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Archiv "KBV-Vertreterversammlung: Feuer unterm gemeinsamen Dach" (18.05.2007)

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A1350 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 20⏐⏐18. Mai 2007

P O L I T I K

K

limahauptstadt Deutschlands – dieser Titel wurde der Stadt Münster, Tagungsort des 110. Deut- schen Ärztetages und der traditionell im Vorfeld stattfindenden Vertreter- versammlung (VV) der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung (KBV), bereits zweimal verliehen. Auf die Atmosphäre unter den rund 60 Dele- gierten der Vertragsärzte und -psy- chotherapeuten hat sich dieser Um- stand nicht weiter günstig ausge- wirkt. Das Klima war gereizt bis frostig, denn der alte Streit zwischen Haus- und Fachärzten drohte erneut in voller Schärfe aufzubrechen.

Die Ärzteschaft steht mit der Umsetzung des GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetzes (GKV-WSG) vor großen Herausforderungen, im Fall der Weiterentwicklung der ver- tragsärztlichen Gebührenordnung sogar unter enormem Zeitdruck.

Dieser Umstand lässt jetzt offen- bar den Burgfrieden bröckeln, den man im gemeinsamen Protest gegen die Gesundheitsreform geschlossen hatte. Um die innerärztliche Ge- schlossenheit, ein Bekenntnis zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der ärztlichen Körperschaften ging

es deshalb dem KBV-Vorsitzenden, Dr. med. Andreas Köhler, bei der KBV-Vertreterversammlung am 14.

Mai in Münster. Das neben der EBM-Reform größte Konfliktpo- tenzial bergen dabei die Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung, an denen nach dem GKV-WSG auch die KVen teilnehmen können, so- weit sie durch Gemeinschaften von Hausärzten dazu ermächtigt wer- den. „Der Hausärzteverband rekla- miert für sich eine Art Alleinvertre- tungsanspruch der Hausärzte. Den

hat er aber nicht“, erklärte Köhler.

Die politische Forderung des Ver- bandes nach einer Hausarzt-KV sei aus guten Gründen abgelehnt wor- den. Die Hausärzte blieben Pflicht- mitglieder der ärztlichen Körper- schaften und hätten einen Anspruch darauf, von den KVen und der KBV genauso gut vertreten und behandelt zu werden wie die Fachärzte und die Psychotherapeuten. „Anstatt öffent- lich unsere Differenzen auszutra- gen, sollten wir den Krankenkassen als den Vertragspartnern in den se-

lektiven Verträgen keine Chance bieten, uns gegeneinander auszu- spielen“, betonte Köhler, „denn die Verlierer dabei wären mit Sicher- heit der Vertragsarzt und der Ver- tragspsychotherapeut.“ Wenn die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte dem künftigen Spitzenver- band Bund der Krankenkassen ein Gegengewicht bieten wollten, benötigten sie eine starke Interes- senvertretung, die übergreifend über die einzelnen Versorgungsebe- nen agiere und auch den regionalen Ausgleich im System schaffe. Das werde den Berufsverbänden, trotz der guten Arbeit, die sie für ihre Klientel leisteten, nicht gelingen.

„Wir müssen alles daransetzen, den freiberuflich niedergelassenen Vertragsarzt in der Haus- und in der Facharztpraxis zu erhalten und zu stärken“, betonte Köhler. Das sei die Aufgabe der KBV, der KVen, der Berufsverbände und der freien Ver- bände. „Dieser Aufgabe dienen wir nicht, indem wir uns untereinander Konkurrenz machen“, sagte der KBV-Chef und forderte insbesonde- re den Deutschen Hausärzteverband zur Kooperation auf.

An die Vertreterversammlung ap- pellierte der KBV-Vorsitzende, auch weiterhin an der einmal getroffenen Richtungsentscheidung festzuhalten, die KVen zum „bevorzugten Dienst- leister für Vertragsärzte und -psycho- therapeuten“ weiterzuentwickeln.

Die Alternative sei der Weg in die reine Regulierungsbehörde, „die über kurz oder lang sowieso zu einer Abteilung des GKV-Spitzenverban- des Bund oder des Bundesgesund- heitsministeriums würde“. Aus die- sem Grund müsse die KBV ihre Organisationsform und die Zusam- mensetzung der Gremien neu aus- richten. „Wir brauchen arbeitsfähi- ge Gremien, die ihre Arbeit ohne Interessenkollisionen erledigen kön-

Der Hausärzteverband hat keinen

Alleinvertretungsanspruch.

Andreas Köhler

Ungewohnt scharfe Töne:Der KBV-Vorsitzende, Andreas Köhler, wandte sich vehe- ment gegen Abspal- tungstendenzen der Hausärzte.

KBV-VERTRETERVERSAMMLUNG

Feuer unterm gemeinsamen Dach

Die Umsetzung der Gesundheitsreform verlangt dem KV-System einiges ab:

Die Beziehung zwischen Haus- und Fachärzten steht erneut vor einer Bewährungsprobe.

Fotos:Jürgen Gebhardt

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A1352 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 20⏐⏐18. Mai 2007

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nen“, sagte Köhler. Ein Verhaltens- kodex soll solche Interessenkonflik- te offenlegen. Er untersagt es den hauptamtlichen Mitgliedern in den Vorständen von KBV und KVen, zu- gleich eine leitende Position in ei- nem Berufsverband oder einer sons- tigen berufspolitisch tätigen Or- ganisation zu bekleiden. Bereits zwei Drittel der Betroffenen haben Köhler zufolge den Kodex unter- zeichnet, der jedoch insbesondere beim Deutschen Hausärzteverband für Unmut und Kritik gesorgt hat.

Um im Wettbewerb bundesweit agieren zu können, soll nach dem

Willen der KBV so schnell wie möglich die Arbeitsfähigkeit der Ar- beitsgemeinschaft Vertragskoordi- nierung hergestellt werden. Sie soll die KBV künftig beauftragen, bun- desweit mit den Krankenkassen zu verhandeln. Der entsprechende Gründungsvertrag sei mit

den KVen abgestimmt und liege unterschriftsreif vor, sagte Köhler. Da die Körperschaften jedoch in ihrem Handeln einge- schränkt seien, habe man sich zusätzlich dafür aus- gesprochen, ein von der KBV und den KVen unab- hängiges Unternehmen zu gründen, das in allen Feldern des Wettbewerbs Dienstleistungen und Un- terstützung für Vertrags- ärzte und -psychothera- peuten anbieten könne.

Eine Unternehmensberatung prüfe derzeit die Umsetzbarkeit eines sol- chen Konzepts.

„Wir als KV-System werden ge- braucht“, betonte Köhler. Weder Hausärzten noch Fachärzten oder Psychotherapeuten sei an einer zersplitterten Versorgungslandschaft mit einer Vielzahl von Einzelverträ- gen gelegen. Das habe das Referen- dum unter den KV-Mitgliedern ein- drücklich belegt. Zwei Drittel hatten sich für einen Erhalt der Körper-

schaften ausgesprochen. Ob die KVen ihr einheitliches Verhand- lungsmandat für alle Mitglieder er- halten können, wird sich insbeson- dere bei der Weiterentwicklung des EBM zeigen. Denn es meldeten sich bei der Vertreterversammlung auch diejenigen zu Wort, die dafür plä- dierten, dass künftig „die Hausärzte für die Hausärzte und die Fachärzte für die Fachärzte“ verhandelten.

Tatsächlich aber erfordert die an- stehende Neuordnung der vertrags- ärztlichen Vergütung ein geschlosse- nes und gut aufeinander abgestimm- tes Vorgehen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der Zeitplan für die Einführung einer Euro-Gebüh- renordnung zum 1. Januar 2009 ist so eng gesteckt, dass die erforderlichen Teilschritte reibungslos abgearbeitet werden müssen. Doch ausgerechnet jetzt taucht ein Problem auf, das bis- lang nicht erkannt worden war: der Orientierungspunktwert als Basis für die regionalen Punktwertver- handlungen bei der Umstellung auf die Euro-Gebührenordnung.

Das Gesetz sieht derzeit die Bil- dung eines einheitlichen Orientie-

rungspunktwerts vor, nach dem so- wohl die haus- als auch die fachärzt- lichen Leistungen bemessen werden sollen. Allerdings werden die Ge- bührenordnungen für die beiden Versorgungsbereiche vom 1. Januar 2009 an so unterschiedlich struktu- riert sein, dass es bei nur einem Ori- entierungspunktwert zu erheblichen Benachteilungen entweder der Haus- ärzte oder der Fachärzte kommen muss. Dies will die KBV auf jeden Fall vermeiden.

Wahlen:Ein neuer Satzungsausschuss soll die KBV für den Wettbewerb aufstellen.

Einstimmig für getrennte Orientie- rungspunktwerte.

Der Gesetzgeber ist gefordert.

WEITERBILDUNG

Votum gegen den Allgemein-Internisten Die KBV-Vertreterversammlung hat sich dagegen ausge- sprochen, den Internisten ohne Schwerpunkt wieder ein- zuführen. Über eine entsprechende Änderung der (Muster-) Weiterbildungsordnung wird der 110. Deutsche Ärztetag beraten, der am 15. Mai in Münster begann. Der Vorstand der Bundesärztekammer hält die Wiedereinführung des Allgemein-Internisten für europarechtlich geboten. Die einheitliche Hausarztqualifikation, die durch die Einführung des Facharztes für Innere und Allgemeinmedizin geschaf- fen wurde, soll durch die Änderung nicht tangiert werden.

Denn der Allgemein-Internist soll nur im Krankenhaus tätig werden. Das bezweifelten die Kritiker in der Vertreterver- sammlung. Sie befürchten eine Schwächung des haus- ärztlichen Bereichs und die erneute Schaffung eines

„Hausarztes zu Fuß und zu Pferde“. HK

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 20⏐⏐18. Mai 2007 A1353

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Die Lösung des Problems: Der Gesetzgeber müsste mit einer kurz- fristigen Gesetzesänderung Haus- und Fachärzten getrennte Orientie- rungspunktwerte zugestehen. Ein solches Vorgehen wäre konsequent, da auch die Vorgaben des GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetzes für die künftigen Gebührenordnungen unterschiedliche Systematiken vor- sehen. Die Vergütung der Hausärzte wird mit dem neuen EBM sehr viel stärker pauschaliert. Zugleich soll die wesentliche Säule der haus- ärztlichen Gebührenordnung, die sogenannte Versichertenpauschale, deutlich besser honoriert werden.

Die Konzepte des Deutschen Hausärzteverbandes und des Fach-

ausschusses für die hausärztliche Versorgung bei der KBV gehen von einer Vergütung von rund 85 Euro aus.

Bliebe es bei einem einheitlichen Orientierungspunktwert, sieht Köh- ler lediglich zwei Möglichkeiten.

Keiner von beiden kann der KBV- Vorsitzende jedoch etwas abgewin- nen: „Wir müssten entweder die Vergütung der Hausärzte abwerten, damit hätten wir einen irrsinnigen Konflikt und den Hausärzten auch nichts Gutes getan. Wenn wir das bei den Fachärzten aber genauso hoch bewerten, dann steht da ein fi- nanzieller Mehrbedarf in zweistelli- ger Milliardenhöhe im Raum. So viel Geld wird es aber realistisch betrachtet nicht geben.“

Dass die Delegierten der KBV bestrebt sind, den sich abzeichnen- den Konflikt nach Möglichkeit erst gar nicht entstehen zu lassen, belegt ein einstimmig gefasster Beschluss.

Darin wird der KBV-Vorstand auf- gefordert, „umgehend mit dem Ge- setzgeber Gespräche zu einer zeit- nahen Änderung des § 87 Absatz 2 e SGB V aufzunehmen, mit dem Ziel, getrennte Orientierungspunktwerte für den haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich im Bewer- tungsausschuss festzusetzen“. Da- mit solle die Möglichkeit zur ge- trennten Festlegung und Weiterent-

wicklung der haus- und fachärztli- chen Vergütungsanteile unter „dem gemeinsamen Dach der KV/KBV“

geschaffen werden. Weiter heißt es in dem Beschluss: „Bei der Erarbei- tung des EBM mit Wirkung zum 1. Januar 2008 dürfen weder Struk- turen und Leistungsbeschreibungen noch Leistungsbewertungen imple- mentiert werden, die den jeweils an- deren Versorgungsbereich benach- teiligen. Dies setzt getrenn- te Orientierungspunktwer- te voraus.“

Für den Fall, dass der Vorstoß beim Gesetzgeber erfolglos bleibt, beauf- tragten die Delegierten den KBV-Vorstand, kurz- fristig eine Sondervertre- terversammlung einzube- rufen. Sollte dies notwen- dig werden, dürfte der Grundkonflikt zwischen Haus- und Fachärzten in voller Schärfe wieder auf- leben. Der Streit um die Honorar- anteile an einer insgesamt zu knapp bemessenen Gesamtvergü- tung war bei der Vertreterver- sammlung in Magdeburg im ver- gangenen Jahr beigelegt worden.

Damals hatte die VV beschlossen:

„Bis zu einer Aufhebung der pau- schalierten Gesamtvergütung ist die Trennung in einen hausärztli-

chen und fachärztlichen Anteil . . . mit der Möglichkeit einer eigen- ständigen Weiterentwicklung bei- der Versorgungsbereiche vorzu- nehmen und gesetzlich zu veran- kern.“

Dahinter steht der erklärte Wille, dass sich Haus- und Fachärzte bei der Verteilung der Vergütung nicht mehr ins Gehege kommen. Bis heu- te dauert dieser Burgfriede an. Ul- rich Weigeldt, der im KBV-Vor- stand die Interessen der Hausärzte vertritt, sagte in seinem Bericht vor der Vertreterversammlung: „Mit

dem Magdeburger Beschluss ist al- les gesagt! Damit haben wir all das formuliert, was uns handlungsfähig macht. Lassen Sie uns vor unseren Ärzten, unseren Patienten, der Poli- tik und der Öffentlichkeit nicht den Eindruck entstehen lassen, wir sei- en nicht handlungsfähig. Es gibt zu viele, die darauf nur warten.“ I Heike Korzilius, Josef Maus

Mit dem Magdeburger Beschluss ist alles gesagt.

Ulrich Weigeldt

Ulrich Weigeldt forderte die Dele- gierten auf, Hand- lungsfähigkeit zu beweisen.

Nachdenkliche Mienen:Gelingt es der KBV, eine erneu- te Konfrontation zwischen Haus- und Fachärzten zu ver- hindern?

Referenzen

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