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Archiv "C. Ärzteschaft und soziale Sicherung: I. Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung" (27.06.1974)

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Vorschläge gerade auch zur Gestaltung und Entwicklung unseres Systems der sozialen Sicherheit bringen die

„Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzte- schaft", deren erste Fassung auf dem letzten Deutschen Ärztetag eingehend beraten wurde.

C. Ärzteschaft und soziale Sicherung

1. Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung

Die Sozialpolitik in der Bundesre- publik Deutschland ist für die Ärzte von Bedeutung vor allem im Be- reich der Sozialversicherung, da der Arzt dazu eine starke berufli- che Bindung hat. Die übrigen Be- reiche der Sozialpolitik finden in der Ärzteschaft ein waches Interes- se, wenn es um Maßnahmen zur Änderung gesellschaftspolitischer Strukturen geht, die in die Berufs- ausübung des Arztes hineinwirken, sei es in Vorsorge- oder kurativer Medizin, sei es in freier ärztlicher Praxis, im Krankenhaus oder auch im Gutachterwesen.

1. Gesetzliche

Krankenversicherung

Die Aktivität des Gesetzgebers im Bereich der Sozialversicherung richtete sich in den letzten Jahren

im wesentlichen auf die Ausdeh- nung der einzelnen Zweige der So- zialversicherung auf weitere Perso- nenkreise und auf die Anpassung der Sozialversicherungsleistungen an die Weiterentwicklung von Ge- sellschaft und Wirtschaft. Beispiel- haft sei auf die Öffnung der gesetz- lichen Krankenversicherung für hö- her verdienende Angestellte, auf die im Berichtsjahr eingeführte Krankenversicherung der Landwir- te und auf die noch in der Diskus- sion stehende Krankenversiche- rung der Studenten verwiesen.

Sachverständigen-Kommission Zur Beratung grundlegender Fragen der gesetzlichen Krankenversiche- rung hat die Bundesregierung be- reits im Jahre 1970 eine besondere Kommission von Sachverständigen beim Bundesarbeitsminister gebil- det.

Die in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu Beginn der 6. Legislaturperiode ins Leben ge- rufene Sachverständigenkommis- sion zur Weiterentwicklung der so- zialen Krankenversicherung, die Ende April 1970 mit der Arbeit be- gann, setzte im Berichtsjahr mit Sitzungen des Plenums und der Ar- beitsausschüsse ihre Beratungen fort.

Der Kommission gehören seitens der Bundesärztekammer deren Prä- sident Prof. Dr. Hans Joachim Se- wering, und in dessen Vertretung der Vizepräsident der Bundesärzte- kammer Dr. Gerhard Jungmann, an.

Zur Bearbeitung von Einzelfragen hat die Kommission Arbeitsaus- schüsse gebildet, die sich aus Kommissionsmitgliedern zusam- mensetzen und durch Sachverstän- dige ergänzt werden. Solche Ar- beitsausschüsse bestehen für D strukturelle Fragen der ärztli- chen Versorgung der Sozialversi- cherten,

1958 Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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C. I. Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung

> die Einführung von Maßnahmen der Vorsorge und Früherkennung,

> die Ausdehnung des Schutzes der gesetzlichen Krankenversiche- rung auf neue Personenkreise,

> Fragen der Arzneimittelversor- gung,

> finanzielle und wirtschaftliche Fragen,

• Fragen der Nutzbarmachung der elektronischen Datenverarbei- tung für Zwecke der sozialen Kran- kenversicherung.

Die Beratung sowohl im Plenum der Sachverständigenkommission als auch in den einzelnen Aus- schüssen sind vertraulich.

Krankenversicherung der Studenten Wichtige anstehende Einzelfragen der Krankenversicherung wurden und werden in Gesetzesnovellie- rungen geregelt. Hingewiesen sei vor allem aus jüngerer Zeit auf die Einführung von Vorsorge- bzw.

Früherkennungsmaßnahmen in die gesetzliche Krankenversicherung.

Dagegen hält die Diskussion um eine Krankenversicherung der Stu- denten derzeit noch an. Bisher war der Schutz der Studierenden im Krankheitsfall folgendermaßen ge- regelt:

Soweit Studierende nicht als mit- versicherte Familienangehörige den Schutz der gesetzlichen Kran- kenversicherung genießen, haben sie im Krankheitsfall Anspruch auf Leistungen durch das Deutsche Studentenwerk und durch die Deutsche Studenten-Krankenver- sorgung. Über die ärztliche Betreu- ung der Studenten bestehen Ver- träge zwischen diesen beiden Ver- sicherungseinrichtungen und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung. Zur Verbesserung der nicht überall befriedigenden Situation, insbesondere was den finanziellen und wirtschaftlichen Hintergrund bei der studentischen Krankenver- sicherung angeht, hatte die Ständi- ge Konferenz der Kultusminister bereits im November 1966 be- schlossen, baldmöglich eine bun- desgesetzliche Regelung der stu-

dentischen Krankenversicherung zu veranlassen und hierüber Bera- tungen mit den zuständigen Bun- desministerien aufzunehmen. Auch die Bundesregierung ist — ihrer Ab- sichtserklärung zufolge — gehalten, bis zum Jahresende 1974 einen Ge- setzentwurf vorzulegen und somit an einer grundlegenden Regelung interessiert. Diskutiert wird die Fra- ge, ob den Studenten auferlegt wer- den soll, einer gesetzlichen Pflicht- krankenkasse beizutreten oder ob den Studierenden eine Wahlmög- lichkeit gegeben werden soll, ob sie einer gesetzlichen oder einer priva- ten Versicherung beitreten können.

Der Bundesrat befaßte sich im Be- richtsjahr mit einem Gesetzesan- trag des Landes Rheinland-Pfalz über die Krankenversicherung der Studierenden. Der In itiativgesetz- entwurf sieht die grundsätzliche Einbeziehung aller Studierenden an Hochschulen und Fachhoch- schulen sowie ein Beitrittsrecht für andere in Ausbildung befindliche Personen zur gesetzlichen Kran- kenversicherung vor, soweit sie nicht von der Möglichkeit zur Be- freiung bei Vorliegen eines ander- weitigen ausreichenden Kranken- versicherungsschutzes Gebrauch machen wollen. Den auf Grund die- ses Gesetzentwurfes versicherten Personen sollen grundsätzlich die Leistungen der gesetzlichen Kran- kenversicherung gewährt werden.

Die Versicherten sollen grundsätz- lich Mitglieder der für den Wohn- ort zuständigen Ortskrankenkasse sein. Der von den Pflichtmitglie- dern zu zahlende Krankenversiche- rungsbeitrag wird auf der Grundla- ge des Förderungsbeitrages für die nicht bei ihren Eltern wohnenden Studierenden an Hochschulen nach dem Bundesausbildungsförde- rungsgesetz berechnet. Der Bei- tragssatz soll zur Hälfte von den Studierenden und zur anderen Hälfte vom Bund getragen werden.

Nach Schätzungen sollen sich die Belastungen für den Bundeshaus- halt jährlich auf 72 Mill. DM belau- fen.

Bemerkenswert in diesem Zusam- menhang erscheint die Auffassung der FDP zur Frage der studenti- schen Krankenversicherung. Die FDP setzt sich für die freie Wahl der Krankenversicherung, also der

Wahl zwischen der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung ein.

Die Studierenden sollten lediglich zum Krankenversicherungsschutz gesetzlich verpflichtet sein. Daraus folgt natürlich, daß die Zuschuß- zahlung des Staates, wenn sie be- absichtigt und realisiert wird, auch privat Versicherten in gleicher Höhe gewährt werden muß.

Änderungen der gesetzlichen Krankenversicherung

Leistungsverbesserungsgesetz Von den Fraktionen der Koalition ist der eingebrachte Gesetzentwurf zur Verbesserung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversi- cherung noch 1973 in den Bundes- tag eingebracht worden. Das soge- nannte Leistungsverbesserungsge- setz, ist nach der parlamentari- schen Beratung und Beschlußfas- sung am 1. Januar 1974 in Kraft ge- treten. Es bringt den von der sozia- len Krankenversicherung Betreuten eine Reihe von grundlegenden Ver- besserungen. Die Versicherten ha- ben nunmehr Anspruch auf

> unbegrenzte Gewährung von Krankenhauspflege,

> Haushaltshilfe, wenn wegen Krankenhaus- oder Kuraufenthalt der Haushalt nicht weitergeführt werden kann,

> Krankengeld, wenn durch die Erkrankung des Kindes Verdienst- ausfall eintritt.

Die im Jahre 1970 eingeführte Krankenscheinprämie hat die in sie gesetzten Erwartungen nicht er- füllt. Sie ist deshalb mit diesem Gesetz abgeschafft worden.

Durch den Anspruch auf zeitlich unbegrenzte Krankenhauspflege ist eine alte Forderung der Ärzte- schaft berücksichtigt worden. Wäh- rend bislang die Kosten der Kran- kenhausbehandlung längstens für 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren übernommen werden konn- ten, ist durch die zeitliche Begren- zung dieses Anspruchs, durch den besonders Schwerkranke und chronisch Kranke betroffen wur- den, inzwischen weggefallen. Der Versicherte hat jetzt Anspruch dar- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 1959

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C. I. Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung

auf, daß die Kosten der wegen Krankheit erforderlichen Kranken- hausbehandlung für ihn und seine mitversicherten Familienangehöri- gen von der Krankenkasse getragen werden. Diese neue Leistungsver- besserung gilt auch für diese Fälle, in denen bereits eine Aussteuerung der Krankenhauspflege eingetreten war.

Die neuerdings zu gewährende Haushaltshilfe durch die soziale Krankenversicherung, wird dann möglich, wenn es dem Versicher- ten oder seinem Ehegatten wegen Kur-, Krankenhaus- oder Entbin- dungsanstaltsaufenthalt nicht mög- lich ist, seinen Haushalt weiterzu- führen. Als Haushaltshilfe wird eine Ersatzkraft gestellt. Von der Kran- kenkasse können auch die Kosten einer selbstbeschafften Ersatzkraft in angemessener Höhe erstattet werden.

Die Zahlung des Krankengeldes bei Erkrankung des Kindes kommt insbesondere alleinstehenden Müt- tern und berufstätigen Ehepaaren zugute. Eine Pflichtenkollision als Eltern und Arbeitnehmer ist jetzt ausgeschlossen. Wenn somit we- gen der Erkrankung des Kindes ein Elternteil der Arbeit fernbleiben muß und dadurch Arbeitsverdienst ausfällt, wird Krankengeld gezahlt.

• „Flankierende Maßnahmen"

Besondere Aufmerksamkeit fanden in der Ärzteschaft Vorschläge zur Erweiterung der Leistungen im Rahmen der anstehenden „Reform des § 218 StGB". Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte die Bundesregierung ein entsprechen- des Krankenversicherungs-Ände- rungsgesetz eingebracht. Dieses Gesetz konnte bekanntlich die Be- ratung im letzten Bundestag nicht mehr passieren. Der Gedanke der

„flankierenden Maßnahmen" wurde bei den verschiedenen dem Bun- destag vorliegenden Initiativanträ- gen zur Änderung des Strafgesetz- buches wieder aufgegriffen. So wurde vom Plenum des Bundesta- ges am 29. März 1974 eine Geset- zesvorlage verabschiedet, die ei- nen Katalog derartiger Maßnahmen zur Reform des § 218 mit folgen- den Schwerpunkten enthält:

> Der Versicherte erhält Anspruch auf ärztliche Beratung und bei Empfängnisverhütung, ebenso auf Beratung und Untersuchung vor ei- nem Schwangerschaftsabbruch.

1> er hat Anspruch auf Kranken- geld, sofern die Frau bei einem Schwangerschaftsabbruch arbeits- unfähig wird.

> legale Schwangerschaftsabbrü- che können von einem niederge- lassenen Arzt „unter klinischen Be- dingungen" oder ambulant im Krankenhaus vorgenommen wer- den,

> die Frau hat Anspruch auf Kran- kenkassenleistung für alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingriff entstehen,

> Freiwillige Sterilisation kann künftig auf Kassenkosten vorge- nommen werden,

I> Sozialhilfeempfänger erhalten die „Pille" unentgeltlich, wenn sie ärztlich verordnet ist.

In zum Teil lebhaften Wortgefech- ten wurden Meinungsunterschiede zwischen SPD/FDP-Koalition und CDU/CSU-Opposition ausgetragen.

Die Auseinandersetzungen richten sich vor allem auf die Frage, ob die Entscheidungen des Parlaments über die sogenannten flankieren- den Maßnahmen ein Prä- judiz zugunsten der Fristenrege- lung sei. Eine Frage, die seitens der Opposition bejaht und von den Regierungsparteien insoweit verneint wurde, als die flan- kierenden Maßnahmen als Voraus- setzung für die Reform des § 218 StGB gewertet bzw. als unabhän- gig von jeder Reform dargestellt wurden. Auch nach Auffassung der Ärzteschaft waren diese sogenann- ten flankierenden Maßnahmen „die Vorwegnahme einer Entscheidung ohne Rücksicht auf geltendes Recht".

Unmißverständlich ist diese Ent- wicklung vom Präsident der Bun- desärztekammer, Prof. Dr. Sewe- ring, im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT kommentiert worden.

2. Zusammenarbeit mit dem Verband der Privaten

Krankenversicherung

Im Berichtsjahr wurden die Ge- spräche mit den Vertretern der pri- vaten Krankenversicherung intensi- viert. So wurden vor allem Fragen im Zusammenhang mit der Umbil- dung der studentischen Kranken- versicherung, der Wettbewerbsfä- higkeit der einzelnen privaten Krankenversicherungen sowie das Wettbewerbsverhältnis zwischen privater und gesetzlicher Kranken- versicherung diskutiert.

Um zukünftig einen verbesserten Informationsfluß und Informations- grad zwischen ärztlichen Organisa- tionen und diesem Bereich der Krankenversicherung zu gewährlei- sten, sind intensive Gespräche ge- plant. Ein eigens dafür eingerichte- tes Referat beim Vorstand der Bun- desärztekammer schafft dafür die personellen und sachlichen Vor- aussetzungen.

Fragen der privaten Krankenver- sicherung werden derzeit vor allem im Zusammenhang mit Änderun- gen im Krankenhauswesen (Kran- kenhausfinanzierungsgesetz, Bun- despflegesatzverordnung, Länder- Krankenhausgesetze) besonders intensiv diskutiert. Dazu sei auf den Abschnitt B VII (Arzt und Kran- kenhaus) verwiesen.

3. Unfallversicherung

Für den Bereich der ärztlichen Pra- xen ist zuständiger Träger der ge- setzlichen Unfallversicherung die Berufsgenossenschaft für Gesund- heitsdienst und Wohlfahrtspflege in Hamburg. Die Bundesärztekammer arbeitet mit diesem Versicherungs- träger eng zusammen. Vertreter der ärztlichen Standesorganisation wirken ehrenamtlich im Vorstand und in der Vertreterversammlung mit.

Im Berichtsjahr bemühten sich Be- rufsgenossenschaft und Bundes- ärztekammer unter anderem dar- um, die Frage des Unfallversiche-

1960 Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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