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WirkungenvonLuftschadstoffenaufPflanzen BFW-DOKUMENTATION

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Wirkungen von Luftschadstoffen auf Pflanzen

unter besonderer Berücksichtigung von Waldbäumen Effects of Air Pollutants on Plants under Especial

Consideration of Forest Trees

S

T

. S

MIDT

FDK 181.45--011.1:425.1

(2)

von Waldbäumen / St. Smidt / BFW-Dokumentation; Schriftenreihe des Bundes- forschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft, Wien, 2010, Nr. 8, 267 S.

ISSN 1811-3044

Copyright 2008 (2. erweiterte Neuauflage 2010)

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft Für den Inhalt verantwortlich:

Leiter: Dipl.-Ing. Dr. Harald Mauser Herstellung und Druck:

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft Seckendorff-Gudent-Weg 8

A-1131 Wien URL: http://bfw.ac.at

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Seckendorff-Gudent-Weg 8 A-1131 Wien

Tel. + 43-1-878 38 1216

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Wirkungen von Luftschadstoffen auf Pflanzen

unter besonderer Berücksichtigung von Waldbäumen

Effects of Air Pollutants on Plants

under Especial Consideration of Forest Trees Stefan Smidt

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW)

BFW-Dokumentation 8/2010

(überarbeitete und erweiterte Neuauflage)

(4)
(5)

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit ist eine kurze Zusammenstellung des aktuellen Grundwissens über Luftverunreinigungen, ihre pflanzenschädigenden Wirkungen und Maßnahmen der Pflanzen zur Entgiftung derselben.

Im allgemeinen ersten Teil werden grundlegende Eigenschaften der Luftschadstoffe, Stress und andere einschlägige Begriffe erklärt sowie die Eintrittswege und die Angriffspunkte in der Zelle und physiologische Wirkungen auf unterschiedlichen Ebenen aufgezeigt. Weiters werden die wichtigsten Methoden der Feststellung von Immissionseinwirkungen aufgezählt. Das Kapitel Immissionsschutz zeigt die gesetzlichen und waldbaulichen Möglichkeiten zum Schutz der Vegetation auf.

Im zweiten Teil werden die wichtigsten pflanzenrelevanten Luftschadstoffe, ihre Wirkungen und die Entgiftungswege in der Pflanze beschrieben. Dabei wird auch einigen Aspekten des Klimawandels Rechnung getragen.

Im Anhang finden sich zusätzliche Informationen über Luftschadstoffe, Grenzwerte, Links sowie Literaturzitate.

Schlüsselwörter: Luftschadstoffe, Stress, Wirkungen, Wirkungsebenen

Abstract

This is a short compilation of the current basic knowledge about air pollutants, their phytotoxic action and the ways of detoxification.

The general part (Part 1) describes basic characteristics of air pollutants, stress and other important terms, the uptake and points of action at the concerning levels. Furthermore, some methods of detection of pollutant impact are described. The chapter “Immissionsschutz” (protection against air pollutants) gives a hint to legal and silvicultural measures.

The special part (Part 2) comprises the most important air pollutants, their action in plants and ways of detoxification. Some aspects of Climate Change are included too.

The Appendix gives additional information about air pollutants, limit values, links and literature.

Keywords: Air pollutants, stress, effects, levels of action

(6)
(7)

Inhalt

Einleitende Bemerkungen... 9

1. Luftschadstoffe erzeugen Stress an der Vegetation ... 13

1.1. Luftverunreinigungen ... 13

1.1.1. Definitionen... 13

1.1.2. Quellen und Senken... 15

1.1.3. Emission – Transmission – Immission... 17

1.1.4. Radikale... 23

1.2. Stress ... 25

1.3. Toxische Luftschadstoff-Konzentrationen ... 30

1.4. Klassische „Rauchschäden“ und die „Neuartigen Waldschäden“ in den 1980er Jahren ... 34

1.4.1. Rauchschäden – Nahschäden nach dem Beginn der Industrialisierung ... 34

1.4.2. „Neuartige Waldschäden“ und die Sorge um ein großflächiges Waldsterben ... 35

1.4.3. Verstärkte Waldschadensforschung und Verbesserung der Luftqualität ... 37

2. Luftschadstoffe greifen an mehreren Ebenen von Ökosystemen an... 39

2.1. Angriffspunkt für Luftschadstoffe ... 39

2.2.1. Das Blatt ist die wichtigste Eintrittspforte für Luftschadstoffe... 43

2.2.2. Die Kutikula als Eintrittspforte für Luftschadstoffe ... 45

2.2.3. Lentizellen als Eintrittspforte für Luftschadstoffe ... 47

2.2.4. Die Wurzel als Eintrittspforte für Schadstoffe ... 47

2.3. Grundlegende chemische Wirkungen ... 48

2.4. Grundlegende physikalische Wirkungen ... 51

2.5. Physiologische Wirkungen... 51

2.5.1. Zerstörung von Membranen... 51

2.5.2. Ausbildung von Symptomen und deren Spezifität... 52

2.5.3. Akute, chronische und physiologische Schädigungen ... 56

2.5.4. Direkte und indirekte Wirkungen ... 56

2.5.5. Wirkungsbeeinflussende Faktoren... 57

2.5.6. Entwicklung von Schädigungen auf verschiedenen Wirkungsebenen... 60

2.6. Zusammenwirken von Luftschadstoffen ... 63

3. Pflanzen wehren sich durch Vermeidung und Toleranz ... 66

3.1. Vermeidung der Schadstoffaufnahme ... 66

3.2. Toleranz durch Entgiftung ... 67

4. Immissionen werden mit unterschiedlichen Methoden erfasst ... 69

4.1. Immissionsmessung... 69

4.1.1. Registrierende Routinemessmethoden... 69

4.1.2. Nicht registrierende Messmethoden ... 71

4.1.3. Remote Sensing Methoden zur Messung von Spurenstoffen in der Luft... 72

4.1.4. Depositionsanalysen ... 73

4.2. Erfassung von Stoff-Flüssen in Waldbeständen ... 74

4.3. Bioindikation ... 77

4.3.1. Bioindikation auf der Basis der Anreicherung von Luftschadstoffen ... 82

(8)

4.3.2. Bioindikation auf der Basis der Erfassung von Symptomen... 83

4.3.3. Erfassung von Stress ... 84

4.4. Quantifizierung von Immissionsschädigungen und Immissionsschäden... 86

4.4.1. Zuwachserhebungen... 87

4.4.2. Remote-Sensing Methoden zur Erfassung von Baumschädigungen ... 90

4.5. Untersuchung von Waldböden ... 93

4.5.1. Nährstoffgehalte im Boden... 93

4.5.2. Schadstoffgehalte im Boden ... 94

4.6. Experimentelle Methoden zur Untersuchung der Wirkung von Luftschadstoffen... 95

4.7. Monitoringnetze... 98

4.7.1. Monitoringnetze in Österreich ... 98

4.7.2. Europäische Wald-Monitoringnetze ... 100

5. Immissionsschutz durch Emissionsminderung und Immissionsgrenzwerte ... 103

5.1. Emissionsminderung auf internationaler Ebene... 103

5.2. Emissionsminderung auf nationaler Ebene ... 104

5.3. Waldbauliche Maßnahmen ... 108

6. Schwefeldioxid – einst der Luftschadstoff Nr.1 ... 110

6.1. Quellen und Senken... 110

6.2. Physikalische Eigenschaften ... 110

6.3. Chemische Eigenschaften ... 110

6.4. Aufnahme und Umsetzungen in Pflanzen ... 111

6.5. Vermeidung und Entgiftung ... 113

6.6. Schädigungen an Pflanzen ... 116

6.7. Konzentrationen in der Luft und in Blattorganen ... 117

7. Schwefelwasserstoff – übel riechend und giftig... 120

7.1. Quellen und Senken... 120

7.2. Physikalische Eigenschaften ... 120

7.3. Chemische Eigenschaften ... 120

7.4. Aufnahme und Umsetzungen in Pflanzen ... 120

7.5. Entgiftung und Metabolisierung ... 120

7.6. Schädigungen an Pflanzen ... 121

7.7. Konzentrationen in der Luft und in Blattorganen ... 121

8. Stickstoffoxide – Radikale, Radikalbildner und „Überdünger“... 123

8.1. Quellen und Senken... 123

8.2. Physikalische Eigenschaften ... 123

8.3. Chemische Eigenschaften ... 124

8.4. Aufnahme und Umsetzungen in Pflanzen ... 124

8.5. Reduktive Entgiftung und Metabolisierung ... 125

8.6. Schädigungen an Pflanzen ... 127

8.7. Konzentrationen in der Luft und in Blattorganen, Einträge ... 127

9. Ammoniak – in der Luft alkalisch, im Boden versauernd... 130

9.1. Quellen und Senken... 130

9.2. Physikalische Eigenschaften ... 130

(9)

9.4. Aufnahme und Umsetzungen in Pflanzen ... 130

9.5. Entgiftung und Metabolisierung ... 132

9.6. Schädigungen an Pflanzen ... 132

9.7. Konzentrationen in der Luft und in Blattorganen ... 134

10. Eutrophierung und Versauerung von Waldökosystemen ... 135

10.1. Umsetzungen von N-Verbindungen im Boden ... 135

10.2. Eutrophierung von Waldökosystemen durch überhöhte Stickstoffeinträge ... 138

10.3. Bodenversauerung... 141

11. Fluorwasserstoff - ein Breitband-Enzymhemmer ... 144

11.1. Quellen und Senken... 144

11.2. Physikalische Eigenschaften ... 144

11.3. Chemische Eigenschaften ... 144

11.4. Aufnahme, Verlagerung und Umsetzungen in Pflanzen ... 144

11.5. Schädigungen an Pflanzen ... 145

11.6. Konzentrationen in der Luft und in Blattorganen ... 148

12. Chlorwasserstoff und Chloride – Beitrag zum „Sauren Regen“... 149

12.1. Quellen und Senken... 149

12.2. Physikalische Eigenschaften ... 149

12.3. Chemische Eigenschaften ... 149

12.4. Aufnahme und Umsetzungen in Pflanzen ... 149

12.5. Entgiftung und Metabolisierung ... 149

12.6. Schädigungen an Pflanzen ... 149

12.7. Chloride und Auftausalze... 150

12.8. Konzentrationen in der Luft und in Blattorganen ... 151

13. Ozon – heute der Luftschadstoff Nr. 1 ... 153

13.1. Quellen und Senken... 153

13.2. Physikalische Eigenschaften ... 156

13.3. Chemische Eigenschaften ... 156

13.4. Aufnahme und Umsetzungen in Pflanzen ... 156

13.5. Entgiftung und Metabolisierung von Ozon und reaktiven Sauerstoffspezies ... 162

13.6. Schädigungen an Pflanzen ... 165

13.7. Konzentrationen in der Luft... 167

14. Organische Spurenstoffe – vor allem die indirekten Wirkungen sind relevant ... 169

14.1. Ethen - Schadstoff und Reifungshormon... 169

14.2. Peroxyacetylnitrat – in Europa bedeutungslos ... 170

14.3. Halogenkohlenwasserstoffe - Treibhausgase und Verursacher des Ozonlochs... 172

14.4. POPs sind vor allem humantoxisch ... 173

14.5. Formaldehyd - ein Bestandteil des Photosmogs... 174

14.6. Reduzierte organische Schwefelverbindungen ... 174

14.7. Isoprenderivate - Pflanzen als Hauptemittenten ... 175

14.8. Pestizide ... 175

14.9. Biomasseverbrennung ... 176

15. Treibhausgase und Treibhauseffekt... 179

15.1. Der Treibhauseffekt... 179

(10)

15.2. Treibhausgase und „Antitreibhausgase“... 180

15.2.1. Wasserdampf - das wichtigste Treibhausgas ... 185

15.2.2. Kohlendioxid – Hauptnährstoff für Pflanzen und Treibhausgas ... 185

15.2.3. Methan – Treibhausgas in hoher Konzentration und Ozonvorläufer ... 189

15.2.4. Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) – sehr effektive Treibhausgase ... 190

15.2.5. Troposphärisches Ozon – ebenfalls ein Treibhausgas ... 191

15.2.6. Lachgas – ein Treibhausgas und Ozonkiller aus dem Boden... 191

15.2.7. Schwefelhexafluorid - das wirksamste Treibhausgas ... 192

15.2.8. Stickstofftrifluorid - ein bisher wenig beachtetes Treibhausgas ... 193

15.3. Klimawandel - ein Teilaspekt des Global Change... 193

15.4. Verlust an globaler Waldfläche ... 194

15.5. Auswirkungen einer Klimaerwärmung auf die Vegetation ... 194

15.6. Die Rolle des Waldes beim Klimaschutz - Globale Aspekte und Konsequenzen ... 198

15.7. Perspektiven... 199

16. Metalle und Stäube – Nährstoffe und Schadstoffe ... 201

16.1. Allgemeines... 201

16.1.1. Mikro- und Makronährelemente ... 201

16.1.2. Quellen und Senken von Metallen und Stäuben ... 202

16.1.3. Aufnahme und Umsetzungen von Schwermetallen in Pflanzen ... 205

16.1.4. Schwermetallgehalte im Boden... 206

16.1.5. Schädigungen durch Schwermetallen und ökotoxikologische Risken ... 206

16.1.6. Schwermetallgehalte in Pflanzen ... 209

16.1.7. Metallkonzentrationen in der Luft, Einträge und Gehalte in Blattorganen ... 209

16.1.8. Entgiftung von Schwermetallen ... 210

16.2. Kalium, Calcium und Magnesium – im Überschuss alkalisieren sie den Boden ... 211

16.2.1. Quellen ... 211

16.2.2. Funktionen in der Pflanze und Mangelerscheinungen ... 211

16.3. Kupfer – ein oft pflanzentoxisches Mikronährelement ... 213

16.4. Zink – ein relativ wenig toxisches Mikronährelement... 214

16.5. Blei – ein Akkumulationsgift ... 215

16.6. Cadmium – ein mobiles und hoch toxisches Schwermetall ... 217

16.7. Aluminium schädigt Feinwurzeln ... 218

16.8. Quecksilber – in Salzform hochtoxisch... 219

16.9. Arsen – ein toxisches Halbmetall... 219

Verwendete Gewichtseinheiten Mg = Tonnen

Gg = 1000 Tonnen Tg = Millionen Tonnen Pg = Milliarden Tonnen

(11)

Wirkungen von Luftschadstoffen auf Pflanzen

unter besonderer Berücksichtigung von Waldbäumen

Stefan Smidt

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) Institut für Waldschutz, Wien

Einleitende Bemerkungen

Probleme des Global Change hängen mit Schadstoffemissionen zusammen

Die zunehmende Industrialisierung, die Zunahme der Weltbevölkerung, der steigende Einsatz von Stickstoffdüngern, jährliche Waldrodungen (in einem Ausmaß der 4 ½-fachen Waldfläche Österreichs), Waldbrände und die damit verbundenen Schadstoffemissionen sowie andere Veränderungen von Naturlandschaften führen zu globalen Veränderungen, etwa zum Klimawandel, zum Abbau des stratosphärischen Ozons, zur Zunahme der bodennahen Ozonkonzentrationen und zur Versauerung der Atmosphäre. Die atmosphärischen Problemkreise Luftverunreinigung, Ozonabbau in der Stratosphäre und Treibhauseffekt sind eng miteinander verknüpft.

Mensch und Natur emittieren Luftschadstoffe

Von der Mehrzahl der Spurenstoffe emittiert die Natur größere Mengen als der Mensch. Die emittierten Schadstoffe breiten sich nicht nur lokal oder regional, sondern – je nach Reaktivität mehr oder weniger verändert – überregional oder sogar global aus. Von den Auswirkungen der Spurenstoffe ist die gesamte Biosphäre direkt oder indirekt betroffen. Die Angaben über globale jährliche Emissionen in der Literatur differieren sehr stark; die Daten der folgenden Tabelle sind daher als grobe Richtwerte zu verstehen.

(12)

Richtwerte für jährliche globale Emissionen von Spurenstoffen, angegeben auf Elementbasis mit Ausnahme der Nichtmethankohlenwasserstoffe (Tg = Millionen Tonnen).

Detaillierte globale Spurenstoffbilanzen siehe Anhang und http://www.luftschadstoffe.at („Tabellen“) Spurenstoff Formel /

Bezeichnung

Menge natürlich anthropogen

Kohlendioxid CO2 Tg C 210.000 6.000

Seesalz Tg 10.000 - 30.000

Ozon O3 Tg Stratosphärisch: 480

Photochemisch: 3940

Kohlenmonoxid CO Tg C 650 500

Nichtmethan- kohlenwasserstoffe

NMHC Tg NMHC 890 90

Bodenstaub - Tg 900

Schwefeldioxid SO2 Tg S 250 70

Stickstoffoxide NOx Tg N 19 31

Ammoniak NH3 Tg N 11 43

Lachgas N2O Tg N 12 3

Den Zusammenhang des Anstieges der Weltbevölkerung mit dem Einsatz von Düngern und der Fleischproduktion ist aus der folgenden Abbildung zu ersehen.

Globale Entwicklung der Weltbevölkerung und der Düngemitteleinsätze.

Global werden laut IPCC 1995 77,4 Tg p. a.

Stickstoff in Form von künstlichem Dünger ausgebracht.

Grafik nach Erisman et al. 2008.

In Europa stiegen die Emissionen von Schwefel- und Stickstoffverbindungen seit dem Ende des 20.

Jahrhunderts und besonders nach dem 2. Weltkrieg bis etwa 1990 stark an. Die SO2-Emissionen nahmen jedoch seit 1980 stark ab.

(13)

Entwicklung der Temperatur, der CO2- Konzentrationen, sowie der der SO2- und N- Emissionen in Europa.

University of East Anglia, Schöpp et al. 2003, EEA, Dr. Pieter Tans, NOAA/ESRL

(www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/)

Die direkt relevanten Luftschadstoffe schädigen bereits im ppb-Bereich

Schon wenige Schadstoffmoleküle in einer Milliarde Luftmoleküle (ppb) können nachteilige Wirkungen auf die Biosphäre ausüben, z. B. SO2, NOx und O3. In den bereits toxischen Konzentrationen sind sie bei weitem noch nicht geruchlich wahrnehmbar. Die v. a. indirekt wirksamen Spurenstoffe –

„Klimagase“ wie CO2, N2O, CH4 und auch der Wasserdampf - treten in wesentlich höheren Konzentrationen auf.

Nicht nur aggressive Spurenstoffe sind relevant

Nicht nur aggressive Komponenten beeinflussen die Biosphäre, sondern auch wenig reaktionsfähige und daher langlebige Komponenten, z. B. Treibhausgase und jene flüchtigen Komponenten, die die stratosphärische Ozonschicht angreifen (Fluorchlorkohlenwasserstoffe [FCKWs] und Lachgas).

Gerade die wenig reaktiven Gase entwickeln sich zunehmend zu einem globalen Problem.

Die Konzentrationen mehrerer Komponenten nehmen zu

Während in Europa weit reichende Emissionsreduktionen v. a. von SO2 und Schwermetallen vorgenommen wurden, nehmen die Emissionen von SO2 in sich entwickelnden Ländern wie China und Indien stark zu.

SO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe.

(Nach Emberson et al. 2003).

(14)

Auch die Emissionen von Oxidden des Stickstoffs (NOx bzw. N2O) sind global im Ansteigen begriffen.

Global nehmen ferner die Konzentrationen der Treibhausgase CO2 und CH4 seit etwa 1800 exponentiell zu. Während die Konzentrationen des schädlichen bodennahen Ozons regional z. T.

noch deutlich zunehmen - Ozon erzeugt global die größten Pflanzenschäden -, nehmen die Konzentrationen des vor UV-Strahlung schützenden Ozons in der Stratosphäre ab („antarktisches Ozonloch“).

Die Entwicklung der SO2-, NOx- und NH3- Emissionen in Österreich zeigt die Abbildung rechts. Im Anhang sind weitere Emissionsdaten aus Österreich enthalten.

SO2-, NOx- und NH3-Emissionen in Österreich.

(Umweltbundesamt 2008).

Die Atmosphäre ist sehr dünn

Da die Troposphäre nur 10 bis 15 km dick ist, ist das Volumen, in dem sich Schadstoffe verteilen können, entsprechend gering. Die Tropopause fungiert weitgehend als Sperrschicht, die allerdings FCKW und andere reaktionsträge Gase wie N2O in die Stratosphäre diffundieren lässt; dabei wird die stratosphärische Ozonschicht, die unter Normaldruck und im Reinzustand nur etwa 3 mm dick wäre,

„korrodiert“. Die gesamte Atmosphäre wäre bei Normaldruck nur 8 km dick.

Bedingt positive Aspekte von Spurenstoffen

Die Schadstoffemissionen wurden in Europa insgesamt verringert: Emissionsreduktionen seit dem Beginn der 1980er Jahre haben die Luftqualität in Europa insgesamt deutlich verbessert: SO2-, NOx-, Schwermetall- und Kohlenwasserstoffemissionen sind mehr oder weniger deutlich zurückgegangen.

Anlass für tief greifende Maßnahmen war auch die Befürchtung eines immissionsbedingten

„Waldsterbens“.

Einschränkung: Der „Schadstoffcocktail“ hat sich in Europa von einer überwiegend sauren Zusammensetzung hin zu einer überwiegend oxidativen entwickelt, was jedoch nicht zwangsläufig als Vorteil zu interpretieren ist.

Pflanzen können sich gegen Luftschadstoffe wehren: Sie können entweder die Aufnahme verweigern oder aufgenommene Schadstoffe entgiften.

Einschränkung: Die Entgiftung ist mit einem Energieaufwand verbunden. Die Toleranz kann sich bei fortwährender Einwirkung jedoch erschöpfen.

Die in der Luft verteilten Spurenstoffe können auch positive Wirkungen haben: Makro- und Mikronährstoffe werden auch über die Atmosphäre eingetragen bzw. re-suspendiert (d. h. nach Aufwirbelung wieder abgesetzt). Solange die Nährstoffverhältnisse nicht aus dem Optimum verschoben werden, ist dies zumindest kein negativer Aspekt. Die Emission von Partikeln (Aerosolen) bewirkt Lufttrübung („Global Dimming“) und mindert den Treibhauseffekt.

Einschränkung: Der Eintrag essentieller Elemente ist eine unkontrollierte Düngung und kann wie im Falle von Stickstoffeinträgen auch zu einer Versauerung von Böden führen, jener von nicht essentiellen

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

1990 1995 2000 2005

kt/Jahr

SO2 NOx NH3

(15)

1. Luftschadstoffe erzeugen Stress an der Vegetation

Pflanzen sind während ihrer Entwicklung vielfachen biotischen und abiotischen Stresseinwirkungen ausgesetzt. Zu diesen tragen zahlreiche Spurenstoffe in der Luft bei. Sie sind bedeutsame Mitverursacher des vom Menschen verursachten (Anteiles am) „Global Change“. Eine wesentliche Ursache ist die Zunahme der Weltbevölkerung und damit der industriellen Produktion. Während seit etwa 1850 die Bevölkerung um das 5-fache stieg, nahm der Verbrauch an Primärenergie im Jahre 2000 - zu 75 % durch fossile Energieträger gedeckt - auf das 30-fache zu. Heute beträgt die Bevölkerung fast 6,8 Mrd. Menschen und jedes Jahr kommen 75 Mio. hinzu.

Luftschadstoffe erzeugen Stress auf direktem und indirektem Wege. Die unten stehende Aufstellung skizziert die Zusammenhänge zwischen den Verursachern, den Emissionen und den daraus folgenden Konsequenzen für die Vegetation.

Zunehmende Weltbevölkerung, Zunahme des Pro-Kopf-Verbrauchs an Ressourcen Ð

Zunehmender Energieverbrauch und industrielle Produktion

Ð Weitere Folgen

Zunehmender Düngereinsatz Î Eutrophierung von N-limitierten Ökosystemen, Grundwasserbelastung

Zunehmende Emission von Treibhausgasen (CH4, FCKWs, N2O)

Î Klimaerwärmung

Zunehmende Emission von sauren Gasen (SO2, NOx) Î Versauerung der Atmosphäre und des Bodens Zunehmende Emission von Ozonvorläufern (CO, VOCs,

CH4, NMHC) Î Zunahme der bodennahen Ozonkonzentrationen

Zunehmende Emission von Ozon abbauenden

Substanzen (FCKWs, N2O) Î Antarktisches Ozonloch, Zunahme der UV- Strahlung

Zunehmende Emission von weiteren toxischen Stoffen

(Schwermetalle, POPs) Î Belastung der Biosphäre allgemein Waldrodungen (veränderte Landnutzung) Î Anstieg der CO2- und N2O-Emissionen

1.1. Luftverunreinigungen 1.1.1. Definitionen

Natürliche Luft ist Luft im Unterschied zu reiner Luft mit Komponenten natürlichen Ursprungs (Kapitel 1.1.2) in unterschiedlichen Konzentrationen (Box 1-1) verunreinigt sein. Die Hauptbestandteile der Luft sind Stickstoff und Sauerstoff (Tabelle 1-1).

Mittlere globale Konzentrationen sind in Tabelle 1-1 angeführt; Konzentrationsbereiche in unterschiedlich belasteten Gebieten sind im Anhang 3 enthalten.

(16)

Tabelle 1-1: Konzentrationen der Hauptkomponenten und der umweltrelevanten, gasförmigen Spurenstoffe bzw.

Aerosole (Richtwerte, ppm). Becker und Löbel (1985) und Möller (2003).

Zum Vergleich: Eine „Konzentration“ von 30 ppb entspricht 200 Personen bezogen auf die gesamte Weltbevölkerung.

Die wichtigsten direkt wirkenden „hochvariablen“ Spurengase sind grau unterlegt. Zu den Verweilzeiten siehe Box 1-2.

Gas Formel ppm Kate-

gorie

Stickstoff N2 780840 ***

Sauerstoff O2 209460 ***

Argon Ar 9340 ***

Kohlendioxid CO2 335 *

Neon Ne 18 ***

Helium He 5 ***

Methan CH4 1,50 *

Wasserstoff H2 0,55 **

Lachgas N2O 0,30 **

Kohlenmonoxid CO 0,10 *

Ozon O3 0,070 *

Nichtmethankohlen- wasserstoffe

NMHC 0,015 *

Ammoniak NH3 0,010 *

Schwefelwasserstoff H2S 0,007 *

Stickstoffoxide NOx 0,002 *

Schwefeldioxid SO2 0,001 *

Tetrachlorkohlenstoff CCl4 0,00015 **

Peroxyacetylnitrat (PAN) CH3C(O)OONO2 0,00002 * Aerosolpartikel < 1 µm <10 (maritim) –

50 µg m-3 (kontinental)

OH*-Radikal 0 - 106

Partikel cm-3

* Fluorchlorkohlen-

wasserstoffe (FCKW)

< 0,1 ppb

Wasserdampf H2O max. ca. 1000

ppm (20°C)**

Box 1-1: Maßeinheiten für Spurenstoffkonzentrationen

ppmv =

parts per million = Moleküle auf eine Million

„Luftmoleküle“

ppbv =

parts per billion = Moleküle auf eine Million

„Luftmoleküle“

(Volumenmischungsverhältnis, nicht druckabhängig)

µg m-3: Massenkonzentration (druckabhängig)

Umrechnung:

µg m-3 =

[0,0832(273,15 + t)].M-1.p-1 ppb M: Molekulargewicht

P: Druck (bar) T: Temperatur (°C)

Beispiel für Ozon (20°C / 1 bar):

1µg Ozon m-3 = 24,88/48 = 0,50 ppb

*** Quasi-Permanentgase (Verweilzeit > 1000 Jahre)

** Variable Gase (Verweilzeit einige Jahre)

* Hochvariable Gase (Verweilzeit < 1 Jahr)

(17)

Box 1-2: Verweilzeit.

Die Verweilzeit (t) ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer einer Komponente in der Atmosphäre bzw. in einem Kompartiment der Luft bzw. das arithmetische Mittel der Lebensdauer der Einzelteilchen einer Substanz.

Die Verweilzeit ist von der Reaktionsfähigkeit in der Atmosphäre und am Boden sowie von der Teilnahme an den atmosphärischen Wolken- und Niederschlagsprozessen abhängig. Je länger die Verweilzeit, desto stärker die Ausbreitung und desto homogener ist das Spurengas in der Atmosphäre verteilt. Wenn die Quellstärke und die Abnahmerate gleich groß sind, befindet sich das System im Gleichgewicht. Unter diesen Bedingungen gilt:

t = M * F-1 = M * R-1

t: Verweilzeit; M: Menge des betreffenden Spurenstoffes in der Atmosphäre; F: Quellstärke; R: Abnahmerate

Chemische Formeln weiterer Komponenten, Eigenschaften von atmosphärischen Spurenstoffen sowie Masse- und Konzentrationseinheiten sind im Anhang angeführt.

Box 1-3: Sauerstoff.

Die heutige Atmosphäre mit rund 21 % Sauerstoff (O2) hat sich im Laufe von hunderten Millionen Jahren entwickelt. Die Begründung des Lebens auf der Erde liegt etwa 4000 Mio. Jahre zurück. Erst die Photosynthese, die vor ca. 3700 Mio.

Jahren begann, führte zu einer Anreicherung von Sauerstoff in der Atmosphäre in den letzten 2000 Mio. Jahren (nur etwa 1/1000 des Sauerstoffs der Luft stammt von photochemischen Reaktionen). Diese wurden zunächst von photosynthetischen Bakterien, später von Cyanobakterien und schließlich - seit etwa 500 Mio. Jahren - von Höheren Pflanzen bewerkstelligt. Erst die Entstehung von Ozon aus Sauerstoff ermöglichte es den Pflanzen, das vor UV-Strahlung schützende Wasser zu verlassen. Der heutige Sauerstoffgehalt der Luft, der vor rund 350 Mio. Jahren erreicht wurde, kann nicht mehr wesentlich fortgesetzt werden: Bereits bei einem Gehalt von 25 % würde die gesamte Landvegetation durch Feuer zerstört werden.

Für alle aeroben Organismen ist Sauerstoff essentiell. Neben dem relativ reaktionsträgen molekularen Sauerstoff gibt es eine Reihe von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), für die Sauerstoff die Vorstufe ist. Sie spielen einerseits bei der Stressantwort und Abwehrreaktionen gegenüber Pathogenen eine Rolle (Kapitel 13); auf der anderen Seite sind sie aber auch sehr gefährliche Verbindungen, die empfindliche Biomoleküle wie DNA, Proteine und Lipide oxidieren und damit ihre Funktionen stören. Die notwendige ROS-Homöostase in den Zellen wird über eine Reihe sog. Scavenger-Reaktionen aufrecht erhalten, bei denen Redox-Coenzyme wie Glutathion, Ascorbat und NADP eine wichtige Rolle spielen.

Luftverunreinigungen

Definition des VDI (= Verein Deutscher Ingenieure): Luftverunreinigungen (luftverunreinigende Stoffe) sind Stoffe bzw. Stoffgemische in bestimmten Zuständen, die infolge menschlicher Tätigkeit oder natürlicher Vorgänge in die Atmosphäre gelangen bzw. dort entstehen und nachteilige Wirkungen auf den Menschen und seine Umwelt haben können. Sie ändern die natürliche Zusammensetzung der Atmosphäre. Der Begriff wird auch häufig mit der Bezeichnung „Luftschadstoff“ gleich gesetzt.

1.1.2. Quellen und Senken

Luftschadstoffe können von Punktquellen (Vulkane, Kraftwerke), Flächenquellen (Böden, Stadtgebiete) und Linienquellen (Straßen, Fluglinien) ausgehen.

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Natürliche Quellen von Luftverunreinigungen

• Böden: Bodenausgasungen aufgrund mikrobieller Tätigkeit (z. B. N2, NO, NO2, N2O, H2S und CO2, niedere Kohlenwasserstoffe wie CH4 in feuchten Böden) etwa infolge der Düngung, und Bodenabrieb (Schwermetalle). Bei höheren pH-Werten Emissionen von NH3 sowie verschiedener Schwefelverbindungen, etwa Carbonylsulfid (COS) und H2S.

Grundsätzlich emittieren feuchtere und wärmere Böden mehr Treibhausgase - z. B. N2O und CH4 -als trockenere und kältere Böden,. Für Ethen (C2H4) und NH3 ist der Boden vorwiegend eine Senke. Im atmosphärischen Budget von N2O sind Böden, und zwar hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Böden, die Hauptquelle (80 - 90 %). In den grundsätzlich N2O-neutralen Waldböden wird Stickstoff hauptsächlich als N2 emittiert; bei hohem N-Eintrag kann der Waldboden zu einer N2O-Quelle werden.

• Meere: Seesalzaerosol, N2O, Dimethylsulfid (DMS), H2S, CS2

• Vegetation: VOCs, DMS, H2S

• Natürliche Brände / Verbrennung von Biomasse: Aerosole/Ruß, CO, CO2, NH3, NOx, N2O, VOC, Dioxine

• Gewitter: NO-Bildung aus N2, O3

• Tiere: NH3, CH4

• Vulkane: H2O, CO2, SO2, H2S, N2, CO, Fluorverbindungen, Schwermetalle u. v. a. Gegenwärtig sind weltweit etwas weniger als 500 Vulkane aktiv. (In den vergangenen 15 Jahren gab es durchschnittlich 50 Ausbrüche pro Jahr.)

• Intrusionen aus der Stratosphäre: O3

Anthropogene Quellen

• Chemische Industrien, Metallurgie und Bergbau: CO, CO2, SO2, NOx, Stäube, HF, HCl, CS2

• Verbrennungsvorgänge, Biomasseverbrennung: CO2, SO2, NOx, VOCs, Ruß, Stäube, Dioxine

• Landwirtschaft: NH3, CH4

• Haushalte: CO2, SO2, NOx, Aerosole

• Motorisierung: CO2, NOx, VOCs, Ruß

• Energiewirtschaft: CO2, SO2, NOx, Stäube

Die meisten Komponenten (SO2, NOx, O3, sogar Dioxine und niedermolekulare Chlorkohlenwasserstoffe wie CH3Cl) können anthropogenen und natürlichen Ursprungs sein. Nur wenige Komponenten sind ausschließlich natürlichen Ursprungs: N2 aus dem Boden, O2, Isopren und Terpenoide aus Pflanzen. Ausschließlich anthropogenen Ursprungs sind z. B. FCKWs, das Antiklopfmittel Tetra-ethylblei und Pestizide.

Einige Spurenstoffe können über die Atmosphäre in bestimmten „Dosierungen“ als Nährstoff fungieren. Es sind dies die Makronährstoffe Stickstoff, Schwefel, Calcium und Magnesium sowie Mikronährstoffe („Spurenelemente“) wie Kupfer (Cu) und Zink (Zn). Flechten sind sogar auf die Zufuhr von Nährstoffen aus der Luft angewiesen.

Senken sind alle Prozesse, Aktivitäten und Mechanismen, die ein Spurengas, Aerosol oder den Vorläufer eines Spurengases oder eines Aerosoles aus der Atmosphäre entfernen:

• Chemische Reaktionen, z. B. mit dem OH*-Radikal

• Trockene Deposition auf unbelebten Oberflächen (Gestein, Schnee) sowie auf Gewässern und Böden (durch Mikroben)

• Trockene Deposition auf stoffwechselaktiven Oberflächen (Deposition und Aufnahme durch die Vegetation)

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1.1.3. Emission – Transmission – Immission

Emission ist der Übertritt von Luftverunreinigungen in die Atmosphäre. Im Zuge der Verbrennung von Kohle entstehen z. B. im Rohabgas - neben CO2 und CO - Konzentrationen etwa bis zu 35.000 mg m-

3 Staub, 6000 mg m-3 SO2, 2500 mg m-3 NOx und 60 mg m-3 Fluorverbindungen (Richtwerte aus dem Jahr 1981). Bei der Verbrennung von Heizöl sind die Abgaskonzentrationen geringer.

Im Zuge der Transmission werden Luftschadstoffe durch Luftdruckunterschiede verfrachtet und verdünnt. Die Komponenten werden je nach ihrer Reaktivität mehr oder weniger schnell chemisch umgewandelt. Dabei können weniger pflanzenschädliche Komponenten (z. B. Ammoniumsulfat aus NH3 und SO2) oder auch stärker pflanzentoxische Komponenten (Ozon u. a. aus CO und anderen Vorläufersubstanzen) entstehen. Zahlreiche „inerte“ – richtig: reaktionsträge - Komponenten wie die FCKWs bleiben in der bodennahen Luft unverändert, nicht jedoch in der Stratosphäre. Umwandlungen verschiedener Komponenten können durch biotische Transformation (Alkylierung, Dechlorierung) vonstatten gehen. Partikel entstehen z. B. aus der Gasphase, durch Aufwirbeln von Bodenpartikeln, durch Vulkane und durch Abtrocknen von Wolken in die Atmosphäre.

Immission ist der Übertritt von Luftverunreinigungen von der offenen Atmosphäre auf einen Akzeptor (Abbildung 1-1).

Abbildung 1-1: Emission, Transmission und Immission.

Verschmutzung und Selbstreinigung der Atmosphäre: Zwei Prozesse, die ständig ablaufen. Das OH*-Radikal

(„Waschmittel der Atmosphäre“) spielt dabei eine wichtige Rolle.

Luftschadstoffe werden auf drei Arten abgelagert

Deposition ist die Ablagerung bzw. der Austrag von Substanzen aus der Atmosphäre.

Luftverunreinigungen werden auf Pflanzenoberflächen mittels unterschiedlicher Mechanismen abgelagert (Tabelle 1-2):

Tabelle 1-2: Absetzprozesse für Spurenstoffen.

Absetzvorgang Mechanismus Teilchengröße (µm) Anmerkung

Sedimentation Gravitation; nicht akzeptorabhängig >> 1 Regen, Schnee, Grobstaub Impaktion Filterung; Massenträgheit;

Verlassen der Strömungslinie

0,1 - 20 Partikel Interzeption

(Trägheitsabscheidung)

Auskämmen; Adsorption; ohne Verlassen der Strömungslinie;

akzeptorabhängig (abgefangener Niederschlag)

Nebel-, Aerosol-Adsorption

Turbulente Diffusion Turbulente Mischbewegung bzw.

Mischung unter Wirbelbildung

0,5 - 50 Aerosole (Gase)

Diffusion Teilchenbewegung < 0,5 Aerosole, Gase

•Trockene Deposition von Partikeln unterschiedlicher Größe (Absetzstäube: 10 und >100 µm, Feinstäube 0,1 bis 10 µm) und von Gasen (Tabelle 1-3).

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Die Gasdeposition (D) hängt von der Immissions- konzentration (c) und der Depositionsgeschwindigkeit (vd, m s-1) ab. Meteorologische Bedingungen (Temperatur, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchte), Eigenschaften der Gase (Konzentration, Löslichkeit, Reaktionsfähigkeit) und die Beschaffenheit der Oberfläche spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Im Wald betragen die Depositions- geschwindigkeiten je nach Komponente < 1 cm bis etwa 5 cm pro Sekunde.

D = c * vd

Tabelle 1-3: Depositionsgeschwindigkeiten von Gasen.

Gas Depositionsgeschwindigkeit (cm s-1)

HNO3 1,1 - 3,6 (Gras)

H2O2 2

Ozon 0,35 (0,5 - 1,8; Gras)

NH3 1

SO2 0,58 (0,1 – 1; Nadelwald) Fluor 0,55 Chlor 0,41

NO2 (<) 0,38

PAN 0,17

NO (<) 0,02

CO < 0,02

Okkulte Deposition durch Nebel bzw. Rauhreif durch Impaktion: In nebelreichen Lagen werden bedeutsame Anteile an Schadstoffen mit dem Nebel- bzw. Wolkenwasser durch Impaktion eingetragen. Der Nebel kann gegenüber Regen bis über das 10-fache mit Spurenstoffen angereichert sein. Der Eintrag ist ebenfalls von der mengengewichteten Konzentration abhängig. Die Gesamtdeposition in einem Pflanzenbestand kann nicht direkt gemessen, sondern muss mit Modellen berechnet werden.

Nasse Deposition von Regen und Schnee (durch Sedimentation nach der Sorption im Niederschlagswasser). Mit ihr werden in Europa meist die größten Schadstoffmengen eingetragen:

Bei Schwefel und Stickstoff in Österreich z. B. bis über 20 kg Element ha-1 a-1, bei Schwermetallen in der Größenordnung von wenigen Gramm bis wenige kg ha-1 a-1.

Der Jahreseintrag (E) durch nasse Deposition wird aus der mengengewichteten Konzentration c des betreffenden Elementes und der Niederschlagshöhe (mm) berechnet:

E [kg Element ha-1 a-1] = c [mg Element L-1] * mm * 0,01

Die Gesamtdeposition ist die Summe aus trockener, nasser und okkulter Deposition.

In Waldökosystemen stellt sich der Kreislauf der Spurenstoffe der Luft gemäß Abbildung 1-2 dar.

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Abbildung 1-2: Kreislauf der Spurenstoffe in einem Waldökosystem.

Die thermische Schichtung der Atmosphäre ist durch einen charakteristischen Verlauf gekennzeichnet (Abbildung 1-3). Die in ca. 10 km Höhe befindliche Tropopause hemmt aufgrund des Temperaturknickes einen Luftaustausch mit höher gelegenen Luftschichten. Allderdings kann Ozon in die Troposphäre eingetragen werden; vice versa gelangen die reaktionsträgen FCKWs und Lachgas in die Stratosphäre, wo sie Ozon abbauen.

Abbildung 1-3: Temperaturverlauf in der Standard-Atmosphäre.

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Schematische Darstellung der Atmosphärenstockwerke, die anhand der mittleren vertikalen Temperaturverteilung unterschieden werden.

In der Troposphäre erfährt die Abnahme der Temperatur mit der Höhe über Grund strahlungsbedingt eine tageszeitliche Differenzierung. Die Ausbreitung von Rauchgasfahnen hängt neben der Schornsteinhöhe und den aktuellen Windverhältnissen in bedeutendem Maße von der Temperaturschichtung der bodennahen Atmosphäre ab. Hierbei werden verschiedene Typen von Rauchgasfahnen unterschieden (Abbildung 1-4).

Abbildung 1-4: Typen von Rauchgasfahnen.

Inversionen entstehen, wenn die Temperatur nach oben nicht abnimmt, sondern zunimmt. Oberhalb des Temperaturknicks ist die Luftschichtung stabil, unterhalb derselben neutral (Rauchfahnentyp

„fumigation“, Abbildung 1-4 links unten). Schadstoffe, die unterhalb dieser Sperrschicht emittiert werden, können diese nicht durchdringen, wodurch es zu einer Anreicherung in Bodennähe kommt.

Die aktuelle Konzentration eines Schadstoffes in einem Tal hängt von luftchemischen Prozessen sowie von An- und Abtransporten von Luftmassen zusammen

Die an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Tages- und Jahreszeit herrschende Konzentration eines bestimmten Luftschadstoffes wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Von der emittierten Menge des Schadstoffes bzw. seiner Vorstufe im Einflussbereich und von meteorologischen Größen wie Strahlung, Temperatur, Niederschlag, Windgeschwindigkeit und Windrichtung. Abbildung 1-5 skizziert die Hangwindsysteme in einem Tal als Ursache der Tagesgänge der Schadstoffkonzentrationen in einem Tal.

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Abbildung 1-5: Hangwindsysteme in einem Tal tagsüber (A) und nachts (B).

Hangwindsysteme bestimmen die aktuellen

Spurenstoffkonzentrationen, wenn Luftmassen mit bestimmten Konzentrationen ab- oder antransportiert werden. Nächtliche und morgendliche Inversionen hemmen die Ausbreitung von

Schadstoffen, die im Talboden produziert werden.

Einen weiteren Einfluss auf die Spurenstoffkonzentration haben luftchemische Prozesse.

Ozon-Tagesgang

Nach Auflösung der morgendlichen Inversion, die eine Deckelwirkung ausübt und die vertikale Ausbreitung verhindert, gelangt in einem alpinen Tal ozonreichere Luft aus höheren Lagen zum Talboden, sodass hier die Ozonkonzentration steigt; die photochemische Bildung trägt mit der Erhöhung der Konzentration an Vorläufern und der steigenden Sonneneinstrahlung ebenfalls zum Anstieg bei. Allgemein sind die Ozonkonzentrationen in Berglagen höher, weil ozonreiche Luftmassen aus der unteren Troposphäre eingemischt werden und in diesen Lagen Ozonsenken wie Stickstoffmonoxid sowie die im Vergleich zum Talboden geringe Bodenoberfläche, an der Ozondeposition stattfinden kann, weniger zum Tragen kommen (Abbildung 1-6; Kapitel 13).

Abbildung 1-6: Mittlerer Tagesgang der Ozon- und NOx- Konzentrationen.

Der ausgeprägte Tagesgang der Ozonkonzentration mit einem nächtlichen Minimum und einem Maximum zu Mittag, wie er z. B. in einem alpinen Tal registriert wird, ergibt sich aus der photochemischen Bildung vor Ort und aus dem An- und Abtransport von Luftmassen.

Die NOx-Konzentrationen werden in hohem Maße von den KFZ- Emissionen mit bestimmt.

Jahresgänge von Schadstoffkonzentrationen: Ozonkonzentrationen in Europa haben ein Frühjahrs- und ein Sommermaximum. Die Konzentrationen von NOx und SO2 sind hingegen im Winter am höchsten (Abbildung 1-7a). Auch nasse Freilanddepositionen von Stickstoff und Schwefel sind - ähnlich wie die Sulfat-, Nitrat- und Ammoniumkonzentrationen im Niederschlag - durch einen Jahresgang charakterisiert (Abbildung 1-7b).

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Abbildung 1-7a: Mittlere Jahresgänge der SO2-, NO2- und Ozonkonzentrationen an Waldmess-Stationen in Österreich (Mittel 1990-2008).

Während der Vegetationszeit sind es v. a. photochemische Reaktionen, die die hohen Ozonkonzentrationen erzeugen.

Während der Vegetationsruhe sind Emissionen von Heizungen, aber auch vermehrte Inversionen für die relativ hohen SO2- und NOx-Konzentrationen verantwortlich.

Abbildung 1-7b: Mittlere Jahresgänge der Stickstoff- und Schwefeleinträge an Waldmess-Stationen in Österreich (Mittel 1996-2008).

Die Jahresgänge ergeben sich aus den Frühjahrsmaxima der mittleren Sulfat- bzw. Nitrat-/Ammoniumkonzentrationen sowie aus dem Verlauf der monatlichen Niederschlags- höhen.

Emittierte Luftschadstoffe haben unterschiedliche Wirkungsradien

Reaktionsfähigkeit, Absetzgeschwindigkeit sowie meteorologische Voraussetzungen (Niederschläge, Temperatur, Hauptwindrichtungen, Windstärken) bestimmen die Konzentrationslevels und den Wirkungsradius von emittierten Schadstoffen. SO2 und HF spielen im Umkreis von Kraftwerken und chemischen Industrien, Schwermetalle rund um Metallhütten oder NOx und Streusalz neben Hauptverkehrswegen eine dominierende Rolle. Die Wirkungsradien sind sehr unterschiedlich:

Wirkungsradius geringer als 10 km: NH3, HCl, HF

Wirkungsradius 10 bis über 50 km: Grob- und Feinaerosole, SO2, NOx, (Flugasche)

Während reaktive Komponenten wie etwa HF, HCl und NH3 naturgemäß eine kurze Lebensdauer und einen relativ kleinen „Aktionsradius“ um den jeweiligen Emittenten haben, können persistente Verbindungen zu einem globalen Umweltproblem werden, weil sie über hunderte Kilometer weit verfrachtet werden. Die flüchtigen FCKWs und N2O können ferner die als „Sperrschicht“ wirkende Tropopause durchdringen und das stratosphärische Ozon abbauen.

Mit zunehmender Entfernung von Emittenten werden die primären Luftschadstoffe umgewandelt, z. B.

SO2 in Sulfat und NOx in Nitrat, was einer „Entschärfung“ gleich kommt. Ozon wird nicht emittiert, sondern entsteht aus Vorläufersubstanzen. Die Verbreitung von Aerosolen geschieht überregional, in Extremfällen sogar global. Letztere entweder bei sehr stabilen Komponenten (CO2) bzw. solchen, die aufgrund ihrer geringen Teilchengröße und hohen Flüchtigkeit leicht transportierbar sind (Aerosole und FCKW), oder nach Vulkanausbrüchen, wenn die Emissionen wie z. B. Schwefelsäure-Aerosol bis in die Stratosphäre geschleudert und dort leichter verbreitet werden.

(25)

Der „Luftschadstoff-Cocktail“ hat sich in den letzten 30 Jahren deutlich verändert

Die „Philosophie der hohen Schornsteine“ gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat zu einer Entlastung der unmittelbaren Umgebung eines „klassischen Emittenten“ geführt. Gleichzeitig wurden die Schadstoffe aber auf wesentlich größere Flächen verteilt. Die Emissionsreduktionen seit dem Beginn der 1980er-Jahre – v. a. jene des SO2 durch Abgasreinigung - haben die Immissionssituation in Europa und Österreich insgesamt stark verbessert. Der „Schadstoffcocktail“ wurde dabei verdünnt und qualitativ verändert. Während bis in die 1990er Jahre saure Gase (SO2, NOx) und Stäube dominiert haben, überwiegt in den letzten Jahren Ozon als pflanzenrelevanter Luftschadstoff.

1.1.4. Radikale

Radikale sind aggressive Molekülbruchstücke, die in der Luft und in Pflanzen vorkommen In der Atmosphäre und in der Pflanzenzelle, etwa in den Chloroplasten, werden auch ohne toxische Luftschadstoffkonzentrationen ständig Radikale gebildet.

Radikale sind Atome oder Moleküle mit mindestens einem ungepaarten Elektron (nicht aufgefüllte Elektronenschalen).

Aufgrund dessen haben sie meist eine große Reaktionsfreudigkeit und eine sehr kurze Lebensdauer (< 1 Sekunde). Sie sind bestrebt, diese „auf Kosten anderer Moleküle“ aufzufüllen. Das führt zu Kettenreaktionen. Entzieht ein Radikal einem Molekül Elektronen, dann wird dieses Molekül oxidiert.

Kettenreaktionen: In der Luft wird die Radikalbildung durch energiereiche Strahlung gefördert. Auch in Pflanzenzellen laufen radikalische Kettenreaktionen ab; dort ist Sauerstoff oder Ozon Ausgangssubstanz von Radikalen. Eine Kettenreaktion kommt zum Stillstand, wenn zwei Radikale zusammentreffen.

Radikalische Kettenreaktionen (*: Radikal)

NO, NO2 und Sauerstoff sind selbst Radikale, die jedoch weniger reaktiv sind als die meisten anderen Radikale.

Kettenstart Cl2 → Cl* + Cl*

Kettenfortpflanzung Cl* + CH4 → *CH3 + HCl

*CH3 + Cl2 → CH3Cl + Cl*

Kettenabbruch

*CH3 + *CH3 → CH3-CH3

*CH3 + Cl* → CH3Cl Cl* + Cl* → Cl2

In der Atmosphäre spielen Radikale bei der photochemischen Ozonbildung und im Zusammenhang mit dem OH*-Radikal eine Rolle. Radikale werden in der Luft durch energiereiche Strahlung (UV- Strahlung) aus Sauerstoff, Ozon, Stickstoffoxiden, Halogenverbindungen und flüchtigen organischen Verbindungen gebildet.

Das Hydroxylradikal (= OH*-Radikal; nicht zu verwechseln mit dem OH- Ion, welches in der wässrigen Lösung durch die aufgefüllte Achterschale des Sauerstoffs stabil ist) entsteht bei der Photolyse von Ozon und von Salpetriger Säure, aus dem HO2*-Radikal sowie aus Wasserdampf und atomarem Sauerstoff:

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O3 + H2O + hν → 2 OH* + O2

HNO2 + hν → OH* + NO HO2* + NO → OH* + NO2

H2O + O → 2 OH*

Das OH*-Radikal wird das „Waschmittel der Atmosphäre“ bezeichnet: Trotz der geringen Konzentration von rund 0,0001 ppb kann es verschiedene Spurenstoffe sehr effizient in leichter lösliche und damit leichter auswaschbare Komponenten umwandeln:

OH* + CO → CO2 und H*

OH* + RH → R* bzw. + H2O

OH* + NO → HNO2

OH* + NO2 → HNO3

OH* + H2S → SO2

OH* + NH3 → NO, NO2 und HNO3 OH* + CH3CCl3 → HCl

Niedermolekulare Alkane reagieren mit OH* und auch mit Ozon langsam, ungesättigte Kompo- nenten wie z. B. Ethen oder Isopren, BTX-Aromaten hingegen schnell.

Auch die Bildung des strato- sphärischen Ozonlochs geht auf radikalische Reaktionen zurück, an denen neben dem OH*-Radikal Chloratome und NO beteiligt sind.

In der Pflanzenzelle entstehen Radikale in den Chloroplasten im Zuge der Photosynthese und verstärkt z. B. unter dem Einfluss von Starklicht. Mehrere Luftschadstoffe - nicht nur Ozon - bilden Radikale in der Zelle, ebenso SO2 und NOx. Niedermolekulare Radikalfänger (Antioxidantien) sind Teil des antioxidativen Systems und in der Lage, reaktive oxidierende Substanzen (ROS; Tabelle 1-4) zu entgiften (Kapitel 13).

Tabelle 1-4: Reaktive Sauerstoffspezies (reactive oxygen species; ROS).

ROS können in der Zelle destruktiv wirken. Sie entstehen mit Ausnahme von Ozon im Zuge der Photosynthese in den Chloroplasten. Die direkt wirksamen Komponenten sind vor allem der Singulett-Sauerstoff und das OH*-Radikal, welche wesentlich reaktiver sind als das Superoxidanionradikal und Wasserstoffperoxid. *: Radikal

Komponente Formel Reaktionsfähigkeit

OH*-Radikal OH* Äußerst reaktiv, Lebensdauer Nano- bzw. Mikrosekunden. Abstrahiert H-Atome von C-Atomen, wobei wieder Radikale entstehen.

Ozon O3 Wird im Blatt schnell in andere ROS umgewandelt.

Sauerstoff O2 „Triplett-Grundzustand“ mit zwei ungepaarten Elektronen; relativ reaktionsträge.

Singulett-Sauerstoff 1O2 Biologisch relevante physikalisch angeregte Form des Sauerstoffmoleküls. Im Gegensatz zum Sauerstoff im Grundzustand hat es Elektronen mit antiparallelem Spin. Es wird im Zuge der Photosynthese gebildet. Er ist sehr unstabil

(Lebensdauer Nano- bzw. Mikrosekunden), oxidiert gesättigte Kohlenwasserstoffe und Alkene, wobei R-OOH-Verbindungen (Hydroperoxide) entstehen, ferner Aminosäuren, Methionin, Histidin, Tryptophan und Chlorophyll.

Superoxidanionradikal O2*- Äußerst reaktiv. Entsteht u. a. photochemisch und enzymatisch. Kann Reduktionsmittel (für H2O2) und Oxidationsmittel (für die reduzierte Form von Glutathion und Ascorbat) sein. Vorstufe von H2O2, OH* und 1O2. Lebensdauer Nano- bzw. Mikrosekunden.

Wasserstoffperoxid H2O2 Relativ stabil, kann sich in der Zelle anreichern.

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Reaktive Sauerstoffspezies entstehen bei Stress und erzeugen oxidativen Stress

Der Sauerstoff in der Atmosphäre bildet die Grundlage des oxidativen Energiestoffwechsels der autotrophen und heterotrophen Organismen. Diese nutzen Sauerstoff als Elektronenakzeptor für die Energie liefernden Redoxreaktionen in der Atmungskette. Dieser Sauerstoff kann jedoch auch toxisch wirken: Anaerobe Organismen werden schnell abgetötet, aerobe Organismen sind lediglich „relativ unempfindlich“. Nur entsprechende Schutzmechanismen machen ein Überleben möglich.

Radikale und andere reaktive Sauerstoffspezies entstehen bei oxidativem Stress in der Pflanzenzelle in verstärktem Ausmaß. Dieser kann durch Luftschadstoffe, aber auch durch andere Stressfaktoren hervorgerufen werden (Kapitel 13).

ROS entstehen durch die Einwirkung von Oxidantien, Schwermetallen, Herbiziden, Hitze, Kälte, Trockenheit, Pathogenen, im Zuge der Alterung sowie bei Verwundung und unter Starklicht bzw. UV- Einwirkung.

Negative Folgen der Einwirkung von ROS auf Pflanzen, die letztlich zum Zelltod führen können, sind:

• Peroxidation von ungesättigten Lipiden und damit Schädigung von Membranen (Peroxidation:

Einführung einer O-O-Gruppe in ein Molekül; Kapitel 2)

• Peroxidation von Pigmenten

• Störung von Redoxprozessen und

• Oxidation der SH-Gruppen von Aminosäuren, Peptiden und Proteinen bzw. Enzymen

Box 1-4: UV-Strahlung.

UV-Strahlung hat einerseits dazu beigetragen, dass aus der Uratmosphäre Aminosäuren, Zucker und Purinbasen gebildet wurden und dass eine vor UV-Strahlung schützende Ozonschicht in der Stratosphäre entstand, die ein pflanzliches Leben außerhalb des Wassers ermöglichte. UV-Strahlung wirkt aber auch zerstörend auf organische Verbindungen.

Man unterscheidet UV-A (315 - 400 nm), UV-B (280 - 315 nm) und UV-C (100 - 280 nm) -Strahlung.

Eine intakte Ozonschicht absorbiert UV-C vollständig und UV-B teilweise. Die Gesamtozonsäule wird in Dobson-Einheiten (DU) angegeben: 100 Dobson-Einheiten = 1 mm Ozonschichtdicke komprimiert bei 1 hPa und 22 °C. FCKWs zerstören die stratosphärische Ozonschicht v. a. über dem Nord- und Südpol und lassen damit vermehrt UV-Strahlung durch.

Wirkungen: Die Absorption von UV-Strahlung führt zu molekularen Veränderungen der Nukleinsäuren (starke Absorption bei 260 nm; Veränderungen stören die genetische Informationsübertragung), Proteine (Absorptionsmaximum: 280 nm) und Phytohormone (Abscisinsäure). Lipide absorbieren UV-Strahlung ebenfalls, wobei Lipidperoxide entstehen, wodurch die Funktion von Biomembranen beeinträchtigt wird. Weiters kommt es zu Veränderungen am Photosystem II. Die Folgen überhöhter Einstrahlung sind z. B. Chlorosen, eine Reduktion der Keimungsrate und ein verringertes Wachstum. Auch das Konkurrenzverhalten in Pflanzengemeinschaften kann beeinflusst werden.

Schutzmechanismen sind die Verringerung der Blattfläche, die Synthese von UV-absorbierenden Substanzen in der Epidermis (z. B. von Flavonoiden), die Bildung von Kutikularwachsen sowie Repair-Mechanismen zur Beseitigung von DNA- Schäden (mittels Photolyasen) sowie die Entgiftung des gebildeten H2O2 mittels Superoxiddismutase.

1.2. Stress

Die meisten Definitionen fassen Stress als Belastungszustand oder als eine außergewöhnliche Abweichung vom Lebensoptimum auf, die zunächst reversible Veränderungen und Reaktionen auf allen Funktionsebenen des Organismus bewirkt, dann aber auch bleibende negative Folgen verursachen kann. Weiters beinhaltet der Begriff alles, was mit Belastungssituationen einhergeht, also sowohl das Ereignis als auch den sich im Organismus einstellenden Zustand. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte der Begriffsinhalt stets klar zum Ausdruck kommen: Der Stressfaktor (oder

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Stressor) bezeichnet den Störreiz. Die Stressreaktion und der Stresszustand bezeichnen die Reizantwort bzw. den Anpassungszustand.

Das allgemeine Stresskonzept definiert einen physiologischen Bereich von Belastungen (Eustress) und einen Bereich mit übermäßiger Belastung (Distress).

Eustress: Aktivierender, stimulierender Stress und ein positives (konstruktives) Element für die Pflanzenentwicklung. Je öfter eine Pflanze Stress ausgesetzt ist, desto höher ist der Abhärtungsfaktor und die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflanze, wenn wieder eine Stress- Situation gegeben ist, eine neue Homöostase (Gleichgewichtszustand) erreicht. Das heißt, die Pflanze kommt gut mit der neuen Situation zurecht.

Distress ist schwerer (destruktiver) Stress, auf den dauerhafte Schäden und Krankheiten folgen und daher ein negatives Element für die Pflanzenentwicklung.

Stress ist ein Selektionsfaktor und auch die treibende Kraft für eine verbesserte Toleranz und adaptive Evolution. Das Stressgeschehen wird durch die Konstitution der Pflanzen sowie innere und äußere Faktoren bestimmt; dabei gibt es unterschiedliche Phasen (Abbildung 1-8).

Phasenmodell des Stressgeschehens

Durch Einwirkung von Stressfaktoren werden lebenswichtige Strukturen und Funktionen destabilisiert.

Es kommt in der Alarmphase zu einer negativen Funktionsabweichung (Stressreaktion), die durch restabilisierende Gegenreaktionen aufgefangen (Restitution) und überkompensiert (Abhärtung) werden kann. Bei gleich bleibender ausdauernder Belastung stellt sich eine erhöhte Stresstoleranz ein, die in eine Stabilisierung auf Normalniveau übergehen kann (Anpassung). Wird der Organismus durch eine exzessive Störung akut oder durch lang dauernde Belastung chronisch überfordert (Erschöpfung), sind irreversible Schädigungen die Folge.

Abbildung 1-8: Stressgeschehen bei Pflanzen (Larcher 2001 und 2003).

Die Stressandauer führt je nach der Disposition der Pflanze zur

Abhärtung oder zu Schädigungen.

Stress ist also der

Beanspruchungszustand des Organismus, der zunächst Destabilisierung, dann Normalisierung und

Toleranzsteigerung bewirkt oder bei Überschreitung der

Anpassungsamplitude zu Funktionsausfällen und zum Tod führt.

Das Produkt aus der Stärke und der Dauer der Belastung wird als Stressdosis bezeichnet.

Hitze und Wassermangel sind Primärstressoren, die sog. Sekundärstressoren nach sich ziehen: Als Ergebnis des fehlenden Wassertransportes und der blockierten Photosynthese herrscht Nährstoffmangel. Die starke Sonneneinstrahlung ohne daran gekoppelte Photosynthese bewirkt nicht nur einen Temperaturanstieg, sondern auch die vermehrte Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies.

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Disposition (Krankheitsbereitschaft)

Im Gegensatz zur Widerstandsfähigkeit (Resistenz) die Empfänglichkeit oder Anfälligkeit bzw. die angeborene (genotypisch fixierte), die Befallsbereitschaft bestimmende Körperverfassung eines Lebewesens (Schadennsvoraussetzung). Die Disposition eines Baumes wird bestimmt durch seine in der Art, Rasse, Herkunft und genetisch festgelegte Reaktionsnorm.

Eine Disposition gegenüber abiotischen Schadursachen, wie z. B. Frost, Trockenheit und Luftschadstoffen, weisen im Prinzip alle Pflanzen auf. Große Unterschiede in der Disposition verschiedener Pflanzenarten existieren jedoch hinsichtlich der Anfälligkeit gegenüber biotischen Schaderregern. Keine Disposition besitzt z. B. die Fichte gegenüber dem Erreger des Eichenmehltaus.

Prädisposition (exogene Modifikation der Disposition)

Der aktuelle Grad der Disposition oder die Modifikation aufgrund biotischer und/oder abiotischer Umwelteinflüsse. Oder: Das aktuelle Reaktionsvermögen einer Pflanze auf Angriffe von Krankheitserregern, Schädlingen oder abiotischen Schadeinflüssen in Abhängigkeit von Umweltbedingungen (z. B. Witterung, Standorteigenschaften) und ihrem Entwicklungsstadium. Der Begriff wird in der Regel im Sinne einer erhöhten Anfälligkeit verwendet.

Beispiele: SO2-Stress z. B. erhöht die Frostempfindlichkeit von Bäumen, Dürre prädisponiert v. a. für Insektenangriffe, vernässte Standorte prädisponieren für Windwurf und Nadelfraß prädisponiert Waldbestände für den Borkenkäferbefall;

Schadstoffeinträge und Waldbaufehler können Phytophage fördern. Die Prädisposition variiert in den Grenzen der allgemeinen, genetisch festgelegten Reaktionsnorm (Disposition) der Rasse, Art, Gattung oder Familie, zu der die betroffene Einzelpflanze gehört.

Pflanzen reagieren mehr oder weniger spezifisch auf Stress. Unspezifisch ist z. B. die Erhöhung der Aktivität der Peroxidasen als Reaktion auf oxidativen Stress oder eine Beeinträchtigung der Photosynthese. In jedem Fall ist zur Bewältigung von Stress Energie erforderlich.

Wenn das Stressniveau bereits sehr hoch ist, kann ein sehr geringer zusätzlicher Stress zu einer Schädigung führen. Andererseits kann bei einer Pflanze mit einem sehr geringen Stressniveau ein zusätzlicher Stressfaktor relativ hoch sein, ohne dass eine Schädigung nachweisbar ist.

Stressfaktoren

Man kann zwischen abiotischen und biotischen Faktoren unterscheiden. Mittelbar oder unmittelbar von menschlichen Aktivitäten ausgehend sind Faktoren wie Luftschadstoffe, Pestizide, Stickstoffeinträge, erhöhte UV-Strahlung durch Ozon zerstörende FCKWs („antarktisches Ozonloch“) und ein Temperaturanstieg durch einen erhöhten Ausstoß von Treibhausgasen (Tabelle 1-5). Meist wirken mehrere Stressoren gleichzeitig; die Hintergrundbedingungen, etwa der tageszeitliche Lichtzyklus, variieren die Disposition bzw. die Reaktionen der Pflanzen.

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Tabelle 1-5: Abiotische und biotische Umwelteinflüsse bzw. Stressoren (Hock und Elstner 1995).

Klimastress

Temperatur / Strahlung Luft (Turbulenz) Trockenheit Überschwemmung Sauerstoff (Kapitel 13) CO2 (Kapitel 14) Stickstoff (Kapitel 10) Salze (Kapitel 12) Schwermetalle (Kapitel16) Immissionen

Xenobiotica (Kapitel 14)

Ökologische Komponenten Bodenstress

Struktur / Substrat / Nährstoffgehalt / Sorption Azidität

Biotischer Stress

Pflanzen (Primärproduzenten) Tiere (Konsumenten; Insekten, Wild) Mikroorganismen (Reduzenten) Interaktionskomponenten

Konkurrenten / Symbionten / Saprophyten (Fäulnisbewohner) / Parasiten

Weitere Angaben zu chemisch ausgelöstem Stress werden in den Kapiteln 10, 12-14 und 16 gemacht.

Abbildung 1-9 zeigt die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Umweltfaktoren und Stoffwechselaktivitäten.

Abbildung 1-9: Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren und Stoffwechselaktivitäten (Aber et al.

2001).

grüne Pfeile: positiver Einfluss rote Pfeile: negativer Einfluss NPP: Nettoprimärproduktion WDD: Wasserdampfdefizit

Die Zusammenhänge zwischen den oben beschriebenen Stress auslösenden Umweltfaktoren sind vielfältig. Einige Beispiele:

Stressfaktor Auswirkung

Immissionen (Agrochemikalien) → Mineralstoffüberschuss / Unausgewogenheit der Ernährung / Salinität / Azidität Immissionen (Agrochemikalien) → Schwermetallbelastung

Strahlungsüberschuss → Luft- und Bodentrockenheit

Strahlungsmangel → Verdrängung durch andere Pflanzen

Oxidativer Stress wird nicht nur durch Photooxidantien aus der Luft hervorgerufen

Eine spezielle Form von Stress ist der oxidative Stress. Er steht mit reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) in der Pflanze im Zusammenhang (Kapitel 1.1.4). Stressoren führen zu einer Veränderung des Redoxstatus und zu einer erhöhten Produktion von ROS.

Referenzen

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