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Archiv "Arzt im Praktikum – die zulässigen Tätigkeiten" (18.07.1988)

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I

Je näher

der Beginn der Praxis- phase ruckt, um so vehementer wird über den Sinn der damit verbundenen Verlängerung der ärztlichen Ausbildung sowie die Einsatzmöglichkeiten des „Arz- tes im Praktikum" (AiP) disku- tiert. Von den Einsatzmöglich- keiten aber hängt es wesentlich ab, ob und wie die Praxisphase reduziert werden kann. Der Verfasser wägt die Rechtslage ab und kommt zu praktikablen Ergebnissen. Dr. Baur ist Justi- tiar des Verbandes der leiten- den Krankenhausärzte. Seine Ausführungen gelten für den AiP-Einsatz im Krankenhaus - hier dürften die AiP ja auch im wesentlichen tätig werden -, können aber auch auf andere Einsatzbereiche, etwa Praxen niedergelassener Ärzte, über- tragen werden.

Es ist also festzustellen, daß das Gesetz die Tätigkeit des AiP aus- drücklich als ärztliche Tätigkeit defi- niert, den AiP als Arzt mit be- schränkter Betätigungserlaubnis be- zeichnet und verlangt, daß dem AiP Gelegenheit zur Ausübung ärzt- licher Tätigkeiten gegeben werden soll, damit er am Ende der AiP-Zeit in der Lage ist, den ärztlichen Beruf eigenverantwortlich und selbstän- dig, also in freier Praxis, auszuüben.

Schließlich soll der AiP die ihm zu- gewiesenen ärztlichen Tätigkeiten mit einem wachsenden Maß an Ver- antwortlichkeit verrichten.

Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß von der Tätigkeit

AKTUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arzt im Praktikum Ulrich Balz

die zulässigen Tätigkeiten

Die Rechtsgrundlagen und ihre Interpretation

Die Tätigkeit als Arzt im Prakti- kum findet seine Grundlegung in der Bundesärzteordnung und seine Aus- gestaltung in der Approbationsord- nung für Arzte. Danach müssen Me- dizinstudenten, die den dritten Ab- schnitt der Ausbildung nach dem 1.

Juli 1988 mit dem Examen abschlie- ßen, eine Tätigkeit als Arzt im Prak- tikum als Teil der Ausbildung absol- vieren. Die ärztliche Ausbildung wird zukünftig also aus dem Studium einschließlich der praktischen Aus- bildung in Krankenhäusern und aus einer anschließenden Tätigkeit als Arzt im Praktikum bestehen. Nach bestandener Prüfung wird auf An- trag eine beschränkte Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs in der Funktion als Arzt im Praktikum erteilt (so § 10 Abs. 4 und Abs. 6 Bundesärzteordnung — BÄO). Diese Tätigkeit soll gemäß § 4 Abs. 4 BÄO so gestaltet werden, daß der Arzt im Praktikum unter Aufsicht eines approbierten Arztes ärztliche Tätigkeit verrichtet und ärztliche Er- fahrungen sammeln kann. Ergän- zend hierzu bestimmt § 34 b Appro- bationsordnung, daß der AiP unter der Aufsicht von approbierten Ärz- ten ärztlich tätig wird und daß er sei- ne Kenntnisse und praktischen Fä- higkeiten zu vertiefen hat. Ihm muß ausreichend Gelegenheit gegeben werden, ärztliche Tätigkeiten auszu- üben und allgemein ärztliche Erfah- rungen zu sammeln. Schließlich soll er gemäß § 34 b Satz 4 die ihm zuge- wiesenen ärztlichen Tätigkeiten mit einem dem wachsenden Stand seiner Kenntnisse und Fähigkeiten entspre- chenden Maß an Verantwortlichkeit verrichten. Er soll nach Beendigung der Tätigkeit als AiP in der Lage sein, den ärztlichen Beruf eigenverant- wortlich und selbständig auszuüben.

des AiP unter der Aufsicht eines ap- probierten Arztes die Rede ist, und daß die AiP-Zeit zur ärztlichen Aus- bildung gehört. Während nun der Präsident des Oberlandesgerichts Celle, Dr. Harald Franzki, ein re- nommierter Fachmann im Arzthaf- tungsrecht, aus der Formulierung von der Aufsicht des approbierten Arztes über den AiP die Aussage ableitet, daß dieser nur unter ständi- ger unmittelbarer Aufsicht des ap- probierten Arztes eingesetzt werden kann, spricht der Verordnungsgeber in der amtlichen Begründung zu

§ 34 b Approbationsordnung aus- drücklich von der Möglichkeit, den AiP nach einer ausreichenden Ein- arbeitung und bei entsprechendem Ausbildungsstand auch im Bereit- schaftsdienst einsetzen zu können, sofern der Rufbereitschaftsdienst entsprechend gestaltet ist.

Dem Willen des Gesetz- oder Verordnungsgebers kommt bei der Interpretation einer Rechtsnorm ei- ne wesentliche, allerdings nicht ent- scheidende Bedeutung zu. Eine wei- tere wichtige Methode für die Inter- pretation von Rechtsnormen ist de- ren Entstehungsgeschichte ein- schließlich ihrer Stellung in der hi- storischen Entwicklung des Rechts.

Daher ist es erforderlich, einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des AiP zu lenken.

Die Entstehungsgeschichte Mehrere Gründe waren ursäch- lich für die Einführung der Praxis- phase, nämlich die Forderung nach mehr praktischer Erfahrung, die so- genannte Ärzteschwemme und vor allem der Erlaß der „EG-Richtlinie Allgemeinmedizin".

Die ärztliche Ausbildung war

seit jeher in hohem Maße praxisbe- zogen. Frühere Ausbildungsbestim- mungen schrieben stets nach Ab- Dt. Ärztebl. 85, Heft 28/29, 18. Juli 1988 (17) A-2053

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schluß des Studiums eine Zeit der praktischen Betätigung vor.

So bestimmte die Bestallungs- ordnung vom 17. Juli 1939, daß die Ausbildung wissenschaftlich und praktisch zu erfolgen habe, und daß diese praktische Ausbildung vor, ne- ben und nach der wissenschaftlichen Ausbildung erfolgen müsse (§ 4 Abs. 4). Im Anschluß an die wissen- schaftliche Ausbildung sollte sich ei- ne einjährige Tätigkeit als Pflichtas- sistent und eine dreimonatige ärzt- liche Tätigkeit auf dem Lande an- schließen. Diese 1 1/4 Jahre dauernde praktische Tätigkeit sollte der Vor- bereitung auf eine selbständige Aus- übung des ärztlichen Berufs in eige- ner Praxis dienen.

Auch die Bestallungsordnung vom 15. September 1953 sah nach Ab- schluß der universitären Ausbildung eine zweijährige praktische Tätigkeit vor. Diese Medizinalassistentenzeit sollte an Krankenhäusern oder bei ei- nem hierzu ermächtigten Arzt abge- leistet werden. Aber während die Me- dizinalassistentenzeit vor Erlangung der Approbation, also als Teil der Ausbildung zum Arzt zu absolvieren war, hatte sich die Pflichtassistenten- zeit an die Ausbildung angeschlossen, nach deren Abschluß die Approba- tion als Arzt erteilt worden war, wenn auch mit einer Art Sperrvermerk ver- sehen, wonach die ärztliche Tätigkeit in eigener Praxis erst nach Absolvie- rung der Pflichtassistentenzeit und des Landvierteljahres ausgeübt wer- den konnte.

Diese Zeit der praktischen Be- tätigung nach dem Studium entfiel erstmals im Rahmen der Approba- tionsordnung vom 28. Oktober 1970. Statt dessen wurde das prakti- sche Jahr eingeführt, das als Teil des Studiums unter der Regie der Hoch- schule an einer Hochschulklinik oder an einem von der Hochschule bestimmten Krankenhaus durchge- führt werden muß.

Doch schon bald wurde bemän- gelt, daß die Hochschulabsolventen, die nach dem Bestehen des 3. Ab- schnitts der ärztlichen Prüfung die Approbation erhalten, hinsichtlich ihres theoretischen Wissens hervor- ragend seien, daß ihnen jedoch die Erfahrung in der Umsetzung ihres Wissens in die praktische ärztliche

Tätigkeit fehle. So wurde die Forde- rung laut, der Arzt müsse nach Ab- schluß des Studiums noch einige Zeit der praktischen Betätigung absolvie- ren, bevor er sich in eigener Praxis niederlassen und ohne Aufsicht eines erfahrenen Arztes Patienten eigen- verantwortlich behandeln könne.

Diese Zeit der Meinungsbildung fiel zusammen mit einer sich ab- zeichnenden Ärzteschwemme Be- fürchtungen wurden laut, nicht alle frisch approbierten Ärzte könnten eine Weiterbildungsstelle im Kran- kenhaus finden. Da das deutsche Recht eine Pflichtweiterbildungszeit nicht zulasse, müßten Wege gefun- den werden zu verhindern, daß sich ein Arzt ohne praktische Berufser- fahrung in eigener Praxis niederlas- sen kann.

Schließlich kam noch hinzu der Erlaß der „EG-Richtlinie Allge- meinmedizin", wonach die EG-Län- der sicherstellen müssen, daß sich ab 1990 ein Mediziner nur dann noch als Allgemeinarzt niederlassen kann, wenn er nach einem Hoch- schulstudium von mindestens 6 Jah- ren eine mindestens zweijährige Vollzeitausbildung zum Arzt für All- gemeinmedizin absolviert hat.

Die Ausführungen machen deut- lich, daß die Idee des AiP in einem Kontext zur Geschichte der ärzt- lichen Berufsausbildung steht, und daß es der Zweck der AiP-Tätigkeit ist, den Arzt besser auf eine Nieder- lassung in eigener Praxis vorzuberei- ten, also auf eine Tätigkeit, in der er auf sich allein gestellt ist und keine Möglichkeit hat, bei Bedarf einen er- fahrenen Arzt zu Rate zu ziehen.

Was darf der AiP tun?

Versucht man nun, aus dem Wortlaut der Rechtsnormen und aus der dargestellten historischen Ent- wicklung sowie aus dem Willen des Verordnungsgebers eine Schlußfol- gerung hinsichtlich der Rechtsstel- lung und der zulässigen Einsatzmög- lichkeiten des AiP zu ziehen, so muß man nach meiner Auffassung zu fol- gendem Ergebnis gelangen:

0 Die Tätigkeit als AiP wird an die bisherige Ausbildung zum Arzt angehängt, ohne daß der Umfang

und die Ausbildungsinhalte des Me- dizinstudiums verändert werden.

Der Mediziner, der zukünftig noch eine Tätigkeit als AiP absolvieren muß, erhielt nach bisherigem Aus- bildungsrecht die volle Approbation und konnte uneingeschränkt ärztlich tätig werden. Es ist also nicht ein- sehbar, warum der AiP gegenüber dem bisher frisch Approbierten nur beschränkt einsetzbar sein soll.

€)

Sowohl die Bundesärzteord- nung als auch die Approbationsord- nung bezeichnen den AiP ausdrück- lich als „Arzt", der die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des

„ärztlichen Berufs" besitzt. Der AiP soll „ärztlich tätig" werden bzw. „ärztliche Tätigkeiten" aus- üben. Diese Begriffe werden sehr bewußt verwendet.

(i) Die Formulierung von der Tätigkeit des AiP unter der „Auf- sicht" eines approbierten Arztes be- deutet nicht zwingend, daß der auf- sichtsführende Arzt ständig in un- mittelbarer Nähe zum AiP sein muß.

Die Tatsache, daß das Gesetz nicht von Verantwortung, sondern von Aufsicht spricht, bedeutet keine Einschränkung, weil die Verantwor- tung begrifflich keine Alternative zur Aufsicht ist, sondern vielmehr eine Rechtsfolge aus einem gegebe- nen Aufsichtsverhältnis. Allein aus der Verwendung des Wortes Auf- sicht läßt sich also nichts hinsichtlich deren Ausgestaltung herleiten.

• Der Verordnungsgeber hat in der amtlichen Begründung zu

§ 34 b ausdrücklich die Möglichkeit des Einsatzes im Bereitschaftsdienst angesprochen. Es entspricht somit dem Willen des Verordnungsgebers, den AiP auch für selbständige Tätig- keiten einzusetzen, ohne daß der ap- probierte Arzt immer neben dem AiP steht.

• Eine Interpretationsanalogie zu § 42 Abs. 2 Strahlenschutzver- ordnung — wie sie von Franzki ange- stellt wurde — führt nach meiner Meinung zu keinem anderen Ergeb- nis. Denn das hier der Aufsicht eines Arztes unterstellte medizinisch-tech- nische Personal soll niemals selb- ständig und in eigener Verantwor- tung eine Strahlentherapie durch- führen, sondern immer nur als Hilfs- kraft des Arztes diesem zur Seite A-2054 (18) Dt. Ärztebl. 85, Heft 28/29, 18. Juli 1988

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Leitfaden

„Der Arzt im Praktikum.

Entwicklung, Status, Tarifverträ- ge" — so der Titel einer aktuellen Informationsbroschüre des Mar- burger Bundes (Verband der an- gestellten und beamteten Ärzte Deutschlands), Bundesverband, Köln (Riehler Straße 6, 5000 Köln 1). Der beim MB kostenfrei zu erhaltende Leitfaden kommt zum rechten Zeitpunkt Die Un- sicherheit bei den betroffenen Absolventen des Studienganges

„Humanmedizin" ist groß, und die Informationsdefizite sind er- heblich. In der Broschüre des Marburger Bundes wird die Ge- nese und Begründung der AiP- Lösung nachgezeichnet. Alles Wissenswerte über den Verlauf, die Strukturierung, die inhalt- lichen Anforderungen an die AiP sind ebenfalls dokumentiert; da- neben werden zahlreiche Einzel- fragen, die Berufsdefinition des Arztes im Praktikum, der Wort-

laut des Tarifvertrages für AiPler und der Entgelttarifvertrag be- handelt. Darüber hinaus enthält die MB-Broschüre Auszüge aus der Approbationsordnung in der Fassung vom 16. April 1987 sowie der novellierten Approbations- ordnung für Ärzte (in der Fas- sung vom 14. Juli 1987). Wer über die Berufsfelddefinition, die Aufgaben und Einsatzmöglich- keiten der Ärzte im Praktikum genaueres wissen will, möge sich an der vom Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Lan- des Nordrhein-Westfalen heraus- gegebenen Definition orientie- ren, die der Leitfaden ebenfalls dokumentiert.

Die Verzeichnisse wichtiger Anschriften, so der Fachvermitt- lungsdienste, der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, der Kassen- ärztlichen Vereinigungen, der Ärztekammern und der Landes- verbände sowie des Bundesver- bandes des Marburger Bundes, sind ebenfalls eingeschlossen. EB stehen. Anders dagegen der AiP,

der gerade durch die Einübung einer zunehmenden Selbständigkeit dazu befähigt werden soll, in eigener, al- leiniger Verantwortung den Beruf des Arztes in freier Praxis ausüben zu können.

So postuliert § 34 b Satz 3 Approbationsordnung ausdrücklich, daß dem AiP ausreichend Gelegen- heit gegeben werden muß, ärztliche Tätigkeiten auszuüben. Und Satz 4 der gleichen Bestimmung fordert, daß der AiP die ihm zugewiesenen ärztlichen Tätigkeiten in einem dem wachsenden Stand seiner Kenntnisse und Fähigkeiten entsprechenden Maß an Verantwortlichkeit verrich- ten soll. Selbständigkeit und Verant- wortlichkeit kann man aber nur da- durch lernen, daß man die Möglich- keit erhält, diese Selbständigkeit und Verantwortlichkeit zu üben.

Wer immer nur assistiert, also Hilfs- dienste erbringt, beherrscht eine Tä- tigkeit vielleicht in der Theorie, ob er aber in der Lage ist, ohne einen erfahrenen Arzt im Rücken die Ver- antwortung für eine Entscheidung auf sich zu nehmen, bleibt offen.

Verantwortliches Handeln kann nur derjenige lernen, der die Möglich- keit hat, eine Tätigkeit allein auf sich gestellt zu erbringen, dem also selbstverantwortliches Handeln ab- gefordert wird.

Wesentlich ist sicherlich auch die Unterscheidung, die in der Approbationsordnung zwischen der Tätigkeit des Studenten im prakti- schen Jahr und der Tätigkeit als Arzt im Praktikum gemacht wird. Wäh- rend nämlich § 3 Abs. 4 Satz 3 be- stimmt, daß der PJ'ler „unter Anlei- tung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihm zuge- wiesene ärztliche Verrichtungen durchführen" soll, spricht sowohl

§ 4 Abs. 4 BÄO als auch § 34 b Ap- probationsordnung nur noch von der Tätigkeit des AiP unter der Aufsicht eines approbierten Arztes. Somit geht also der Gesetzeswortlaut selbst davon aus, daß der AiP nicht mehr der Anleitung bedarf, was oh- ne Zweifel eine gewisse Nähe zwi- schen dem ausbildenden Arzt und dem Auszubildenden voraussetzen würde.

Anders als der Student er-

hält der AiP eine Erlaubnis zur vor- übergehenden Ausübung des ärzt- lichen Berufs gemäß § 10 Satz 4 BÄO, wobei diese Erlaubnis auf die Tätigkeit als AiP beschränkt ist. Zu- sätzlich bestimmt § 10 Abs. 6 BÄO, daß Personen, denen eine Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt worden ist, im übrigen die Rechte und Pflichten eines Arztes haben. Hier wird auch vom Status des AiP her eine Nähe zum vollap- probierten Arzt geschaffen, die deutlich macht, daß der AiP mehr ist als ein der Anleitung und Überwa- chung bedürfender Student. Damit wird auch deutlich, daß der Gesetz- geber bei der Ausgestaltung des AiP einen Weg beschritten hat, der be- reits in der Bestallungsordnung von 1939 mit der Einrichtung einer Pflichtassistentenzeit beschritten worden war, die der Vorbereitung zur Ausübung des ärztlichen Berufs in eigener Praxis dienen sollte. Der Gesetzgeber hat sich beim AiP also bewußt von der Lösung der Bestal- lungsordnung von 1953 distanziert,

die im Rahmen der Medizinalassi- stentenzeit ausdrücklich eine Tätig- keit unter der "Anleitung, Aufsicht und Verantwortung" des hierzu er- mächtigten Arztes gefordert hatte (vergl. § 65 Abs. 1 Approbations- ordnung 1953).

0 Schließlich scheint mir ein wichtiges Indiz auch der Umstand zu sein, daß die AiP-Zeit auf die Wei- terbildungszeit zum Gebietsarzt an- rechenbar sein soll. Eine solche An- rechenbarkeit setzt voraus, daß die Tätigkeit als AiP inhaltlich der Wei- terbildungstätigkeit gleichwertig ist.

Ohne eine qualitative Gleichwertig- keit zwischen der Tätigkeit als AiP und der Tätigkeit als approbierter Assistenzarzt in Weiterbildung wür- de die Anrechenbarkeit niemals zu- gelassen werden. In der amtlichen Begründung zu § 34 a Approba- tionsordnung wird ausdrücklich auf die Möglichkeit der Anrechnung der AiP-Zeit hingewiesen. Da die Ap- probationsordnung der Zustimmung durch den Bundesrat bedurfte, ha- ben somit auch die für die Weiterbil- Dt. Ärztebl. 85, Heft 28/29, 18. Juli 1988 (19) A-2055

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„Turnusärzte"

in „Lehrpraxen

cc

Der „Turnusarzt" erinnert ein wenig an den „Arzt im Prakti- kum" in der Bundesrepublik Deutschland Er ist zwar bereits Doktor der Medizin — eine Pro- motion neben der Abschlußprü- fung gibt es in Österreich nicht;

die Prüfung bringt schon den Doktortitel. Aber dieser Doktor besitzt das „ius practicandi" noch nicht, darf also nur unter Aufsicht arbeiten. Die Turnuszeit wird aber auf die Weiterbildung zum Allgemein- oder Facharzt ange- rechnet.

Die Zeit in einer Lehrpraxis bei einem Allgemeinarzt beträgt drei Monate. Der Turnusarzt muß bereits 18 Monate im Kranken- haus tätig gewesen sein, wobei er je sechs Monate in der Inneren Medi- zin und in der Chirurgie oder Un- fallchirurgie gearbeitet haben muß. Turnusärzte, die eine Fach- arztausbildung anstreben (der Ausdruck „Weiterbildung" ist in Österreich nicht üblich), können auch sechs Monate in einer Lehr- praxis arbeiten. Hier wird die Lehrpraxiszeit in der Regel am En- de der „Ausbildung" liegen.

Es gibt einen Haufen Büro- kratie. Ärzte, die Turnusärzte aufnehmen wollen, müssen vom Bundeskanzleramt dazu ermäch- tigt sein; die Ärztekammer gibt ihr Votum dazu. Und auch die Turnusärzte müssen sich an das Bundeskanzleramt wenden, da-

mit die Förderung bewilligt wird.

Dann muß ein Vertrag zwischen dem niedergelassenen Arzt und dem Turnusarzt abgeschlossen werden, der das Gehalt von min- destens 15 000 Schilling vorsehen muß, ebenfalls eine Mindestar- beitszeit von 35 Wochenstunden.

Die in Österreich üblichen 13.

und 14. Monatsgehälter gibt es aus der Kasse des Bundeskanzlers nicht; privat können Praxisinha- ber und Turnusarzt natürlich aus- machen, was sie wollen — es muß nur im Rahmen des Förderungs- betrages liegen. Und: Falls die Zeit der Lehrpraxis am Ende der Turnusarztzeit liegt und der junge Arzt damit das ius practicandi er- worben hat, darf das Dienstver- hältnis um bis zu sechs Monate verlängert werden — nun aller- dings ohne Förderung durch den Staat.

Primarius Dr. Michael Neu- mann, Präsident der österreichi- schen Ärztekammer, hat dieses Ergebnis langer Verhandlungen begrüßt und an die niedergelasse- nen Ärzte des Landes appelliert, ihre Praxen zu Lehrpraxen zu ma- chen. Dies sei, weil die jungen Ärzte hier anders als im Kranken- haus unselektiertes „Kranken- gut" vorfänden, eine hervorra- gende Methode, auf die Tätigkeit in niedergelassener Praxis vorzu- bereiten. Allerdings: Der Antrag, vom Bundeskanzleramt als Lehr- praxis anerkannt zu werden, ist mit einer „Stempelgebühr" von 120 Schilling belegt — siebzehn Mark und fünfzehn Pfennige. bt dung zuständigen Länder diese An-

rechenbarkeit bestätigt.

Zusammenfassung

Der AiP kann in einer sehr viel selbständigeren Weise eingesetzt werden, als dies beispielsweise beim Studenten im praktischen Jahr der Fall ist oder beim Medizinalassisten- ten der Fall war. Die ständige Anlei- tung und unmittelbare Beaufsichti-

gung durch den approbierten Arzt ist somit nicht erforderlich. Je nach Kenntnis- und Fähigkeitsstand kann der AiP früher oder später mit der selbständigen Erledigung von Auf- gaben betraut werden. Bei entspre- chender Begabung und rascher Auf- fassungsgabe wird der AiP schon bald mit der verantwortlichen Erle- digung zunächst einfacherer, dann schwierigerer Aufgaben betraut werden können. Entscheidend kommt es hierbei darauf an, daß der

approbierte Arzt sich von den Kenntnissen und Fähigkeiten des AiP überzeugt hat. Wie auch an an- derer Stelle kommt es in erster Linie darauf an, daß die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten positiv festgestellt werden, nicht entschei- dend ist der Besitz eines Zertifikats.

Der Besitz der Vollapprobation ent- bindet den leitenden Arzt nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob ein neuer Assistenzarzt von seinen Kenntnissen und Fähigkeiten her in der Lage ist, am Bereitschaftsdienst der Abteilung mitzuwirken. Umge- kehrt schließt das Fehlen der Voll- approbation nicht aus, daß ein AiP mit entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten auch im Bereit- schaftsdienst eingesetzt werden kann.

Letztlich unterscheidet sich die hier vertretene Rechtsauffassung wohl nur geringfügig von der Rechtsauffassung von Franzki. Ich bin mit ihm der Meinung, daß der AiP keine Narkosen selbständig und in eigener Verantwortung leiten darf. Ebenso bin ich mit ihm der Meinung, daß der AiP eine Anfän- geroperation nicht ohne die ständige Gegenwart eines erfahrenen Arztes durchführen kann. Allerdings meine ich, daß es nicht ausgeschlossen ist, den AiP mit operativen Eingriffen zu beauftragen, wenn man sich von dessen Fähigkeit zur Durchführung solcher Eingriffe überzeugt hat.

Ebenso bin ich mit Franzki der Mei- nung, daß der AiP in der Anfangs- zeit nicht allein zum Bereitschafts- dienst eingesetzt werden darf, was übrigens auch für den frisch appro- bierten Arzt nach geltendem Recht gilt. Ich bin jedoch der Meinung, daß der Einsatz des AiP im Bereit- schaftsdienst nicht generell ausge- schlossen ist, nur weil der AiP noch keine volle Approbation besitzt. Ob aber Franzki überhaupt so weit ge- hen und eine solche Einsatzmöglich- keit generell ausschließen will, scheint mir durchaus fraglich zu sein.

Anschrift des Verfassers:

Dr. jur. Ulrich Baur Tersteegenstraße 9 4000 Düsseldorf 30 A-2056 (20) Dt. Ärztebl. 85, Heft 28/29, 18. Juli 1988

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