• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Untersuchungsausschuß zu HIV-Infektionen: Schlußbericht: Maßvolle Kritik an Ärzten" (02.12.1994)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Untersuchungsausschuß zu HIV-Infektionen: Schlußbericht: Maßvolle Kritik an Ärzten" (02.12.1994)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

•·•••••:

AKTUELL

Untersuchungsausschuß zu HIV-Infektionen

Schlußbericht: Maßvolle ••

Kritik an Arzten

Pharmaindustrie, Ärzte und Behörden haben in den vergangenen Jahren mehrere hundert HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte verschuldet, weil sietrotzdes Risikos auf Vor- sichtsmaßnahmen verzichteten - eine solche Feststellung enthielten viele Pressemeldun- gen Anfang November. Am 8. dieses Monats hatte der Untersuchungsausschuß des Bundes- tages "HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte" seinen Abschlußbericht vorgelegt.

Ins Detail konnten die Journalisten in ihren ersten Berichten kaum gehen. Denn die sieben Bundestagsabgeordneten, ihre Vertreter und Mitarbeiter haben in einer ungeheuren Fleiß- arbeit eine Fülle an Material zusammengetragen, so daß ihr Abschlußbericht gut 670 Sei- ten umfaßt. Sie sind spannend wie ein Krimi und löblicherweise sehr gut verständlich; sie verdeutlichen die Tragik oll der Versäumnisse für die Betroffenen, vor allem Hämophile.

Daß der Bericht einstimmig angenommen wurde, ehrt die Verfasser. Leider hat dies aber wohl auch damit zu tun, daß verantwortliche Minister merklich geschont werden.

D

er Untersuchungsausschuß

"HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte" des Bun- destages war vor fast genau einem Jahr eingesetzt worden. Seine Mit- glieder hatten zunächst den Auftrag erhalten, die Verantwortung der Beamten des Bundesgesundheits- amtes (BGA) und seiner Unter- behörden, aber auch die der Zu- ständigen im Bundesministerium für Gesundheit zu prüfen. Auf eige- nen Antrag hin wurde dem Aus- schuß schließlich gestattet, auch die Verantwortung pharmazeutischer Unternehmer, Produzenten, Blut- spendedienste, Krankenhausträger und Ärzte zu untersuchen.

Für seine Arbeit forderte der Ausschuß zahlreiche Unterlagen

an. "In großem Umfang" erhielt er

Material, das "vorrangig das Ergeb- nis journalistischer Recherche ist". Um Verantwortlichkeiten ergrün- den zu können, haben die Aus- schußmitglieder analysiert, inwie- weit sich die erwähnten Gruppen mit der Erkennbarkeit und der Ver- meidbarkeit des HIV-Risikos be- faßten. Nachvollziehbar wird ihre Argumentation durch die chronolo- gische Rückschau. Zur Erinnerung Stichworte aus dem Bericht:

~ Ende der 70er Jahre produ- zierten die Bebring-Werke "Faktor

VIII-HS", das erste inaktivierte Präparat dieser Gruppe. Es kam 1981 auf den Markt. Weitere Fir- men folgten mit anderen Inaktivie- rungsverfahren.

~ 1978 wurde das Präparat der Bebring-Werke in klinischen Studi- en getestet, an denen die meisten großen deutschen Hämophiliebe- handlungszentren beteiligt waren.

Entsprechende Erfahrungsberichte lagen dem Bundesgesundheitsamt spätestens 1983 vor.

~ Ende 1982 publizierte die Ärztin Prof. Dr. Helm über die er- sten beiden homosexuellen AIDS- Erkrankten in Deutschland. Über- sichtsartikel und Diskussionen zu AIDS in Fachzeitschriften folgten.

Blutspenderaum des Münchner Gesundheitsamtes 1993.

A-3324 (16) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 48, 2. Dezember 1994

~ Spätestens Ende 1983/An- fang 1984 wußten kompetente Wis- senschaftler, daß Ursache von AIDS ein Virus ist. Anfang 1984 war ein Antikörpernachweis möglich .

~ Erste Inaktivierungsergeb- nisse von HIV mit den Verfahren, die für Blut und Blutprodukte ange- wendet wurden, wurden 1985/86 publiziert.

Die Ausschußmitglieder haben sich in ihrem Bericht differenziert mit Schuldfragen auseinanderge- setzt Entgegen mancher platten öf- fentlichen Kritik werden Mitarbei- ter pharmazeutischer Unternehmen und des BGA in einer Art und Weise zitiert, die ein vielschichtiges Bild, auch ihrer Bemühungen, er- kennen läßt.

Was Verantwortung und Ver- säumnisse . der Ärzteschaft anbe- langt, so werden sie vor allem jenen angelastet, die Hämophile behan- delten oder entscheidenden Einfluß auf die wissenschaftliche Meinungs- bildung in Deutschland hatten.

In dem Unterkapitel "Ärzte/

Krankenhäuser" heißt es, zumin- dest Virologen und Hämophilie-Be- handler hätten ab der Jahreswende 1982/83 wissen müssen, daß "über das Hepatitis-Risiko hinaus inso- fern eine zusätzliche Gefahr be- steht, als auch ein infektiöses Agens in Blutstoffen eine bislang unbe- kannte Krankheit hervorrufen

kann". Verwiesen wird auf eine In-

formation des BGA Ende 1982 und eine Veröffentlichung im Deut- schen Ärzteblatt Anfang 1983.

Weiterhin wird angeführt, "daß zahlreiche kompetente Ärzte schon sehr früh (ab 1981) dazu übergegan-

gen waren, be- stimmte Patienten- gruppen aus- schließlich mit 'HS' zu behandeln". Die Effizienz bestimm- ter Inaktivierungen in bezug auf den vermuteten AIDS- Erreger sei ihnen nicht unbekannt ge- wesen.

Daß es aber zur In- aktivierung von Präparaten so viele Foto:amw kritische Stimmen

(2)

POLITIK

gab, hatte mit der ernsthaften Sorge zu tun, es könnten bei den Behan- delten Hemmkörperhämophilien auftreten. So bestätigte ein Mitar- beiter der Behring-Werke dem Aus- schuß: „Dieser Verdacht (der ver- mehrten Entwicklung von Hemm- körpern unter Faktor VIII-HS), der durchaus nachzuvollziehen ist, wur- de von medizinischer Seite immer wieder uns vorgehalten, die Angst vor Unverträglichkeit."

An einigen Stellen geht der Be- richt auch auf den Aspekt „Mel- dung unerwünschter Arzneimittel- wirkungen" ein. So sei im Jahr 1983

„das ohnehin bekannt schlechte Meldeverhalten zahlreicher Ärzte im Fall von AIDS noch dadurch be- einträchtigt gewesen, daß das Krankheitsbild AIDS in Deutsch- land den behandelnden Ärzten noch weitgehend unbekannt war und die notwendige Diagnostik nur an wenigen Stellen durchgeführt wurde".

Teilweise ratlos waren nach Angaben von Zeugen vor dem Un- tersuchungsausschuß durchaus zu- nächst auch Hämatologen. Viele Äußerungen von ihnen aus dieser Zeit legten nahe, „daß dieser Teil der Ärzteschaft bewußt oder unbe- wußt konkrete Hinweise für die AIDS-Gefährdung seiner Patienten zu diesem Zeitpunkt nicht wahr- nahm".

Andere gefährdet

Für die mittleren 80er Jahre wird in dem Bericht kritisiert, daß die Hämophilie-Behandler ihre Pa- tienten zwar aufklärten, jedoch teil- weise in Widerspruch zu dem da- mals bereits vorhandenen Erkennt- nisstand. Dennoch konzidiert der Ausschuß, daß seinerzeit manches aus der Sorge heraus geschah, die Patienten nicht — vermeintlich unnötig — zu beunruhigen. Eine Fol- ge davon war allerdings, daß Hämo- phile teilweise einem HIV-Test un- terzogen wurden, ohne daß man sie informierte, oder daß ihnen das Er- gebnis gewisse Zeit vorenthalten wurde — mit der Konsequenz, daß sie andere Menschen unwissentlich infizierten. Sabine Dauth

AKTUELL

D

ie von der Auslandsnachfrage ausgehenden Impulse haben die konjunkturelle Wende herbeigeführt. Amerika war dies- mal die Konjunkturlokomotive.

Aber auch in den aufstrebenden Ländern in Südostasien wächst die Wirtschaft weiter kräftig. In fast al- len wichtigen Industrieländern er- holt sich die Konjunktur sichtbar.

Die wirtschaftswissenschaftli- chen Forschungsinstitute und der Sachverständigenrat zur Begutach- tung der gesamtwirtschaftlichen La- ge sind sich einig: Das Bruttoin- landsprodukt wird im nächsten Jahr in Deutschland real um etwa drei Prozent steigen. Für Ostdeutsch- land wird eine reale Wachstumsrate von 8,5 bis 9 Prozent, für West- deutschland von 2,5 Prozent vor- ausgesagt. Der Osten holt also auf;

der Abstand bleibt allerdings groß, vor allem bei der Produktivität.

Dennoch: Der Sachverständigenrat spricht davon, daß es 1995 mit ver- haltenem Schwung weiter aufwärts gehe. Die Fakten sprechen dafür, daß diese Einschätzung richtig ist.

Die wirtschaftswissenschaftlichen Institute sehen das ähnlich. In ihrem Herbstgutachten schreiben sie, daß sich das konjunkturelle Grundmuster trotz des ökonomi- schen Schocks der deutschen Ein- heit und der Standortprobleme nicht wesentlich von früheren Zy- klen unterscheide. Die jüngste Ver- stärkung der konjunkturellen Dy- namik sei daher auch nicht überra- schend gekommen. Besondere Be- deutung messen die Institute der Tatsache bei, daß sich die Investi- tionsneigung spürbar verstärkt ha- be.

Für die weitere konjunkturelle Entwicklung sehen die Institute aber auch Risiken. So könne der Anstieg der Kapitalmarktzinsen um

fast zwei Prozentpunkte die Investi- tionsneigung dämpfen. Mit einem Abbruch des Investitionsauf- schwungs wird jedoch nicht gerech- net. Die für 1995 beschlossenen massiven Abgabenerhöhungen würden die konjunkturelle Expan- sion von Nachfrage und Produktion zwar nur vorübergehend dämpfen, heißt es in dem Gutachten der Insti- tute, auf mittlere Sicht werde die Entwicklung aber nachhaltig beein- trächtigt.

Der Sachverständigenrat und die Institute werten übereinstim- mend die Lage auf dem Arbeits- markt als die größte Herausforde- rung für die Wirtschaftspolitik. Der Beschäftigungsstand werde am Jah- resende mit rund 28,6 Millionen Er- werbstätigen wohl den Tiefpunkt im Konjunkturzyklus erreicht ha- ben. Das sind knapp eine Million Erwerbstätiger weniger als Anfang 1992. Beschäftigungsverluste seien vor allem in der Industrie zu ver- zeichnen. Im produzierenden Ge- werbe seien im Zuge der Rezession mehr als eine Million Arbeitsplätze verloren gegangen. Trotz der Stabi- lisierung am Arbeitsmarkt werde es in Westdeutschland Ende des Jah- res mit 2,5 Millionen Personen aber immer noch mehr Arbeitslose als ein Jahr zuvor geben. Anlaß zur Be- sorgnis sieht der Sachverständigen- rat vor allem durch den wachsen- den Anteil der Langzeitarbeitslo- sen.

Die Geldpolitik der Bundes- bank wird vom Sachverständigenrat als zu expansiv gewertet. Er teilt al- so nicht die Ansicht vieler Politiker, vor allem aus den Reihen der Op- position, daß die Bundesbank die Leitzinsen hätte rascher und nach- haltiger senken sollen. Zwar sei die Preisrate in Westdeutschland auf et- wa drei Prozent zurückgegangen, in

Mit verhaltenem Schwung aufwärts

Die Rezession ist früher überwunden worden, als die Pessimisten erwarteten. Seit dem Frühsommer geht es wieder aufwärts. 1995 dürfte das reale Wachstum bei drei Prozent liegen. Arbeitslosigkeit und Preisrate bleiben hoch.

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 48, 2. Dezember 1994 (17) A-3325

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Als Rechtsgrundlagen für solche Untersuchungen nennt Rechtsanwalt Zuck § 7 Bundesange- stelltentarif (BAT), § 8 der Richtli- nien für Arbeitsverträge in den Ein- richtungen

Eine Melde- pflicht für HIV-Infektionen besteht zur Zeit nicht, insofern gibt es auch keinen Adressaten, auch nicht für anonymisierte Meldungen.. Das Pro- blem der Aufklärung

Den dramatischen An- stieg dieser „Zivilisations- krankheit“ in China erläuter- te Gu beim Andrologenkon- greß in Salzburg: Noch in den 30er Jahren habe die Inzi- denz bei rund

Die CD4-Zellen der Patien- ten, die nach Dezember 1989 infiziert wurden, nahmen aufgrund der Infek- tion mit dem Virus schneller ab, AIDS-Symptome traten schneller zu- tage als bei

Bei positivem Testausfall sollten keine ärztlichen oder zahnärztlichen Eingriffe vorgenommen werden, die eine Verletzungsgefahr für den Ope- ratem selbst beinhalten und

Für die Therapie von zerebralen Durchblu- tungsstörungen gibt es zwar einige Hinweise darauf, daß Pentoxifyllin die Hirndurchblutung steigert, es lie- gen jedoch keine

Als Konsequenz der in Fingers Kommentar treffend dargelegten mangelnden Rechtskonformität in der Verhütung und Bekämpfung der HIV-Infektion könnte es — wie un- längst bei

Es bleibt aber festzuhalten, daß sich AIDS oder die HIV-Infektion von den bislang bekannten Seuchen (Cho- lera, Pest, Typhus) dahin unterschei- det, daß eine Übertragung bei