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Archiv "E-Health: Weg von der Karte, hin zu den Anwendungen" (15.06.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 24

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15. Juni 2012 A 1219 E-HEALTH

Weg von der Karte,

hin zu den Anwendungen

Spannender als das Thema elektronische Gesundheitskarte ist inzwischen die Frage, welche Lösungen auf Basis der Infrastruktur möglich und nötig sind.

W

enn über Telematik und Te- lemedizin diskutiert wird, dreht sich inzwischen längst nicht mehr alles um die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Das The- ma der Einführung der Karte haben viele Experten bereits ab - gehakt, wie bei der „eHealth Conference 2012“ in Saarbrücken festzustellen war. Die Fachtagung mit circa 300 Teilnehmern aus Selbstverwaltung, Politik, Wissen- schaft und Industrie wurde gemeinsam von der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V., dem Bundesmi- nisterium für Gesundheit (BMG) und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Saarlandes veranstaltet.

„Das Flaggschiff von E-Health bleibt die eGK, und für die Verbrei- tung ist 2012 ein ganz entscheiden- des Jahr“, meinte zwar Andreas Storm (CDU), Gesundheitsminis- ter des Saarlandes. Auch gelte es immer wieder, die Diskussion um die Technologie zu führen, das hät- ten nicht zuletzt die Beschlüsse des Deutschen Ärztetages in Nürnberg erneut gezeigt. Dennoch gebe es ei- ne klare Zielsetzung seitens des BMG für eine Flächendeckung der Karte sowie einen Zeitplan der Be- treibergesellschaft gematik für die Online-Struktur und der auf ihr ba- sierenden Anwendungen. „Für die Akzeptanz ist es jetzt äußerst wich- tig, möglichst rasch Anwendungen der Karte zu realisieren“, betonte Storm.

Der Fokus sei auf die Chancen zu richten, die sich mit Telematik und Telemedizin verbinden, hob BMG-Staatssekretär Thomas Ilka in seinem Vortrag hervor. Die eGK sei eine gute Grundlage vor dem Hintergrund der notwendigen Telema tik infrastruktur. „Wenn wir die Karte erst einmal haben, werden sukzessive weitere Anwendungen hinzukommen“, sagte Ilka. „Daten- schutz wird dabei immer ein Thema sein. Daran wird kein Weg vorbei- führen“, betonte er. Die Ausschrei- bungen für die geplanten Feldtests, die zunächst die Online-Aktualisie- rung der Versichertenstammdaten und die qualifizierte elektronische Signatur umfassen, sind laut Ilka

auf gutem Weg. Die Abgabefrist hierfür lief Ende Mai 2012 aus. Die Vergabe an Industriekonsortien soll planmäßig im vierten Quartal abge- schlossen werden.

Kommunikationsbedarf an vielen Stellen

Mit Blick auf die Medienbrüche und die vorherrschende Fragmen- tierung in der Medizin lässt sich an vielen Stellen ein Bedarf an Tele- matik und Telemedizin ausmachen.

Darauf verwies der Telematikbe- auftragte der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. med. Franz-Joseph Bartmann. „Wir haben eine hoch- differenzierte Diagnostik, die auf digitalen Daten beruht“, erläuterte er. Der „Wahnsinn“ sei: Die Daten werden digital erhoben, anschlie- ßend analogisiert und in Form eines Briefes weitergegeben. Um sich ab- zusichern, wiederhole ein Arzt eher Untersuchungen, als dass er sich auf Fremddaten verlasse. Dabei sind die Prioritäten von schwer-

kranken Patienten oftmals andere als von Gesunden: „Patienten, die ernsthaft krank und existenziell be- droht sind, die versuchen doch – unter Preisgabe ihrer Identität – in Internetforen, in Chats oder bei Face book den rettenden Strohhalm zu finden. Bei denen spielt das, was im Hinblick auf eine eventuelle Da- tenproblematik diskutiert wird, überhaupt keine große Rolle mehr“, gab Bartmann zu bedenken. Jeder Übertritt eines Patienten von einem Segment ins nächste stelle derzeit jedoch ein Problem dar. Will der Hausarzt bei einem schwierigen Fall etwa den Rat eines Experten einholen, ist dafür ein eigenes KV- Formular erforderlich. Für die Überwindung dieser Fragmentie- rung des Gesundheitswesens sind aus Sicht des BÄK-Experten daher verlässliche und verfügbare Infor- mationen erforderlich.

Ein weiteres Szenario, das den Bedarf an Telematik verdeutlichen kann, ist nach Bartmann der Fach- Medienbrüche

und Fragmentie- rung in der Medi- zin lassen sich mit- tels Gesundheits - telematik überwin- den. Zudem könnte ihr Einsatz jungen Ärzten die Nieder- lassung auf dem Land erleichtern.

Foto: Fotolia/18percentgrey

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15. Juni 2012 ärztemangel auf dem Land: Hier

würde die Angst der jungen Leute vor beruflicher Isolation viel zu we- nig berücksichtigt. „Das ist die Ge- neration 85plus, die hat von der Kita bis zur Weiterbildung im Kranken- haus immer kooperativ zusammen- gearbeitet, und das sollen sie plötz- lich mitten auf dem platten Land aufgeben?“ Mit telematischen und telemedizinischen Verfahren wären sie hingegen in der Lage, diese Iso- lation zu durchbrechen, indem sie Probleme mit anderen, sogar in Echtzeit, teilen könnten. Weitere Po- tenziale der Telematik liegen Bart- mann zufolge in der Verbesserung der Effektivität in der Notfallbe- handlung durch besser verfügbare Daten sowie in Telekonsultations- netzwerken bei niedergelassenen Haus- und Fachärzten. Der interkol- legiale Austausch könne hier die Qualitätssicherung und auch die At- traktivität der Niederlassung erhöhen.

Gesundheitsökonomischer Nachweis ist schwierig

Wenn der Bedarf da ist, warum gibt es nicht mehr Telemedizin? „Tele- medizin ist nicht umsonst“, meinte Dr. Norbert Rösch, Centre de Re- cherche Public Henri Tudor, Lu- xemburg. Seiner Ansicht nach las- sen sich die sozio- und gesundheits- ökonomischen Vorteile telemedizi- nischer Anwendungen nur schwer in Pilotstudien nachweisen. Dies seien künstlich geschaffene Umge- bungen, Lösungen auf Zeit, häufig verbunden mit hohen Betriebskos- ten, da die Technologie nur in ge- ringen Stückzahlen produziert wird.

Die Politik müsse daher ein klares Bekenntnis zur Telemedizin als Versorgungsoption ablegen, forder- te Rösch. Das erzeuge Planungssi- cherheit und fördere beispielsweise auch die Integration der Hausärzte.

Das Saarland ist ein gutes Bei- spiel dafür, dass Gesundheitstele- matik nicht an den Grenzen haltma- chen kann, da Gesundheitsleistun- gen auch grenzüberschreitend in Anspruch genommen werden. In- formations- und Kommunikations- technologien, die für nationale Ge- sundheitssysteme entwickelt wer- den, müssen künftig zunehmend auch europaweit nutzbar sein. Ei-

nerseits arbeiten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) daran, Grundlagen für interoperable Kom- munikationslösungen zu schaffen, andererseits gibt es bereits zahlrei- che regionale Absprachen und vor- handene Infrastrukturen zur grenz- überschreitenden Zusammenarbeit, die integriert werden müssen.

Europäische Entwicklungen mitgestalten

Drei Aufgaben stehen innerhalb der EU auf der Agenda, berichtete Dr.

Matthias von Schwanenflügel, Lei- ter der Unterabteilung Haushalt, Recht und Telematik im BMG: die Umsetzung der Patientenmobilitäts- richtlinie, die digitale Agenda und die E-Health Governance Initiative.

Aus Sicht des Ministeriums gibt es zwei Gründe für Deutschland, sich an diesen Aktivitäten zu beteiligen:

„Wir wollen mitgestalten und die Erfahrungen, die wir in Deutschland zum Beispiel mit dem Datenschutz gesammelt haben, auf der EU-Ebe- ne einbringen“, betonte von Schwa- nenflügel. An den hohen Sicher- heitsanforderungen, die in Deutsch- land gelten und technisch umgesetzt werden sollen, will das BMG keine Abstriche machen, sondern viel- mehr auch die europäischen Kolle-

gen davon überzeugen. So habe der Bundesdatenschutzbeauftragte im Gesundheitsausschuss des Deut- schen Bundestages kürzlich noch einmal dargestellt, warum die eGK ein Mehr an Datenschutz bedeute,

„und das transportieren wir auf die EU-Ebene“, erklärte von Schwa- nenflügel. Daneben gehe es um die Synchronisierung der europäischen Maßnahmen, etwa im Hinblick auf die Frage der Interoperabilität, um Insellösungen zu vermeiden.

Ein wichtiges EU-Projekt ist da- bei die E-Health Governance Initia- tive, die von 2011 bis 2014 von der EU-Kommission finanziert wird und an der sich 26 Mitgliedstaaten beteiligen. Ziel ist es, die Entwick- lung und den Einsatz von elektroni- schen Gesundheitsdienstleistungen in den Mitgliedstaaten strategisch- politisch zu steuern. Erarbeitet wer- den sollen unter anderem Lösungen zur elektronischen Identifikation (Authentisierung, eID). Das zweite Arbeitsgebiet ist die semantische und technische Interoperabilität. In dieser Arbeitsgruppe hat Deutsch- land den Vorsitz. Die Initiative sei zwischenzeitlich in dem E- Health-Netzwerk nach Art. 14 der Patientenmobilitätsrichtlinie aufge- gangen, erläuterte von Schwanen- flügel. Das Signal: „Das Thema E-Health und alles, was damit zu- sammenhängt, ist eine politische Frage, weil es zentrale Auswirkun- gen für die gesundheitliche Versor- gung in den Mitgliedstaaten hat.“

Das dritte E-Health-Projekt ist epSOS (European Patients’ Smart Open Services). Dabei geht es dar - um, Patientendaten elektronisch grenzüberschreitend auszutauschen und die Möglichkeiten eines inte- grierten europäischen Versorgungs- raums zu erproben. Arbeitsschwer- punkte sind das elektronische Re- zept und die Patientenkurzakte. Das Projekt wurde nach dem Ende der ersten Phase bis 2013 verlängert.

Deutschland war aufgrund von da- tenschutzrechtlichen Bedenken bei den Tests bislang nicht dabei, will sich aber ab 2013 an der Patienten- kurzakte beteiligen, da die deut- schen Sicherheitsanforderungen in- zwischen berücksichtigt werden.

Heike E. Krüger-Brand Als ein Ergebnis der „eHealth Conference 2012“ werden

die folgenden Thesen zum Einsatz von Telematik und Telemedizin der 85. Gesundheitsministerkonferenz der Länder, die Ende Juni 2012 unter Vorsitz des Saarlandes in Saarbrücken tagt, zur Abstimmung vorgelegt:

Nutzerorientierte Anwendungen für Ärzte und Patienten sichern die Akzeptanz und den breiten Einsatz.

Die Telematikinfrastruktur muss verbindlich nach dem vorliegenden Zeitplan (Testphase Sommer 2013 – Roll - out Sommer 2014) und in festgelegten Schritten reali- siert werden.

E-Health-Anwendungen verbessern langfristig die Ver- sorgung, reduzieren vermeidbare Kosten und stärken die Patienten.

Die Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, dass die euro- päische Gesamtstrategie Raum für einzelne nationale und grenzüberschreitende Lösungen lässt.

Kommunikative Qualität muss als medizinische Kern- kompetenz verstanden werden.

Datenschutz sichert Akzeptanz und ist impliziter Be- standteil des Prozesses.

SAARBRÜCKER ERKLÄRUNG

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Referenzen

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