Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 4|
28. Januar 2011 A 179 ALKOHOLABHÄNGIGKEITUnterbehandlung von Suchtkranken
Nur ein kleiner Teil der Menschen mit riskantem Alkoholkonsum oder Abhängigkeit wird suchtmedizinisch therapiert. Ärzte sprechen das Problem zu selten an. Jetzt kann auch in Deutschland Naltrexon in die multimodale Therapie integriert werden.
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on den schätzungsweise vier Millionen Menschen in Deutschland, die regelmäßig zu viel Alkohol konsumieren und daher als gefährdet oder als alkoholabhängig gelten, sind nach Angaben von Prof. Dr. med. Dipl.-Oec.-Med.Falk Kiefer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mann- heim lediglich etwa zehn Prozent in einer suchtmedizinischen Betreu- ung. Viele Alkoholabhängige be- fänden sich allerdings in ärztlicher Behandlung, würden jedoch von ih- rem Arzt nicht auf ihr gesundheit- lich problematisches Verhalten an- gesprochen, berichtete Kiefer, der stellvertretende Ärztliche Direktor der Klinik für Abhängiges Verhal- ten und Suchtmedizin am ZI ist, am Rande des 11. Kongresses für Suchtmedizin in München.
Alkoholabhängigkeit definiere sich nicht allein über die Häufigkeit oder Menge des Alkoholkonsums, betonte Kiefer bei einer Fachpres - sekonferenz des Unternehmens Desitin. Eine Gefährdung bestehe, wenn der tägliche Alkoholkonsum bei Frauen zwölf Gramm bezie- hungsweise bei Männern 24 Gramm übersteige und regelmäßig getrun- ken werde, um Spannungen abzu- bauen und Konflikte zu bewältigen.
Jeder Alkoholkonsum, der zu kör- perlichen, seelischen und/oder so- zialen Schäden wie Einsamkeit, Verlust der Arbeit oder Gewalter- fahrung führe, sei ein Missbrauch, der in der Abhängigkeit enden kön- ne. Eine Heilung gebe es nicht, das Therapieziel sei die vollständige, lebenslange Abstinenz bei langfris- tiger Rückfallfreiheit.
Zur Reduktion des Rückfallrisi- kos, zur Unterstützung der Absti- nenz und zur Minderung des Ver- langens nach Alkohol als Teil einer umfassenden Therapie bei Erwach-
senen steht ab August 2010 mit der Einführung von Adepend® (Naltrexon) eine neue Substanz in Deutschland zur Verfügung. Der Opioidantagonist ist für die meh - rere Wochen bis Monate dauernde Alkoholentwöhnung nach dem Ent- zug indiziert.
Naltrexon zur Entwöhnung Naltrexon wird bereits in den USA und vielen europäischen Staaten im Rahmen der Alkoholentwöhnung eingesetzt. In mehr als 20 kontrol- lierten Studien über drei bis zwölf Monate wurde Naltrexon an mehr als 3 000 Patienten untersucht. Kie- fer zufolge waren in einer Vergleichs- studie aus dem Jahr 2001 54 Pro- zent von 77 Patienten mit Naltrexon nach einem Jahr abstinent, unter Acamprosat dagegen von 80 Alko- holabhängigen lediglich 27 Prozent.
Auch die Zeit bis zum ersten Rück- fall war unter Naltrexon mit 63 ver- sus 42 Tage deutlich länger. Zudem blieben Patienten unter Naltrexon
länger in der Therapie und nahmen öfter an Therapiesitzungen teil.
Kiefer empfiehlt, dass die Pharma- kotherapie mit Naltrexon möglichst früh beginnen sollte, da die Rückfall- gefahr in den ersten drei Abstinenz- monaten mit etwa 50 Prozent am höchsten ist. Die Behandlung mit ei- ner Einmalgabe von 50 mg/Tag kön- ne während der stationären Entzugs- behandlung, aber auch primär am- bulant begonnen werden. Die The- rapie sollte mindestens drei Monate dauern. Die Abstinenzzeit sollte ge- nutzt werden, um den Patienten eine psychosoziale Nachsorge etwa durch eine Suchtberatungsstelle oder eine Selbsthilfegruppe anzubieten.
Adepend besitze kein eigenes Suchtpotenzial, mögliche Neben- wirkungen seien gastrointestinale Beschwerden und Kopfschmerzen, die meist zu Beginn einer Behand-
lung aufträten. ■
Jürgen Stoschek Pressegespräch Adepend® in München, Veranstal- ter: Desitin-Arzneimittel GmbH
Auftreten von venösen und arteriellen throm- boembolischen Ereignissen im Zusammen- hang mit Revlimid® (Lenalidomid) – Lenalido- mid hat antineoplastische, antiangiogene, ery- thropoesestimulierende und immunmodulierende Eigenschaften. Es ist in Kombination mit Dexame- thason zugelassen für die Behandlung von Pa- tienten mit multiplem Myelom, die mindestens ei- ne vorausgegangene Therapie erhalten haben.
Der Hersteller weist in einem Rote-Hand-Brief darauf hin, dass unter der Behandlung mit Lenali- domid und Dexamethason das Risiko von venösen und arteriellen thromboembolischen Ereignissen wie tiefen Venenthrombosen, Lungenembolien, Myokardinfarkten und zerebrovaskulären Ereignis- sen erhöht ist. Patienten sollten diesbezüglich eng-
maschig überwacht und andere, beeinflussbare Ri- sikofaktoren für thromboembolische Ereignisse so weit möglich minimiert werden. Eine Thrombose- prophylaxe wird insbesondere bei Vorliegen von zu- sätzlichen thromboembolischen Risikofaktoren nach sorgfältiger individueller Beurteilung empfohlen.
In Bezug auf venöse Thromboembolien im Zu- sammenhang mit Lenalidomid gibt es konkrete Hin- weise zur medikamentösen Prophylaxe (ASS, nieder- molekulares Heparin oder Vitamin-K-Ant agonist) in Abhängigkeit von der jeweiligen Risikokonstellation zum Beispiel in einer Übersichtsarbeit der Interna - tional Myeloma Working Group aus dem Jahr 2008.
Bitte teilen Sie der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft alle beobachteten Neben- wirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. EB