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Archiv "Die ärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland: Schlußwort" (14.09.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen FORUM

Erwünschte

Kapazitätserweiterung

In seinem Artikel trifft der Verfasser einige Feststellungen zur Ausbil- dungskapazität im Bereich der Me- dizin, zu Bedarfsuntersuchungen, die vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in Auftrag ,gege- ben wurden, und zu Fragen der Aus- bauplanung im Bereich der Medizin, die einiger korrigierender Hinweise bedürfen.

Es ist richtig, daß im Auftrag des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft von McKinsey & Com- pany, Düsseldorf, im Juni 1974 eine Studie, Hochschulabsolventen im Beruf, Ausbildungsbedarf für Medi- ziner bis zum Jahr 2000, erarbeitet wurde. Diese kommt zu der Schluß- folgerung, daß zur Befriedigung der Gesamtnachfrage bis zum Jahr 2000

„eine Zahl von maximal 175 000 be- rufstätigen Ärzten erforderlich sein wird, die mit jährlich 7500 Studien- anfängern sicherzustellen ist."

Diese Feststellung schließt nicht aus, daß auch über diese Zahl hin- aus Ärzte ein angemessenes Tätig- keitsfeld finden. Unabhängig davon ist jedoch festzuhalten, daß derarti- ge Prognosen angesichts der Tatsa- che, daß sie auf einer Reihe von rela- tiv ungesicherten Annahmen beru- hen und einen sehr langen Progno- sezeitraum abdecken sollen, nur ge- wisse Entscheidungshilfen bieten, keinesfalls jedoch politische Ent- scheidungen ersetzen können. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die sehr klare Relativierung der Aussagekraft von Bedarfsprogno- sen, wie sie der Wissenschaftsrat in seinen „Empfehlungen zu Aufga- ben, Organisation und Ausbau der medizinischen Forschungs- und

Ausbildungsstätten", Seite 174 ff., 178 ff., 180 zum Ausdruck gebracht hat.

Zur Entwicklung der gegenwärtigen Zahl von Studienanfängern, die sich bis Ende 1977 auf etwa 10 000 be- laufen dürfte, ist daran zu erinnern, daß trotz einer erheblichen Vermeh- rung des wissenschaftlichen Perso- nals im Bereich der medizinischen Fakultäten seit 1960 (Stellen für wis- senschaftliches Personal nach Da- ten des Wissenschaftsrates 1960:

5227, 1972: 13 744, 1976: 15 963) die Zahl der Studienanfänger aufgrund eines rigiden Numerus clausus von 1960 bis 1970 deutlich zurückgegan- gen ist (1960: 6539 — 1970: 5378).

Nicht zuletzt diese Situation hat dem Bundesverfassungsgericht 1972 An- laß gegeben, unter Berücksichti- gung der starken Nachfrage nach Studienplätzen im Bereich der Medi- zin strenge Anforderungen an die Festsetzung eines Numerus clausus zu stellen und eine erschöpfende und gleichmäßige Nutzung der Ka- pazitäten zu fordern. Diesen Forde- rungen versuchten die Länder durch Entwicklung von Kriterien für die Kapazitätsberechnung Rechnung zu tragen.

Die Grundsätze der Kapazitätsver- ordnung in Verbindung mit einer auch von den Hochschulen selbst geforderten weiteren Verbesserung der personellen und sachlichen Aus- stattung — sprich: Ausweitung der Ressourcen — führten zu einem deutlichen Anstieg der Zulassungs- zahlen auch über die in der Bedarfs- prognose genannte Zahl von 7500 Studenten hinaus. Die jetzt erreichte Zahl von Studienanfängern ist, ohne daß sie als feste Zahl geplant wurde, die Folge einer Kapazitätserweite- rung der Medizin, die von nahezu

allen Beteiligten gewünscht wurde, und der sich aus dem Grundgesetz ergebenden Verpflichtung zur er- schöpfenden Nutzung dieser Kapa- zität.

Der räumliche und personelle Aus- bau im Bereich der Hochschulmedi- zin in den letzten Jahren beruht auf gemeinsamen, einstimmigen Be- schlüssen von Bund und Ländern im Rahmen des Planungsausschusses für den Hochschulbau, der Bund- Länder-Kommission für Bildungs- planung und Forschungsförderung sowie des Wissenschaftsrates.

Diese Zusammenhänge macht der Verfasser in seiner Kritik nicht deut- lich. Ich stimme dem Verfasser aller- dings darin zu, daß — anders als in anderen akademischen Berufen — in der Medizin mit Rücksicht auf die ärztliche Versorgung eine „Aus- übung des ärztlichen Berufs auf ei- ner niederen Stufe" als herkömm- lich problematisch ist und daß eine erhebliche Erhöhung der Zahl der Ärzte zu strukturellen und individu- ellen Problemen führt. Dies ist von seiten des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft wieder- holt zum Ausdruck gebracht wor- den. Zuletzt in einem Referat vor dem diesjährigen Medizinischen Fa- kultätentag. Es gilt jetzt, alle An- strengungen zu unternehmen, um die Qualität der ärztlichen Ausbil- dung in Anbetracht der großen Zahl von Studierenden der Medizin zu si- chern. Dazu haben Bund und Län- der in der Vergangenheit erhebliche Mittel aufgewendet und werden dies auch in Zukunft konzentriert tun".

Dr. Eberhard Böning Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft Postfach 20 01 08

5300 Bonn 2

Schlußwort

„Hochschulbildung ist auch Berufs- ausbildung. Die Bundesregierung bekennt sich zu dem Grundsatz des Bürgerrechts auf Bildung; sie er- kennt aber auch, daß die Verwirkli- chung dieses Rechts nicht losgelöst

Die ärztliche Versorgung

in der Bundesrepublik Deutschland

Zu dem Beitrag von Diplom-Volkswirt Klaus Gehb in Heft 22/1978, Seite 1321 ff.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 37 vom 14. September 1978 2071

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Ärztliche Versorgung

von den Beschäftigungschancen der zukünftigen Absolventen gese- hen werden kann."

Mit diesen beiden Sätzen beginnt die McKinsey-Studie - und dieser Grundsatz sollte in der gesamten Bildungspolitik vorrangig gelten.

Die kritischen Anmerkungen in mei- nem Artikel über die zukünftige Ent- wicklung der Zahl der Ärzte und der Hinweis auf die hohen Geldbeträge, die allein in der Ausbildung von Ärz- ten verschwendet werden, sind si- cher nur ein Teilaspekt der Bil- dungsmisere und bedürfen der Er- weiterung, wenn man diese Proble- matik in ihrer Gesamtheit diskutie- ren will, was in meinem Artikel nicht vorgesehen war.

Die Ausführungen des Bundesmini- sters für Bildung und Wissenschaft belegen die Berechtigung der Kritik in geradezu klassischer Weise, denn die McKinsey-Studie sollte erklärter- maßen eine Planungsgrundlage sein, mit der knappe Finanzmittel optimal eingesetzt werden sollten.

Wenn jetzt ausgeführt wird, „daß auch über diese Zahl hinaus Ärzte ein angemessenes Tätigkeitsfeld fin- den", dann ist das Augenwischerei.

Die Ausführungen zu der Entwick-.

lung der Ausbildungskapazitäten sollen darüber hinwegtäuschen, daß eine sachgerechte und von politi- scher wie finanzwirtschaftlicher Ver- antwortung getragene Politik nicht betrieben wurde und wird. Eine ver- antwortungsvolle Politik hätte darin bestanden, daß die Ausbildungska- pazitäten so ausgebaut worden wä- ren, daß der ermittelte Bedarf an Ärzten zuzüglich einer Sicherheits- marge für evtl. Prognosefehler aus- gebildet werden kann. Wenn der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft heute darlegt: „die jetzt erreichte Zahl von Studienan- fängern ist, ohne daß sie als feste Zahl geplant wurde, die Folge einer Kapazitätserweiterung der Medi- zin ... ", so zeigt das, daß Ausbil- dungskapazitäten errichtet werden, die nach dem Planungsgutachten nicht erforderlich sind. Wozu wer- den aber „Planungsgrundlagen" mit

Steuergeldern erstellt, wenn man anschließend nicht bereit ist, diese Daten zu verwenden?

Im Jahr 1977 wurden mit 12 000 Stu- dienanfängern im Fach Humanme- dizin doppelt so viele Studenten zu- gelassen, wie zur Deckung des Be- darfs notwendig sind, und die Kapa- zitäten sollen bis 1980 auf jährlich 15 000 erweitert werden. Dieses un- sinnige Vorhaben zeugt davon, daß jedwede Vernunft bei der Bildungs- planung fehlt, denn mit einer Appro- bationsordnung, die auf die Ausbil- dung von jährlich 4000 bis 5000 Ärz- ten zugeschnitten ist, sollen ab 1980 15 000 Ärzte jährlich neu ausgebil- det werden.

Jeder Sachkundige weiß, daß im An- schluß an die Approbation eine durchschnittlich sechsjährige Wei- terbildung am Krankenhaus notwen- dig ist, um das heutige Niveau der ärztlichen Kunst an nachfolgende Generationen zu vermitteln. Bei jährlich 15 000 approbierten Ärzten pro Jahr bedeutet dies, daß min- destens 90 000 Arbeitsplätze allein für weiterbildungswillige Ärzte am Krankenhaus zur Verfügung stehen müßten. Dazu kämen noch 20 000 bis 25 000 Arbeitsplätze für Ärzte mit einer Lebensstellung am Kranken- haus, die die Weiterbildung vermit- teln. Diese Zahlen sind in jeder Hin- sicht unrealistisch und verdeutli- chen die zwangsläufig mangelhafte Qualität in der Aus- und Weiterbil- dung in der Medizin.

Da ab 1985 nur noch mit 55 000 Ar- beitsplätzen für Mediziner an Kran- kenhäusern zu rechnen ist, bedeutet dies: mehr als Zweidrittel aller ap- probierten Ärzte haben nach einer schlechten Ausbildung an der Uni- versität keine Möglichkeit zur Wei- terbildung am Krankenhaus und

müssen damit rechnen, daß sie zu

„Barfußärzten" abgestempelt wer- den.

Wohin das führt, war in der Frank- furter Allgemeinen Zeitung vom 17.

Juli 1978 zu lesen: „Uns scheint, daß der Dilettantismus von Bildungspla- nern und ein Zeitgeist, der alles machbar und finanzierbar erschei-

nen ließ, was man sich vage wünschte oder als wünschenswert suggerieren ließ, Wege nach oben und die angestrebte große Freiheit eher zu blockieren als zu fördern vermögen. Wir vermuten sogar - und Beispiele dafür werden zur Zeit reichlicher -, daß mit dem guten Geld der großen Gemeinschaft zu- nehmend privates Unglück finan- ziert wird." Sinnvolle Bildungspla- nung ist nötiger denn je! Quod erat demonstrandum.

Diplom-Volkswirt Klaus Gehb Haedenkampstraße 1

5000 Köln 41 (Lindenthal)

ZITAT

Die Tyrannei der Gleichheit

„Wie könnte man sicherstel- len - angesichts der vielen Unterschiede zwischen den Menschen -, daß jeder von ihnen gleich viel erhält? Der einzige Weg, eine hochent- wickelte Volkswirtschaft zu betreiben, wenn wir auf glei- cher Entlohnung bestehen - für Qualifizierte und Nicht- qualifizierte, für Führer und Geführte, für Mangelberufe und Überschußberufe -, ist durch Zwang, durch Arbeits- dienst, durch Befehl, wer wann wo und wie lange ar- beiten muß, und durch Straf- androhung für den, der die Ausführung dieser Befehle verweigert. Mit anderen Worten: Gleichheit der Be- lohnung kann nur mit Despotismus durchgesetzt werden. Um finanzielle Gleichheit zu erreichen, braucht man krasse Un- gleichheit der Macht. Je ge- ringer die Einkommensun- terschiede, desto größer die Machtunterschiede."

Der frühere britische Sozial- minister Sir Keith Joseph, ei- ner der führenden Theoreti- ker der Konservativen Partei

2072 Heft 37 vom 14. September 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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