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Archiv "E-Health-Strategien: Drei Länder, drei Wege" (18.03.2011)

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A 562 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 11

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18. März 2011

E-HEALTH-STRATEGIEN

Drei Länder, drei Wege

Erst ein Gesetz zur Gesundheitstelematik und dann die Anwendungen – oder besser umgekehrt? Deutschland, Österreich und die

Schweiz gehen bei der Umsetzung von E-Health unterschiedlich vor.

D

as Thema E-Health – die An- wendung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitsbereich – beschäf- tigt nicht nur Deutschland, sondern auch die engen Nachbarn Öster- reich und die Schweiz seit länge- rem. Ein Patentrezept, E-Health zur Modernisierung der Gesundheits- systeme einzuführen, gibt es offen- bar nicht, wie die Konferenz „Stra- tegien für die E-Health-Infrastruk- tur in den D-A-CH-Ländern“ bei der TeleHealth 2011 in Hannover verdeutlichte.

Von der Theorie zur Praxis

In Deutschland hat man vergleichs- weise früh begonnen, den Einstieg in eine bundesweite Telematikinfra- struktur gesetzlich zu regeln: So sah das zum 1. Januar 2004 in Kraft ge- tretene GKV-Modernisierungsge- setz die Erweiterung der Kranken- versichertenkarte (KVK) zu einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) vor. Diese sollte zum 1. Ja- nuar 2006 eingeführt werden und über die administrativen Zwecke hinaus auch medizinische Anwen- dungen wie den elektronischen Arzt - brief oder den Notfalldatensatz un- terstützen. „Nach mehr als sieben Jahren seit Entstehen des Gesetzes stehen wir immer noch am selben Punkt wie damals – es gibt nichts, was den Namen einer Telematikin- frastruktur verdienen könnte“, kon- statierte Dr. med. Franz-Joseph Bartmann, Vorsitzender des Aus- schusses Telematik der Bundesärz- tekammer. Zwar gibt es viele Pro- jekte zur regionalen Versorgung, ei- ne gemeinsame, barrierefreie und datenschutzkonforme Infrastruktur für telemedizinische Verfahren, mit der sich aufwendige Insellösungen vermeiden ließen, fehlt jedoch bis- lang. Die Datenschutzprobleme ha-

ben sich seither verschärft: „Die KVK ist datenschutzrechtlich längst nicht mehr tragbar, weil leicht aus- lesbar“, erläuterte Bartmann. Dar - über hinaus sei der Datenschutz bei den Selektivverträgen ungelöst:

Nach einem Urteil des Oberverwal- tungsgerichts Schleswig-Holstein darf der Hausärzteverband daher keine Leistungen mehr im Rahmen der Hausarztverträge abrechnen.

Der Stand 2011: In diesem Jahr soll die Karte endlich als Adminis- trationswerkzeug ausgegeben wer- den. Zuvor müssen von April bis

September die Arzt- und Psycho- therapeutenpraxen mit Kartenlese- geräten ausgestattet werden. Der Online-Datenabgleich von Versi- chertenstammdaten über die Karte ist jedoch unter den Ärzten nach wie vor umstritten. Bevor die Versi- cherten die eGK als das Werkzeug nutzen können, als das es ursprüng- lich geplant war, nämlich als Schlüssel, der ihnen die Hoheit über ihre Daten gibt, wird daher noch einige Zeit vergehen.

Von der Praxis zur Theorie

„Für uns ist das Wesentliche, dass eine Vielzahl von Gesundheits- dienstleistern mit Mitteln der IT Zugang zu Informationen ihrer Pa- tienten bekommen, weil dies die Qualität der Behandlung verbessern kann“, betonte Dr. Clemens Martin Auer vom österreichischen Bundes- ministerium für Gesundheit. Ziel sei es zudem, Prozesse und Ergebnis- qualität in medizinischen Behand- lungsabläufen zu steuern. Der Nut- zen von E-Health entstehe erst durch die Vernetzung. Aufgabe der Regie- rung sei es, Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen herzustel- len. Österreich sei eines der führen- den Länder im Bereich E-Health, verkündete Auer selbstbewusst.

Dazu haben große Leitprojekte beigetragen: Seit 2008 funktioniert dort das „E-Card“-System ohne Probleme: Eine Chipkarte dient zur Prüfung der Anspruchsberechti- gung der Versicherten und zur Ab- rechnung der Vertragspartner, die flächendeckende Vernetzung aller Ärzte ist umgesetzt. Bis 2013 wird zudem die elektronische Gesund- heitsakte ELGA eingeführt. Das In- formationssystem soll allen ambu- lanten und stationären Gesundheits- dienstleistern sowie den Patienten den orts- und zeitunabhängigen Zugang zu Gesundheitsdaten er- möglichen. ELGA sei ein gemein- sames nationales Projekt von Bund, Ländern und Sozialversicherung zur Umsetzung einer öffentlichen Infrastruktur, für das 30 Millionen Euro bereitgestellt würden, betonte Auer. Noch 2011 soll ein Pilot zur elektronischen Medikation star- ten. „Und jetzt arbeiten wir am neuen ELGA-Gesetz“, erklärte der Das E-Card-

System in Öster- reich funktioniert – anders als die deutsche Gesund- heitskarte – inzwischen äußerst erfolgreich.

Foto: Bilderbox

P O L I T I K

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A 564 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 11

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18. März 2011 E- Health -Experte . Das Gesetz soll

den Schutz sensibler personen - bezogener Daten und die Nutzung von Gesundheitsdaten regeln und eine selbstbestimmte Teilnahme der Patienten durch ein „modulares“

Opt-out sicherstellen. Letzteres heißt: Jeder kann jederzeit generell, in Teilen oder situativ aus dem ELGA -System aussteigen.

Top down und bottom up

In der Schweiz versuche man, die Einführung von E-Health parallel über Top-down- und Bottom-up- Prozesse zu gestalten, berichtete Pa- trick Kutschera von der Evita AG, einem Unternehmen, das in der Schweiz eine elektronische Patien- tenakte anbietet. Treibende Kräfte der Entwicklung sind Kutschera zu- folge die 26 Kantone und der Bund.

Einerseits stehen regionale Lösun- gen und dezentrale Lösungskompo- nenten im Vordergrund, andererseits gibt es mit der „eHealth Suisse“ ein eigenes Koordinierungsgremium, das Rahmenbedingungen definiert und vorgibt, nach denen die Lösun- gen gestaltet werden müssen, damit sie später – so die Idee – per Stan- dardisierung verbunden werden können. Aufgrund der sehr födera- len Strukturen werde die E-Health- Architektur wahrscheinlich 26-mal umgesetzt, scherzte Kutschera.

Noch ist die Vernetzung aller- dings erst am Anfang, die Hausärzte dokumentieren weitgehend lokal.

Hindernisse seien fehlende Anreiz- systeme für die Akteure, unsichere Rahmenbedingungen und eine feh- lende Sensibilisierung, denn: „Es gibt kaum Wissen über E-Health und den Nutzen daraus“, sagte Kutsche- ra. Als nächste Schritte sollen die ge- setzlichen Grundlagen auf Kantons- und Bundesebene zur Einführung eines „elektronischen Patientendos- siers“ geschaffen werden. Die Stan- dards für die E- Health-Architektur, wie etwa Rollenkonzepte und Werk- zeuge zur Personenidentifikation, will man per Ausschreibung erarbei- ten. Parallel dazu sollen regional Piloten und Teillösungen umgesetzt werden. Das Ziel: Personal Health Records für alle Schweizer Bürger bis zum Jahr 2015. ■

Heike E. Krüger-Brand

TELEHEALTH

Standards fehlen

Auf der CeBIT diskutierten Politiker und Wirtschafts- vertreter über die Zukunft der Telemedizin. Dabei wurde deutlich: Ohne Standards wird es bei Pilotprojekten bleiben.

D

ie medizinische Versorgung in Europa steht durch den demografischen Wandel, durch stei- gende Kosten und durch Fachkräf- temangel vor großen Herausforde- rung“, stellte John Dalli, EU-Kom- missar für Gesundheit und Verbrau- cherpolitik, bei der Eröffnung der Telehealth 2011 auf der CeBIT in Hannover fest. „Telemedizin kann wesentlich dazu beitragen, diesen Problemen zu begegnen.“ Dalli ver- wies auf die vielen erfolgreichen E-Health-Projekte, die zeigen, dass Telemedizin die Diagnose und Be- handlung von Patienten verbessern kann. Ein Beispiel ist das Programm

„Partnership for the heart“, in dem Patienten mit Herzinsuffizienz über ein Telemonitoring weitgehend zu Hause betreut und überwacht wer- den. „Solche Anwendungen helfen den Patienten, den Ärzten und der Ökonomie“, betonte der EU-Kom- missar. Jedoch werde zu wenig in die Entwicklung neuer Versor- gungsstrukturen und -konzepte in- vestiert, um E-Health effizient zu nutzen. Die Politik muss nun Rah- menbedingungen schaffen, in denen E-Health florieren kann“, erklärte Dalli. Neue Gesetze ermöglichen es Patienten, in jedem europäischen Land zulasten seiner Versicherung behandelt zu werden – auch tele - medizinisch. Der EU-Kommissar hofft, dass dies länderübergreifende Kooperationen fördert.

Schon heute konsultieren Klini- ken in Schweden, die keine Radio- logen mehr finden konnten, über Videokonferenzen spanische Kolle- gen. Das größte Problem bei sol- chen Kooperationen seien fehlende IT-Standards. „Telemedizin kann wegen der Inkompatibilität der Software und der Verwaltungen nicht über Landesgrenzen hinweg kommunizieren – zum Teil nicht

mal zwischen verschiedenen Re- gionen eines Landes. Wir müssen diese Lücke schließen“, betonte Dalli.

Verglichen mit industriellen An- wendungen hinkten medizinische IT-Anwendungen gut zehn Jahre hinterher, sagte Prof. Dr. August- Wilhelm Scheer, Präsident des IT- Verbands BITKOM. „Der Markt ist noch sehr zersplittert“, erklärte er.

So fehlen noch Standards in der Telemedizin, was eine flächende- ckende Umsetzung behindere. „In anderen Bereichen haben wir eine Konzentration auf wenige große Anbieter. Das sorgt für Standards, die in der Medizin-IT noch fehlen.“

Keine rechtlichen Hürden

Auch Stefan Kapferer, Staatssekre- tär im Bundesministerium für Ge- sundheit, bemängelte die uneinheit- lichen Strukturen und warnte vor Insellösungen. „E-Health wird we- gen seines Rationalisierungspoten- zials immer wichtiger werden“, be- tonte Kapferer, „aber auch, um die Versorgung in die Fläche zu brin- gen.“ Telemedizin müsse den Sprung in die Regelversorgung schaffen. Dass dies bisher nicht passiert sei, liege nicht an rechtli- chen Hürden, sondern daran, dass es oft noch an der Abstimmung der Systeme hapere. Mit dem Rollout der elektronischen Gesundheitskar- te (eGK) seien jetzt die Vorausset- zungen für flächendeckende Lösun- gen geschaffen. Bis Ende 2012 soll die eGK an alle Versicherten ver- teilt sein, versprach Thomas Bal- last, Vorstandsvorsitzender des Ver- bands der Ersatzkassen. Ohne die Mehrwertdienste wie die elektroni- sche Fallakte, sei die eGK jedoch nur eine Versichertenkarte mit Lichtbild, meinte Ballast. ■

Dr. rer. nat. Marc Meißner

P O L I T I K

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