Die Information:
Bericht und Meinung
Ersatzkassen melden:
Kostenanstieg schon 1976 halbiert .. .
Die sieben Angestellten-Kranken- kassen in der Bundesrepublik ver- zeichneten — den jüngsten Rech- nungsergebnissen zufolge — bereits im vergangenen Jahr 1976 eine Hal- bierung des Kostenanstiegs: Wäh- rend die Steigerungsrate der Lei- stungsausgaben je Mitglied 1975 noch bei 19,11 Prozent lag, vermin- derte sie sich 1976 auf 9,9 Prozent.
Der Vorstandsvorsitzende des Ver- bandes der Angestellten-Kranken- kassen (VdAK), Hans Katzbach, wer- tete diese Entwicklung als eindeuti- gen Erfolg der Selbstverwaltung.
Gleichzeitig wiederholte er die Be- fürchtungen seines Verbandes, das jetzt in Kraft getretene Gesetz werde die erreichte Kostendämpfung nicht fortsetzen, sondern vielmehr zu ei- ner Verteuerung der Krankenversi- cherung führen. Die insgesamt 9,2 Millionen Ersatzkassen-Versicher- ten würden bald die Auswirkungen des Gesetzes zu spüren bekommen, insbesondere infolge der Einbezie- hung der Ersatzkassen in das Recht der Reichsversicherungsordnung.
Als eine „grandiose Finanzmanipu- lation" bezeichnete Katzbach die Gesetzesbestimmung, nach der bis 1980 rund 32 Milliarden DM von der gesetzlichen Renten- auf die Kran- kenversicherung verlagert wer-
den. DÄ
Arbeitsschwerpunkte des neu konstituierten CDU- Gesundheitsausschusses
Der Bundesfachausschuß für Ge- sundheitspolitik der CDU, der An- fang Juli neu konstituiert wurde, will als Alternative gegen das „Kosten- dämpfungsgesetz" der Bonner SPD/FDP-Koalition ein längerfristig angelegtes Konzept erarbeiten, das die Interessen des Patienten wahrt, der Kostendämpfung Rechnung trägt, das Gesundheitssystem weiter-
entwickelt, aber allen Tendenzen in Richtung auf eine systemverändern- de Sozialisierung eine glatte Absage erteilt. Das erklärte der für weitere zwei Jahre in seinem Amt bestätigte Vorsitzende des Ausschusses, Prof.
Dr. med. Fritz Beske (Staatssekretär im Schleswig-Holsteinischen Sozial- ministerium). Es sei das Bestreben der Union, dabei die Sachkunde der maßgebenden Bundesverbände im Gesundheitswesen einzubeziehen und damit die Arbeit auf eine breite Basis zu stellen.
Staatssekretär Beske erinnerte daran, daß diese Bundesverbände aus überzeugenden Gründen das KVKG hart bekämpft hätten. Bei der bevorstehenden Novellierung des Krankenhausfinanzieru ngsgesetzes werde sich die CDU dafür einsetzen, die Pluralität durch die privaten und freigemeinnützigen Krankenhäuser aufrechtzuerhalten. Jeder Verein- heitlichung über den Umweg finan- zieller Zwänge werde der Kampf an- gesagt.
Als weitere Arbeitsschwerpunkte des Bundesfachausschusses wur- den die Novellierung der Approba- tionsordnung für Ärzte und die Wei- terentwicklung wichtiger Berufe im Gesundheitswesen, wie Kranken- pfleger und Hebammen, festgelegt.
Der Ausschuß bedauerte die Schwierigkeiten der Medizinstuden- ten im praktischen Jahr, die unter anderem durch eine fehlerhafte Aus- bildungsordnung, mangelnde Aus- bildungskapazitäten und unklare Ausbildungsinhalte bedingt seien.
Der Ausschuß will sich dieser Pro- blematik im Rahmen seiner Überle- gungen zur Neugestaltung der Ap- probationsordnung für Ärzte beson- ders annehmen. EB
In einem Satz
Verkehrsunfälle — 1976 ereigneten sich in der Bundesrepublik Deutsch- land 14 400 tödliche Kraftfahrzeug- unfälle, wie das Statistische Bun- desamt kürzlich mitteilte. DÄ
Protest gegen den Mißbrauch
der Psychiatrie
Der Vorstand der Deutschen Gesell- schaft für Psychiatrie und Nerven- heilkunde (DGPN) hat Anfang Juni in einem Beschluß gegen den Miß- brauch der Psychiatrie zu politi- schen Zwecken protestiert. In den vergangenen Jahren, so heißt es in diesem Beschluß, seien der DGPN zahlreiche Berichte und Unterlagen zugänglich gemacht geworden, die einen „systematisch betriebenen Mißbrauch forensisch-psychiatri- scher Methoden und Institutionen in der UdSSR belegen".
Weiter heißt es in der Entschließung:
„In Übereinstimmung mit psych- iatrischen Fachgesellschaften in verschiedenen Ländern verurteilt die DGPB derartige Praktiken, wo immer auf der Welt sie angewandt werden. Sie appelliert an die Verant- wortlichen, diesem Mißbrauch ärztli- cher Heilkunde zur Unterdrückung Andersdenkender ein Ende zu ma- chen." FW
Private
Krankenversicherung wirbt um Studenten
Der Verband der privaten Kranken- versicherung (PKV), Köln, hat ein spezielles Merkblatt über die private Krankenversicherung für Studenten herausgegeben, das über die Versi- cherungsbedingungen und über die Möglichkeiten zur Befreiung von der Pflichtkrankenversicherung infor- miert. Das Merkblatt, das auch in den Vorlesungsverzeichnissen und Studienführern der Hochschulen und Universitäten zum Winterseme- ster 1977/78 als Anzeige veröffent- lich werden wird (Gesamtauflage:
474 950 Exemplare), weist die Stu- denten darauf hin, daß sie in den ersten drei Monaten nach der Imma- trikulation von einer gesetzlichen Krankenkasse (einschließlich Er- satzkasse) zu einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung überwechseln können, sofern sie
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 29 vom 21. Juli 1977 1843
Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
einen Privatversicherungsvertrag nachweisen, der einen dem gesetzli- chen Versicherungsschutz entspre- chenden Leistungsumfang beinhal- tet. Privatversicherte Studenten er- halten zur Zeit einen monatlichen Beitragszuschuß in Höhe von 17,62 DM, der direkt vom Versicherungs- unternehmen beantragt und einge- zogen wird. Empfänger von Mitteln aus der Bundesausbildungsförde- rung (BAföG) erhalten zusätzlich noch 12 DM dazu. HC
Mißbrauch harter Drogen nimmt zu
Durch den Konsum harter Drogen kamen im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 300 meist junge Menschen ums Leben. Nach Ansicht des Bundesmi- nisteriums für Jugend, Familie und Gesundheit besteht die Gefahr, daß diese Zahl weiter steigt. Frau Bun- desminister Antje Huber hat deshalb an die Drogenbeauftragten des Bun- des und der Länder sowie an alle Gesundheitserzieher appelliert, die Aufklärungsaktionen und Vorbeu- gungsmaßnahmen gegen den Dro- genmißbrauch zu intensivieren. DÄ
Einladung
an türkische Ärzte
Den XIII. Internationalen Medizini- schen Kongreß für Psychiatrie, Neu- rologie und Neurochirurgie veran- staltet die Hacettepe-Universität in der türkischen Hauptstadt Ankara vom 17. bis zum 21. Oktober. Die Universität möchte dazu auch die in der Bundesrepublik Deutschland tä- tigen türkischen Ärzte einladen. Da ihr allerdings die Adressen nicht vorliegen, hat der Kulturattachä in der türkischen Botschaft die Ver- mittlung übernommen: Türkische Ärzte in der Bundesrepublik, die an der Teilnahme an diesem Kongreß interessiert sind, können sich mit dem Kulturattachä an der türkischen Botschaft (Utestraße 47, 5300 Bonn- Bad Godesberg) in Verbindung set- zen. WZ
1976 mehr als 13 000 Abtreibungen gemeldet
Seit Inkrafttreten des neu formulier- ten Abtreibungsparagraphen 218 StGB Mitte vergangenen Jahres sind bis zum 31. Dezember 1976 insge- samt 13 044 legale Schwanger- schaftsabbrüche von Ärzten den amtlichen Stellen gemeldet worden, die nach Inkrafttreten des 5. Strafre- formgesetzes in der vom Statisti- schen Bundesamt, Wiesbaden, ge- führten Bundesstatistik registriert weden müssen (dazu auch: DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT Heft 24/1977, Seite 1577). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß in der Anlauf- zeit des Gesetzes bei weitem noch nicht alle tatsächlich erfolgten lega- len Abtreibungen erfaßt wurden. Ins- besondere liegen von einigen gro- ßen Kliniken noch keine Meldungen vor, so daß sich die Zahl der tatsäch- lich durchgeführten Aborte noch er- höhen dürfte.
Von den betroffenen Frauen waren sechs Prozent unter 18 Jahre alt, 42 Prozent waren 18 bis unter 30, 39 Prozent 30 bis unter 40 und 11 Pro- zent waren 40 und mehr Jahre alt.
Bei zwei Prozent fehlte die Altersan- gabe. 65 Prozent der Frauen waren verheiratet, 26 Prozent ledig, acht Prozent geschieden und ein Prozent verwitwet.
Die gemeldeten Abbrüche wurden zu 95 Prozent in Krankenhäusern und zu fünf Prozent ambulant in ei- ner gynäkologischen Praxis vorge- nommen. Komplikationen haben die Ärzte bei knapp sechs Prozent der Abbrüche festgestellt. DÄ
Köln letzte Station der Adolf-Wölfli-Ausstellung
Adolf Wölfli — seit Anfang dieses Jahrhunderts beschäftigt sich die Wissenschaft, beschäftigt sich aber auch die Kunstbetrachtung mit den Hervorbringungen dieses geistes- kranken Schweizers. Der Kölnische Kunstverein zeigt vom 14. Juli bis zum 20. August 1977 in seinen Räu-
men neben der Kunsthalle am Neu- markt eine umfangreiche Ausstel- lung seines Oeuvres. Von der Adolf- Wölfli-Stiftung im Kunstmuseum Bern vorzüglich vorbereitet, war die Ausstellung bisher in Amsterdam, Brüssel, Graz, Stockholm und Wien, Hannover und Stuttgart zu sehen.
Sie beendet jetzt ihre europäische Tournee in Köln. Wulf Herzogenrath, der Leiter des Kölnischen Kunstver- eins, weist insbesondere auch die Ärzteschaft auf diese Gelegenheit hin, einen der wohl bedeutendsten Repräsentanten des Grenzbereiches
„Kunst und Geisteskrankheit" ken- nenzulernen. Ein vorzüglicher Kata- log (Preis 23 DM) begleitet die Aus- stellung.
Wulf Herzogenrath: „Das Faszinie- rende Wölflis zahlreicher Werke ist die intensive Umsetzung einer eige- nen Formenwelt, die den Künstler Markus Raetz so sehr beschäftigte, daß er die Formensymbole einzeln zu einem ‚Katalog' zusammenstellte.
Die ‚Besessenheit' Wölflis wird für den unbefangenen Betrachter zu- nächst an der Reichheit der Details, an der Überfülle der Einzelteile, der Sätze, Symbole, Gesichter und Far- ben deutlich, danach erschließt sich einem der meist sehr geometrische Grundaufbau, das ,dekorative Grundmuster' der Bildkomposition.
Fasziniert von den vielfältigen iko- nographischen Teilen, die ohne die kunsthistorische Bedeutungslehre entstanden sind, kann man sich in dem profunden Katalog über die einzelnen Teile des Werkes infor- mieren, über die Jugenderlebnisse (Explosion einer Pulverfabrik), die Sprache, die Musikvorstellungen, über das Verhältnis zur Psychiatrie, ja sogar über Einzelstudien wie ,Über das Mandala-Motiv`."
Parallel zeigt der Kölnische Kunst- verein in einer Ausstellung „Körper, Farbe, Gestik" Bilder und Fotodoku- mente, die während eines zweijähri- gen Zusammenwirkens von Studen- ten des Orientierungsbereiches der Kunstakademie Düsseldorf und Pa- tienten des Rheinischen Landes- krankenhauses, Psychiatrische Kli- nik der Universität Düsseldorf, ent- standen sind. WZ
1844 Heft 29 vom 21. Juli 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT