Analysis I für M, LaG/M, Ph 8.Tutorium
Fachbereich Mathematik Sommersemester 2010
Dr. Robert Haller-Dintelmann 04.06.2010
David Bücher
Christian Brandenburg
Tutorium
Aufgabe T1 (Konvergenzkriterien) Es seiP∞
n=1aneine absolut konvergente Reihe, so dassan6=−1für allen∈N. Zeigen Sie, dass dann auch X∞
n=1
an 1+an
absolut konvergiert.
Lösung: DaP∞
n=1ankonvergiert, folgt|an| ≤1/2fürngroß genug. Also
an 1+an
≤ |an|
1−12 =2|an|
für fast allen. Daher konvergiert die Reihe absolut wegen des Majorantenkriteriums.
Bemerkung:Auch die Umkehrung gilt.
Aufgabe T2 (Aus alt mach neu)
(a) Seienr>0und f,g:(−r,r)→RFunktionen, die sich als Potenzreihen f(x) =P∞
n=0anxnundg(x) =P∞ n=0bnxn mit Konvergenzradius größer r schreiben lassen. Überlegen Sie sich zwei verschiedene Möglichkeiten, wie man daraus Potenzreihen zu weiteren Funktionen bauen kann. Finden Sie jeweils Beispiele.
(b) Stellen Sie die folgenden Funktionen als Potenzreihen dar.
(i) E
−x2 2
, x∈R, (ii) 1
1+x3, x∈(−1, 1).
(c)* Es seiP∞
n=0anxneine Potenzreihe mit positivem Konvergenzradius. Lässt sich 1
P∞ n=0anxn
als Potenzreihe darstellen?
Lösung:
(a) • Addition: Die Funktion(−r,r)→R,x7→f(x) +g(x), wird nach Satz 12.8 durch die PotenzreiheP∞ n=0(an+ bn)xndargestellt, die mindestens den Konvergenzradiusrhat.
Beispiel: f(x) =1−1x2,g(x) =1−xx2. Dann:f(x) +g(x) =P∞
n=0x2n+P∞
n=0x2n+1=P∞
n=0xn=1−1x.
• Multiplikation: Eine Potenzreihe zur Funktion(−r,r)→R,x7→ f(x)·g(x)mit Konvergenzradius mindestens rist durch das Cauchy-ProduktP∞
n=0cnxn,cn=Pn
k=0akbn−k, gegeben.
Spezialfälle davon sind Multiplikation mit reellen Zahlen oder mitx.
Beispiel: f(x) =x,g(x) = 1−1x. Dann f(x)·g(x) =x·P∞
n=0xn=P∞
n=0xn+1=P∞
n=0xn−1=1−1x−1.
1
• Division: siehe Teil (c).
Beispiel: P∞1
n=0xn=1−x.
• Verkettung: Liegt das Bild vongin(−r,r), d.h. ist{g(x): x∈(−r,r)} ⊆(−r,r), dann lässt sich die Funktion f ◦g:(−r,r)→R,x7→f(g(x))bilden. Eine Potenzreihe zu f ◦glässt sich im Prinzip finden, indem man
X∞ n=0
an X∞ k=0
bkxk
!n
mittels mehrfacher Cauchy-Produkte berechnet. Zum Beweis, dass die so erhaltene Reihe positiven Kon- vergenzradius ρ hat, siehe z.B. Walter 7.13. Zur Idee (kein Beweis): Wähle zunächst ρ ∈ (0,r) so, dass α:=P∞
k=0|bk|ρk<r(benutze dazu die Stetigkeit, Satz 18.6).
X∞ k=0
bkxk
!n
= X∞ k=0
c(n)k xk
ist dasn-fache Cauchy-Produkt, wobei
c(n)k =
n
X
k1=0 n−k1
X
k2=0
· · ·
n−k1−···−kn−1
X
kn=0
bk1bk2· · ·bk
n. Die Potenzreihe P∞
k=0c(kn)xk konvergiert absolut auf(−ρ,ρ) und P∞
k=0|ck(n)||x|k ≤ αn < rn für alle x ∈ (−ρ,ρ). Also konvergiertP∞
n=0anP∞
k=0c(n)k xk
als Reihe übernund
X∞ n=0
an X∞ k=0
ck(n)xk= X∞ n=0
X∞ k=0
anc(kn)xk.
Um aus dieser Doppelreihe eine PotenzreiheP∞
k=0dkxkzu machen, müsste man „nur noch“ die beiden Sum- menzeichen vertauschen und sich überlegen, dass dk := P∞
n=0anck(n) für jedes k konvergiert. Beides wird glücklicherweise klappen.
Beispiele:siehe Teil (b).
Übrigens kann der Konvergenzradius der oben konstruierten Potenzreihe von f ◦gdurchaus kleiner sein als r. Setze beispielsweiser=2,g(x) =4+1x2 =14P∞
n=0
−x42n
und f(x) =2−1x =12P∞ n=0
x
2
n
. Dann sollte die Potenzreihe zu f ◦gKonvergenzradiusÆ7
2<2haben.
(b) (i) Einsetzen in die Exponentialreihe liefert
E
−x2 2
= X∞ n=0
1 n!
−x2 2
n
= X∞ n=0
(−1)n 2nn! x2n.
(ii) Mit der geometrischen Reihe ist
1
1+x3 = 1 1−(−x3)=
X∞ n=0
(−x3)n= X∞ n=0
(−1)nx3n.
Dabei ist zu beachten, dass mit x3∈(−1, 1)auch−x3∈(−1, 1)im Konvergenzintervall der geometrischen Reihe liegt.
(c) Sicher nicht, wenna0=0. Ansonsten ist es aber nicht allzu schwer, eine PotenzreiheP∞
n=0bnxnmit Konvergenzra- dius0zu finden, so dassP∞
n=0bnxn= P∞1
n=0anxn für allexim Konvergenzbereich vonP
n=0bnxn(d.h. fürx=0).
Daher hoffen wir mit folgendem Ansatz eine Potenzreihe mit positivem Konvergenzradius zu finden:
Wir suchen eine Folge(bn), so dass für das Cauchy-Produkt X∞
n=0
cnxn= X∞ n=0
anxn
! ∞ X
n=0
bnxn
! ,
2
cn=Pn
k=0akbn−k, gilt:
cn=
(1, fallsn=0 0, sonst.
Dann ist nämlich P∞
n=0cnxn= 1für alle x ∈R, alsoP∞
n=0bnxn= P∞
n=0anxn−1
für alle x im gemeinsamen Konvergenzbereich der ReihenP∞
n=0anxnundP∞ n=0bnxn.
Aus obiger Forderung an(cn)ergeben sich unendlich viele Gleichungen
a0b0=1, a0b1+a1b0=0, . . . ,
n
X
k=0
akbn−k=0, . . .
Dabei tauchen in der n-ten Gleichung genau die Glieder b0,b2, . . . ,bn−1 der Folge(bn)als Variablen auf. Diese Gleichungen lassen sich also sukzessive auflösen: Definiert man rekursivb0:= a1
0,
bn:=−1 a0
n
X
k=1
akbn−k,
dann werden alle Gleichungen erfüllt und es ergibt sich gerade das gewünschte Cauchy-Produkt.
Nun möchten wir zeigen, dass die so erhaltene Reihe P∞
n=0bnxn tatsächlich positiven Konvergenzradius hat.
Das wird leider etwas technisch, ist aber beweisbar. DaP∞
n=0anxnpositiven Konvergenzradius hat, ist die Folge pn
|an|
beschränkt durch einC>0. Es ist also|an| ≤Cnfür allen.
Behauptung:|bn| ≤ |a1
0|
1+|a1
0|
n
Cn.
Beweis (Induktion): Tatsächlich wird eine stärker wirkende Aussage bewiesen, nämlich dass für allen∈Ngilt:
∀m∈N0,m<n:|bm| ≤|a1
0|
1+|a1
0|
m
Cm. Daraus folgt die Behauptung, aber diese stärkere Annahme wird den Induktionsschritt leichter machen.
Induktionsanfang:n=1(m=0):|b0|=|a1
0|≤|a1
0|
1+|a1
0|
0
C0stimmt.
Induktionsannahme:Für einn∈Ngelte:∀m∈N0,m<n:|bm| ≤ |a1
0|
1+|a1
0|
m
Cm. Induktionsschritt: Nach Induktionsannahme gilt die Ungleichung |bm| ≤ |a1
0|
1+|a1
0|
m
Cm schon für m = 0, 1, 2, . . . ,n−1. Noch zu zeigen bleibt sie fürm=n:
|bn|Def.= 1 a0
n
X
k=1
akbn−k
≤ 1
|a0|
n
X
k=1
akbn−k
Ind.-Vorr.
≤ 1
|a0|
n
X
k=1
Ck 1
|a0|
1+ 1
|a0| n−k
Cn−k= Cn
|a0|2
n−1
X
k=0
1+ 1
|a0| k
= Cn
|a0|2
1+|a1
0|
n
−1
1+|a1
0|
−1
= Cn
|a0|
1+ 1
|a0| n
−1
≤ 1
|a0|
1+ 1
|a0| n
Cn.
Damit gilt die Ungleichung fürm=0, 1, 2, . . . ,n, die Induktionsannahme also fürn+1. Es folgt, dass pn
|bn| ≤ np1
|a0|
1+|a1
0|
C. Dalimn→∞ n
p|a0|=1, ist die Folge 1/pn
|a0|∞
n=1konvergent, also be- schränkt. Somit ist auch die Folge
pn
|bn|∞
n=1beschränkt. Nach dem Satz von Hadamard hat die ReiheP∞ n=0bnxn
also positiven Konvergenzradius. q.e.d.
Aufgabe T3 (Potenzreihen) Es seiP∞
n=0anxneine Potenzreihe mit Konvergenzradiusr∈(0,∞).
(a) Zeigen Sie, dass dann die PotenzreiheP∞ n=0
an
n!xnden Konvergenzradius∞hat.
(b) Wir setzen f(x):=P∞ n=0
an
n!xnfürx∈R. Zeigen Sie, dass dann für jedess∈(0,r)eine KonstanteM(s)>0existiert mit
|f(x)| ≤M(s)exp(|x|/s).
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Lösung:
Behauptung: P∞ n=0
an
n!xnhat Konvergenzradius ∞ und für jedess ∈(0,r)gibt es eine Konstante M(s)>0 :|f(x)| ≤ M(s)exp(|x|/s).
Beweis:Es seis∈(0,r)gegeben. Dann gilt1/r<1/sund da die PotenzreiheP∞
n=0anxnden Konvergenzradiusrhat, musslim supn→∞pn
|an|=1/r<1/ssein. Also gibt es einN0∈N, so dass pn
|an|<1/sfür allen≥N0gilt. Für all diese nhaben wir damit auch|an|<1/sn.
Setzen wirM(s):=max{1,|a0|,s|a1|,s2|a2|, . . . ,sN0−1|aN
0−1|}, so gilt für allen≥N0mit dem oben erreichten
|an|=1· |an| ≤M(s)· |an|<M(s)1 sn und für allen∈N0mitn≤N0−1haben wir
|an|=|an| ·sn1
sn≤M(s)1 sn.
Zusammengenommen gilt also für allen∈N0die Abschätzung|an| ≤M(s)/sn. Damit haben wir für allen∈N0und alle x∈R
|an||x|n
n! ≤ M(s) n!
|x|n sn . Da die Reihe
X∞ n=0
M(s) n!
|x| s
n
=M(s)·exp(|x|/s)
für jedes x∈Rabsolut konvergiert, ist damit nach dem Majorantenkriterium auch die ReiheP∞
n=0 an
n!xnfür alle x∈R absolut konvergent, also ist der Konvergenzradius dieser Reihe∞. Weiter erhalten wir für allex∈R
|f(x)| ≤ X∞ n=0
|an| n! |x|n≤
X∞ n=0
M(s) n!
|x| s
n
=M(s)exp(|x|/s),
was die gewünschte Abschätzung ist.
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