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Archiv "Vertrauensschutz: Ärzte gegen Lauschangriff auf Praxen" (21.11.2008)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 47⏐⏐21. November 2008 A2493

P O L I T I K

M

an muss schon genau hin- hören, um die verräterischen Geräusche wahrzunehmen. Mal klickt oder kratzt es in der Telefon- leitung, mitunter summt es auch.

Die Gründe für die Begleittöne sind meist harmlos. Doch Vorsicht: Der Auslöser kann auch eine „Kapa- zitätsentladung“ sein. Dazu kommt es, wenn eine Telefonleitung von außen angezapft wird.

Gut möglich, dass Ärzte beim Telefonieren künftig genauer auf solche Störgeräusche achten müs- sen. Dies befürchtet der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bunds, Dr. med.

Klaus Bittmann. Sein Verband be- fasste sich bei der Jahreshaupt- versammlung Mitte November in Berlin schwerpunktmäßig mit den Themen Vertrauensschutz und Da- tensicherheit in Arztpraxen. Dazu passte, dass der Bundestag nur we- nige Tage vor dem Verbandstreffen das sogenannte BKA-Gesetz verab- schiedet hat. Mit dessen Hilfe sollen Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) präventive Befugnisse im Kampf gegen den Terror erhalten.

Onlinerazzien oder eben das Anzap- fen von Telefonen wäre dann unter anderem bei Ärzten rechtlich leich- ter möglich als bisher.

Zwar hat sich mittlerweile die sächsische SPD gegen den Entwurf ausgesprochen, was ein Veto des Bundesrats zur Folge haben könnte.

Doch wird dies aller Voraussicht nach lediglich zu Korrekturen des Gesetzes im Vermittlungsausschuss führen. NAV-Chef Bittmann stellte denn auch gleich zu Beginn der Ta- gung klar: „Das Arzt-Patienten-Ver- hältnis erfordert einen besonders ge- schützten Raum.“ Diesen müsse der Staat sichern. „Das Aussageverwei- gerungsrecht des Arztes und das Recht auf Unversehrtheit – insbeson- dere die Abhörsicherheit – der Arzt-

praxis gehören zu den elementaren Bürgerrechten des Arztes, aber auch des Patienten“, heißt es in einem ent- sprechenden Beschluss des NAV. Auch der Präsident der Bundesärztekam- mer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, hatte den Gesetzentwurf als

„Angriff auf die Bürgerrechte, die ärztliche Schweigepflicht und das Patient-Arzt-Verhältnis“ bezeichnet.

Tatsächlich unterliegen Ärzte be- reits seit Inkrafttreten des Telekom- munikationsüberwachungsgesetzes 2007 im Gegensatz zu Abgeordne- ten, Seelsorgern und Strafverteidi- gern nur noch einem relativen Schutz vor staatlichen Ermittlungs- maßnahmen. Die ehemalige Bun- desjustizministerin und rechtspoliti- sche Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger, warnte deshalb vor den NAV-Delegierten davor, Ärzte zu Berufsgeheimnisträgern zweiter Klasse zu machen.

„Wird erst einmal das Vertrau- ensverhältnis zu Ärzten relativiert, ist das Ende der vertraulichen Ge- spräche zwischen Patienten und Ärzten vorhersehbar“, betonte Leut- heusser-Schnarrenberger, die 1996 aus Protest gegen den von der dama- ligen Bundesregierung beschlosse- nen Großen Lauschangriff als Jus- tizministerin zurückgetreten war.

Nach Meinung der FDP-Politike- rin darf der Vertauensschutz aber auch nicht durch eine „an falschen Effizienzgedanken orientierte“ Te- lematik im Gesundheitswesen aus-

gehöhlt werden. Mit Blick auf die geplante elektronische Gesundheits- karte (eGK) konstatierte die Daten- schutzexpertin, die Ärzteschaft ha- be durch ihr Mitwirken bei der Aus- gestaltung und durch die Praxistests in den Regionen gezeigt, „wie sie sich konstruktiv im Sinne eines kla- ren Vertrauensschutzes von Ärzten und Patienten einbringt“.

Wie wichtig dies ist, belegten die Ausführungen des Datenschutzbe- auftragten der Bundesregierung, Pe- ter Schaar, bei einer Podiumsdiskus- sion im Rahmen der NAV-Tagung.

Die Krankenkassen hätten ein Inter- esse daran, mithilfe der Gesund- heitskarte steuernd in die Versor- gung einzugreifen und so Kosten zu senken, sagte er. Die nun angestreb- te Karteninfrastruktur sei aber für

eine solche Einflussnahme ungeeig- net. Schaar erklärte, beim eGK- Projekt sei ein umfassender gesetz- licher Datenschutz erreicht worden.

Nun komme es darauf an, diese Vor- gaben umzusetzen.

Dr. med. Franz-Josef Bartmann, Telematikexperte der Bundesärzte- kammer, stimmte dem zu. Er verwies darauf, dass die Datensicherheit bei einigen mit einer EDV-Lösung ge- koppelten Versorgungsverträgen weit- aus gefährdeter sei, als dies bei der eGK der Fall wäre. Auch würden heute viele Praxisrechner nicht den Sicherheitsanforderungen gerecht, die für die elektronische Gesund-

heitskarte gälten. n

Samir Rabbata

VERTRAUENSSCHUTZ

Ärzte gegen Lauschangriff auf Praxen

Auch wenn das BKA-Gesetz nachgebessert werden muss, wird der besondere Schutz von Arztpraxen bei Ermittlungsmaßnahmen wohl weiter eingeschränkt. Bei einer Tagung des NAV-Virchow-Bunds warnten Experten vor den Folgen.

Wird erst einmal das Vertrauensverhältnis zu Ärzten

relativiert, ist das Ende der vertraulichen Gespräche zwischen Patienten und Ärzten vorhersehbar.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)

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