A 1312 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 29–30|
21. Juli 2014CHRONISCH ENTZÜNDLICHE DARMERKRANKUNGEN
Ausblick für Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Die beiden monoklonalen Antikörper Ustekinumab und Vedolizumab stehen kurz vor der Zulassung für die Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.
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ie Entwicklung neuer Thera- peutika für chronisch ent- zündliche Darmerkrankungen (CED) hat lange stagniert. Nun scheinen Fortschritte in greifbarer Nähe zu sein, und das gleich auf mehreren Ebenen. Als eine der ersten Neue- rungen dürfte nach Angaben von Prof. Dr. med. Britta Siegmund, Charité – Universitätsmedizin in Berlin, der monoklonale Antikörper Vedolizumab zur Zulassung kom- men. Der Integrinantagonist wirkt darmselektiv und erzielt eine se - lektive immunsupprimierende Wir- kung, die in der Gemini I-Studie für Patienten mit Colitis ulcerosa (NEJM 2013; 369: 699–710) und in der Gemini II-Studie für Patienten mit Morbus Crohn (2013; 369:711–21) dokumentiert werden konn- te. Erwartet wird die Zulassung zur Behandlung erwachsener Patienten mit moderatem oder schwerem Morbus Crohn oder Colitis ulcero- sa, die entweder auf die konven - tionelle Therapie oder einen der Tumornekrosefaktor-alpha(TNFα)- Antagonisten unzureichend ange- sprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträg- lichkeit gegen eine entsprechende Behandlung aufweisen.
Hoffnungen setzen die Gastroen- terologen auf ein weiteres Biologi- kum. So wird der Antikörper Usteki- numab, der sich gegen den Oberflä- chenmarker P40 auf Lymphozyten richtet und damit die proinflammato- rischen Zytokine IL-12 und IL-23 in- hibiert, derzeit in klinischen Studien bei den CED geprüft. Der Antikörper ist aufgrund seiner antiinflammatori- schen Wirksamkeit bereits zur Be- handlung der Psoriasis sowie der Psoriasis-Arthritis zugelassen.
Doch nicht nur neue Biologika dürften laut Siegmund das thera-
peutische Arsenal bei den CED er- weitern. In Entwicklung ist ferner Phosphatidylcholin als neue Thera- pieoption. Die vor allen in Zell- membranen natürlicherweise vor- kommende Substanz hat eine wich- tige Funktion bei der Stabilisierung der Barrierefunktion des Darms, was sich offensichtlich auch thera- peutisch nutzen lässt. So gibt es beispielsweise Daten einer ersten klinischen Studie, in der doppel- blind und placebokontrolliert Pa- tienten mit Colitis ulcerosa und nicht adäquatem Ansprechen auf Mesalazin mit Phosphatidylcholin behandelt wurden.
Stammzelltransplantation ist noch experimentell
„Es resultierte eine signifikante Besserung der Krankheitsaktivi- tät“, berichtete die Gastroenterolo- gin in Paris. Sie hält den neuen Therapieansatz, der sich durch eine gute Verträglichkeit auszuzeichnen scheint, für vielversprechend. Al- lerdings müsse die klinische Ef - fektivität noch durch eine größere, bereits angelaufene klinische Stu- die belegt werden.
Noch experimentellen Charakter hat bei den CED die Stammzell- transplantation, von der eine Art
„Reset“ des Immunsystems erwar- tet wird. Nicht etabliert ist bis- lang außerdem die Stuhltransplan- tation bei den CED, wenngleich dieses Verfahren derzeit als poten- zielle neue Option intensiv disku- tiert wird. Dies begründet sich in Beobachtungen, wonach einer Stö- rung des Mikrobioms pathogeneti- sche Bedeutung zukommen kann.
Das nährt nach Siegmund Hoff- nungen, durch eine Normalisie- rung der Darmflora eine nachhalti- ge Besserung bei den CED erwir- ken zu können. Erste positive Er- fahrungen zur Stuhltransplantation liegen bei der therapie refraktären Antibiotika-assoziierten Clostridi- um difficile-Kolitis vor, und auch bei der Colitis ulcerosa gibt es erste Behandlungsversuche. Sieg- mund: „Eine abschließende Be- wertung der Wirksamkeit und Si- cherheit des Verfahrens ist aber derzeit nicht möglich.“
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Christine Vetter
Quelle: Falk Symposium 192 „IBD 2014:
Thinking Out of the Box“ in Paris
Lieferunfähigkeit Dormicum 7,5 mg Filmtabletten – Roche in- formiert über eine bevorstehende Lieferunfähigkeit der Dormicum 7,5 mg Filmtabletten voraussichtlich bis November. Ursache ist eine Ver- zögerung bei der Ausfuhr durch die mexikanischen Behörden. Die Dormi- cum-Injektionslösung ist weiterhin lieferfähig und steht als eine mögli- che Alternative zur Verfügung. Medi-
zinische Anfragen können gerichtet werden an Telefon: 07624 142015 (Mo.–Fr., 8–18 Uhr).
Information von Merck Serono – Im Herstellbetrieb von Ulcogant fällt voraussichtlich bis Ende des Jahres die Produktion aus. Das Arzneimittel wird daher in allen Darreichungsfor- men und Packungsgrößen nicht mehr im Markt verfügbar sein. EB