A760 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1511. April 2008
A K T U E L L
MINDESTMENGEN
BÄK sieht Nutzen nicht belegt
Die Bundesärztekammer (BÄK) hat die Stellungnahme des Gemeinsa- men Bundesausschusses (G-BA) zur Mindestmengenbegleitforschung bei Kniegelenk-Totalendoprothesen- Operationen (Knie-TEPs) kritisiert.
„Der G-BA hat durch seine öffentli- chen Verlautbarungen zur Mindest- mengenbegleitforschung bei Knie-
TEP-Operationen einen falschen Ein- druck entstehen lassen. Die Studien- ergebnisse zeigen, dass auch kleine Kliniken trotz niedriger Fallzahl bes- ser geworden sind. Auch wenn Kran- kenhäuser mit der Fallzahl unter- halb der Mindestmenge bleiben, können sie gute Qualität vergleich- bar den größeren Kliniken gewähr- leisten“, erklärte Dr. med. Günther Jonitz, Vorsitzender der Qualitätssi- cherungsgremien der BÄK.
Der G-BA hatte Mitte März er- klärt, dass Krankenhäuser, die bei der Kniegelenk-Totalendoprothesen- Operation eine Mindestmenge von 50 Eingriffen pro Jahr erfüllten, eine deutlich bessere Behandlungsqua- lität aufwiesen als Krankenhäuser, die diese Operation weniger häufig vornähmen. Der Ausschuss stützte sich dabei auf Ergebnisse der von ihm in Auftrag gegebenen Mindest- mengenbegleitforschung.
Auch Forschungsleiter Prof. Dr.
Max Geraedts hat die „verkürzte
Darstellung“ der Studienergebnisse durch den G-BA kritisiert. Dem müsse widersprochen werden, sagte er gegenüber dem Deutschen Ärzte- blatt. Jonitz wies darauf hin, dass sich der G-BA nur auf ein einzelnes Teilergebnis, nämlich die Häufigkeit postoperativer Wundinfektionen bei Knie-TEPs, bezogen habe. Erfreuli- cherweise sei hier tatsächlich die Ra- te der postoperativen Wundinfektio- nen zurückgegangen – jedoch auch schon vor Einführung der Mindest- menge. „Dass weniger Wundinfek- tionen aufgetreten sind, fand man gleichermaßen in kleinen wie größe- ren Krankenhäusern. Gerade in den Krankenhäusern, welche unterhalb der Knie-TEP-Mindestmenge lagen, war der Rückgang der Wundinfek- tionen vergleichsweise sogar stärker ausgeprägt. Deshalb ist es auch mehr als fragwürdig, diese Qualitätsver- besserung ursächlich auf die Ein- führung der Mindestmenge zurück- zuführen“, sagte Jonitz. SR
Die Zahl der Herztoten sinkt in Deutschland weiter. 2006 starben 223 793 Menschen an einer Herz- krankheit; gegenüber 2005 ist das ein Rückgang um 2,1 Prozent. „Da- mit wird ein seit Jahren verzeichne- ter Trend erfolgreich fortgesetzt“, bilanzierte Dr. Ernst Bruckenberger (Hannover) in seiner Analyse der Todesursachenstatistik des Statisti- schen Bundesamts bei der 74. Jah- restagung der Deutschen Gesell- schaft für Kardiologie (DGK).
Im Detail betrug die Zahl der Gestorbenen 2006 bei ischämischen Herzkrankheiten 144 189 (davon 59 938 an akutem Herzinfarkt), Herzklappen-Krankheiten 11 246, Herzrhythmusstörungen 20 970, Herz- insuffizienz 47 079 und bei den an-
geborenen Fehlbildungen 489. Die Sterbeziffer bei den ausgewählten Herzkrankheiten ist in allen Alters- gruppen zurückgegangen. Die Ster-
beziffern des akuten Herzinfarkts bei Männern und Frauen sinken und nähern sich an. „Maßgeblich verant- wortlich für die rückläufigen Zahlen bei den Herztoten ist die gute und breite Versorgung mit immer besser wer- denden Therapieverfahren, insbesondere der immer höheren Effizienz der Wie- dereröffnung von Blutge- fäßen nach einem Infarkt- verschluss“, kommentierte DGK-Pressesprecher Prof.
Dr. Eckart Fleck (Berlin).
„Allerdings vergeht häufig zu viel Zeit von den ersten Anzeichen eines Herzin- farkts bis zum Therapie-
beginn.“ zyl
Zitat der Woche
„ Für jeden im Ministerium, der sich eine Regelung ausdenkt, sitzen draußen Hunderte, die eine Umgehungsstrategie entwickeln. “
Franz Knieps, Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium
Moderne Therapieverfahren retten vielen Patienten mit Herzinfarkt das Leben.
Bessere Qualität bei Knie-TEPs durch Mindest- mengen? Ja – sagt der Gemeinsame Bundesausschuss.
Die Bundesärzte- kammer sieht das anders.
Foto:dpa
Foto:picture-alliance/Okapia
KARDIOLOGIE