Stellungnahme des
Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum
Referenten-Entwurf
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der
gesetzlichen Unfallversicherung
(Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG)
I. Allgemeine Bewertung:
Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßt die Vorlage des Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung und die damit vollzogene Beschränkung auf eine Reform des Organisationsrechts.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützt wesentliche Ziele des Reformvorhabens, insbesondere jene Teile, die in konstruktiver Zusammenarbeit mit der Selbstverwaltung der gesetzlichen Unfallversicherung entwickelt wurden.
So wurde ein von der Selbstverwaltung entwickeltes Konzept zur Katasterabgrenzung zwischen den Unfallversicherungsträgern
einschließlich der Einrichtung einer verbindlichen Schiedsstelle in den Referentenentwurf übernommen.
Der nun vorgelegte Referentenentwurf übernimmt ebenfalls das Konzept der Selbstverwaltung der gewerblichen
Berufsgenossenschaften zur Neuregelung des Überlastausgleichs.
Das bewusst breiter angelegte Konzept hatte sowohl hinsichtlich der Verteilung nach Entgelten und Neurenten als auch bezogen auf die Übergangsfristen Parameter beschrieben, um der Politik eine
sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. Begrüßenswerterweise werden nun die politischen Festlegungen getroffen.
Der Referentenentwurf regelt auch die Reduzierung der Trägerzahl auf neun gewerbliche Berufsgenossenschaften und maximal 17 Unfallkassen. Über den Stand der Fusionen im gewerblichen Bereich soll die Selbstverwaltung bis zum 31.12.2008 einen Bericht vorlegen, die Fusionen sollen bis zum 01.01.2010 umgesetzt sein.
Diese sehr kurze Umsetzungsfrist wird allen an den Fusionen
Beteiligten sehr viel abverlangen. Gilt es doch unter Federführung der Selbstverwaltung und unter Berücksichtigung der
branchenspezifischen Belange die erreichten Leistungsstandards, insbesondere in der Prävention, zu erhalten und auszubauen. Gerade kleineren, effizient arbeitenden und somit lebensfähigen
Berufsgenossenschaften ist hinsichtlich der strengen Vorgabe zur Reduzierung der Trägerzahl das gravierende Ungleichgewicht zwischen den gewerblichen und öffentlichen Trägern kaum vermittelbar.
Erfreulich ist es aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes hingegen, dass der bereits am 01.07.2007 gebildete neue
Spitzenverband, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.
(DGUV) nun nicht unter staatlicher Aufsicht gestellt wird, wie es noch in einigen Vorläuferentwürfen vorgesehen war.
Positiv zu sehen ist, dass die vorgesehene Einsparvorgabe von 20 % der Verwaltungs- und Verfahrenskosten nun mehr entfallen ist. Die Gewerkschaften hatten einen solchen staatlichen Eingriff in die Kernaufgabe der Selbstverwaltung bei der Aufstellung des Haushalts entschieden abgelehnt. Diese gesetzliche Vorgabe hätte zur
Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Träger geführt und zudem einen Widerspruch zu politisch gewollten Ausweitung der Prävention und beruflichen Rehabilitation dargestellt.
Das sogenannte Moratorium, das die Zuordnung öffentlicher Betriebe in privater Rechtsform regelt, wird entfristet. Damit entscheiden zukünftig allein die gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse über die rechtlich eindeutige Zuordnung der Betriebe zu den jeweiligen Unfallversicherungsträgern.
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist es weiterhin begrüßenswert, dass die Erhebung der Insolvenzrechtsgeldes nun auf die Einzugsstellen der Krankenversicherung für den
Gesamtsozialversicherungsbetrag übertragen werden soll. Dies entschärft eine ständige, gleichwohl ungerechtfertigte Kritik an den Beiträgen der Unfallversicherung.
Im Zusammenhang mit der im Rahmen der Umsetzung des Mittelstandentlastungsgesetzes II (MEG II) zu übertragenden Betriebsprüfungen auf die Deutsche Rentenversicherung Bund schlägt der Deutsche Gewerkschaftsbund vor, die jetzt vorgesehenen Durchführungsregelungen seitens des BMAS noch einmal mit den maßgeblichen Verbänden, der DGUV und der deutschen
Rentenversicherung unter Einbeziehung der Wirtschaftsverbände grundsätzlich zu überprüfen. Ziel muss, neben der Vermeidung neuer Bürokratien und Doppelkontrollen, eine transparente von
Sachkenntnis geprägte Betriebsprüfung sein. In diesem
Zusammenhang sollten verbindliche Regelungen für den Übergang des Personals getroffen werden.
Für den Deutschen Gewerkschaftsbund ist es überraschend und nicht nachvollziehbar, dass der Referentenentwurf nun weitgehende
Regelungen für eine Rechts- und Fachaufsicht in der Prävention vorsieht. Diese geht weit über die bisherige Aufsicht beim Erlass von Unfallverhütungsvorschriften hinaus und soll nun mehr das gesamte autonome Recht der Unfallversicherung einschließlich der
branchenspezifischen Information der Betriebe und der staatlichen Aufsicht und Genehmigungsvorbehalt stellen.
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes sind die Regelungen zur gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) positiv zu beurteilen, soweit sie auf eine bessere Abstimmung zwischen den Akteuren im Arbeits- und Gesundheitsschutz abzielen. Ein Ausbau der
Beteiligung der Sozialpartner in der Nationalen
Arbeitsschutzkonferenz ist jedoch notwendig, genauso wie rechtliche Vorkehrungen, die sicherstellen, dass die mit der Strategie verfolgten Ziele tatsächlich verfolgt werden können.
Trotz grundsätzlich positiver Bewertung des Entwurfs existieren also zu einigen Regelungstatbeständen Kritiken und Änderungswünsche, die im Folgenden aufgelistet werden.
II. Zu den Artikeln im Einzelnen
Artikel 1 Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch
Randziffer 19
Hier werden wesentliche Elemente der in § 14 (4) Satz 2 Nr. 1 festgelegten Aufgaben der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung e. V. inhaltsgleich auf den Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung übertragen. Dies ist
gerechtfertig, Darauf hinzuweisen ist jedoch, dass mit Randziffer 18 der § 143 SGB VII gestrichen werden soll, insofern sollte die korrekte Zuordnung des § 143e SGB VII überprüft werden.
Randziffer 23
Durch das zweite Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständigen Wirtschaft (MEG II;
Bundesgesetzblatt I 2007, Seite 2246) wurde die Betriebsprüfung im Rahmen der Beitragsüberwachung auf die Rentenversicherung übertragen. Dies macht nun auch Änderungen im SGB VII, im SGB IV sowie in der Beitragsverfahrensordnung notwendig.
Die Rentenversicherung hat den Wunsch geäußert, die zu überprüfenden Daten nicht unternehmensbezogen von den
Unfallversicherungsträgern, sondern arbeitnehmerbezogen über das Meldeverfahren von den Einzugsstellen zu erhalten. Mit der
Übernahme der Betriebsprüfung soll auch das Personal aus den Prüfdiensten der Unfallversicherungsträger übernommen werden.
Für die Arbeitgeber bringt dies erweiterte Meldepflichten mit sich, sodass insgesamt konstatiert werden kann, dass das Ziel der Entlastung des Mittelstandes von bürokratischen Hemmnissen insgesamt verfehlt werden dürfte. Höhere Kosten sind zu erwarten.
Randziffer 26
§ 179 SGB VII Sonderregelung bei hoher Berufskrankheiten- Neurentenlast und bei Auflösung einer Gefahrtarifstelle
Der Deutsche Gewerkschaftsbund schlägt vor, eine Sonderregelung unter Bezugnahme auf das Gesetz zur Finanzierung der Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus zum Jahr 2018
vorzubereiten. Einzelheiten könnten durch eine Verordnung festgelegt werden.
§ 181 (1)
Der Referentenentwurf sieht vor, die Durchführung des künftigen Überaltlastausgleichs dem Bundesversicherungsamt zu übertragen.
Dafür besteht nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach kein zwingender Grund, da das notwenige Wissen, die Datengrundlagen, die technische und personelle Infrastruktur dafür bereits bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V.
vorhanden sind. Beim Bundesversicherungsamt müsste diese neu aufgebaut werden, was neue Bürokratien und unnötige
Kostenbelastungen zur Folge hätte. Zu vermuten ist, dass es eine Übergangszeit geben würde, in der das Personal der DGUV e. V. die Arbeit zu erledigen hätte bzw. zwei Stellen parallel tätig wären. Da es in der Vergangenheit keine Beanstandungen gab, gibt es keinen Grund für diese geplante Gesetzesänderung.
§ 181 (1) SGB VII
Auch der Vorschlag, den Ausgleich durch unmittelbare Zahlungen der Berufsgenossenschaften untereinander abwickeln zu wollen, ist keine Verbesserung des derzeitigen Rechtszustandes. Es käme hier zu einer Vervielfachung und unnötiger Aufspaltung von
Zahlungsvorgängen, die dann auch noch kontrolliert werden müssten.
§ 181 (2) SGB VII
Die hier angegebene Frist erscheint unpraktikabel, zumal der
Zeitpunkt, bis zu dem der Bescheid nach § 181 (1) Satz 2 SGB VII zu ergehen hat, nicht festgelegt ist.
Artikel 3 Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch
Randziffer 8
Mit der hier vorgenommenen Änderung des § 78 Satz 1 SGB IV wird die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. im Rahmen der Verordnungsermächtigung den anderen Sozialversicherungsträgern hinsichtlich der Grundsätze über die Aufstellung des Haushaltsplans, seiner Ausführung, der Rechnungsprüfung, der Entlastung, der Zahlung, der Buchführung und der Rechnungslegung gleichgestellt.
Damit käme unmittelbar das für den Bund und die Länder geltende Haushaltrecht zum tragen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund kann sich der Intention des Gesetzgebers nicht anschließen und fordert daher, Artikel 3 Nr. 8 UVMG zu streichen, da sich die für das Haushalts- und
Rechnungswesen von der Selbstverwaltung erlassenen Grundsätze und Richtlinien sowohl an den Vorschriften der
Unfallversicherungsträger und den speziellen Bedürfnissen eines Spitzenverbandes orientieren, als auch die Vorschriften des HGB und steuerlichen Notwendigkeiten berücksichtigen. Die Anwendung des Haushaltrechtes würde zu mehr Bürokratie und einem erheblichen, unwirtschaftlichen Mehraufwand führen. Da die Aufgaben der Dachorganisation nicht mit denen eines einzelnen
Unfallversicherungsträgers vergleichbar sind, wurde ein spezielles Instrumentarium entwickelt, das z. B. aus einer dezentralen
Budgetierung, großzügigen Spielräumen hinsichtlich der
Deckungsfähigkeit von Einnahmen und Ausgaben auf mehreren Ebenen sowie der Möglichkeit der Mittelübertragung bzw. des Vorgriffs auf das folgende Haushaltsjahr besteht. Damit wird den Anforderungen an eine optimale, wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung Rechnung getragen. Gleichermaßen ist es so möglich, auf aktuelle Veränderungen politischer Art und aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse schnell zu reagieren.
Randziffer 9
Durch die Neuformulierung eines dritten Absatzes des § 87 SGB IV werden folgende, durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. wahrgenommene Aufgaben der Rechts- und Fachaufsicht des BMAS unterstellt:
§ 14 (4) SGB VII. Dieser Absatz wird durch das UVMG dem Artikel 14 SGB VII angefügt (siehe Artikel 1, Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch, Randziffer 5).
Dieser neue Absatz umfasst praktisch die gesamte Präventionsarbeit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V.
§ 15 (1) SGB VII, der die Mitwirkung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. beim Erlass von Unfallverhütungsvorschriften regelt (siehe Artikel 1, Änderung des Siebten Buches
Sozialgesetzbuch, Randziffer 6)
§ 20 (2) SGB VII, siehe auch hier die Neufassung im UVMG, Artikel 1, Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch, Randziffer 9 (regelt im Wesentlichen die Koordinierung der gemeinsamen
landesbezogenen Stellen durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.).
§ 31 (2) SGB VII Erlass von Hilfsmittel-Richtlinien
§ 32 (4) SGB VII Erlass von Richtlinien über häusliche Krankenpflege
§ 34 (3) Satz 1 SGB VII Abschluss von Verträgen mit den
kassenärztlichen Bundesvereinigungen über die Durchführung der Heilbehandlung sowie Vergütungs- und Abrechnungsfragen.
§ 40 (5) SGB VII Erlass von Kraftfahrzeughilfe-Richtlinien
§ 41 (4) SGB VII Erlass von Wohnungshilfe-Richtlinien
§ 43 (5) SGB VII Erlass von Reisekosten-Richtlinien
Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert, die geplante Neuregelung lediglich auf die Rechtsaufsicht zu beschränken. Das Wirken der Selbstverwaltung und die damit verbundene Sachnähe stehen für die Zweckmäßigkeit der gefundenen Lösungen und machen somit eine Fachaufsicht entbehrlich.
Hinsichtlich der Aufgaben nach § 14 (4) SGB VII handelt es sich zudem nicht um hoheitliche Aufgaben, die die Aufsicht des Staates über die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. rechtfertigen würden.
Auch beim § 15 (1) Satz 1 SGB VII handelt es sich unserer
Auffassung nach nicht um eine Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben, da die letztendliche Rechtssetzungsbefugnis bei den einzelnen Unfallversicherungsträgern verbleibt.
Nach Auffassung des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist eine Fachaufsicht auch für den § 20 (2) SGB VII, in dem es um die Koordinierung der gemeinsamen landesbezogenen Stellen geht, entbehrlich und inakzeptabel, da sie die Position der
Unfallversicherungsträger beim Abschluss von Vereinbarungen mit den zuständigen Landesbehörden in unzulässiger Weise schwächen würde.
Auch die §§ 31 (2) Satz 2 sowie 32 (4) SGB VII enthalten ebenfalls keine Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen. Bei den dort
angeführten Leistungsansprüchen der Versicherten besteht eine Gesetzesbindung, hinsichtlich Art und Umfang der
Leistungserbringung besteht ein Ermessenspielraum der einzelnen Unfallversicherungsträger, sodass im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung ermessensleitende Richtlinien festgelegt werden.
Auch in diesem Punkt besteht unserer Auffassung nach keine Notwendigkeit für eine staatliche Aufsichtsbefugnis.
Beim Abschluss von Verträgen mit den kassenärztlichen
Bundesvereinigungen, § 34 (3) Satz 1 SGB VII, handelt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. in Vertretung für ihre Mitglieder, wobei diese vertraglichen Regelungen die Mitglieder auch binden.
Lediglich bei einer Vertretung der Unfallversicherungsträger im Schiedsamt, da auch hier unparteiische Dritte beteiligt sind, bedarf es einer staatlichen Aufsicht, die aber bereits jetzt im § 34 (7) SGB VII geregelt ist. Da Verträge zwischen den Trägern der
Unfallversicherung und den kassenärztlichen Vereinigungen
angehörenden Ärzte kraft der Vertretungsmacht der Verbände bzw.
Vereinigungen gebunden sind, sollte dies auch nicht unter staatliche Fachaufsicht gestellt werden.
Artikel 5 Änderung des Arbeitsschutzgesetzes
Die in den Änderungen des Arbeitsschutzgesetz-Entwurfes angelegte Entwicklung einer gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie wird vom DGB befürwortet. Eine bessere Abstimmung zwischen den Akteuren im Arbeits- und Gesundheitsschutz ist sinnvoll. Die
integrierten Elemente der Festlegung von Zielen und
Handlungsfeldern sowie der sich anschließenden Evaluierung können zur Verbesserung der Prävention beitragen. Die weiteren Vorhaben wie die Herstellung eines schlüssigeren Vorschriften- und Regelwerks sowie eines abgestimmten Vorgehens zwischen Landesbehörden und Unfallversicherungsträgern bei der Beratung und Überwachung von Betrieben sind ebenfalls im Ansatz positiv zu bewerten. Teilweise wird eine endgültige Bewertung erst nach Abschluss des
Umsetzungsprozesses möglich sein.
Zwingend ist aber, dass auch die erforderlichen Ressourcen für ein Nebeneinander von allgemeinen Aufgaben des Arbeitsschutzes und der Strategie zur Verfügung gestellt werden. Dies ist bei der Beratung und Überwachung von Betrieben, wie die Begründung selbst auf Seite 102 einräumt, vor allem auf Länderebene vielfach nicht mehr der Fall.
Eine Aufgabenerweiterung durch die Strategie ist vor diesem Hintergrund problematisch und nur dann angemessen, wenn die Voraussetzungen für eine ausreichende Beratung und Überwachung tatsächlich geschaffen werden. Der DGB fordert daher die Aufnahme einer Norm in das Arbeitsschutzgesetz, die dafür sorgt, dass Personal in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht.
Unabhängig davon ist die in der Strategie angelegte
Zusammenführung von handlungsleitenden Entscheidungsprozessen zweckmäßig. Es entsteht ein zu entwickelnder Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz und angrenzende Bereiche der Prävention. Durch die vorgesehenen Gremien, insbesondere die Nationale
Arbeitsschutzkonferenz und das Arbeitsschutzforum, werden
Zuständigkeiten und gesetzliche Aufgabenzuweisung des Bundes, der Länder und der Unfallversicherungsträger im Ergebnis unberührt gelassen (siehe Begründung Seite 96f). Insbesondere sollen Personal- und Finanzhoheit bei den Akteuren verbleiben. Hieraus ergibt sich, dass Beschlüsse der nationalen Arbeitsschutzkonferenz letztlich „binding in honor“ sind. Der politische Charakter der
Nationalen Arbeitschutzkonferenz macht die Einbeziehung der Sozialpartner notwendig, und zwar in noch stärkerer Form, als dies der derzeitige Entwurf vorsieht. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Einräumung eines Stimmrechtes, sondern auch im Hinblick auf die Gegenstände der Beteiligung. Die Regelsetzung wird maßgeblich von den Sozialpartnern mitgestaltet, sodass sich die Beteiligung mit Abstimmungsbefugnis auf diesen Bereich erstrecken muss.
Randziffer 1.:
§ 20 b) ArbSchG Entwurf
Die organisatorischen Strukturen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie werden durch § 20 b) des Entwurfes zum ArbSchG geregelt. In das Gremium werden auch Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer einbezogen. Eine solche Partizipation ist zwingend, da die Arbeitsschutzziele letztlich im Betrieb unter Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber umgesetzt werden müssen. Die Tatsache, dass den Arbeitnehmern und Arbeitgebern kein Stimmrecht eingeräumt wird, ist demgegenüber nicht
überzeugend.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen ein Stimmrecht erhalten. Ein Übergewicht der staatlichen Verwaltung im Arbeitsschutz ist zu vermeiden. Das Arbeitsschutzrecht ist nicht nur durch einen öffentlichen Bereich, sondern auch durch private Elemente gekennzeichnet. Hierbei ist unter anderem an die im Betrieb vorhandene Sicherheitsorganisation, die Möglichkeit
Betriebsvereinbarungen abzuschließen und an weitere Beteiligungsrechte zur Humanisierung der Arbeitswelt im
Betriebsverfassungsgesetz zu denken. Der DGB schlägt daher vor, dass neben den Vertretern der staatlichen Stellen auch die Vertreter der Sozialpartner stimmberechtigte Mitglieder der Nationalen
Arbeitsschutzkonferenz werden.
In Dänemark und Großbritannien vollzieht sich die strategische
Steuerung unter direkter Beteiligung der Sozialpartner. Maßgebend ist eine Drei-Parteien-Zusammenarbeit von staatlichen Stellen und Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Ein Vorbild bildet das dänische Arbeitsumweltgesetz, in dessen § 1 Abs. 2 niedergelegt ist, dass den Sozialpartnern eine generell wegweisende Position in der
Zusammenarbeit mit der Arbeitsaufsicht und Umweltfragen
zugewiesen wird. Es existieren hierzu Branchensicherheitsräte und der zentrale Arbeitsumweltrat (Arbejdsmiljoeradet § 67 AML). Der Arbeitsumweltrat besteht gemäß § 67 AML aus jeweils zehn Mitgliedern, die Arbeitnehmerorganisationen und Arbeitgeber repräsentieren. Repräsentanten des Arbeitsministeriums, der Arbeitsaufsicht, Sachverständige usw. nehmen beratend, also ohne Stimmrecht, an den Sitzungen des Arbeitsumweltrates teil. Der Arbeitsumweltrat entwirft einen Arbeitsplan, der dem zuständigen Ministerium vorgelegt wird und der Aktivitäten beinhaltet, die nach Meinung des Arbeitsumweltrates im Bereich des Arbeitumweltrechtes verwirklichen werden sollen. Die starke Einbindung der Sozialpartner gewährleistet einen Zugang zur betrieblichen Sphäre und damit bessere Chancen zur Umsetzung des Arbeitsplans. Eine
vergleichbare Lösung ist auch für Deutschland notwendig, wenigstens ist den Sozialpartnern ein Stimmrecht zuzubilligen.
Randziffer 1.:
Redaktionelle Änderung § 20 b) Abs. 2 ArbSchG Entwurf
§ 20 b) Abs. 2 ArbSchG des Entwurfes ist aus redaktionellen Gründen wie folgt zu fassen:
Alle Einrichtungen und Organisationen, die mit Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit befasst sind, können der nationalen Arbeitsschutzkonferenz Vorschläge für Arbeitsschutzziele, Handlungsfelder und Arbeitsprogramme unterbreiten.
Die Formulierung Einrichtungen wird in Abs. 3 in einer Art und Weise verwendet, die auf eine fremdbestimmte Zielsetzung schließen lässt – ähnlich wie der Rechtsbegriff Anstalt. Es müssen aber auch
Organisationen, die autonom handeln, einbezogen werden.
Randziffer 1.:
§ 20 b) Abs. 1 S. 3 ArbSchG Entwurf
Die inhaltliche Einflussnahme der Sozialpartner ist jedenfalls auch auf die Herstellung eines verständlichen, überschaubaren und
abgestimmten Vorschriften- und Regelwerk zu erstrecken
(Erweiterung auf Gegenstände des § 20 Abs. 2 Nr. 5 Entwurf des Arbeitsschutzgesetzes). Da die Sozialpartner an der Regelsetzung mitwirken, ist insoweit ein Stimmrecht einzuräumen.
Zusätzlich zu Randziffer 3:
§ 21 Abs. 3 ArbSchG Entwurf
In den letzten Jahren sind die Kapazitäten im Arbeitsschutz vor allem auf regionaler Ebene abgebaut worden. Aus sachlichen und
rechtlichen Gründen ist es geboten, die Schaffung qualitativ und quantitativ ausreichender Aufsichtskapazitäten zu normieren.
Hierdurch werden unter anderem die Anforderungen von Artikel 4 der Richtlinie 89/391/EWG umgesetzt.
In § 21 Abs. 3 ArbSchG Entwurf ist der Abs. 3 daher wie folgt zu ergänzen:
Die zuständigen Landesbehörden und die Unfallversicherungsträger wirken auf der Grundlage einer gemeinsamen Beratungs- und
Bewachungsstrategie gemäß § 20 a Abs. 2 Nr. 4 eng zusammen und stellen den Erfahrungsaustausch sicher. Sie sind verpflichtet,
Aufsichtspersonen in ausreichender Zahl in einem zeitlichen Umfang zu beschäftigen, der eine wirksame Überwachung und Beratung gewährleistet.
Zusätzlich zu Randziffer 3.:
Ergänzung von § 21 Abs. 1 S. 1 ArbSchG Entwurf
Die derzeitige Fassung des Arbeitsschutzgesetzes ist zu stark auf eine Kooperation zwischen Arbeitgeber und Aufsichtsbehörde zugeschnitten. Daneben ist auch eine Zusammenarbeit von
betrieblicher Interessenvertretung und Aufsichts- und Beratungsorganen notwendig.
§ 21 Abs. 1 S. 1 ArbSchG ist daher wie folgt zu ergänzen:
Die zuständigen Behörden haben die Einhaltung diese Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsforderungen zu überwachen und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten sowie die Interessenvertretung der Beschäftigten bei der
Wahrnehmung ihrer Rechte zu beraten.
In § 21 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist derzeit nur vorgesehen, dass die Arbeitsschutzbehörden den Arbeitgeber beraten sollen. Dies entspricht aber nicht dem Leitbild des europäischen
Arbeitsschutzrechtes, das insbesondere auch betriebliche Interessenvertretungen, also vor allem die Betriebsrat oder
Personalvertretung, stärker in den Umsetzungsprozess einbinden will.
Die Beratungspflicht in § 21 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG ist daher auch auf die betriebliche Interessenvertretung zu erstrecken.
Eine parallele Vorschrift ist in § 17 SGB VII erforderlich: In § 17 Abs. 1 SGB VII ist daher der Satz 1 wie folgt zu Ende zu führen:
„sowie die Unternehmen, die jeweilige Interessenvertretung der Beschäftigten und deren Versicherten zu beraten.
Zusätzlich zu Randziffer 3:
Ergänzung durch § 22 Abs. 2 a) ArbSchG
In § 22 ArbSchG sind weitere Rechte der betrieblichen
Interessenvertretung zu integrieren, die deren Arbeit im Dienste der Gesundheit der Beschäftigten effektiver machen können.
In § 22 ArbSchG Entwurf ist als neuer Absatz § 22 Abs. 2 a) zu integrieren:
„Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind verpflichtet, vor jeder Betriebsbesichtigung, die dem Arbeitgeber angekündigt wurde, zeitgleich auch der Interessenvertretung der Beschäftigten den Zeitpunkt und den Grund der jeweiligen Besichtigung mitzuteilen.
Bei unangekündigten Betriebsbesichtigungen, ist sicherzustellen, dass die Interessenvertretung zeitgleich mit dem Arbeitgeber informiert wird und an der Betriebsbesichtigung teilnehmen kann. Festgestellte Beanstandungen sind sowohl dem Arbeitgeber als auch der Interessenvertretung der Beschäftigten mitzuteilen. Nach einer in diesem Schreiben festgelegten Frist ist mit dem Arbeitgeber und der Interessenvertretung zu klären, ob den Beanstandungen abgeholfen wurde. Über Anordnungen, Bußgeldbescheide und die Einlegung von Rechtsmitteln ist die Interessenvertretung unverzüglich zu informieren.
Der Interessenvertretung der Beschäftigten steht ein Recht zur Akteneinsicht zu.“
Die Kooperation von Interessenvertretung der Beschäftigten und Aufsichtsbehörden muss sich auch bei Betriebsbesichtigungen fortsetzen. Die Beteiligung des Betriebsrats, des Personalrats oder der Mitarbeitervertretung dient der Umsetzung von Art. 11 der Richtlinie 89/391/EWG.
Artikel 6 Folgeänderungen anderer Gesetze und Verordnungen Der Deutsche Gewerkschaftsbund spricht sich dafür aus, den Artikel 6 (3) Nr. 1 (Ergänzung des § 6 (4) Seeaufgabengesetz um einen neuen Satz 3) des Referentenentwurfs zu streichen, da zwar das
Seeaufgabengesetz redaktionell anzupassen ist, für eine zusätzliche Verordnungsermächtigung betreffend die Organisation des neuen Trägers jedoch kein Anlass besteht. Das bestehende
aufsichtsrechtliche Instrumentarium hat sich als ausreichend erwiesen.