Erste Ergebnisse: Abschaffung von Wartelisten in Krankenhäusern und eine erhöhte Wirtschaftlichkeit der Leistungen. Infolge der veränderten politischen Ausrichtung der Zentral- regierung haben sich die Reform- bemühungen in letzter Zeit ver- langsamt. Nach Aussagen von Clas Rehnberg, Professor an der Stock- holm School of Economics, wird auch nach den Reformen der Grundsatz des gleichberechtigten Zugangs zur medizinischen Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von deren Wohnort oder finanzieller Situation, weiterhin garantiert.
Erkenntnisse
Der Vergleich der praktischen Erfahrungen mit Gesundheitsrefor- men in verschiedenen Ländern ergab als Fazit folgende Erkenntnisse:
> Ein Anstieg der Gesundheits-
kosten ist nicht unvermeidbares Schicksal. 1996 gelang es zwölf OECD-Ländern, den Anteil der Ge- sundheitsausgaben am Bruttosozial- produkt gegenüber 1995 zu senken, vier konnten ihn halten, in elf Län- dern stieg der Anteil.
> So verschiedene Systeme wie
die Schwedens, der Niederlande und der Schweiz haben weitgehend mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Vor dem Hintergrund ihrer Reformen wurde die Konvergenz der Systeme deutlich, das heißt, daß sich die Gesundheitssysteme eher an- nähern als auseinanderentwickeln.
> Auch mit der Reform kri-
tikwürdiger Systeme bricht nie die
„große Freiheit“ aus. Man braucht im- mer neue Formen von Regulierung, damit ein Mindestmaß an Solidarität in diesem sensiblen Versorgungsbe- reich erhalten bleibt.
> Schwierigkeiten und Verzöge-
rungen sind bei Reformvorhaben im Gesundheitswesen normal. Die Ent- würfe gehen in der Regel über das hinaus, was dann in der politischen Auseinandersetzung letztlich ver- wirklicht werden kann.
Anschrift des Verfassers Dr. phil. Ingbert Weber Herbert-Lewin-Straße 5 50931 Köln
A-2824
P O L I T I K AKTUELL
(32) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 45, 6. November 1998
eutschland ist das Land der Grundlagenforschung. Klini- sche Studien, auf die Ärzte sich bei therapeutischen Entscheidun- gen stützen könnten, sind hierzulande selten. Sie werden in den USA, Groß- britannien, den Niederlanden und Skandinavien erarbeitet. „Pharma- zeutische Unternehmen gehen zuneh- mend ins Ausland, um Innovationen in großen Studien auf ihre Effektivität zu prüfen“, sagt Dr. med. Norbert Donner-Banzhoff, MHSc (Master of Health Science).
Um das zu ändern, hat er am Kli- nikum der Universität Marburg das Studienprogramm „Klinische Evalua- tion“ ins Leben gerufen. Ärzte und Ärztinnen aus hessischen Hochschul- kliniken sollen hier lernen, klinische Forschung zu betreiben und Therapi- en zu evaluieren. Die idealen Teilneh- mer sind fortgeschrittene Assistenz- ärzte oder wissenschaftliche Mitarbei- ter am Anfang ihrer Forscherlauf- bahn, mit ersten Erfahrungen in der Durchführung von Studien und ihrer Publikation. Ausgezeichnete Eng- lischkenntnisse sind Pflicht; jeder Teilnehmer muß für die einzelnen Sit- zungen von der Arbeit freigestellt werden – „wegen der hohen Arbeits- belastung“, begründet Donner-Banz- hoff.
Diese scheint die jungen Ärzte nicht zu schrecken: Für den ersten Durchgang des Programms im Win- tersemester 1997/98 gab es dreimal so viele Bewerber wie Plätze, fünfzehn wurden angenommen. Im aktuellen Wintersemester haben es zwölf von 31 Bewerbern geschafft. „Praktisch alle haben Erfahrung in wissenschaftli- cher Arbeit, einige sind schon habili- tiert“, sagt Donner-Banzhoff.
Mitte September hat das aktuelle Seminar begonnen. Gegen eine Ge- bühr von 480 DM werden sich die Teilnehmer ein halbes Jahr lang, an insgesamt 14 Nachmittagen, mit Fra- gen der Klinischen Epidemiologie und Biometrie beschäftigen. Sie sol- len lernen, Originalliteratur zu verste- hen, zu kritisieren und anzuwenden.
Danach werden sie einen eigenen Stu- dienentwurf erarbeiten. Bisher ist das Klinikum Marburg der einzige Anbie- ter eines solchen Kurses in Deutsch- land; lediglich die postgraduelle Aus- bildung „Medizinische Biometrie“
der Universität Heidelberg bietet ähnliche Inhalte. Doch sie konzen- triert sich stärker auf Statistik, ist zeit- intensiver und dauert länger als ein halbes Jahr.
Auch Donner-Banzhoff würde seinen Studenten gerne noch mehr bieten. Eine Ausdehnung und Intensi- vierung seines Programms sei „von der Sache her geboten“, findet er.
Doch zur Zeit erscheint ihm das nicht praktikabel: „Es fehlen die nötigen personellen und finanziellen Ressour- cen.“ Zudem werde jungen Wissen- schaftlern nur in Ausnahmefällen der Rücken für Forschung freigehalten – und wenn, dann gehe laborexperi- mentelle Forschung vor.
Deshalb baut Donner-Banzhoff auf die Zukunft: „In zehn Jahren werden Aufbaustudiengänge für me- dizinische Wissenschaftler bei uns so normal sein wie jetzt in den Nie- derlanden oder in Kanada.“ Wer nicht so lange warten möchte, erhält wei- tere Informationen zum Marburger Seminar bei Dr. med. Norbert Donner-Banzhoff (Tel 0 64 21/2 66 05, Fax 0 64 21/28-89 21, e-mail: norbert@
mailer.uni-marburg.de). AE