio- nen zu erreichen, wenn die Assistenzärz- te wegen der gesetzlichen Arbeitszeitbe- schränkung weniger Zeit im Kranken- haus verbringen dürften, erklärte Kro- nes. Eine weitere negative Folge des neuen Arbeitszeitgesetzes sei, dass nun in vielen Krankenhäusern Schichtdienst drohe. Auch dadurch liefen die Ärzte Gefahr, spannende Operationen zu ver- passen. Ähnliches bewirke die Mindest- mengenregelung:Wenn bestimmte Ope- rationen nur noch in einigen wenigen Krankenhäusern durchgeführt werden dürften, hätten viele Ärzte überhaupt keine Möglichkeit, sich an den Eingrif- fen zu beteiligen. Besonders gravierend sei aber, dass die Krankenhäuser die Kosten für eine strukturierte Weiterbil- dung im neuen Entgeltsystem nach Diagnosis Related Groups (DRGs) nicht mehr bezahlt bekämen. Die Aus- bildungskosten würden im DRG-Sy- stem nicht abgebildet, unterstrich Kro- nes. „Wir brauchen DRG-Zuschläge für die Weiterbildung, weil diese Zeit ko- stet“, ergänzte Windhorst an die Adresse von AOK-Chef Jacobs.

Um das Arbeitszeitgesetz umzuset- zen und die Chancen für eine gute ärztli- che Weiterbildung zu verbessern, müss- ten die Krankenhäuser eigentlich Ärzte einstellen, sagte Dr. Rudolf Hartwig, Ge- schäftsführer des Alfried Krupp Kran- kenhauses in Essen. Dazu fehle aber das Geld. So sei die Steigerungsrate der Krankenhausbudgets für 2005 auf gera- de mal 0,38 Prozent festgelegt worden.

Die tariflichen Gehaltsanpassungen im Bundesangestelltentarifvertrag lägen mal wieder deutlich höher. Jens Flintrop P O L I T I K

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A2666 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 401. Oktober 2004

Faszination Chirurgie: Am OP-Tisch rückt die quantitative Arbeitszeit in den Hintergrund.

Krankenhäuser

Protest gegen das Arbeitszeitgesetz

Niederrheinisch-westfälische Chirurgen wollen nicht kürzer,

sondern längerfristig planbar arbeiten.

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