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Archiv "Schweres Asthma" (12.12.2014)

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ÜBERSICHTSARBEIT

Schweres Asthma:

Definition, Diagnostik und Therapie

Marek Lommatzsch, J. Christian Virchow

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Eine Minderheit der Patienten mit Asthma hat trotz intensiver The- rapie ein nur teilweise kontrolliertes oder unkontrolliertes Asthma. Diese Pa- tienten stellen aufgrund der zeitaufwendigen Diagnostik, der Evidenzlage per- sonalisierter Therapieoptionen und des hohen Ressourcenverbrauchs das Ge- sundheitswesen vor besondere Herausforderungen.

Methode: Anhand einer selektiven Literaturrecherche und der klinischen Erfah- rungen der Autoren werden Definition, Diagnostik und Therapie von schwerem Asthma dargestellt.

Ergebnisse: Schweres Asthma besteht, wenn eine hochdosierte Therapie mit inhalativen Glukokortikoiden und zusätzlichen Wirkstoffen (langwirksame inha- lative Betamimetika, Montelukast und/oder Theophyllin) oder eine orale Gluko- kortikoidtherapie (mindestens sechs Monate pro Jahr) keine ausreichende Asthmakontrolle erzielt oder bei Therapiereduktion die Asthmakontrolle ver - loren geht. Vor Evaluation zusätzlicher Therapieoptionen sollten Differenzial - diagnosen ausgeschlossen, Komorbiditäten behandelt, persistierende Trigger eliminiert und die Adhärenz optimiert werden. Des Weiteren sollten Rehabilita- tionsmaßnahmen zur nachhaltigen Asthmastabilisierung und Verringerung von Fehltagen in Schule und Beruf angestrebt werden. Zu den medikamentösen Zusatzoptionen zählen Tiotropium, Omalizumab (bei IgE-vermitteltem Asthma) und Azithromycin (bei nichteosinophilem Asthma). Die Zulassung von Antikör- pern gegen Interleukin-5 oder dessen Rezeptor zur Behandlung von schwerem eosinophilen Asthma wird in den nächsten Jahren erwartet.

Schlussfolgerungen: Die Diagnostik und Therapie des schweren Asthmas ist zeitaufwendig und erfordert eine spezielle Erfahrung. Es besteht Bedarf an kompetenten Behandlungszentren, an ärztlicher Fortbildung und an Forschung zur Prävalenz von schwerem Asthma.

►Zitierweise

Lommatzsch M, Virchow JC: Severe asthma: definition, diagnosis and treatment.

Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 847–55. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0847

D

ie Prävalenz von Asthma hat im 20. Jahrhundert deutlich zugenommen und wird in Europa derzeit mit 5–10 % angegeben (1). Im 20. Jahrhundert dominierte die von Francis M. Rackemann 1918 vor - geschlagene Einteilung der Erkrankung in ein „aller - gisches Asthma“ (Nachweis einer allergischen Sen - sibilisierung) und ein „intrinsisches Asthma“ (kein Nachweis einer allergischen Sensibilisierung) das me- dizinische Denken (2, 3). Im 21. Jahrhundert wird dies langsam abgelöst von einer Asthmaphänotypisierung, die sich an Biomarkern zur gezielten Behandlung be- stimmter Subtypen orientiert. Auch die Klassifizierung in Schweregrade hat sich gewandelt: Die lungenfunk- tionell geprägte Schweregradeinteilung weicht einer Klassifizierung nach dem Grad der Asthmakontrolle.

Dieses Konzept hat sich in nationalen (www.versor gungsleitlinien.de) und internationalen Empfehlungen (www.ginasthma.com) durchgesetzt.

In der Praxis wird die Asthmakontrolle mit Fragebö- gen erfasst, wie dem „asthma control test“ (ACT) (Ta- belle 1) oder dem „asthma control questionnaire“

(ACQ) (4). Ein Großteil der Patienten lässt sich mit ei- ner modernen Standardtherapie erfolgreich behandeln:

Dies hat zu einem Rückgang notfallmedizinischer Ein- sätze und Hospitalisierungen bei Patienten mit Asthma geführt (5). Eine Minderheit zeigt jedoch trotz verord- neter intensiver Behandlung ein nur teilweise kontrol- liertes oder sogar unkontrolliertes Asthma. Dieses so- genannte „schwere Asthma“ rückt auch medizinökono- misch in den Fokus, da diese Minderheit den Großteil der medizinischen Ressourcen verbraucht (6, 7).

Definition

Eine universell akzeptierte Definition, nach welchen Charakteristika ein Asthma als schwer einzustufen ist, fehlt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) emp- fahl im Jahr 2010, schweres Asthma in drei Gruppen zu unterteilen (6) (Tabelle 2). Vorteil der WHO-Klassifika- tion ist die realistische Einschätzung der Patienten mit schwerem Asthma: Die Mehrheit ist nicht therapiere- fraktär, sondern entweder (8)

unbehandelt oder

falsch behandelt oder

schwierig zu behandeln (wegen fehlender Adhä- renz, fehlender Beseitigung von Triggern oder Komorbiditäten).

Aus der aktuellen Definition (2014) der European Respiratory Society (ERS) und der American Thoracic

Abteilung für Pneumologie/interdisziplinäre internistische Intensivstation, Universität Rostock, Rostock:

Prof. Dr. med. Lommatzsch, Prof. Dr. med. Virchow

(2)

Society (ATS) sind unbehandelte Patienten (die kein genuin schwergradiges Asthma haben müssen) entfernt worden. Die Kriterien für schweres Asthma wurden präzisiert (7) (Kasten 1). Auch der Begriff der Hoch - dosis inhalativer Glukokortikoide (ICS) wurde defi- niert (7) (Tabelle 3). Sie liegt im Einzelfall (Ciclesonid:

maximale zugelassene Tagesdosis 160 µg) oberhalb der in der Fachinformation festgelegten Tageshöchst- dosis. Beim lungenfunktionellen Definitionskriterium (forciertes exspiratorisches Volumen in der ersten Se- kunde [FEV1]: < 80 %) ist zu beachten, dass dieses nur bei eingeschränktem Tiffeneau-Index (FEV1/FVC [FVC, forcierte Vitalkapazität]: Parameter der Obstruk- tion) gilt: Dieser Zusatz ist wichtig, da auch restrikti - ve Ventilationsstörungen – die nicht automatisch den Asthma schweregrad erhöhen – eine niedrige FEV1 auf- weisen.

Diagnostik

Zur Basisdiagnostik (9) gehören:

Anamnese (Kasten 2)

klinische Untersuchung

Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie oder Ganz- körperplethysmographie) mit anschließender Re- versibilitätstestung (bei Obstruktion) oder Hyper- reagibilitätstestung (bei fehlender Obstruktion).

Zusätzlich sollte immer eine Allergiediagnostik (Anamnese, Hauttest, serologische Tests) erfolgen.

Andere Untersuchungen, zum Beispiel des exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO, Stickstoffmonoxid-Frak - tion in der Ausatemluft [in ppb, parts per billion]), sind optional (9). Patienten mit schwerem Asthma hatten typischerweise bereits eine Basisdiagnostik. Im Folgen- den wird erläutert, wie vorzugehen ist, wenn Betroffene sich zur Therapieoptimierung vorstellen.

TABELLE 1

Asthma Control Test (ACT): deutschsprachige Version

Beim ACT (4) müssen 5 Fragen beantwortet werden, pro Antwort werden 1–5 Punkte vergeben. Es können somit maximal 25 Punkte erreicht werden. In der Defini - tion der European Respiratory Society und der American Thoracic Society von 2014 ist ein Wert < 20 Punkte unter Hochdosis-ICS-Therapie (ICS, inhalative Gluko- kortikoide) mit zusätzlichem Controller oder unter oraler Kortikosteroid-Therapie > 6 Monate pro Jahr als schweres Asthma definiert.

Alltags- einschränkung

Beschwerden tagsüber

Beschwerden nachts

Nutzung Notfallinhalator

subjektive Einschätzung

1 Punkt

Wie oft hat Ihr Asthma Sie in den letzten 4 Wochen daran gehindert, bei der Arbeit, in der Schule/im Studium oder zu Hause so viel zu erledigen wie sonst?

immer

Wie oft haben Sie in den letzten 4 Wochen unter Kurzatmigkeit gelitten?

> 1 x/Tag

Wie oft sind Sie in den letzten 4 Wochen wegen Ihrer Asthmabeschwerden (pfeifendes Atemgeräusch, Husten, Kurzatmigkeit, Engegefühl oder Schmerzen in der Brust)

nachts wach geworden oder morgens früher als gewöhnlich aufgewacht?

> 3 x/Woche

Wie oft haben Sie in den letzten 4 Wochen Ihren Notfallinhalator eingesetzt?

> 2 x/Tag

Wie gut hatten Sie in den letzten 4 Wochen Ihr Asthma unter Kontrolle?

überhaupt nicht

2 Punkte

meistens

1 x/Tag

2–3 x/Woche

1–2 x/Tag

schlecht

3 Punkte

manchmal

3–6 x/Woche

1 x/Woche

2–3 x/Woche

einigermaßen

4 Punkte

selten

1–2 x/Woche

1–2 x/Monat

< 2 x/Woche

gut

5 Punkte

nie

überhaupt nicht

überhaupt nicht

überhaupt nicht

völlig

TABELLE 2

Einteilung des schweren Asthmas nach WHO-Empfehlung (2010) (6)

WHO, World Health Organization WHO-Klasse

I II III

Bezeichnung

unbehandeltes schweres Asthma schwierig zu behandelndes Asthma therapierefraktäres Asthma

Erläuterung

fehlende Asthmakontrolle bei bislang unbehandeltem Asthma fehlende Asthmakontrolle bei Adhärenzproblemen, persistieren- den Triggern oder Komorbiditäten

fehlende Asthmakontrolle trotz maximaler Therapie oder Asthmakontrolle, die nur unter maximaler Therapie aufrechter- halten werden kann

(3)

Ausschluss von Differenzialdiagnosen

Bei vermutetem schwerem Asthma sollten zunächst Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden, die ein Asthma imitieren können (Kasten 3). Das erfor- dert eine ausführliche Anamnese (Kasten 2). Da in Europa bis zu 40 % der Patienten mit Asthma rau- chen (10), sollte zur Abgrenzung von einer chro- nisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) ne- ben einem akuten Reversibilitätstest (mit einem kurzwirksamen Bronchodilatator) auch eine subaku- te Reversibilitätstestung mit einem systemischen Steroid (zum Beispiel Prednisolon 50 mg über 7–14 Tage) erfolgen. Kommt es unter der Prednisolon- stoß-Therapie zu einer weitgehenden oder vollstän- digen Normalisierung der Lungenfunktion, ist eine COPD unwahrscheinlich.

Des Weiteren kann eine Computertomographie des Thorax (CT-Thorax) sinnvoll sein, da mit ihr vie- le Differenzialdiagnosen (unter anderem Malforma- tionen, Dysplasien, Raumforderungen, Bronchioliti- den, Bronchiektasen, Lungenembolien, Alveolitiden, diverse interstitielle Lungenerkrankungen) abgeklärt werden können. Daher gibt es eine schwache Emp- fehlung für eine CT-Thorax-Untersuchung bei atypi- scher Präsentation eines schweren Asthmas seitens des Konsensuspapiers der Fachgesellschaften ERS und ATS (7). Zusätzlich können sinnvoll sein:

eine Bronchoskopie – zum Ausschluss endobron- chialer Veränderungen, zur Biopsie oder zur diag- nostischen bronchoalveolären Lavage

eine Echokardiographie – zum Ausschluss einer Herzinsuffizienz beziehungsweise struktureller Herzerkrankungen

eine 24-Stunden-pH-Metrie – zum Ausschluss ei- nes gastroösophagealen Reflux.

Ausschluss von Erkrankungen, die mit Asthma einhergehen können

Die Aspirin-exazerbierte Atemwegserkrankung („aspirin exacerbated respiratory disease“, AERD; auch als ASS- Intoleranz [ASS, Acetylsalicylsäure] bezeichnet) ist eine Unverträglichkeit gegenüber Cyclooxygenase (COX)-1-Hemmern, die mit ASS-Überempfindlichkeit, Polyposis nasi, chronischer Sinusitis und – oft schwe- rem – Asthma einhergeht. Die genaue AERD-Prävalenz ist nicht sicher und wird zwischen 4–21 % der Asthma- patienten angegeben (37). Die Diagnose kann nur durch eine (stationäre) ASS-Provokation gesichert wer- den, da es keine validen Haut- oder Labortests für eine AERD gibt (9).

An eine allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) ist zu denken bei

sehr hohen Gesamt-IgE-Konzentrationen (meist weit über 1 000 kU/L)

spezifischen IgG- und IgE-Antikörpern gegen As- pergillus fumigatus (inbesondere aber IgE-Anti- körpern gegen die rekombinanten Aspergillus- Antigene rAsp f4 und rAsp f6)

flüchtigen pulmonalen Infiltraten

zentralen Bronchiektasen.

An ein Churg-Strauss-Syndrom (CSS) sollte gedacht werden bei

Nachweis von > 10 % Eosinophilen im Blut

wechselnden pulmonalen Infiltraten

Sinusitis

Neuropathie.

KASTEN 1

Definition schweres Asthma (nach ERS/ATS 2014) (7)

Unter Therapie mit

Hochdosis-ICS + mindestens einem zusätzlichen Controller (LABA oder Montelukast oder Theophyllin) oder

oralen Glukokortikoiden > 6 Monate/Jahr

trifft mindestens einer der folgenden Punkte zu bzw. würde bei Reduktion der Therapie zutreffen:

ACT < 20 oder ACQ > 1,5

mindestens 2 Exazerbationen in den letzten 12 Monaten

mindestens 1 Exazerbation mit Krankenhausbehandlung oder Beatmungs - notwendigkeit in den letzten 12 Monaten

FEV1 < 80 % (bei FEV1/FVC unterhalb der Altersnorm)

Mit der Altersnorm des FEV1/FVC-Quotienten ist das altersabhängige, sogenannte lower limit of normal (LLN) des FEV1/FVC-Quotienten gemeint, das mit entsprechender Spirometersoftware berechnet werden kann. In den aktuellen Empfehlungen wird ein FEV1/FVC-Quotient < LLN zur Detektion einer Atemwegsobstruktion empfohlen (40). Falls das LLN jedoch nicht bekannt ist, kann aus Sicht der Autoren weiterhin auch der bisherige generelle Grenzwert (FEV1/FVC < 70 % bei Erwachsenen, FEV1/FVC< 75 % bei Kindern) verwandt werden.

ICS, inhalative Glukokortikoide; ACT, „asthma control test“; ACQ, „asthma control questionnaire“;

FEV1, forciertes exspiratorisches Volumen in der ersten Sekunde; FVC, forcierte Vitalkapazität;

ERS, European Respiratory Society; ATS, American Thoracic Society; LABA, „long-acting beta2-agonist“

TABELLE 3

Definition der ICS-Hochdosis-Therapie gemäß ERS/ATS-Konsensus 2014

Dargestellt sind die Tagesgesamtdosen inhalativer Steroide (ICS), die gemäß Konsensus (7) der European Respiratory Society (ERS) und der American Thoracic Society (ATS) als Hochdosis-ICS-Therapie gelten, nach Altersgruppen getrennt (6 bis 12-jährige Patienten und Patienten > 12 Jahre alt).

Die auf den Inhalationsgeräten angegebenen Dosierungen weichen manchmal von den Dosierungen ab, die in die Berechnung der Hochdosis eingehen. So wird bei der Fixkombination Budesonid/Formoterol die Dosis angegeben, die das Mundstück verlässt (in der höchsten Dosierung: 360 µg pro Inhalation).

In die Berechnung der Hochdosis geht jedoch die im Gerät abgemessene Dosis ein (400 µg Budesonid).

Bei der Fixkombination Beclometason/Formoterol (Dosieraerosol) wird eine Dosis von 100 µg Beclometason angegeben. Aufgrund der extrafeinen Zubereitung entspricht diese Dosis aber 250 µg Beclo metason in einer nicht extrafeinen Zubereitung: Die letztere Dosis geht in die Berechnung der Hoch dosis ein.

*1 Beclometason-Dosis gilt für Pulverinhalatoren

*2 Beclometason-Dosis gilt für Hydrofluoralkan(HFA)-Dosieraerosole

*3 für Kinder unter 12 Jahren in Deutschland nicht zugelassen Beclometason

Budesonid Ciclesonid Fluticasonpropionat Mometasonfuroat

6–12 Jahre

≥ 800 µg*1

≥ 320 µg*2

≥ 800 µg

≥ 160 µg*3

≥ 500 µg

≥ 500 µg*3

> 12 Jahre

≥ 2 000 µg*1

≥ 1 000 µg*2

≥ 1 600 µg

≥ 320 µg

≥ 1 000 µg

≥ 800 µg

(4)

Dieser Verdacht sollte möglichst mittels Biopsie (Nachweis extravaskulärer eosinophiler Infiltrationen) weiter abgeklärt werden.

Adhärenz, Trigger und Komorbiditäten

Häufige Ursachen eines schweren Asthmas sind schlechte Therapieadhärenz und/oder persistierende Trigger (WHO-Klasse II: Tabelle 2) (8). Vor jeder Er- weiterung der Medikation sollten daher die Adhärenz und das Vorliegen von Triggern systematisch geprüft werden (Kasten 4). Des Weiteren muss nach Komorbi- ditäten geforscht werden, die den Asthmaschweregrad beeinflussen, wie etwa chronische Rhinosinusitis, gas- troösophagealer Reflux, schlafbezogene Atmungsstö- rungen oder kardiale Erkrankungen. Adipositas kann nicht nur ein Asthma negativ beeinflussen, sondern sel- ber Ursache von Asthmafehldiagnosen sein, da sowohl die Symptomatik als auch die lungenfunktionellen Be- funde ein Asthma imitieren können (7). Hier ist eine pneumologische Begutachtung notwendig.

Wie häufig COPD und Asthma gemeinsam auftreten, wird gegenwärtig unter dem Schlagwort des „Asthma- COPD-overlap-Syndroms“ (ACOS) diskutiert (www.gi nasthma.com). In der Mehrheit der unklaren Fälle findet sich jedoch bei sorgfältiger Anamneseerhebung und Ver- laufskontrolle eine relativ klare Zuordnung zum Krank- heitsbild einer COPD oder eines Asthmas. Hinweise auf eine psychiatrische Komorbidität – eine Depression oder Angststörung liegen bei bis zu 50 % der Patienten vor – sollten fachärztlich abgeklärt werden (11, 12).

Biomarker

Allergietests (Prick-Test und/oder Bestimmung All- ergen-spezifischer IgE-Antikörper) gehören zur Standardabklärung, die Gesamt-IgE-Konzentration im Serum ist zur Evaluation einer Omalizumab-The- rapie notwendig (9). Das Differenzialblutbild wird zur Bestimmung des eosinophilen Phänotyps benö- tigt (dies ist unter anderem für die Frage einer Anti- Interleukin(IL)-5-Therapie oder einer Makrolid-The- rapie essenziell) (13). Dabei ist die Gesamtzahl an Eosinophilen entscheidend: Es werden aktuell Grenzwerte zwischen 0,15 × 109/L (13, 14) und 0,3 × 109/L (15) diskutiert. Eine systemische Gluko- kortikoid-Therapie verhindert die Feststellung des genuinen Eosinophiliestatus: Hier kann ein Auslass- versuch zur Klärung erwogen werden. Von einer Therapiesteuerung mittels FeNO-Messung wird im ERS/ATS-Konsensuspapier mit schwacher Empfeh- lung abgeraten (7). Persistierend hohe FeNO-Werte (> 50 ppb) unter Hochdosis-ICS-Therapie können jedoch auf mangelnde Adhärenz, persistierende All- ergenexposition oder starke intrinsische Krankheits- aktivität hinweisen (16).

Therapie

Details der Standardtherapie lassen sich der Asthma- leitlinie (17) und der nationalen Versorgungsleitlinie entnehmen. Die Basistherapie besteht aus einem inha- lativen Glukokortikoid (ICS), das bei unzureichender Asthmakontrolle um zusätzliche Controller ergänzt KASTEN 2

Inhalte einer detaillierten Anamneseerhebung bei Asthma

Art, Dauer und Auslöser der Beschwerden

Lebensalter und Begleitumstände bei erstmaligem Auftreten der Beschwerden

Bezug der Beschwerden zu körperlicher Belastung und zum beruflichen Umfeld

jahreszeitlicher und tageszeitlicher Verlauf der Beschwerden

Änderung der Beschwerden unter Asthma-spezifischen Therapien

Änderung der Beschwerden auf Reisen

aktives und passives Rauchen

Allergien und Komorbiditäten

Familienanamnese (Asthma/allergische Erkrankungen)

regelmäßige Tierkontakte

berufliche oder private Stressoren

Verträglichkeit von Cyclooxygenase(COX)-1-Hemmern

Dauermedikation, Therapieadhärenz, Inhalationstechnik

Exazerbationen/Hospitalisierungen in den letzten 12 Monaten

KASTEN 3

Erkrankungen, die ein Asthma häufig imitieren

angeborene oder erworbene Immundefekte

primäre ziliäre Dyskinesie

zystische Fibrose (CF)

„vocal cord dysfunction“ (VCD)

Stenosen der zentralen Atemwege

rezidivierende Aspiration

Bronchiolitis

gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD)

psychogene Hyperventilation

chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Herzinsuffizienz

Medikamentennebenwirkungen (z. B. ACE-Hemmer-induzierter Husten)

(rezidivierende) Lungenembolie

ACE, Angiotensin-konvertierendes Enzym

(5)

wird: langwirksame inhalative Betamimetika (LABA), Montelukast und/oder Theophyllin. Falls diese Thera- pie das Asthma nicht ausreichend kontrolliert, werden orale Glukokortikoide (zum Beispiel Prednisolon) hin- zugefügt. Eine spezifische Immuntherapie (Hyposensi- bilisierung) ist bei schwerem Asthma nur eine theoreti- sche Option, da (18, 19)

entweder kein nachweisbares Allergen oder eine Polysensibilisierung ohne klare Beziehung zwi- schen Allergenexposition und Symptomen vor- liegt

die Lungenfunktion oft zu schlecht ist (aus Si- cherheitsgründen wird eine FEV1 > 70 % gefor- dert)

randomisierte klinische Studien zu schwerem Asthma fehlen.

Obwohl es Patienten mit schwerem Asthma häufig an Vitamin D mangelt, kann aufgrund der aktuellen Studienlage eine Vitamin-D-Therapie nicht generell empfohlen werden (20). Bei den Erkrankungen, die mit Asthma einhergehen, gibt es spezifische Thera- pieprinzipien (Tabelle 4). Im Folgenden soll auf die Basismaßnahmen und therapeutische Zusatzoptionen nach Diagnose eines schweren Asthmas eingegangen werden.

Basismaßnahmen

Optimierung der inhalativen Therapie

Schlechte Inhalationstechnik und mangelnde Therapie- adhärenz sind häufige (banale) Ursachen für unkontrol- liertes Asthma. Gegebenenfalls ist der Patient erneut zu schulen und aufzuklären, wozu im Internet auch Lehr-

filme (circa 2–3 min pro Film) kostenfrei zur Verfü- gung stehen (www.atemwegsliga.de). Ob eine Umstel- lung auf Inhalatoren mit extrafeiner Formulierung (mittlere Teilchengröße von 1–3 µm) über eine bessere ICS-Deposition in den kleineren Atemwegen die Asth- makontrolle verbessern kann, wird diskutiert (21). We- sentlicher Schlüssel zum Erfolg inhalativer Therapien ist die Optimierung der Patient-Inhalator-Interaktion, daher sollte der Patient in die Auswahl des Inhalations- gerätes einbezogen werden (zum Beispiel Pulverinha- lator oder Dosieraerosol). Schließlich bleibt zu prüfen, ob die in der Fachinformation beschriebene ICS-Tages- höchstdosis beziehungsweise die in der internationalen Empfehlung beschriebene ICS-Hochdosis (Tabelle 3) verordnet wurde.

Elimination persistierender Trigger

Persistierende Asthmatrigger sind wesentliches Merk- mal des schwierig zu behandelnden Asthmas (WHO- Klasse II). Die Identifizierung persistierender (oft pe- rennialer häuslicher) Allergenquellen kann herausfor- dernd sein. Einerseits kann es sich um seltene Allergene handeln, andererseits kann die Exposition wenig offen- sichtlich sein und vom Patienten als nicht berichtens- wert empfunden werden. Noch schwieriger kann auf- grund emotionaler Hindernisse die Beseitigung der All- ergenquellen sein (zum Beispiel die Katze). Eine unter- schätzte Herausforderung ist die Beseitigung von Be- rufsallergenen, deren Meidung für viele Betroffene nicht nur emotional, sondern auch existenziell bedroh- lich sein kann (zum Beispiel ein Bäcker in Familientra- dition).

KASTEN 4

Systematische Prüfung der Adhärenz und persistierender Trigger

Versteht der Patient das Konzept der inhalativen Therapie zur Asthmakontrolle?

Erfolgt eine leitliniengerechte, dem Schweregrad der Erkrankung angepasste inhalative Basistherapie?

Geht der Patient korrekt mit dem Inhalator/den Inhalatoren um? (wenn nein: Wer schult den Patienten, und wer kontrolliert den Schulungserfolg?)

Nutzt der Patient die inhalative Therapie regelmäßig?

(wenn nein: Wie lässt sich dies individuell optimieren?)

Wird Tabakrauch aktiv und passiv gemieden?

Kennt der Patient sein Allergenspektrum, und werden auslösende Allergene effektiv vermieden?

Werden nicht empfohlene Medikamente gemieden (z. B. Betablocker, für die es kardiologische Behand- lungsalternativen gäbe)?

TABELLE 4

Therapieprinzipien bei mit Asthma einhergehenden Erkrankungen

ASS, Acetylsalicylsäure Erkrankung Aspirin-exazerbierte Atemwegserkrankung („ASS-Intoleranz“)

allergische bronchopulmonale Aspergillose

Churg-Strauss-Syndrom

Abkürzung AERD

ABPA

CSS

Therapieprinzipien

lebenslange Therapie mit ASS (mindestens 300 mg/Tag);

stationäre Therapieeinleitung zwingend erforderlich (37) systemische

Glukokortikoid-Therapie, beginnend mit 0,5–0,75 mg Prednisolon-Äquivalent/kg Körpergewicht, in absteigender Dosierung, bei rezidivierenden Exazerbationen begleitend antimykotische Therapie (mit Itraconazol, bei Unverträglichkeit alternativ Voriconazol) (7, 38) Therapie mit einem Glukokortikoid und einem zusätzlichen Immunsuppressivum (Methotrexat, Cyclophosphamid oder Azathioprin);

nach hochdosierter Initialtherapie schrittweise Reduktion auf niedrigstmögliche Dauer - therapie (39)

(6)

Behandlung typischer Komorbiditäten

Bei Adipositas kann eine Gewichtsreduktion die Asth- makontrolle positiv beeinflussen (22). Eine chronische Rhinosinusitis ist ein wichtiger Asthmatrigger und soll- te fachärztlich abgeklärt und konsequent therapiert werden: Hierzu existiert eine Leitlinie (ARIA, „allergic rhinitis and its impact on asthma”) (23). Eine sympto- matische gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD) erfordert ebenso eine Therapie wie eine De- pression oder eine Angststörung (11, 12).

Therapeutische Zusatzoptionen

Falls die oben genannten Basismaßnahmen ausge- schöpft wurden, gilt es, zusätzliche Therapieoptionen zu evaluieren, die insbesondere der Reduktion der ora- len und inhalativen Glukokortikoiddosis dienen. Die

generelle Evidenzlage dieser Zusatzoptionen ist schwach (7), da jeweils nur wenige spezifische klini- sche Studien zu schwerem Asthma vorliegen. Daher können im klinischen Alltag Therapieentscheidungen vielfach nur mit Erfahrungswissen und anhand von Analogieschlüssen getroffen werden. Die Therapieop- tionen lassen sich einteilen in Behandlungen, die ohne weitere Phänotypisierung eingeleitet werden können, und solche, die einer weiteren Phänotypisierung bedür- fen (Grafik 1).

Rehabilitation

Asthma erfordert bei der Mehrzahl der Betroffenen eine lebenslange medizinische Versorgung, deren optimale Einstellung sich ambulant oder in Akutkrankenhäusern nicht leisten lässt. Deshalb ist eine stationäre Rehabilita- GRAFIK 1

Algorithmus zur Diagnostik und Therapie von schwerem Asthma

*1 derzeit in Deutschland nur im Rahmen von klinischen Studien möglich

*2 bei niedriger Bluteosinophilenzahl (< 0,2 x 109/L unter systemischer Glukokortikoidkarenz) und unter Beachtung eventueller Kontraindikationen für eine Makrolid-Therapie

ICS, inhalatives Glukokortikoid; LABA, langwirksames inhalatives Betamimetikum; ABPA, allergische bronchopulmonale Aspergillose; CSS, Churg-Strauss-Syndrom; AERD, Aspirin-exazerbierte Atemwegserkrankung (ASS-Intoleranz);

IgE, Immunglobulin E; IL, Interleukin – Rehabilitation

– Tiotropium

Einschluss in das Register

„schweres Asthma“

anstreben

– IgE-vermitteltes Asthma: Omalizumab – eosinophiles Asthma: Anti-IL-5-Therapie*1 – nichteosinophiles Asthma: Azithromycin*2 Hochdosis-ICS-Therapie mit zusätzlichen Controllern (LABA, Montelukast und/oder Theophyllin)

bzw. orale Glukokortikoid-Therapie > 6 Monate pro Jahr:

darunter keine Asthmakontrolle oder Kontrollverlust bei Therapiereduktion

Überweisung zum Facharzt/Spezialisten erwägen

nein

nein

ohne Phänotypisierung

Evaluation zusätzlicher Therapieoptionen

mit Phänotypisierung

ja Therapie

der Grunderkrankung

ja

– Ausschalten der Trigger – Therapie der Komorbiditäten – Steigerung der Adhärenz – Inhalatorschulungen bzw. Auswahl

eines für den Patienten evtl.

geeigneteren Inhalators Liegt eine andere Erkrankung vor?

Liegt eine mit Asthma einhergehende Erkrankung vor (ABPA, CSS, AERD)?

Gibt es persistierende Trigger oder Komorbiditäten?

Nutzt der Patient die Therapie unregelmäßig?

Gibt es Probleme beim Umgang mit dem Inhalator?

(7)

tion in geeigneten Fachkliniken anzustreben. Dies gilt insbesondere für Patienten mit schwerem Asthma, bei denen häufig psychosoziale oder sozioökonomische Ko- faktoren zum Asthmaschweregrad beitragen (24, 25).

Rehabilitationsmaßnahmen helfen bei der Einarbeitung therapeutischer Notwendigkeiten in die tägliche Routine und vermitteln dem Patienten Krankheitskenntnisse, die eine Selbstorganisation im Alltag ermöglichen. Eine Re- habilitation kann zur nachhaltigen Asthmastabilisierung und deutlichen Verringerung des Ressourcenverbrauchs – weniger Hospitalisierungen und weniger Fehltage in Schule und Beruf – führen (26).

Langwirksame Anticholinergika

Der Einsatz langwirksamer Anticholinergika (LAMA) ist naheliegend, da primär der Parasympathikus den Atemwegstonus des Menschen steuert (27) (Grafik 2).

Drei placebo kontrollierte klinische Studien zeigten übereinstimmend, dass eine Zusatztherapie mit Tiotro- pium die Lungenfunktion (mittlere FEV1-Anstiege um etwa 100 mL über den Placeboeffekt) bei Asthmapa- tienten verbessert und die Zahl an Exazerbationen senkt. Diese Patienten hatten trotz höherdosierter ICS/

LABA-Therapie (ICS-Dosis: ≥ 800 µg Budesonidäqui- valent) persistierende Symptome und mindestens eine mit systemischen Glukokortikoiden behandelte Exazer- bation in den letzten 12 Monaten (28, 29). Tiotropium wurde daher mit dieser Einschränkung (höherdosierte ICS-LABA-Kombinationstherapie, mindestens eine mit systemischen Glukokortikoiden behandelte Exazer- bation in den letzten 12 Monaten) im September 2014 in Deutschland für Patienten mit Asthma zugelassen.

Für andere langwirksame Anticholinergika (Glycopyr- ronium, Aclidinium, Umeclidinium) liegen bislang kei- ne Zulassungsstudien für die Indikation Asthma vor.

Anti-IgE

Bei Patienten mit schwerem allergischen Asthma führt eine zusätzliche Therapie mit dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab zur Reduktion schwerer Exazerbationen (um 50 %), zur Besserung der Asthmakontrolle und der Lebensqualität (30) und zur Abnahme des Glukokorti- koidbedarfs: Die mittlere Prednisolontagesdosis sinkt von 15,5 mg auf 5,8 mg (31). Die Omalizumab-Thera- pie ist nebenwirkungsarm (32), aber kostenintensiv.

Omalizumab wird alle zwei bis vier Wochen subkutan appliziert und ist unter folgenden Voraussetzungen zu- gelassen:

persistierende Symptome und rezidivierende Exa- zerbationen trotz ICS/LABA-Hochdosistherapie

FEV1 < 80 %

Sensibilisierung gegen ein ganzjährig auftreten- des Aeroallergen

Gesamt-IgE zwischen 30–1 500 kU/L Serum (ab einem Körpergewicht > 50 kg ergeben sich aller- dings niedrigere Obergrenzen: siehe Fachinfor- mation).

Bleibt eine Verbesserung innerhalb von vier Monaten Therapie aus, ist ein Ansprechen im weiteren Verlauf un- wahrscheinlich (7). Omalizumab kann bei intrinsischem Asthma (Patienten ohne Allergienachweis) genauso wirksam sein wie bei allergischem Asthma (3), ist dafür aber nicht zugelassen: Diese „off-label”-Option sollte in einem ausgewiesenen Zentrum geprüft werden.

GRAFIK 2 Steuerung des Atemwegstonus beim

Menschen und Wirkung von Broncho - dilatatoren (vereinfachte Darstellung).

Präganglionäre parasympathische Nerven - fasern (aus dem N. vagus) schalten in den parasympathischen Ganglien in der Atem- wegswand auf postganglionäre parasym - pa thische Fasern um, die durch Acetylcholin- Freisetzung zu einer Bronchokonstriktion führen (vor allem vermittelt durch den M3- Rezeptor auf der glatten Muskulatur).

Postganglionäre sympathische Fasern inner- vieren die humane Atemwegsmuskulatur nicht, sondern beeinflussen indirekt (unter anderem über die Innervation der parasym - pathischen Ganglien und über die Steuerung der Gefäßpermeabilität und Katecholamin- Freisetzung) den Atemwegstonus. Langwirk- same inhalative Parasympathiko lytika („long-acting muscarinic antagonists“, LAMA) führen über eine Hemmung von muskariner gen Rezeptoren (insbesondere des M3-Rezeptors) zu einer Bronchodilatation. Langwirksame inhalative Beta-Mimetika („long-acting beta2-agonists“, LABA) bewirken vor allem über eine Stimulation von β2-Rezeptoren auf der glatten Atemwegs-Muskulatur eine Bronchodilatation (27).

Epithel

glatte Muskulatur

Gefäße Sympathikus

Parasympathikus

LAMA

LABA

M3

β2

(8)

Makrolide

Aufgrund immunmodulierender Effekte wird der Ein- satz von Makroliden bei Asthma seit Jahren diskutiert.

In einer klinischen Studie senkte Azithromycin (3 × 250 mg pro Woche; initial 250 mg pro Tag über 5 Tage) bei schwerem nichteosinophilem Asthma – nicht jedoch bei eosinophilem Asthma – das Exazerba- tionsrisiko um 46 % (33). Aufgrund potenzieller Ne- benwirkungen (Ototoxizität, QT-Zeitverlängerung, Entwicklung von Makrolidresistenzen) und des Vorlie- gens von nur einer positiven Studie wird im aktuellen ERS/ATS-Konsensuspapier von einer Makrolid-Dauer- therapie bei schwerem Asthma mit schwacher Empfeh- lung abgeraten (7). Da alternative spezifische Therapie- optionen für nichteosinophiles Asthma fehlen, kann je- doch aus Sicht der Autoren eine Azithromycin-Thera- pie als Ultima Ratio bei häufigen Exazerbationen und niedriger Bluteosinophilenzahl (< 0,2 × 109/L unter systemischer Glukokortikoidkarenz) erwogen werden.

Potenzielle zukünftige Therapieoptionen

Zum Phosphodiesterase-4-Hemmer Roflumilast, der bei Asthma eine klinische Wirksamkeit zeigte (34), lie- gen noch keine Studien als Zusatztherapieoption bei schwerem Asthma vor. Eine Thermoplastie (endobron- chiale Radiofrequenzablation via Spezialkatheter) soll- te, trotz erster positiver Studiendaten, ausschließlich im Rahmen von klinischen Studien oder unabhängigen und geprüften Registern durchgeführt werden (7). Der Einsatz von Antikörpern gegen Interleukin-5 (Mepoli- zumab, Reslizumab) oder dessen Rezeptor (Benralizu- mab) wird aktuell in Phase-III-Studien bei Patienten mit eosinophilem Asthma geprüft (14, 15, 35). Patien- ten können derzeit nur im Rahmen von Studien mit An- ti-IL-5-Antikörpern beziehungsweise Anti-IL-5-Rezep- tor-Antikörpern behandelt werden. Die Zulassung für schweres eosinophiles Asthma wird in Deutschland in den nächsten Jahren erwartet. In klinischer Entwick- lung befinden sich Antagonisten von Th2-Zytokinen (Lebrikizumab, Tralokinumab, Dupilumab) (35).

Herausforderungen bei der Therapieoptimierung

Die Betreuung von Patienten mit schwerem Asthma er- fordert spezielle Erfahrung, ist zeitaufwendig und be- wegt sich therapeutisch oft in Bereichen, die jenseits aktueller Zulassungen liegen. Dies führt dazu, dass schweres Asthma bisweilen nicht ausreichend diagnos- tiziert und therapiert wird (36). Daher ist aus Sicht der Autoren anzustreben,

möglichst viele der Patienten in das deutschland- weite Register „schweres Asthma“ einzuschließen (www.german-asthma-net.de)

die Diagnostik und Therapie des schweren Asth- mas in der Qualifikation der Ärzte besser zu im- plementieren

Patienten mit schwerem Asthma in spezialisierten Zentren zur Mitbeurteilung vorzustellen, um den Patienten die Möglichkeit zu geben, an aktuellen klinischen Studien teilzunehmen.

Interessenkonflikt

Prof. Lommatzsch erhielt Honorare für Beratungen und Vorträge sowie Reise- kosten und Teilnahmegebühren von den Firmen Allergopharma, Astra Zeneca, Bencard, Berlin-Chemie, Boehringer-Ingelheim, Chiesi, GSK, Janssen-Cilag, MSD, Mundipharma, Novartis, Nycomed/Takeda, TEVA, UCB. Darüber hinaus bekam er von Astra Zeneca Honorare für klinische Auftragsstudien und Gelder für Forschungsvorhaben von der Firma GSK.

Prof. Virchow erhielt Honorare für Beratungen und Vorträge sowie Reisekosten und Teilnahmegebühren von den Firmen Allergopharma, Astra Zeneca, Avon- tec, Bayer, Bencard, Berlin-Chemie, Bionorica, Boehringer-Ingelheim, Chiesi, Essex/Schering-Plough, GSK, Janssen-Cilag, Leti, MEDA, Merck, MSD, Mundi- pharma, Novartis, Nycomed/Takeda, Pfizer, Revotar, Roche, Sanofi-Aventis, Sandoz-Hexal, Stallergens, TEVA, UCB, Zydus/Cadila. Darüber hinaus bekam er Gelder für Forschungsvorhaben von der Firma GSK und MSD.

Manuskriptdaten

eingereicht: 30. 5. 2014, revidierte Fassung angenommen: 11. 9. 2014

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KERNAUSSAGEN

Seitens der internationalen respiratorischen Fachgesell- schaften wurde im Jahr 2014 der Begriff „schweres Asth- ma“ genau definiert.

Der Ausschluss von Differenzialdiagnosen, die Behand- lung von Komorbiditäten, die Elimination persitierender Trigger und die Adhärenzsteigerung sind Basismaßnah- men bei einer Therapieevaluation von schwerem Asth- ma.

Rehabilitationsmaßnahmen und Therapien mit Tiotropi- um, Omalizumab oder Azithromycin sind Zusatztherapie- optionen bei schwerem Asthma.

Die Zulassung von Antikörpern gegen Interleukin-5 oder dessen Rezeptor für die Behandlung von schwerem eo- sinophilen Asthma wird in den nächsten Jahren erwartet.

Es besteht Bedarf an Forschung zur Prävalenz von schwerem Asthma, an kompetenten Zentren und an ärztlicher Fortbildung.

(9)

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Marek Lommatzsch

Abteilung für Pneumologie/Interdisziplinäre Internistische Intensivstation Medizinische Klinik I, Zentrum für Innere Medizin

Universitätsmedizin Rostock Ernst-Heydemann-Straße 6 18057 Rostock

marek.lommatzsch@med.uni-rostock.de

Zitierweise

Lommatzsch M, Virchow JC:

Severe asthma: definition, diagnosis and treatment.

Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 847–55.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0847

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The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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